Foto der D800 von NikonNikons D800 und D800E wirbeln die Fotolandschaft ganz schön auf. Die Kleinbildkameras mit 36 Megapixeln und mit bzw. ohne Antialiasing-Filter gibt es ab rund 2900 Euro – das verheißt Mittelformatqualität zum kleinen Preis:

Schon bevor die D700-Nachfolgekamera offiziell wurde, brodelte es in der Gerüchteküche: sie würde sicher mehr Pixel haben als die aktuelle D700, sicher auch eine gute Videofunktion, und noch ein paar weitere Neuerungen. Der Name D800 war recht logisch, für den Sensor wurden zwischen 18 und 24 Megapixeln gehandelt. Aber dann kam die Überraschung mit dem Flaggschiff D4: „nur“ so wenig Megapixel – und das nach einer D3x mit 24 Megapixeln? Jetzt schien es sonnenklar – die D800 wird auch 16 Megapixel haben, ist doch logisch. Doch weit gefehlt: 36,2 Megapixel wurden es – ein Rekord für eine Kleinbild-Vollformatkamera!
 

Foto der Rückseite der D800 von Nikon    Foto der D800 von Nikon

D800

 
Sowie ich eine D800 in die Hände bekommen konnte, deren Aufnahmen ich auch zeigen durfte, war ich bereit, sehr viel Zeit und Aufwand zu investieren, um dieses Pixelmonster genauestens auszuprobieren. Nicht nur aus technischem Interesse, sondern auch, weil diese vielen Pixel meiner Liebe zur Landschaftsfotografie sehr entgegenkommen.

Besonderen Reiz übte auf mich die Ankündigung der D800E an: noch ein wenig bessere Auflösung in den feinsten Details, weil diese keinen Antialiasing-Filter vor dem Sensor hat – erkauft mit einer, laut Informationen, etwas wahrscheinlicheren Problematik von Moiré-Effekten. Den Preisaufschlag von etwa 300 Euro verstehe ich zwar nicht ganz, aber das ist sicher Preis-Politik und auch der Preis für die viel geringeren Mengen, die verkauft werden. Das ist auch nicht wirklich tragisch: 300 Euro für die Kamera mehr zu zahlen, wenn sie dafür etwas bieten kann, was andere nicht können. Ob das auch so ist, werden wir später noch sehen … (siehe Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil II – online ab 16.5.2012; 15:15 Uhr))
 

Foto der D800E von Nikon    Foto der Rückseite der D800E von Nikon

D800E

 
Nach etwa 1000 Aufnahmen mit vielen verschiedenen Objektiven aus den verschiedensten Nikon-Epochen komme ich zu meinem, wie immer sehr subjektiven, Schluss: beide, die D800 und die D800E, sind tolle Kameras, verlangen aber nach sorgsamer Aufnahmetechnik und besten Objektiven.

Der Preis, um mit etwas Trivialem anzufangen, der ist einfach ein Hit. Ich denke, auch wenn die Kamera 3500 Euro oder etwas mehr gekostet hätte, wäre sie genauso interessant und attraktiv gewesen. Die 2899 Euro, die als empfohlener Richtpreis genannt werden, sind absolut berechtigt.

Ich sehe nur das Problem der Positionierung einiger anderer Kameras im Markt – darunter auch einige von Nikon. Die Argumentation für eine D3x etwa fällt etwas komplexer aus als vorher. Ja, die D3x ist noch professioneller, noch robuster, für noch mehr Auslösungen gedacht, aber die 200.000 Auslösungen, die der D800-Verschluss aushalten soll, sind auch mehr als gut. Die Geschwindigkeit der D800 ist natürlich – bei 36 Megapixeln nicht anders zu erwarten – viel geringer: 3, 4 oder vielleicht 5 B/s. Wer höhere Geschwindigkeiten braucht, der wird eben weiterhin zu den „Vollprofi“-Reportagekameras greifen und da ist die neue D4 sicher super: 11 B/s sind sehr schnell!

Und wie sieht es mit der Auflösung gegenüber der D4 aus? Nun, die D4 hat zwar „bescheidene“, aber sehr praxisnahe, 16 Megapixel, dafür aber eine extrem hohe Aufnahmegeschwindigkeit und eine Ausstattung, die für Reportagen ausgelegt ist. Es ist eine Kamera, die viel aushalten und lange halten muss. Und kaum einem Reportagefotografen wird es einfallen, die riesigen Dateien eines 36-Megapixel-Sensors zu verlangen. Das ist einfach eine andere Anwendung.

Die Dateien der D800(E) sind – logisch – bei 36 Megapixeln schon recht groß, da braucht man unter 8-GB- oder 16-GB-Speicherkarten gar nicht erst anzufangen. Aber der Preis für Speicher ist ja nur mehr ein Bruchteil von dem, was er einmal war.

Im Folgenden der Versuch, anhand eines vergleichsweise winzigen, zudem web-optimierten JPEGs die Unterschiede zwischen JPEG (oben) und RAW (unten) deutlich zu machen. Zumindest in Version 1.00 kann die kamerainterne Software nicht mit einer externen RAW-Entwicklung mithalten. Insbesondere in den Mitteltönen ist die RAW-Entwicklung differenzierter und modulierter, was Ton- und Farbwerte angeht. Beachten Sie beispielsweise, um wie viel plastischer die gelben Plastikeimer wirken. Im Original fallen die diffizilen, aber sichtlichen Unterschiede natürlich noch viel deutlicher aus:
 

Foto: thoMas

Hier das Motiv, wie es als JPEG in der Kamera gespeichert wurde. Keinerlei Bearbeitung und Optimierung
 
 
Foto: thoMas

Entwicklung in Capture NX 2 (v2.3.0) mit Grundeinstellungen; Weißabgleich „Tageslicht – bewölkt“
 
 
Foto: thoMas

Entwicklung in Lightroom 4 (CameraRAW 7.0) mit Grundeinstellungen; Weißabgleich „Bewölkt“
 
 
Foto: thoMas

Hier eine Variante, entwickelt Lightroom 4 (CameraRAW 7.0) nach meinen Vorgaben und Vorlieben: gedreht habe ich am Weißabgleich, an Schwarz, Weiß, Belichtung, Kontrast …

Anmerkung: Die Vergleichsaufnahmen wurden deutlich verkleinert und web-optimiert gespeichert. Gehen Sie davon aus, dass die Unterschiede in natura deutlicher ausfallen.

 
Filme

Um es gleich vorweg zu nehmen – ich habe keine der filmischen Aspekte der D800 untersucht – mich interessiert Filmen überhaupt nicht und ich verstehe auch nichts davon. Für mich ist die D800 eine Foto- und keine Filmkamera. Diesbezüglich wird es sicher gute andere Berichte geben, die von Leuten kommen, die diese Materie verstehen und die genau diese Dinge interessieren (beispielsweise bei slashCAM).

Ausstattung, Haptik & Bedienung

Die D800 (wie auch die D800E, die der D800 äußerlich exakt gleicht) ist etwas größer als die D700, aber sichtbar kleiner als die Kameras der D3-Serie. Für meine Hände ist die D800 sehr angenehm: sie liegt mir gut in der Hand, alle Elemente sind gut bedienbar. Einschalten und loslegen – die Bedienung ist wie gewohnt von Nikon, die Menüpunkte sind dort, wo ich sie von anderen Nikon-Kameras bereits kenne und es gibt nichts, was mir neu platziert scheint. Für mich einfach angenehm zu bedienen und damit zu werken.

Das Gewicht der D800 war eine Überraschung – sie ist doch glatt etwas leichter als die D700, fühlt sich deswegen aber nicht „plastikisch“ an. Das bedeutet, sie ist unter 1 kg schwer, genau sind es 900 g leer für das Gehäuse.

Foto der D800E von Nikon

Was ich sowohl etwas amüsant, als auch nicht unpraktisch, finde: die D800 hat einen kleinen, ausschwenkbaren Blitz, so wie die D700. Der Blitz ersetzt keinen der Systemblitze, aber mit den durchaus gut verwendbaren hohen ISO-Einstellungen kann man Situationen meistern, die von einem kleinen Blitz profitieren. Außerdem kann er auch als Steuerblitz fürs drahtlose bzw. entfesselte Blitzen dienen.

Etwas merkwürdig finde ich den Umstand, dass die D800 keinen 100-%-Sucher hat, zumindest laut Nikons eigenen Angaben nicht („ca. 100 %“). Die Argumentation des Marketings in den Unterlagen ist, dass man dadurch das Prismensystem etwas kleiner halten kann als bei voller 100-%-Abdeckung. Auch fällt meiner Meinung nach bei einem nicht exakten 100-%-Sucherbild die Justierung des Sucherbildes, passend zum Displaybild auf der Kamerarückseite, etwas leichter. Ich habe den Sucherinhalt mit den RAW-Dateien verglichen: der Unterschied zwischen Sucherbild und aufgenommenem Foto ist sehr gering, aber doch feststellbar. Ich schätze den Sucher auf etwa 98-99 % des Aufnahmeformates. Auch das Kameradisplay mit Lifeview zeigt nicht exakt und genau 100 % des Aufnahmeformates, auch hier gibt es einen ganz kleinen Beschnitt im Vergleich zur Bilddatei, was aber für praktisch alle Fälle unbedeutend ist.

Da man auch im Live-Modus die Vergrößerung von Details bis auf das 46fache steigern kann, lassen sich sehr präzise Einstellungen der Schärfenebene vornehmen. Und das genau ist auch notwendig, um die maximal mögliche Schärfeleistung der Kamera zu erhalten. (Tipp: Wenn man die maximale Schärfe ohne Kompromisse sucht, ist die Verwendung der Lifeview-Nachvergrößerung sowie eines guten Stativs mehr als sinnvoll.)

Ein Punkt, der mich gestört hat: das Display wird im Live-Modus nach einer Aufnahme solange abgeschaltet, bis die Datei auf Speicherkarte geschrieben ist.

Apropos Display: In einigen Berichten findet man den Kritikpunkt, das Display hätte im Vergleich zu den vorherigen Modellen (z.B. D700 oder D3s) einen Grünstich. Das ist richtig, aber nur, wenn man die Weißbalance des Displays ohne Farbeinstellung verwendet. Man kann die Weißbalance des hinteren Displays aber genauso einstellen, wie man es für die Aufnahmen kann – auch mit einem eigenen gemessenen Wert – und schon ist der Grünstich weg.

Serienaufnahmen sind natürlich mit der D800(E) möglich, die Geschwindigkeit ist mit etwa 4 Aufnahmen pro Sekunde im FX-Format in Ordnung. Man darf ja nicht vergessen, da sind eine Menge Daten zu berechnen und zu transportieren.

Etwas merkwürdig finde ich die Verwendung von zwei verschiedenen Speichermedien. Eine CF-Karte und eine SD-Karte können eingeschoben werden. Das ist etwas inkonsistent, denn wenn man beispielsweise vorher mit einer D2x, einer D700, einer D3, D3s oder D3x gearbeitet hat, dann haben sich im Laufe der Zeit Dutzende CF-Karten angesammelt, die man nur ungern um eine größer werdende Sammlung von SD-Karten erweitert, nur weil man für das zweite Fach ein anderes Speicherkartenformat braucht. Nebenbei: Die ebenfalls gerade erschienene D4 nutzt den neuen Standard XQD fürs zweite Fach. Für XQD ist es sehr früh, denn zur Zeit bietet meines Wissens nur Sony das Speichermedium an – und warum in aller Welt bei zwei neuen Kameras zwei so unterschiedliche Zweitformate?

Was mir aber sehr gefällt, ist, dass man nun ISO 100 als niedrigste Empfindlichkeit einstellen kann. Das bringt ein wenig zusätzlichen Dynamikumfang für die Aufnahmen.

Für meine Zwecke auch angenehm ist die Platzierung eines Bracketing-Knopfes links oben an der Kamera; zur Wahl von ISO, Weißabgleich und Qualität – das macht Belichtungsreihen einfacher und schneller.

Was auch recht positiv ist: die Datenübertragung ist schnell geworden. Die D800(E) hat einen USB-3.0-Anschluss. Das ist auch notwendig, denn die RAW-Dateien sind je etwa 50 MB groß!

Ein Detail, das an der D3 sehr angenehm ist, vermisse ich: einen Knopf für die Aufzeichnung von akustischen Notizen. Das bleibt offenbar der Oberliga D3 / D4 vorbehalten, dabei wäre das doch so einfach, hat die D800 doch aufgrund des Filmmodus alle Elektronik für eine Tonaufnahme eingebaut …

Autofokus

Laut Nikon ist das AF-Modul identisch mit dem der D4; es hat 51 AF-Messfelder und soll sich u.a. durch die Leistung bei wenig Licht auszeichnen. Alle AF-Sensoren funktionieren ab Blende 5,6; 11 Sensoren sind ab Blende 8 funktionsfähig; zwischen Blende 5,6 und 8 sind es 15 Sensoren.

Doch subjektiv „packt“ die gute, alte D700 besser zu, wenn es um die Verfolgung schnell bewegter Motive geht. Nicht, dass die D800-Fotos nicht brauchbar wären, aber in der Schärfeverfolgung bleibt die D700 im direkten Vergleich für mich der Sieger. D700- und D3-Autofokusmodul sollen sehr ähnlich sein; dass aber die D800 ein der D4 vergleichbares AF-Modul haben soll, kann ich so nicht bestätigen. Für mich reagiert die D800 wie seinerzeit die D7000.

Der Hamburger Hochzeitsfotograf Steffen Böttcher hat sich über ein „Fehlverhalten“ der Nikon D800 im Schärfenachführbetrieb (AF-C) zunächst sehr drastisch geäußert: Hassliebe D800, fand aber schon einen Tag später mit Hilfe seines Bloggerpublikum die Abhilfe. Für manche ist der amerikanische Nikon-Enthusiast Ken Rockwell ja ein rotes Tuch, doch in diesem Fall hat er auf seiner Seite genau dieses AF-C-Fehlverhalten beschrieben – und wie man Abhilfe schafft (bitte durchrollen bis „01 May 2012, Tuesday, D800 Focus“). Ken Rockwell ist der Meinung: „Nikon’s firmware is deviously defective“ (… ist geradezu hinterhältig defekt).

Nachdem die D800 in Betrieb genommen wurde, hatten sowohl Steffen Böttcher als auch meine Wenigkeit im Kameramenü unter „Individualfunktionen / a / Autofokus“, wie von der D700 / D3 und anderen Nikons gewohnt, für a1 „Priorität bei AF-C (kont. AF)“, also die Auslösepriorität, aktiviert. Bei der D800 soll man aber laut Ken Rockwell unbedingt Schärfepriorität wählen (ausgelöst wird erst, wenn scharfgestellt ist).

Die Irritation ist wohl dadurch zu erklären, dass es Nikonians bislang gewohnt waren, auch im AF-C-Betrieb mit Auslösepriorität vor allem scharfe Aufnahmen zu bekommen. Während bspw. D3 / D700 auch bei Auslösepriorität aufgrund des wirklich exzellenten Autofokus vorwiegend scharfe Fotos machen, versagt die D800 da. Ich versuche es mal mit Trefferquote: bei der D700 sind 90-95 von 100 Auslösungen im AF-C-Betrieb mit Auslösepriorität scharf. Bei der D800 bei Einstellung „Auslösepriorität“" keine 50 von 100. Beim Wechsel zu Schärfepriorität im AF-C-Betrieb sind dann in der Größenordnung 80 von 100 Abbildungen scharf (das ist keine Statistik, sondern subjektive, erste Erfahrung mit der D800).

Ich hatte auch das Gefühl, dass der Nachführ-Autofokus mit der Einstellung „Schärfepriorität“ dann in der Basketballhalle besser war. Dennoch, auch wieder „gefühlt“, packt die D700 im AF-C Betrieb immer noch besser zu. 
 

Foto: thoMas

Neben der Eignung für die anspruchsvolle Fine-Art-Fotografie bietet die D800 auch den Vorteil der möglichen Ausschnittvergrößerung. Hier im Beispiel wurde begradigt und beschnitten – doch selbst dieses deutlich beschnittene Bild (siehe Markierung im Bild rechts) ist immer noch für eine Ausgabegröße von 32×44 cm bei 300 dpi gut.

 
Taugliche Objektive & Stative

Nun zu meiner größten Sorge: welche Objektive bringen die volle Pixelzahl wirklich zur Geltung? Wenn man sich ausrechnet, welche kleinste Öffnung bei der Pixelgröße von effektiv etwa 4 Mikron (brutto 4,9 µ) noch keine merkliche Beugung erzeugt, so kommt man auf etwa Blende 5,6 bis 8 (Nikon rät, keine Blenden jenseits 11 zu benutzen). Das wiederum bedeutet, dass Objektive bei Blende 5,6 oder 8 so gut sein müssen, dass sie das volle Aufnahmeformat bis in die Bildecken korrekt auszeichnen.

AF-S Nikkor 2,8/14-24 mm

Und hier wird nach meiner Einschätzung die Liste recht kurz. Ich lasse einmal alle Fremdobjektive weg, denn da kann ich nichts dazu sagen, denn ich habe sie weder getestet, noch bis heute eines gefunden, das in dieser Liga mitspielen kann. Von den Nikon-eigenen Objektiven habe ich bis jetzt nur die folgenden Objektive gefunden, die – mit geringen Einschränkungen –  gut verwendbar sind:

  • AF-S 2,8/14-24 mm – ab Blende 5,6 gut verwendbar, vorher am Rand Qualitätsabfall
  • AF-S 2,8/70-200 mm VR II – ab Blende 4 gut verwendbar, vorher auch brauchbar
  • AF-S Micro 2,8/105 mm G VR –  ist sehr gut bereits bei offener Blende
  • AF-S 1,8/85 mm und AF-S 1,4/35 mm – beide sind sehr gut ab Blende 4, das 85er in der Mitte sehr gut bereits bei Blende 2
  • AF-S 2,8/24-70 mm –  ist erst ab Blende 8 wirklich verwendbar, bei Blende 5,6 ist es am Rand noch nicht wirklich gut

Generell sind, wie ich es sehe, alle neuen Nikkore der 2,8er-Serie besser verwendbar als die älteren Objektive, und die Objektive der 1,4er-Serie auch ab Blende 2,8, wenn man die Anforderungen an die Eckenbereiche nicht zu hoch ansetzt. Will man Perfektion bis in die Ecken, so muss man auf 5,6 abblenden, wie ich finde. Auch in den Werbeunterlagen von Nikon sind die D800-Aufnahmen mit den von mir hier empfohlenen Blendenwerten gemacht worden.

Ich kann mir gut vorstellen, dass man sich dieser hohen Anforderungen auch bei Nikon bewusst ist und alle neu kommenden Objektive entsprechend auslegen wird.

Ich habe auch einige ältere bzw. manuell fokussierende Objektive – Nikkor Ai-S 2/35 mm, Ai-S 1,4/50 mm Ai-S und Samyang 1,4/85 mm – ausprobiert und festgestellt, dass, wenn man diese auf 5,6 oder 8 abblendet, die Ergebnisse durchaus respektabel sind – vorausgesetzt, man fokussiert korrekt, sehr genau und mit der Lifeview-Vergrößerung als Fokussierhilfe. Bei offener Blende hingegen erspart man sich ein Weichzeichnerfilter – auch nicht schlecht. (Zur Objektivwahl insbesondere älterer Nikkore siehe auch: Praxistest: Nikon D800 / D800E – Teil III. Online ab 17.5.2012; 15:15 Uhr)

Und man muss ja nicht immer mit der vollen Auflösung von 36 Megapixeln fotografieren, sondern kann auf 5:4 (24×30 mm), 1,2x (19,9×30 mm, Crop 1,2 mit 25 MP) oder aufs DX-Format (15,6×23,4 mm, Crop 1,5 mit 15 MP) umschalten. Das lohnt sich vor allem bei älteren Objektiven und gibt wirklich gute Resultate.

Damit bin ich bei einem Punkt, der sicher Widerspruch erzeugen wird, aber ich finde, die volle Bildqualität der D800(E) bekommt man nicht ohne Stativ. Vielleicht bei Verschlusszeiten ab 1/2000 Sekunde, aber sonst eher nicht, zumindest nicht konsistent. Aufgrund der hohen theoretischen Auflösung, die ein 36-Megapixel-Sensor bei diesem Aufnahmeformat ermöglicht, kann man rechnerisch bei einem Normalobjektiv mit einem angenommenen Bildwinkel von etwa 45 Grad und bei einer Objektentfernung von etwa 50 m horizontal noch etwa 6 mm auflösen – sofern man die Kamera so ruhig halten kann, dass man während der Verschlusszeit keine größere Bewegung als etwa 1/1000 mm macht – und das wird sicher nicht konsistent möglich sein. Dabei wurde stillschweigend vorausgesetzt, dass die Optik diese Auflösung ebenfalls erreicht, was sicher auch nicht bei vielen Objektiven der Fall sein wird.

Nikon hat eigens den D800 Technical Guide (PDF-Datei) herausgebracht, der Tipps fürs erfolgreiche Fotografieren mit der D800 bereithält.
 

Foto: thoMas

In-Kamera-Effekte kann die D800 auch.

 
Ein erstes Fazit

Und genau das ist auch für mich der Knackpunkt bei dieser Kamera: ich müsste mir alle wichtigen Brennweiten neu kaufen, um die Qualität der Kamera voll auskosten zu können, denn die logische Abhilfe, die vorhandenen Objektive abzublenden, das geht doch nur sehr begrenzt, denn wenn man sich die geometrischen Verhältnisse durchrechnet, findet man heraus, dass die Beugung der Lichtstrahlen bereits bei Blenden kleiner als 5,6 beginnt, die Auflösung des Bildes zu reduzieren. Blende 8 ist noch im Bereich des Brauchbaren, dann allerdings wird die erzielbare Auflösung nicht mehr erreicht, weil die Beugung diese mehr und mehr reduziert.

Das bedeutet einen Arbeitsblendenbereich von 5,6 bis maximal 8 an dem einen Ende. Und in Richtung Offenblende ist das, was man akzeptieren will, von dem abhängig, was man aufnimmt. Bei Portraits ist es sicher kein Problem, wenn man Randunschärfen hat, also kann man die volle Auflösung der D800 ausreizen (so man ein dazu geeignetes Objektiv hat), aber in vielen anderen Gebieten wird es kritisch. Makro ist mit dem wirklich ausgezeichneten AF-S Micro Nikkor 2,8/105 mm VR gut abgedeckt, Weitwinkel mit den beiden 1,4/24 mm und 1,4/35 mm (das noch etwas besser ist als das 24er), sowie dem AF-S 2,8/14-24 mm ab Blende 4 oder 5,6. Portrait dann mit dem neuen 1,8/85 mm (oder dem 1,4/85 mm) und den Telebereich mit dem AF-S 2,8/70-200 mm VR II.

Viele der anderen Objektive sind sicher auch verwendbar, aber eben – meiner Meinung nach – mit Vorsicht und mit Einschränkungen. Das bedeutet u.U. eine ziemlich umfangreiche Zusatzinvestition, um die Fähigkeiten der D800 voll auskosten zu können.

(Georg N. Nyman / Autofokus-Teil: Ralf Jannke)
 
 
Damit genug – aber nur für heute.

Morgen und übermorgen geht es weiter, dann mit folgenden Themen:

Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil II – Bildqualität von D800 und D800E im Vergleich (online ab 16.5.2012; 15:15 Uhr)
Praxistest: Nikon D800 & D800E – Teil III – welche (alten) Objektive sind tauglich? (online ab 17.5.2012; 15:15 Uhr)
 

Foto: thoMas

 
Produktfotos: Nikon
Beispielfotos: thoMas
 

Nachtrag (16.5.2012): Nachdem meine Rot- und insbesondere Magentatöne in dem einen RAW-Beispiel oben (die „rote“ Holzhütte) nicht auf einhellige Zustimmung gestoßen sind (durchaus zu Recht), habe ich einen neuen Schwung Vergleichsfotos samt Bildunterschriften oben eingefügt (aus zwei wurden jetzt vier Abbildungen). So nebenbei ist das nun also auch ein klitzekleiner RAW-Konverter-Vergleich geworden.

(thoMas)