Foto der D800 von NikonIn diesem zweiten Teil unseres Praxistests geht es um die Bildqualität der D800 mit ihren 36 Megapixeln. Wie viel besser ist sie? Kann sie mit dem Mittelformat mithalten? Und, mindestens ebenso interessant: Bringt die D800E gegenüber der D800 ein Mehr an nennenswerter Auflösung?

Im ersten Vergleich will ich die Bildqualität hinsichtlich der Detailauflösung zwischen D800 (36 Megapixel) und D3x (24 Megapixel) untersuchen. Rein numerisch ist ja der 36-Megapixel-Sensor um 50 % feiner strukturiert als der 24-Megapixel-Sensor, allerdings wächst die Auflösung nicht linear mit der Strukturdichte, daher sind die Aufnahmen mit der D800 nicht um 50 % detaillierter, sondern um etwa 25 %.

Hier zwei Ausschnitte aus Aufnahmen in den Donauauen bei Sonnenuntergang – die dunklen Äste geben ein gutes Motiv für die Detailwiedergabe ab:
 

Foto: Georg N. Nyman

D3x mit AF-S 2,8/24-70 bei Blende 8
 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800 mit AF-S 2,8/24-70 bei Blende 8 (dasselbe Objektiv)

 
Ein weiterer Vergleich, der mir attraktiv erschien, war der direkte Vergleich der Auflösung einer Mittelformatkamera mit vergleichbarer Pixelzahl. Ich hatte eine Hasselblad H3DII mit dem Standardobjektiv 2,8/80 mm und dem 39-Megapixel-Rückteil zur Hand. Der Vergleich zeigt den Unterschied:
 

Foto: Georg N. Nyman

Das ganze Motiv
 
 
Foto: Georg N. Nyman

H3DII-39 mit 2,8/80 mm, Blende 8
Darstellung 100 %

 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800 mit 2,8/24-70 mm Objektiv bei 58 mm äquivalenter Brennweite, Blende 8
Darstellung 100 %

 
Die H3DII-39 ist nach wie vor ein wenig besser und gibt Farb- und Tonwerte einen Kick homogener, Details etwas feiner wieder. Achten Sie diesbezüglich u.a. auf die Rindenstrukturen linker Hand und die Plastizität der Steine.

Mich interessierte auch, wie sich die D700 (12 MP) und die D800 (36 MP) unterscheiden. Hier ein Vergleich, aufgenommen mit demselben Objektiv, dem AF-S 2,8/24-70 mm bei 58 mm Brennweite und Blende 8:
 

Foto: Georg N. Nyman

Überblick des gesamten Bildfeldes
 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800, Detail: AF-S 2,8/24-70 mm bei 58 mm und Blende 8
 
 
Foto: Georg N. Nyman

D700, Detail: AF-S 2,8/24-70 mm bei 58 mm und Blende 8
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Und hier zur Erinnerung an die analogen Zeiten: so erscheint das Detail, aufgenommen mit der Pentax 645 auf Fuji Velvia (4000-dpi-Scan)

 
Ein weiteres Merkmal der D800(E) ist der sehr große ISO-Bereich, den man auswählen kann. Wenn die Pixel so klein sind, ist es ja meist so, dass die Aufnahmen bei höheren ISO-Werten deutlich zu rauschen beginnen. Bei der D800 jedoch kann man recht hohe ISO-Werte einstellen, bevor das Rauschen unangenehm wird. Nach meiner Einschätzung sind ISO 3200 durchaus noch gut verwendbar, 6400 geht mit Einschränkungen, dann wird es rauschig. Die folgenden Aufnahmen sind selbsterklärend und zeigen das recht gut. Die optionale Rauschunterdrückung, die bei allen Aufnahmen bis auf die letzte ausgeschaltet war, reduziert bestimmungsgemäß das Rauschen, aber auch die Auflösung . Bei ISO  25.600 nehme ich das aber gerne in Kauf, um noch einigermaßen verwendbare Aufnahmen zu bekommen. Ich denke, da ist die D3s eindeutig eine Klasse besser geblieben – kein Wunder, die hat auch viel größere Pixel als die D800(E).
 

Foto: Georg N. Nyman

ISO 100
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 800
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 3200
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 6400
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 12.800
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 25.600
 
 
Foto: Georg N. Nyman

ISO 26.500 mit Rauschunterdrückung

 
Damit zu einem weiteren interessanten Punkt: dem Vergleich der D800 mit der D800E. Es war gar nicht einfach, beide Kameras zur gleichen Zeit zu bekommen. Also habe ich aufgenommen, was sich innerhalb von 90 Minuten machen ließ (natürlich mit Spiegelvorauslösung, Selbstauslöser, einem stabilen Stativ und einem guten Objektiv – dem AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6 – damit die Qualität so gut wie möglich ist).

Üblicherweise haben Digitalkameras ja ein Antialiasing-Filter, damit möglichst keine Moirés („Flimmerstrukturen“) auftreten. Das wirkt wie ein ganz leichter Weichzeichner. Bei der D800E wurde zugunsten höchstmöglicher Auflösung darauf verzichtet.

Die Frage ist natürlich vor allem, ob‘s was bringt. Kann man also Unterschiede zwischen den beiden Kameras erkennen? Ja, aber erst auf den zweiten Blick.

Hier ein paar der Vergleiche, die zeigen, was ich meine. Zuerst das Detail einer Fassadenstruktur. Die Aufnahme der D800E ist sichtbar knackiger und ansprechender, das ist gut in der Feinstruktur der dunklen Lamellen erkennbar:
 

Foto: Georg N. Nyman

Übersicht
 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800 mit AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6
(Darstellung in 200-%-Ansicht)

 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800E mit AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6
(Darstellung in 200-%-Ansicht)

 
Man darf dabei nicht vergessen, dass dies sehr starke Nachvergrößerungen von kleinsten Details sind – aber immerhin, die Unterschiede sind gut sichtbar.

Ein weiteres Beispiel aus der Bildmitte. Die Bürohäuser sind ziemlich weit entfernt, was den Kontrast durch den Dunst sinken ließ, aber auch hier zeigt der Detailausschnitt der D800E-Aufnahme einen ganz leicht höheren Kontrast. Die Aufnahmen wurden wieder mit dem Nikon AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6 gemacht. In Lightroom 4 wurden bei beiden Aufnahmen gleichermaßen die Strukturen gerade ausgerichtet und die automatische Objektiv- / Kamerakorrektur mit Beseitigung der chromatischen Aberration eingeschaltet – also gleichwertige Behandlung:
 

Foto: Georg N. Nyman

D800 mit AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6
(Darstellung in 200-%-Ansicht)

 
 
Foto: Georg N. Nyman

D800E mit AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6
(Darstellung in 200-%-Ansicht)

 
Man kann die feinen Unterschiede in Farbe und Kontrast erkennen. Das sind, wie gesagt, keine Welten, aber es ist erkennbar. Die Details der D800E sind klarer und die Kanten einen Tick brillanter, meiner Meinung nach.

Bleibt die Frage der Moiré-Gefahr. Bei der D800E ist wegen des fehlenden Antialiasing-Filters die Gefahr der Moirébildung ja größer. Mit gelang es allerdings erst nach vielen Versuchen, auch ein paar Aufnahmen zu machen, die Moiré zeigen. Von etwa 200 Aufnahmen zeigen vielleicht 1 oder 2 Moiré – und das lässt sich meist gut entfernen, wenn man es im Lightroom 4 mit dem Moirépinsel überstreicht. Dafür sind die feinsten Details einer voll aufgelösten Aufnahme bei der D800E noch einen Tick brillanter und besser durchgezeichnet als bei der D800.
 

Foto: Georg N. Nyman

Ein Moiré mit der D800E zu erhalten, war, wie erwähnt, gar nicht so leicht, aber hier ist eine Aufnahme, wo es mir gelang: ein Vorhang, seitlicher Blitz – und voilà, das Moiré!
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Gegen das Moiré gibt es einen Korrekturpinsel in Lightroom 4, der nicht schlecht ist; die Korrektur geht einfach und schnell. Das Resultat sieht dann so aus. Ein wenig Moiréstruktur ist geblieben, die kann man allerdings dann in Photoshop 5 behandeln.

 
Ich fand noch ein weiteres gutes Objekt für die „Erzeugung“ einer Moiréstruktur – und sie war auch prompt vorhanden – bei beiden Kameras:
 

Foto: Georg N. Nyman

Hier das Übersichtsbild – die Moiréstruktur ist etwas rechts der Bildmitte auf den Sonnenblenden zu finden.
Nikon D800 mit AF-S 1,4/24 mm bei Blende 5,6

 
 
Foto: Georg N. Nyman

Links der D800E-Ausschnitt mit Moiré – da hilft auch der entsprechende Korrekturpinsel in Lightroom 4 nicht sehr viel. Aber auch die D800 (rechts) zeigt hier ein sichtbares Moiré, und auch das geht mit Lightroom 4 nicht weg.

 
Generell möchte ich, angesichts meiner vielen Aufnahmen, vor einer Hysterie hinsichtlich der Moirébildung bei der D800E warnen: Es gibt immer wieder optische Gegebenheiten, wo Moiré entsteht, das ist sicher richtig, aber das ist nicht häufig – weniger als ich anfangs befürchtete.

Zusammenfassung

Wenn ich alles zusammenfasse, was ich über die beiden Kameras herausfinden konnte, so lautet meine persönliche Antwort auf die Frage, ob eher die D800 oder eher die D800E: Die D800 ist die einfachere Wahl. Bei der D800E muss man das Fehlen des Antialisasing-Filters einkalkulieren. Ist man sich bewusst, was das bedeutet (und dass das auch nachträglich nicht mehr zu ändern ist), dann kann man den kleinen Qualitätsvorsprung der D800E nutzen. Möchte man das letzte kleinste Detail noch ein wenig besser herausarbeiten, dann ist sie erste Wahl. Für die allermeisten Anwender wird aber die normale D800 die bessere Wahl sein – vor allem, wenn man nicht vom Stativ aus fotografiert, sondern aus der Hand.

Was die Frage der Objektivpalette für die D800(E) betrifft: nun, da ist es klar, dass nicht alles, was man so im Laufe der Jahre zusammengesammelt hat, auch wirklich gut verwendbar ist. Also aussortieren, verkaufen oder eintauschen, oder einfach mit der D700 weiterverwenden.

Eine Überraschung waren die alten Nikkor-Festbrennweiten, die, auf 5,6 oder 8 abgeblendet, durchaus sehenswerte Ergebnisse liefern – wenn man manuell fokussieren will und sich mit Festbrennweiten abfinden kann (siehe dazu auch Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil III; online ab 17.5.2012; 15:15 Uhr).

Von den Objektiven aus der neueren Nikon-Palette sind die neuen mit der Nanokristallvergütung sicher die erste Wahl – vor allem die Nikkore AF-S 2,8/14-24 mm, Micro 2,8/105 mm, 1,4/24 mm, 1,4/35 mm, 1,4/85 und 2,8/70-200 mm VR II. Die anderen, soweit ich sie getestet habe, sind nur mit Einschränkungen verwendbar (Abblenden und kleineres Aufnahmeformat), sofern man die volle Qualität der Kamera auch ausreizen möchte.

(Georg N. Nyman)
 
 
Damit genug für heute.

Morgen beschließen wir unsere Artikelserie zur D800, die aus insgesamt drei Teilen besteht, mit weiteren Einlassungen, vor allem zur Tauglichkeit alter Nikkore und auch zur Frage, wer 36 Megapixel überhaupt braucht:

Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil I (Ausstattung und Leistung)
Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil II (Bildqualität; lesen Sie gerade)
Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil III (Objektivwahl; online ab 17.5.2012; 15:15 Uhr)
 
 
Anmerkung: Die Vergleichsaufnahmen wurden i.d.R. auf gleiche Größe skaliert und web-optimiert gespeichert. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Unterschiede, die zu zeigen waren, auch deutlich werden. Gehen Sie dennoch davon aus, dass sie in natura deutlicher ausfallen.