Mit Luminar 2018 schickt Macphun ein Bildberarbeitungs- und (demnächst auch) -verwaltungsprogramm ins Rennen, das nicht weniger will, als Platzhirsch Lightroom den Schneid abzukaufen. Von der Papierform her bringt Luminar dazu einiges mit: Nicht-destruktive Bearbeitungsfunktionen, eine clevere Ebenentechnik und viele Vorlagen, die für schnelle Bearbeitungsergebnisse sorgen wollen. Doch reicht das, um Lightroom das Wasser reichen zu können?

Zum Jahreswechsel ist Schluss mit Lightroom als Kaufversion, Adobe hat Lightroom 6 kürzlich abgekündigt. Bald gibt es Lightroom nur noch im Software-Abo. Wer sich damit nicht anfreunden möchte, wird sich jetzt nach Alternativen umsehen.

Wie wär’s mit Luminar 2018, ein Foto-Editor, den das amerikanische Software-Haus Macphun gestern präsentiert hat? Luminar 2018 will nicht weniger, als es mit Lightroom aufzunehmen. OK, wenn man den Funktionsumfang von Lightroom und Luminar vergleicht, haben die Amerikaner den Mund sicherlich etwas zu voll genommen: Geo-Tagging ist zum Beispiel für Luminar ein Fremdwort, von der Druckausgabe hat das Programm offenbar auch noch nie etwas gehört. Und Verwaltungsfunktionen kennt es ebenfalls nicht. Zumindest letztere will Macphun Anfang 2018 nachreichen.

Warum ich mich trotz der offensichtlichen Lücken dennoch mit Luminar 2018 beschäftigt habe? Weil das Programm als Foto-Editor einen großen Funktionsumfang aufweist, den es mit einem wirklich interessanten Bedienkonzept kombiniert. Und weil man über die angesprochenen Lücken großzügig hinwegsehen kann, wenn man zum Beispiel (gerne auch eine ältere Version) von Lightroom, Photoshop (Elements) oder auch Apple Fotos besitzt. In diesen Programmen soll sich Luminar nämlich laut Macphun als Plug-In verwenden lassen.

Vorgaben statt Regler-Verhau

Frisch gestartet, präsentiert sich meine Beta-Version von Luminiar 2018 mit einer äußerst kargen Bedienoberfläche (und bereits eingedeutschter Benutzerführung). Wo Programme wie Lightroom oder Capture One lange Leisten mit unzähligen Reglern und Registerkarten präsentieren, zeigt Luminar 2018 – nichts. Es gibt lediglich am unteren Bildschirmrand eine Art Filmstreifen, der unterschiedliche Vorschauen auf das aktuell geöffnete Bild zeigt.

Diese Vorschauen haben es aber in sich! Sie repräsentieren nämlich die zahlreichen Vorgaben, die mit Luminar 2018 mitgeliefert werden. Ein Klick darauf, und (ziemlich) augenblicklich wird das Foto entsprechen entwickelt. Gleichzeitig erscheinen in der Leiste rechts die Befehle (in Luminar heißen sie „Filter), die in der aktuell gewählten Vorgabe hinterlegt sind.

Presets 2

Typischerweise beginnt der Workflow in Luminar mit der Wahl eines Presets (hier: „Sky Enhancer“) am unteren Fensterrand.

Luminar zeigt also nur die Filter, die Sie eingefügt haben. Entweder einzeln oder eben als Preset. Selbstverständlich ist man nicht auf die vorgegebenen Reglerstellungen festgelegt, alles ist anpassbar. Ein wenig die Belichtung verringern und den Helligkeitsverlauf optimieren, und schon könnte es so aussehen:

Verlaufsfilter

Luminar bietet viele auch aus Lightroom bekannte Werkzeuge, etwa einen anpassbaren Verlaufsfilter.

Bis dahin unterscheidet sich die Arbeitsweise in Luminar gar nicht so sehr von der mit Software à la Lightroom. Auch bei diesen Programmen gibt es ja Presets, die jederzeit anpassbar bleiben. Der einzige Unterschied so weit: Luminar listet nur die Filter auf, die tatsächlich auch benötigt werden.

Cleveres Ebenenkonzept

Was Luminar jedoch von den meisten Workflow-Programmen unterscheidet, ist das Ebenenkonzept. Sie können nämlich Filter oder ganze Filtergruppen als Einstellungsebenen über ihr Bild legen – ähnlich wie in Photoshop zum Beispiel. Das eröffnet Möglichkeiten, die Ihnen in Lightroom & Co. verschlossen bleiben. So können Sie zum Beispiel die Deckkraft der Ebenen manipulieren und damit ihre Wirkung ganz nach Gusto einstellen.

Ebenen

In Luminar ist es möglich, Einstellungen in Ebenen zu stapeln. Deckkraft und Verrechnungsmodus dieser Ebenen lassen sich manipulieren.

Auch der Überblendmodus lässt sich ändern. Diese Möglichkeit hat es mir besonders angetan, insbesondere weil Luminar 2018 den Mischmodus „Luminanz“ anbietet. Er sorgt dafür, dass sich die Einstellungen nur auf die Helligkeits- nicht aber die Farbwerte auswirken. In Lightroom fehlt mir diese Option, Änderungen an der Helligkeit führen hier zwangsläufig auch zur Manipulation der Sättigung.

Luminar 2018 kennt übrigens nicht nur Filterebenen sondern auch Bildebenen. Das eröffnet Optionen, die weit über denen von Lightroom & Co. hinausgehen, etwa für Fotomontagen.

Alles lässt sich maskieren

Ein weiterer Vorteil von Luminar 2018: Wirklich alle Filter oder gar ganze Ebenen können Sie vielfältig maskieren und so auf ausgewählte Bildbereiche beschränken. Anders als in Lightroom ist man also nicht auf vorgegebene Werkzeuge zu lokalen Korrektur festgelegt. Luminar 2018 bietet die gängigen Maskenformen wie Verlauf- und Radialmaske, hat aber auch einen Pinsel im Werkzeugkasten, der Kanten erkennt.

Maske

Mit Masken begrenzen Sie die Wirkung von Einstellungsebenen und Filter auf ausgewählte Bildbereiche, wie hier auf den Himmel.

Filter und Presets – von professionell bis hin zur Effekthascherei

Luminar 2018 ist ein äußerst flexibler Foto-Editor, will es weniger geübten Bildbearbeitern aber ebenfalls leicht machen. Dazu gibt es nicht nur entsprechende Presets wie „Image Enhancer“ oder „Sharp & Crisp“, sondern auch besonders einfach zu bedienende Filter sowie Filtergruppen. Etwa die Gruppe „Essentials“, die die wichtigsten Befehle zur schnellen Bildoptimierung enthält. Darunter der Accent-Filter, der dank künstlicher Intelligenz mit nur einem Regler auskommt.

Essentials

Im Filter-Set „Essentials“ ist alles enthalten, was (nicht nur) Novizen zur schnellen Bildkorrektur benötigen.

Aber es gibt auch professionelle Tools wie Rausch- und Schärfungsfilter. Die Rauschunterdrückung von Luminar funktioniert übrigens sehr gut. Besonders angetan hat es mir der Filter „Detailverbesserung“. Er erlaubt eine sehr feine Steuerung der Mikrokontraste, bei Bedarf lässt sich damit ein „crispy“ Bild-Look erzielen, wie ich das bislang nur von Capture One kannte. Bei Aufnahmen, die stark entrauscht wurden, hilft „Detailverbesserung“ zudem hervorragend, einem flachen Bildeindruck entgegenzuwirken.

Crispy

Aufnahme mit einer Nikon D850 bei ISO 25.600. Die Rauschunterdrückung von Luminar arbeitet vorzüglich, mit dem Filter „Detailverbesserung“ lässt sich trotz der hohen ISO-Zahl ein sehr knackiger Look mit tollen Mikrokontrasten erzielen.

RAW-Konvertierung und Objektivprofile

Für Luminar 2018 ist es einerlei, ob Sie RAW-Dateien oder JPEGs bearbeiten. Zwar gibt es ausschließlich für Rohdaten den Filter „RAW Develop“, nötig ist er indes nicht. Da ich Luminar 2016 auf dem Mac ausprobiert habe, kann ich nicht sagen, welche RAW-Formate die Software unter Windows unterstützt. Auf dem Mac liest sie alle Rohdaten, die von macOS unterstützt werden.

In Sachen Objektivprofile hat es sich Macphun leicht gemacht, es gibt sie schlichtweg nicht in Luminar 2018 (zumindest nicht in der von mir ausprobierten Beta-Version). Immerhin bietet Luminar die Möglichkeit, Verzeichnung, CAs und Randabschattugen manuell zu korrigieren. Auch Verzerrungen, die durch eine verkippte oder verschwenkte Kamera entstehen, kann man mit Luminar ausgleichen.

Muss Lightroom sich jetzt fürchten?

Ebenenkonzept, Masken für jeden Filter und professionelle wie auch leicht zu handhabende Funktionen – auf den ersten Blick scheint es, als könnte Luminar 2018 Lightroom tatsächlich Paroli bieten. Doch bis es soweit ist, haben die Entwickler von Macphun noch viel zu tun:

  • Performance: Luminar 2018 reagiert bisweilen sehr zäh auf Änderungen an den Reglern – zumindest die Beta-Version, die ich getestet habe. Das ist umso schlimmer, je größer die Bilddateien sind. 44-Megapixel-Dateien aus der Nikon D850 bearbeiten, da heißt es dann immer wieder: „Bild wird berechnet“. Das hat mir keinen Spaß gemacht!
  • Automatiken: Auf Automatiken etwa zur Belichtungskorrektur, für den Weißabgleich oder zur Korrektur von Abbildungsfehlern, die aufs Konto des Objektivs gehen, verzichtet Luminar 2018 völlig. Das rächt sich insbesondere bei der Bearbeitung von Fotos mit gröberen Aufnahmefehlern. Hier sollte Macphun unbedingt nachbessern, um auch weniger geübten Bildbearbeitern Luminar schmackhaft zu machen.
  • Verwaltungsfunktionen: Noch bietet Luminar keinerlei Funktionen zur Verwaltung des Bildarchivs. Die sind zwar für das kommende Jahr angekündigt – doch bis dahin kann Luminar 2018 Lightroom keinesfalls ersetzen.
  • Bildexport: Eine der Stärken von Lightroom sind sicherlich auch die vielfältigen Export-Möglichkeiten. Da kann Luminar 2018 nicht mithalten, schon weil derzeit noch die Verwaltungsfunktionen fehlen. Bildgröße und -format, wesentlich mehr lässt sich beim Export in Luminar nicht vorgegeben. Da hilft es auch kaum weiter, dass Luminar 2018 immerhin eine Stapelverarbeitung bietet, die mehrere Bilddateien oder ganze Ordner-Inhalte auf einen Rutsch konvertieren kann.
Fuji-RAW

Am Mac hat Luminar 2016 alle RAW-Formate klaglos gelesen, auch von der neuen Nikon D850 oder ein „exotisches“ von Fujifilm, hier von der X-T20.

Mein Fazit

Als Foto-Editor, also zur Bearbeitung einzelner Bilder, macht Luminar 2018 eine sehr gute Figur. Der Funktionsumfang ist reichhaltig, wenngleich ich Automatiken vermisst habe. Wirklich gut gefallen hat mir das Ebenenkonzept, das kannte ich bislang so nur von Lightzone. Da könnte sich Adobe gerne eine Scheibe abschneiden und das in Lightroom implementieren. Begeistert bin ich auch von den Ergebnissen, die sich mit Luminar erzielen lassen, etwa einen „crispy“ Look, wie ich das bislang nur von Capture One erlebt habe.

Doch zum Lightroom-Killer wird Luminar trotz dieser Vorzüge bei Weitem nicht. Es fehlen (noch) jegliche Verwaltungsfunktionen, die Software reagiert zögerlich auf Eingaben, die Exportfunktionen sind rudimentär. Dennoch sollte man Luminar 2018 im Auge behalten. Falls die Entwickler die Defizite in absehbarer Zeit ausbügeln, könnte sich Luminar durchaus zur ernsthaften Lightroom-Alternative entwickeln. Bis dahin leistete es auf jeden Fall schon heute gute Dienste als Ergänzung zu Lightroom oder auch Apple Foto.