Foto alpha 7R mit VG-C1EMMit der alpha 7 (24 Megapixel; 1499 Euro) und der alpha 7R (36 Megapixel, kein Tiefpassfilter; 2099 Euro) hat Sony dieser Tage zwei sehr interessante Kleinbildkameras vorgestellt. Unser Ersteindruck widmet sich deren Fähigkeiten, den Gemeinsamkeiten und Unterschieden:

Die Spatzen pfiffen es ja schon länger von den Dächern; auch wir hatten Mitte Juli 2013 noch einmal auf die Kleinbild-Fähigkeiten des E-Bajonetts hingewiesen und eine bald kommende spiegellose Sony-Kleinbildkamera prognostiziert. Es hat ein paar Wochen länger gedauert als wir zunächst vermutet hatten, aber die Tage war es soweit: Sony hat die beiden ersten spiegellosen Kameras des Hauses mit Kleinbildsensor vorgestellt: alpha 7 und alpha 7R.
 

Foto thoMas

 
alpha 7 & alpha 7R – Gemeinsamkeiten

Das Gehäuse beider 7er alphas ist wettergeschützt und außen identisch; innen unterscheiden sie sich insofern, als das Gehäuseskelett bei beiden aus einer Magnesiumlegierung besteht, wobei die alpha 7R auch eine Magnesium-Frontplatte besitzt, wohingegen die Frontplatte bei der alpha 7 aus verstärktem Kunststoff (Polycarbonat) ist.
 

Dichtungen der alpha 7R

Die 7er alphas sind staub- und spritzwassergeschützt
 
 
Foto Magnesiumskelett von alpha 7 (links) und alpha 7R

Magnesiumskelett von alpha 7 (links) und alpha 7R

 
Das Design ist tendenziell kantig –  das muss man mögen. Ich mag‘s. Obwohl Sony auch die Kleinheit des Gehäuses wichtig ist, ist mir das (glücklicherweise) gar nicht groß aufgefallen: Dank des gut ausgeformten Handgriffs lässt sich die Kamera sehr gut und sicher halten und handhaben, und das auch, wenn ein wirklich großes Objektiv wie das 2,8/70-200 mm montiert ist: Die Kamera liegt (mir) sehr gut in der Hand.
 

Foto alpha 7R
 
 
Foto der Rückseite der alpha 7R
 
 
Foto der Oberseite der alpha 7R

alpha 7R

 
Die Bedienelemente sind solide und haben für mich genau die richtige Haptik, was das Anfass- und Bediengefühl angeht: Satt, nicht zu leichtgängig, vertrauenerweckend. Die Kameras sehen aus und bedienen sich klassisch-handgreiflich; so wie auch die eben vorgestellte Fujifilm X-E2, die Olympus OM-D E-M1, und andere Kameras im von manchen so genannten „Retro-Design“. Wenn Retro-Design bedeutet, dass es viele gut erkenn- und bedienbare Knöpfe gibt, dann kann ich nur sagen: immer her damit.

Nichts gegen die Berühr-Bedienung auf dem Bildschirm, die hat auf einem Smartphone ihre Berechtigung schon deshalb, um es schmal und glatt zu halten. An einer Kamera aber will zumindest ich sehen und drehen. Nebenbei: auch die virtuelle Bedienoberfläche eines Smartphones imitiert da, wo es etwas zu verstellen oder einzustellen gilt, meist Mechanik, und versucht, haptische Erlebnisse zu vermitteln: man denke an den Tastaturklick, aber auch an virtuelle Schieber und Drehrädchen.
 

Foto alpha 7R mit VG-C1EM

alpha 7R mit VG-C1EM

 
Der optionale Handgriff VG-C1EM für 299 Euro muss nicht sein, gefällt mir aber schon deswegen, weil er gekonnt für die Kamera gestaltet wurde: Eine so elegante Einheit aus Gehäuse und Handgriff ist mir noch nicht untergekommen. Auf der praktischen Seite bietet er u. a. einen Hochformatauslöser und einen zweiten Akku.

Beide Kameras haben neun personalisierbare Knöpfe, auf die der Anwender die von ihm bevorzugten Funktionen legen kann; er kann dabei aus 46 wählen.

Auch hier kommt der neue Bildprozessor Bionz X zum Einsatz, wobei nicht ganz klar ist, ob es derselbe ist wie in der Cyber-shot RX10, oder ob er nur denselben Namen trägt. Wie dem auch sei, der in den 7er alphas soll mindestens drei Mal so schnell sein wie vorherige Bildprozessoren. Auch hier war, wie bei dem Bionz der RX10, ein wichtiges Entwicklungsziel die realistische, natürliche Wiedergabe.
 

Foto thoMas

 
Der Sucher soll gegenüber der alpha 99 einen deutlich höheren Kontrast darstellen können und in der Summe sichtlich besser sein. „Soll“ deswegen, weil das Sony so gesagt hat, mir aber der direkte Vergleich fehlte. Ich will das glauben, denn der elektronische Sucher der beiden 7er alphas ist sehr gut. Auch hier gilt, was ich schon zu Fujifilms X-E2 anmerkte: „Es ist ein wirklich guter elektronischer Sucher, mit dem auch ich, ein ausgewiesener Fan des (großen und hellen) optischen Suchers, sehr gut zurechtkomme.“

Ich sehe schon die Zeit kommen, da ich dem großen optischen Sucher, etwa dem einer alpha 900, nicht mehr nachtrauern werde. Halten sich die jeweiligen Vor- und Nachteile aktuell noch die Waage – optischer Sucher = groß, hell, und ich bin‘s gewohnt und elektronischer Sucher = das Bild sehr gut so sehen, wie es aufgezeichnet wird; auch im Dunklen – so senkt sich das Gewicht immer mehr zum elektronischen Sucher, denn allfällige Kinderkrankheiten (pixelige Darstellung, Farbstiche, Bewegungsschlieren, …) werden mit jeder neuen Generation mehr und mehr kuriert.

Die 7er alphas bieten auch integriertes Wi-Fi mit NFC; inklusive der Möglichkeit, die Kamera drahtlos von Smartphone aus zu steuern und mit der Option, eigene Anwendungen für die Kamera zu entwickeln: Sony legt Kamera-Programmierschnittstelle offen.
 

Foto SEL-2870

FE 3,5-5,6/28-70 mm OSS (SEL-2870)

 
Objektive für die alpha

Für seine ersten Kleinbildkameras mit E-Bajonett hat Sony auch fünf Objektive vorgestellt, wobei allerdings nicht alle zeitgleich mit den Kameras lieferbar sind:

• Vario-Tessar T* FE 4/24-70 mm ZA OSS (SEL-2470Z) –1199 Euro, Januar 2014
• FE 3,5-5,6/28-70 mm OSS (SEL-2870) – (nur im Kit mit Kamera)
• Sonnar T* FE 2,8/35 mm ZA (SEL-35F28Z) – 799 Euro, November 2013
• Sonnar T* FE 1,8/55 mm ZA (SEL-55F18Z) – 999 Euro, Januar 2014
• FE 4/70 -200 mm G OSS (SEL-70200G) – Frühjahr 2014

Bis Ende 2015 dann will Sony bis zu 15 SEL-Objektive im Programm haben:
 

Roadmap für die alpha 7

Was hier auf Japanisch fürs Jahr 2014 angekündigt wird, das sind ein Superweitwinkel mit Lichtstärke 4, eine lichtstarke Festbrennweite, und ein G-Makroobjektiv. Den Rest lässt Sony noch im Nebulösen.

 
Das ist auch bitter nötig, denn wenn die Kameras im November 2013 in den Handel kommen, und auch bis ins Frühjahr 2014 hinein, ist und bleibt das Objektivangebot doch sehr überschaubar. Da bleiben derzeit nur Objektivadapter samt diverser Fremdobjektive – siehe dazu auch den gleichnamigen Abschnitt weiter unten.

Dazu sollen in 2014 auch Kleinbildobjektive von Carl Zeiss mit manuellem Fokus kommen. Man darf annehmen, dass dies Objektive aus der just angekündigten Otus-Reihe sein werden und wahrscheinlich wird das erste das Zeiss Apo-Distagon 1,4/55 mm sein; nicht eben billig, aber mit höchsten Ansprüchen konstruiert und gefertigt.

Dabei wird, zumal bei der alpha 7R, den Objektiven eine entscheidende Rolle zukommen. Was sie nicht auflösen, kann der beste Sensor nicht darstellen. Fotografieren konnte ich mit dem FE 1,8/55 mm, dem FE 3,5-5,6/28-70 mm OSS und dem 2,8/70-200 mm G SSM II (mit Adapter). Mit aller Vorsicht – noch handelte es sich um Vorserienmodelle – kann gesagt werden, dass sie der Auflösung auch der alpha 7R absolut gewachsen sind und dass sie es, auch dank des weiter unten angesprochenen Sensordesigns, tatsächlich schaffen, trotz des geringen Auflagemaßes und der sehr hohen Auflösung, bis in die Ecken hinein scharf und ohne störende Randabschattungen abzubilden.

Da diese Kleinbild-alphas dasselbe E-Bajonett wie die NEX-Modelle haben, können auch die NEX-Objektive benutzt werden, die eigentlich für das kleinere APS-C-Format gerechnet sind (= Objektive der SEL-Reihe). Wobei der Fotograf wählen kann, ob er das volle Bildfeld der 7er nutzt und dabei eine deutliche Vignettierung am Bildrand sieht (beschneiden kann man dann später), oder ob beim Ansetzen eines SEL-Objektivs automatisch auf das kleinere APS-C-Format umgeschaltet wird. In letzterem Fall wird natürlich auch automatisch die Auflösung reduziert, da ja nur etwa das halbe Format genutzt wird: auf 10 Megapixel bei der alpha 7, auf 15 Megapixel bei der alpha 7R.

Sinngemäß gilt das auch für alle für die NEX-Kameras bestimmten Fremdobjektive, etwa für die beiden Touit-Objektive 2,8/12 mm und 1,8/32 mm von Carl Zeiss.

Objektivadapter

Mit den Kleinbild-alphas der 7er Serie hat Sony auch einen neuen Adapter LA-EA4 vorgestellt, mit dem sich fast alle Objektive mit alpha-Bajonett am E-Bajonett nutzen lassen. Schon mit dem Camcorder NEX-VG900E, der gleichfalls E-Bajonett und Kleinbildsensor hat, wurde der Objektivadapter LA-EA3 eingeführt. Dabei entsprechen die beiden neuen Adapter LA-EA3 und LA-EA4 offensichtlich ihren Vorgängern LA-EA1 und LA-EA2 mit dem Unterschied, dass sie auch kleinbildtauglich sind.

Der Adapter LA-EA3 (199 Euro) stellt die mechanische Verbindung her und überträgt alle elektronischen Signale und die mechanische Blendensteuerung. Mit ihm funktioniert mit allen Objektiven, die ein Minolta- oder alpha-Bajonett haben, die Belichtungsbestimmung inkl. aller Belichtungsautomatiken; die automatische Scharfstellung aber nur mit den Objektiven, die einen eingebauten Motor haben (SAM- und SSM-Objektive). Die Scharfstellung misst der Autofokus in der Kamera und meldet diese Werte ans Objektiv bzw. an dessen Scharfstellmotor.
 

Foto LA-EA3

LA-EA3
 
 
Foto LA-EA4

LA-EA4

 
Der Adapter LA-EA4 (349 Euro) hat darüber hinaus eine komplette Autofokus-Einheit (kontinuierlicher Autofokus mit Phasendetektion) samt teildurchlässigem Spiegel und AF-Motor eingebaut und mit ihm können auch alpha-Bajonett-Objektive ohne eigenen Motor automatisch scharfgestellt werden. Wie der LA-EA2 hat er einen 15-Punkt-Phasen-Autofokus mit drei Kreuzsensoren und unterstützt Einzel- und Nachführ-AF.

Wobei beide Adapter ganz hervorragend arbeiten: Die Objektive zeigen mit Adapter dieselbe AF-Schnelligkeit wie ohne; die AF-Leistung wird also allein von der AF-Leistung der Kamera bestimmt. Bei Nutzung der AF-Einheit im LA-EA4 (die offensichtlich dem AF-Modul der alpha 55 / alpha 65 sehr ähnlich ist) kann man dem entsprechend solide Mittelklasse-Leistungen der automatischen Scharfstellung erwarten.

Das neue 2,8/70-200 mm G SSM II mit alpha-Bajonett, das übrigens laut Sony etwa 4x so schnell ist wie die alte Version, fokussierte an der alpha 7R sehr flott und zupackend und die Aussage der Sony-Entwickler dazu war, dass die Objektive mit alpha-Bajonett an der alpha 7 / 7R mit Adapter genauso schnell fokussieren wie an einer alpha 99.

Nicht vergessen werden sollen an der Stelle die Objektivadapter fürs E-Bajonett, denn das funktioniert ganz hervorragend, solange man mit manueller Scharfstellung zurechtkommt.

Auf absehbare Zeit sind diese Adapter – mit AF für alpha-Objektive und mit MF für so ziemlich jedes andere Objektiv – denn auch die einzige Möglichkeit, eine 7er alpha mit dem gewünschten Objektivpark auszustatten.

alpha 7R – Auflösung über alles

Der Sensor der alpha 7R hat 36 Millionen Pixel und ein sogenanntes „gapless on-chip lens design“, das, wie Sony betonte, noch kein anderer (36-MP-)Sensor bietet. Übersetzt heißt „gapless“ lückenlos und so darf man – auch anhand der Schemazeichnung – vermuten, dass Sony die Mikrolinsen besonders dicht an dicht so gepackt hat, dass keine Lücken entstehen und die Lichtsammelfläche möglichst groß und effektiv ist.
 

Schema gapless on-chip lens design

 
In der Präsentation allerdings stellte Kimio Maki, Senior General Manager Digital Imaging Business Group, einen anderen Aspekt in den Vordergrund: Die Mikrolinsen sind zum Rand hin zunehmend leicht versetzt so angeordnet, dass sie auch die zum Rand hin immer schräger einfallenden Lichtstrahlen effektiv sammeln und mit möglichst hoher Lichtausbeute auf das lichtempfindliche Element leiten.

Bei der alpha 7R hat Sony das Tiefpassfilter weggelassen und auch auf den Phasendetektions-AF verzichtet. Laut Sony war hier maximale Auflösung Schwerpunkt des Entwicklungsziels und da wollte man auch keine Pixel für den Phasen-Autofokus opfern (der bei Spiegellosen ja über Spezial-Pixel auf dem Bildsensor realisiert wird).

Schade ist, dass Sony auf die Sensor-Shift-Technik zur Bildstabilisierung verzichtet hat. Wissen wir doch spätestens seit Nikons D800, dass hochaufgelöste Fotos im Kleinbildformat zwar einerseits faszinierend, andererseits aber nicht so leicht scharf zu bekommen sind; beste Objektive und sehr schnelle Verschlusszeiten, oder aber eine ruhige, sorgsame Aufnahmetechnik – idealerweise vom Stativ – sind die Voraussetzung dafür. Da käme so ein Stabilisator im Gehäuse gerade recht, der jedes angesetzte Objektiv stabilisiert. Dem Vernehmen nach liegt es an dem schmalen Gehäuse: die Herausforderungen, hier einen Sensor-Shift einzubauen, sind nicht trivial und noch steht nicht fest, ob das in Zukunft gelöst werden kann.

Die alpha 7R ist, ebenso wie Nikons D800, eine Kamera für den, der höchste Ansprüche stellt, dafür aber auch bereit ist, viel Geld, sowie einige Mühen und Sorgsamkeit in die Aufnahmen zu stecken. Fine-Art-Fotografen etwa kommen in den Sinn. Um noch einmal Kimio Maki zu zitieren: „Das ist unser Meisterstück.“
 

Foto alpha 7

alpha 7

 
alpha 7 – Kleine Schwester

Die alpha 7 ist mit ihrem 24-Megapixel-Sensor gewissermaßen die kleinere Schwester der alpha 7R, hat aber einen Hybrid-AF (AF-Phasendetektion / AF-Kontrastdetektion), der tendenziell etwas flotter ist und schafft 5 B/s, die alpha 7R „nur“ 4 B/s. Der Phasenvergleichs-Autofokus wurde in den Bildsensor integriert und dazu wurden einige Pixel zu Autofokussensoren umgewidmet.

Welche denn nun?

Was die Bildqualität angeht, vermag ich – bis auf die höhere Auflösung der alpha 7R natürlich – keine Unterschiede zu erkennen. Beide zeigen auch JPEGs natürlich und mit sehr schöner Modulation in Tonwerten und Farbnuancen, die Abstimmung der JPEG-Algorithmen geht mehr in Richtung „hohe Bildqualität“ denn „schnelle Gefälligkeit“ (auf den ersten Blick wirken farb-lebendige und stark geschärfte Fotos besser und gefälliger, dabei gehen aber Details in den feinen Farbnuancen, im Tonwertverlauf – kurz: in den Feinheiten –  verloren und der Sehende amüsiert sich über die leicht unnatürlichen „Bonbonfarben“). Mit einer Rohdatenentwicklung lässt sich noch ein wenig mehr Modulation, insbesonders in den Lichtern und Schatten, herausholen.

Die alpha 7 ist gegenüber der alpha 7R die „ vernünftigere“ Kamera dergestalt, als sie 600 Euro weniger kostet (1499 statt 2099 Euro), (deutlich) weniger Anforderungen an Objektiv und Fotograf stellt, leichte Vorteile bietet, was die Autofokussierung angeht, und dabei zu sehr, sehr guten Fotos fähig ist. Ich bevorzuge dennoch die alpha 7R.

So bleibt die Entscheidungsfindung dann doch wieder Ihnen überlassen …
 

Foto thoMas

 
(thoMas)
 
 
Produktfotos: Sony
Beispielfotos: thoMas

 
 
Nachsatz: Bitte sehen Sie davon ab, die Bildqualität der Beispielfotos zu beurteilen und zu kommentieren. Das sind bearbeitete Fotos, web-optimiert gespeichert, die einfach so, zum Schmuck, im Text verteilt sind. Was es aus meiner Sicht zur Bildqualität zu sagen gibt, steht im Text.