Foto Icelandic Love Corporation: Mother Earth“, 2005Die Isländer und ihre komplexe Beziehung zu ihrer natürlichen Umwelt beleuchtet eine Ausstellung, die derzeit im Frankfurter Kunstverein zu sehen ist:

Presseinformation des Frankfurter Kunstvereins:

Grenzen anderer Natur – Zeitgenössische Fotokunst aus Island

„Grenzen anderer Natur – Zeitgenössische Fotokunst aus Island“ zeigt eine einzigartige Auswahl von Werken isländischer Foto- und Multimediakünstler, die sich immer wieder mit natürlichen und von Menschen geschaffenen Landschaften auseinandersetzen. Die Ausstellung beleuchtet die wesentliche Rolle der künstlerischen Fotografie in der Erforschung der komplexen Beziehung der Isländer zu ihrer natürlichen Umwelt. So zeigt „Grenzen anderer Natur“ mehrdeutige Landschaften, in denen die Fotografen selbst auf Erkundung gehen und visuelle Narrative von den Weiten des Landes oder deren Verlust entwerfen. Die Landschaft wird hier oft zur Metapher für Begehren, Entfremdung, Pracht und Ehrfurcht, Tradition, Ironie und Rebellion oder auch für Leistung.

Einige der Künstler beschäftigen sich besonders mit den expandierenden Grenzen des städtischen Lebens und sprechen damit die extremen wirtschaftlichen Veränderungen an, die das Land in den letzten zehn Jahren erlebt hat. Der jüngste unter ihnen, Ingvar Högni Ragnarsson (geb. 1981), hat beispielsweise ein Jahr lang einen Zaun um eine Baustelle in Reykjavik so fotografiert, als handele es sich um eine Mauer, die soziale, technologische oder sogar politische Welten trennt.

Ironie und Sehnsucht durchziehen die Serie von Hrafnkell Sigurðsson (geb. 1963), die auf Parkplätzen und an Straßenrändern angehäufte Berge von Schneeresten zeigt. Kinder würden diese wohl gerne erklettern, während sich andere Passanten bei ihrem Anblick möglicherweise nach dem Sommer oder nach einem echten Ausflug in die Berge sehnen.

Die Fotografin Bára Kristinsdóttir (geb. 1960) führt uns zu den Überresten einer surrealen Welt, die jedoch für Isländer einen wesentlichen Bestandteil ihres Lebens bilden: die geothermischen Gewächshäuser.
 

Foto Haraldur Jónssons: From the series „TSOYL“, 1986-2011

Haraldur Jónssons: Aus der Serie „TSOYL“, 1986-2011
C-Print gerahmt
© Haraldur Jónsson

 
Haraldur Jónssons (geb. 1961) fortlaufende Serie TSOYL (The Story of Your Life) ist eine Zusammenstellung menschengemachter Fundstücke aus Vorstadtlandschaften oder es sind auf ereignislosen Reisen gemachte Entdeckungen. In seinen Fotografien macht er sich die Ungewissheit der Natur zu Eigen und zweifelt am Idyll.
 

Foto Katrin Elvarsdóttir: From the Series „Nowhereland“, 2010

Katrin Elvarsdóttir: Aus der Serie „Nowhereland“, 2010
Giclée-Druck 110×165 cm
© Katrin Elvarsdóttir

 
Unbestimmtheit spielt eine Schlüsselrolle in der Arbeit „Nowhere Land“ von Katrin Elvarsdóttir (geb. 1964). Die entwurzelten, verrottenden Bäume zeugen vordergründig von den extremen inneren Kräften, die das Land formen. Elvarsdóttir fotografiert sie in einer geheimnisvollen Atmosphäre.
 

Foto Pétur Thomsen: From the series „Imported Landsapes“, 2003-2009

Pétur Thomsen: Aus der Serie „Imported Landsapes“, 2003-2009
Giclée-Druck, auf Dibond aufgezogen
© Pétur Thomsen

 
Von 2003 bis 2009 fotografierte Pétur Thomsen (geb. 1973) für seine Arbeit „Imported Landscape“ das Kárahnjúkar Wasserkraftwerk im Osten der Insel, dessen Stausee das größte Naturreservat in Europa vernichtete. Die großformatigen farbigen Dokumentarbilder verführen durch ihre Muster, ihr Format und ihre Texturen und offenbaren gleichzeitig den monumentalen Maßstab und die Aggressivität, die von dem Bau des neuen Kraftwerks ausgeht.
 

Foto Icelandic Love Corporation: Mother Earth“, 2005

Icelandic Love Corporation: Mother Earth“, 2005
8 Diasec-Drucke, je 20×30 cm
© Icelandic Love Corporation

 
In „Mother Earth“ entwickelten die drei Künstlerinnen der Icelandic Love Corporation (Sigrún Hrólfsdóttir (geb. 1973), Jóni Jónsdóttir (geb. 1972) und Eirún Sigurðardóttir (geb. 1971)), eine Landschaftsskulptur in Form einer dreieckigen Play-Taste. Eine automatische Kamera fotografiert die Skulptur von oben und dokumentiert, wie sich ihr Aussehen im Laufe der Zeit und unter dem Einfluss der Umwelt verändert. Die Kombination aus Land Art und Fotografie signalisiert die kreativen und destruktiven Kräfte von „Mutter Natur“ und wirkt wie eine Warnung, nicht nur für die Bewohner der Erde, sondern möglicherweise auch für Außerirdische.
 

Foto Einar Falur Ingólfsson: „Sögustaðir / Saga-Steads - In the Footsteps of W.G. Collingwood“, 2008

Einar Falur Ingólfsson: „Sögustaðir / Saga-Steads – In the Footsteps of W.G. Collingwood“, 2008; ViðTungu í Hörðudal / By Tunga in Hordudalur-valley. 01.08.2008
C-print, 80×100 cm
© Einar Falur Ingólfsson

 
Die Arbeiten von Einar Falur Ingólfsson (geb. 1966) sind eine Auswahl von Landschaftsfotografien, die er ab 2007 als einen Dialog mit Kunstwerken des englischen Malers William Gershom Collingwood schuf. Collingwood war 1897 durch ganz Island gereist, um Orte zu malen, die in den bekannten isländischen Sagas beschrieben sind. Ingólfsson, der schon für frühere Projekte aus den Sagas schöpfte, zeigt hier symbolisch einen visuellen Saga-Führer des 21. Jahrhunderts, für den er sorgfältig recherchiert und mit einer Großformat-Kamera fotografiert hat.
 

Foto Spessi: „Northeast Iceland, from Location, the book“, n.d.

Spessi: „Northeast Iceland, from Location, the book“, n.d.
50×50 cm. C-Print gerahmt
© Spessi

 
Der Fotokünstler und Filmemacher Spessi (geb. 1956) setzt sich mit spezifischen Orten eingehend auseinander und dokumentiert sie akribisch. Er greift hier nicht nur auf Aspekte der Umwelt- und Landschaftsfotografie zurück, sondern analysiert die Orte als Abbilder des modernen Lebensstils. Er zeigt auf, wie der Mensch die Natur verändert, sie benutzt und Lebenswelten definiert.

Beteiligte Künstler: Bára Kristinsdóttir, Einar Falur Ingólfsson, Haraldur Jónsson, Hrafnkell Sigurðsson, Icelandic Love Corporation, Ingvar Högni Ragnarsson, Katrin Elvarsdóttir, Pétur Thomsen, Spessi.

Kuratoren: Celina Lunsford, künstlerische Leiterin des Fotografie Forum Frankfurt und Dr. Christiane Stahl, Leiterin der Alfred Ehrhardt Stiftung, in Zusammenarbeit mit: Inga Lára Baldvinsdóttir, Kuratorin für Fotografie am National Museum of Iceland, Reykjavík und María Karen Sigurðardóttir, Leiterin des Reykjavík Museum of Photography.

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog, herausgegeben von Celina Lunsford, Dr. Christiane Stahl und Kristján B. Jónasson und mit einem Beitrag von Dr. Christiane Stahl. Publiziert im Kehrer Verlag, Heidelberg, August 2011. Preis während des Ausstellungszeitraums: 30,- Euro, im Anschluss: 36,- Euro.

„Grenzen anderer Natur“ ist eine Ausstellung des Fotografie Forum Frankfurt in Kooperation mit dem Frankfurter Kunstverein. Sie wird ermöglicht und gefördert durch das Kulturamt Frankfurt am Main und ist Teil des Kunst- und Kulturprogramms „Sagenhaftes Island – Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2011“.
 
 
Ausstellung:
Grenzen anderer Natur – Zeitgenössische Fotokunst aus Island
19. August – 16. Oktober 2011

Frankfurter Kunstverein
Steinernes Haus am Römerberg, Markt 44
60311 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten: Di, Do und Fr: 11 – 19 Uhr, Mi: 11 – 21 Uhr, Sa und So: 10 – 19 Uhr, Mo geschlossen
 

(thoMas)