„Für meine Photos braucht man Zeit zum Kucken“, so der 1944 in Paris geborene Fotograf Serge Marcel Martinot. Dreimal hintereinander betätigt er den Auslöser, friert den jeweiligen Standpunkt ein, während die Zeit weiter läuft:
Information der galerie hiltawsky:
Serge Marcel Martinot
undeuxtrois
4. Mai 9. Juni 2012
Ab 4. Mai 2012 zeigt die galerie hiltawsky in seiner ersten Einzelausstellung in Berlin, Werke des 1944 in Paris geborenen Photographen Serge Marcel Martinot.
Unter dem Titel „un-deux-trois“ werden Dreier-Sequenzen präsentiert, die vorwiegend in Frankreich, Deutschland und USA entstanden sind.
Serge Marcel Martinot, Hamburg, 2000
© Serge Marcel Martinot; mit freundlicher Genehmigung der galerie hiltawsky
Serge Marcel Martinot, Hamburg, Dezember 2010
© Serge Marcel Martinot; mit freundlicher Genehmigung der galerie hiltawsky
Seit über 30 Jahren arbeitet Martinot nach dem Prinzip der Serie und hält so flüchtige, aber meist vertraute Momente des alltäglichen Lebens fest. Egal ob Karussell, Boot oder Fensterausschnitt, durch minimale zeitliche oder perspektivische Verschiebungen innerhalb einer Sequenz erscheinen die Motive in neuem, ungewohnten Licht, öffnen sich für den Betrachter bisher verborgene Seiten des Dargestellten. So erschließen sich Martinots Werke selten auf den ersten Blick, vielmehr braucht man „Zeit zum Betrachten“, so der Photograph. Martinot bezeichnet sich als Strassenphotograph, macht seine Aufnahmen ohne Stativ und Modelle, abhängig von den zufällig beobachteten Situationen. Seine Photographie ist nie inszeniert, sondern immer spontan entdeckt und gefunden. Es entstehen meist kleine, fast filmische Sequenzen, die eine Geschichte erzählen können und die einladen, diese „eingefrorenen“ Momente genauer zu betrachten. So ergeben sich, sogar an Flughäfen, Rolltreppen oder Strassenkreuzungen, teilweise poetische Motive, die eine, meist als typisch französisch bezeichnete, Melancholie zeigen. Martinot zeigt gern das „nicht-ganz-perfekte“ des menschlichen Lebens, Situationen, welche die Beteiligten oftmals nicht einmal bewusst wahr nehmen.
Serge Marcel Martinot, Hamburg, August 2010
© Serge Marcel Martinot; mit freundlicher Genehmigung der galerie hiltawsky
Die drei Einzelaufnahmen ergeben ein Gesamtbild, werden durch das subjektive Betrachten verdichtet, zeigen eine „Animation auf dem Papier“. Zu Martinots Prinzipien gehört, die Reihenfolge der Aufnahmen nicht zu ändern, oder gar eine Aufnahme aus der Sequenz zu entfernen. Es wird immer genau das im Moment der Auslösung des Verschlusses fotografierte Bild verwendet und nie nur ein Ausschnitt. Ebenso verzichtet er auf eine technische Bearbeitung und Retusche der Bilder. Diese selbst aufgestellten Regeln einzuhalten, macht für Martinot den Reiz aus, und sind deswegen konsequenterweise gebunden an die Verwendung des analogen Films und die Existenz des Negativs.
Um diesen Aspekt herauszuheben, besteht bei dieser Ausstellung die Möglichkeit, von einem Motiv ebenfalls das Negativ mit zu erwerben, komplett mit Copyright und allen denkbaren Verwertungsmöglichkeiten oder besser: als Unikat.
“Serge M’s un-deux-trois stellt Raum und Zeit infrage. Die Abfolge von Bildern, die wir sonst als "und dann und dann und dann" empfinden, wird auf einmal geografisch verortet. Nicht die Kamera oder der Aufnahmewinkel bewegen sich, sondern das Objekt des Blickes. Verwirrend, verblüffend einfach und von eigenartiger Poesie. Ganz realistisch sieht es aus und ist doch surreal.“
Volker Schlöndorff
Ausstellung:
Serge Marcel Martinot
undeuxtrois
4. Mai 9. Juni 2012
galerie hiltawsky – Christian Hiltawsky
Tucholskystraße 41
10117 Berlin
Öffnungszeiten: Mi – Sa 14 – 18 Uhr
Künstler:
Serge Marcel Martinot
(thoMas)
Mir stinkt´s
dass der Seriencharakter mittlerweile mehr zählt als die Qualität des Einzelbildes.
Halt auch
eine Verwertungsmöglichkeit für misslungene Aufnahmeserien – Kunst ist, was sich verkauft. Sic. 😉
Das ist Kunst. Und Kunst hat
Das ist Kunst. Und Kunst hat mit Bildqualität so viel zu tun wie ein Feuerwehr-Fahrzeug mit einem Philosophen.
Oder anders herum: Erwartungshaltung ausschalten, losziehen, irgendeinen Scheiss in Serie knipsen (aber bitte ordentlich verwackelt), eine Galerie finden und berühmt werden. Vielleicht schreibt Schlöndorff dann auch für Dich?
Im demokratischen Wald sieht
Im demokratischen Wald sieht die demokratische Kamera Hintern, Hunde und Fortbewegungsmittel. Vor allem Hintern.
eins zwei drei
Sitzen machen !
mir gefällt es
“Verwirrend, verblüffend einfach und von eigenartiger Poesie. Ganz realistisch sieht es aus und ist doch surreal.“
Ja, ich sehe es genau so, wie Volker Schlöndorff schreibt.
Das fotografische Spiel mit der Zeit – und das auf mehreren Ebenen – in diesen Dreier-Serien finde ich interessant und sehens-wert.
In dieser Konsequenz eingesetzt, macht sogar für mich – als erklärtem Anhänger der Digitalfotografie – die Verwendung analogen Filmmaterials als Bildträger absolut Sinn.
Darüber hinaus sammle ich selbst bei Kunst ausschliesslich Unikate. Auch in dieser Hinsicht überzeugt mich das Konzept vollauf.
Gast schrieb: … Einige
[quote=Gast]mir gefällt es[/quote]
Einige wenige Gäste missbrauchen ihr Unwissen allem Unverstandenen zuzustimmen. Das ist böse.
ohGOTTohGott
Tolle Aufnahmen.
Ein Augenblick hat eben viele Formen der Interpretation.
Ist halt nichts für Schärfe-Fetischisten und Spießer.
Zur Entschuldigung des
Zur Entschuldigung des Fotografen:
Dem Angler braucht der Wurm, den er ins Wasser hängt, ja nicht selber zu schmecken. Wenn ich wüßte, wie man solche Serien teuer verkauft, würde ich es auch versuchen.
Ihr etwa nicht? Denkt nur mal daran, wie glücklich Ihr Euren Fotohändler mit der Penunze machen könntet. LOL
Der Rolleiflexer
War immer
zu sehr Menschenfreund, um dem Publikum Wurmgerichte vorzusetzen … 😎
Erfreulich im Vergleich zu den Ideen
der Werbefotografie bei uns.
Da hilft auch keine noch so perfekte Technik, das meiste was man von der Profi-Auftrags Fotografie sieht, ob Portrait, Werbung und Reports, ist ätzend langweilig.
Da ist es für den wirklich an Fotografie Interessierten sehr gut, dass es die Fine Art Fotografie in den Galerien gibt und es sagt ja keiner, dass dort nun alles gut ist, aber hier hab ich die Wahl !