Ein bundesdeutsches Institut für die Fotografie, ein Ort für das fotokulturelle Erbe Deutschlands soll entstehen. Aber wo? Zunächst schien Düsseldorf der geeignete Standort zu sein. Doch inzwischen ist auch Essen im Rennen, scheint sich gar zum Favoriten zu mausern. Denn in der Ruhrgebietsstadt gibt es anders als am Rhein genügend Platz auf dem Gelände der Zeche Zollverein (unser Titelbild).  

Ein bundesdeutsches Institut für die Fotografie, ein Ort für das fotokulturelle Erbe Deutschlands soll entstehen. Das ist die gute Nachricht. Doch der Weg scheint noch weit. Dank der Initiative der ehemaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters wird daran schon seit 2019 gefeilt. Einem Konzept einer hochkarätigen Expertenkommission folgte eine Machbarkeitsstudie – mit dem Ziel, wie es Grütters formulierte, ein „bildhaftes Gedächtnis unserer Gesellschaft zu bewahren“.

Doch vor der Realisierung kam es zum Zwist. Wo sollte es sein, das Bundesinstitut für Fotografie? Wo der Ort, wo das fotografische Kulturerbe Deutschlands bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird? Dieser Ort, der kein klassisches Museum sein wird, soviel scheint heute klar, muss natürlich in Düsseldorf sein. Meinten die Düsseldorfer – die mit Stolz auf ihre große, weltbekannte Tradition künstlerischer Fotografie blicken: famous Becher-School.

Und es sah zuerst gut aus für die Landeshauptstadt. Schnell wurde ein Etat von 41,5 Millionen Euro vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages freigegeben – für einen Standort in Düsseldorf. Doch die Experten und auch die Machbarkeitsstudie sahen es kurz danach anders: Nach Essen soll es, das neue Institut. In Düsseldorf reagierte man ziemlich zerknirscht. So wie Fotokünstler Andreas Gursky, welcher der Machbarkeitsstudie „Einseitigkeit“ vorwarf.

Helle Begeisterung in Essen

In Essen natürlich: helle Begeisterung. Peter Gorschlüter, Direktor des Museums Folkwang: „Sowohl der Bericht der Expertenkommission als auch die Machbarkeitsstudie haben sich eindeutig für den Standort Essen ausgesprochen, aus inhaltlichen wie logistischen Gründen. An diesen Gutachten führt kein Weg vorbei.“

Düsseldorf hat in der Fotografie einen internationalen Namen. Essen hat auf dem Gelände der Zeche Zollverein jede Menge Platz. Und so könnte hier also bis 2027 das Institut entstehen – für geschätzte 125 Millionen Euro. Doch soweit ist es noch nicht. Weiterhin will man auch in Düsseldorf um das Institut kämpfen, will das Gelände des Düsseldorfer Ehrenhofes bereitstellen. Und wie wichtig der neuen Ampel-Koalition das Thema überhaupt ist, scheint auch noch nicht ganz klar zu sein.

Ungeachtet dessen hat sich in Essen eine Initiative aus vier Partnern gebildet, die das Institut in trockene Tücher wickeln wollen: Folkwang Universität der Künste, Historisches Archiv Krupp, Museum Folkwang und Stiftung Ruhr Museum haben jüngst auch das Magazin „Fotostadt Essen“ lanciert. Hier betonen die Macher die besondere Expertise der Essener Institutionen auf allen Feldern der Fotografie: „Die Essener Institutionen stehen mit ihren Programmen, nationalen und internationalen Netzwerken und Aktivitäten beispiellos für Zeitgenossenschaft, Relevanz und Wirkung in Ausbildung, Ausstellungen, Archivierung, Sammlungsarbeit, Dokumentation, Wissenschaft, Restaurierung und Kuratierung.“

Im Dezember des vergangenen Jahres fand auch ein internationales Symposium auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein statt, wo über „Werte des Fotografischen“ diskutiert wurde. Man darf gespannt auf die nächsten Schritte sein. Der Ball ist nun bei der neuen Bundesregierung, denn diese könnte von dem neu gewählten Bundestag die Zustimmung zur Inanspruchnahme der im Bundeshaushalt enthaltenen Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 41,5 Millionen Euro für das Bundesinstitut einholen. Denn dieses Geld liegt nun schon seit 2019 bereit.

(c) Titelbild: Silviu Guiman, 2021