Mit dem Batis 2.8/135 hat Zeiss eine klassische Porträtbrennweite ausschließlich für Sony-E-Mount im Programm. Vergleichbares gibt es von Sony oder einem anderen Anbieter nicht. Immerhin findet sich bei Sony mit dem FE 70–200 mm F2.8 GM OSS ein Zoom im Portfolio, das bei 135 Millimeter Brennweite ebenfalls Lichtstärke F/2.8 bietet. Braucht man da überhaupt noch das Batis 2.8/135?
Um es gleich vorwegzunehmen: Im direkten Vergleich habe ich das Zeiss Batis 2,8/135 und das FE 70–200 mm F2.8 GM OSS von Sony nicht gegeneinander antreten lassen. Aber nachdem ich seinerzeit vom Zoom der „Gold Master“-Serie derart angetan war, hat sich mir die Frage schon aufgedrängt: Ist das FE 70–200 mm F2.8 GM OSS vielleicht die flexiblere Alternative zum Batis 2.8/135 von Zeiss?
Zweifelsohne bietet das Sony-Zoom den großen Vorteil der variablen Brennweite. Davon abgesehen ist ihm das Batis 2.8/135 recht ähnlich: Beide Objektive bieten bei 135 Millimeter Brennweite dieselbe Lichtstärke F/2.8 und damit dasselbe Freistellpotential. Und beide Objektive sind mit einem optischen Bildstabilisator ausgestattet.
Damit enden dann aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Während das Sony-Zoom mit knapp 1,5 Kilo am Kameragurt zerrt, wiegt das 135er Batis mit 614 Gramm nicht einmal die Hälfte. Auch der Preisunterschied ist gewaltig: Das Zoom kostet 3000 Euro, Zeiss ruft für das Batis 2.8/135 2000 Euro auf, der Straßenpreis liegt teils deutlich darunter.
Aufnahme-Szenarien
Eingesetzt habe ich das Zeiss Batis 2.8/135 bei drei verschiedenen Shootings: Im Park, wo die tiefstehende Herbstsonne den Oktober wunderbar vergoldete und für ein traumhaftes Lichtspiel sorgte. Bei Nachtaufnahmen in München – hier sollten zum Porträt die Lichter der Großstadt eingefangen werden. Und schließlich noch im brandneuen Atelier von photoscala, das sich mit seinen neun Metern Raumlänge schon fast als etwas eng für ein 135er Tele erwies. Angesetzt war das Objektiv die meiste Zeit an einer Sony Alpha 7 II (24 Megapixel) und für wenige Aufnahmen auch an eine Alpha 7R (36 Megapixel).
Abbildungsleistung
Zeiss-Objektiven wird ja gerne nachgesagt, vor allem knackscharf zu sein und dafür bisweilen andere Tugenden etwas zu vernachlässigen. Zumindest was den ersten Punkt betrifft, macht das 135er Batis Zeiss alle Ehre – es bildet wirklich überaus detailreich ab. So arbeitet es bereits bei Offenblende Hautdetails mit feinsten Poren und Härchen derart gnadenlos heraus, dass ich dem Model die 200%-Ansicht auf dem Retina-Display des Macs erspart habe.
Die sehr hohe Schärfe geht jedoch keineswegs zu Lasten des Bokehs. Spitzlichter im Unscharfen zeichnet das Batis 2.8/135 wirklich gleichmäßig weich, ohne störenden Zwiebelring-Effekt oder gar – was ich noch schlimmer finde – Farbsäume.
Dass das 135er Batis chromatische Aberrationen nicht zu kennen scheint, ist allerdings wohl nicht nur ein Verdienst der optischen Konstruktion – vielmehr kommt hierzu auch Software ins Spiel. Lightroom meldet jedenfalls, dass mögliche Farbsäume bereits in den RAW-Dateien korrigiert werden. Was soll’s – wichtig ist ja bekanntlich, was hinten rauskommt.
Entgegenhalten könnte man dem Batis 2.8/135 bestenfalls, dass das Bokeh bisweilen etwas kontrastreich ist. Das ebenfalls eingesetzte Sony FE 85/1.4 GM mag in dieser Hinsicht noch etwas weicher zu Werke gehen. Letztendlich sind die Unterschiede jedoch derart marginal, dass sie nur dem geübten Auge bei besonders kritischem Blick überhaupt auffallen dürften.
Bildstabilisator und Autofokus
Als ausgesprochen wirkungsvoll hat sich der Bildstabilisator des 135er Batis erwiesen. Beim Nachtshooting in München ist mir eine Panne passiert: die Kamera war bei einem Setup noch auf eine Belichtungszeit von 1/15 Sekunde eingestellt. Die Aufnahmen mit dem nicht stabilisierten 85er von Sony habe ich damit meist verwackelt (obwohl die Alpha 7 II einen Stabi per Sensorshift besitzt), die Fotos mit dem Batis sind dagegen größtenteils scharf.
Bei Porträtaufnahmen kommt es sicherlich nicht so sehr auf einen schnellen Autofokus an wie für Sportfotos. An der Alpha 7 II stellt das Batis 2.8/135 für dieses Sujet jedenfalls flott genug scharf. Vor allem aber: sehr genau.
Handling
Wie alle Objektive der Batis-Serie ist auch das Batis 2.8/135 mit einem großzügigen, gummierten Fokusring versehen. Es gibt jedoch keine Entfernungsskala auf dem Tubus, und das hat einen guten Grund: Der Fokusring überträgt lediglich Stellbefehle an den Antrieb der Fokusgruppe. Das muss kein Nachteil sein, der „focus by wire“ reagiert nämlich erfreulich direkt. Etwas ungewohnt fand ich nur, dass es keinen Anschlag an der Naheinstellgrenze und Unendlichstellung gibt – der Fokusring kann dann ohne Wirkung ad infinitum weitergedreht werden.
Bislang wohl einzigartig ist das kleine Display, mit dem Zeiss die Objektive der Batis-Familie ausstattet. Es zeigt bei Bedarf nicht nur die gewählte Fokusdistanz an, sondern gibt auch Auskunft über die resultierende Tiefenschärfe.
Beispielaufnahmen mit Zeiss Batis 2.8/135
Alle Fotos: Martin Vieten
Mein Fazit
Abbildungsleistung und Ausstattung des Batis 2.8/135 sind ohne Fehl und Tadel, Schärfe und Bildstabilisator haben mich geradewegs begeistert. Aber es gibt eben auch starke Konkurrenz in Gestalt des FE 70–200 mm F2.8 GM OSS. Wer dieses Zoom für seine Spiegellose von Sony bereits in der Fototasche stecken hat, erhält für meinen Geschmack mit dem 135er Batis kaum einen Mehrwert. Anders sähe aus, wenn Zeiss dem Porträttele etwas mehr Lichtstärke, sagen wir F/2.0, mit auf den Weg gegeben hätte. Andererseits: Wem das Sony-Zoom der „Gold Master“-Serie zu kostspielig ist, erhält mit dem Batis 2.8/135 eine deutlich günstigere Alternative, die ich für Porträtaufnahmen nur wärmstens empfehlen kann.
Korrektur
In einer früheren Fassung des Beitrags war zu lesen, dass die Anzeige von Fokusentfernung und Tiefenschärfe nur im MF-Modus der Kamera funktioniert. Das ist die Werkseinstellung, die sich jedoch ändern lässt. Bei Bedarf kann das Batis 2.8/135 so konfiguriert werden, dass die Werte auch im Autofokus-Betrieb angezeigt werden.
Die Haare der Augenbraue sind scharf, die Wimpern liegen bereits etwas in der Unschärfe. Ist das Sinn des Objektivs?
Ich arbeite mit einem Objektiv, dessen grösste Blende f=4.0 ist und etwas weniger als die Hälfte des Batis kostet. Der Vorteil: Bereits bei Offenblende habe ich etwas mehr Schärfentiefe. Da ich im Studio mit Blitzanlage jedoch in den meisten Fällen auf f=8.0 oder sogar f=11 abblende, bekomme ich eine Schärfentiefe, die den gesamten Kopf respektive den gesamten Oberkörper abdeckt. Meine Kunden freuen sich, dass sie endlich mal Portraits bekommen, die keine selektive Schärfe haben.
Mir erschliesst sich dieser Wahn der hauchdünnen Schärfentiefe nicht, aber vielleicht können Sie mir sagen, welche Argumente dafür sprechen, ausser dass man in Foren damit prahlen kann…
Man kann zum Beispiel weiter entfernt fotografieren und auf Konzerten mit kürzeren Belichtungszeiten arbeiten bei absolut ausreichender Schärfentiefe.
Dafür müsste man über die eigenen fotografischen Gewohnheiten hinaussehen.
Für die Studiofotografie ist Blende 2.8 allerdings wirklich sehr selten nützlich.
Außer dass fast alle Objektive beim Abblenden an Qualität gewinnen. Unter Umständen besitzt ein abgeblendetes K=2.8 Objektiv eine höhere Auflösung bei Blende 4 als eins deren Anfangsblende K=4 ist. Aber das ist wohl eher Theorie.
Also ich kann mit jedem meiner Objektive weit entfernte Dinge ablichten. Und auf wie viel Konzerten fotografieren Sie pro Jahr? Bei den meisten Konzerten sind grosse Kameras verboten…
Schön, dass Sie die Theorie erwähnt haben und den Begriff 'unter Umständen' verwenden. Abgesehen davon ist eine Blende Differenz in Zeiten des AF, der Bildstabilisierung und der wählbaren Empfindlichkeit (ISO) nicht der Rede wert.
So, und jetzt bitte wieder zurück zum Batis 2.8/135 bzw. diesem Bericht dazu.
Und vielleicht mal daran denken, dass es hier eben um besondere Bild-Looks geht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie z. B. die "Lichter der Stadt" ausgesehen hätten, hätte ich sie mit F/11 fotografiert.
Auf einer Hausmesse konnte ich das o.g. 135mm von Zeiss und die Sigma-Kombination aus 135mm/F1.8 mit Adapter Canon-zu-SonyE an der Sony A7II ausprobieren.
– Die Bildqualität war beides mal sehr gut.
– Das Sigma hat mehr Lichtstärke.
– Trotz der Sigma-Adapterlösung kam mir der AF schneller als bei Zeiss vor.
– Der Preis des Sigma liegt einschließlich des Mount Converters deutlich niedriger als bei Zeiss.
LeJeff
Als alter Zeiss-Fan, halte ich das Objektiv preislich etwas zu viel auf der "Hochschule"!
Das Batis scheint ein gutes Objektiv zu sein, aber wie LeJeff schrieb, gibt es die Alternative von Sigma, die inklusive Adapter (MC-11 Canon–>Sony, nehme ich an) immer noch um 500 Euro weniger kostet und dabei um mehr als eine Blende lichtstärker ist und eine sehr gute Bildqualität bietet.
Danke für den objektiven Bericht. Ich kann Ihre Einschätzung zu Geschwindikeit und Genauigkeit des 135er Batis nur bestätigen, zudem arbeitet der Bildstabilistor recht wirkungsvoll. Sicherlich wünscht sich manch einer bei einem solchen Objektiv die Anfangsblende 2,0 (oder 1,8). Ein solches (Zeiss-) Objektiv wäre dann aber deutlich schwerer und vor allem deutlich teurer. Meine Bewertung zu diesem Objektiv ist nachztulesen unter:
http://www.dyxum.com/reviews/lenses/Zeiss-135mm-F2.8-Batis_review4869.html
Reinhold_1
Gibt es einen praktischen Nutzen für das Mini-Display? Ich halte es lediglich für einen Geck, denn: sobald ich den Finger vom Auslöser lasse, ist das Display stumm und wenn ich den Finger am Auslöser lasse, ist die Scharfstellung futsch.
K.
Es soll ja Fotografen geben, die hin und wieder manuell scharf stellen. 🙂