Sind Fotohandys eine „Sendeanlage“, in besonderer Weise geeignet, „das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen“? Falls ja, dann sind sie verboten:
Datenschutz ist ein mittlerweile allgegenwärtiger Begriff, dessen rechtliche Relevanz in nahezu allen Lebensbereichen unübersehbar geworden ist. So wird der besondere Schutz der Privatsphäre in einer Zeit, in der sich der technische Fortschritt von Telekommunikationsmedien nahezu täglich neue Räume erobert, immer mehr zum Gegenstand gesetzlicher Regelungen, die bisweilen eine scharfe Trennung von Zulässigem und Verbotenem erschweren:
Ein bislang wenig beachtetes Beispiel dieser Vorschriften ist der § 90 Telekommunikationsgesetz (TKG), dessen Inhalt wie folgt lautet:
(1) Es ist verboten, Sendeanlagen zu besitzen, herzustellen, zu vertreiben, einzuführen oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen, die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet sind, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.
Obwohl dieser Absatz auf den ersten Blick eher auf Privatagenten- und Spionage-Gadgets Anwendung finden sollte (Stichwort: Wanzen), ist der Kreis der potentiell Betroffenen weitaus größer.
Denn der Begriff der Sendeanlage bezieht sich nach herrschender Rechtsmeinung auf Geräte „die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet sind, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen“.
Doch damit werden gerade herkömmliche Foto-Handys (ungewollt) zum Objekt dieses Verbots. Dies mag man als agitatorische Hirngespinste oder als Beweis für die verlorene Bodenhaftung mancher Fachausschüsse im Bundestag ansehen. Sicher ist, dass bereits der Besitz solcher „Sendeanlagen“ mit Strafe bedroht ist: Nach § 148 Abs. 1 Nr.2 a), wird nämlich mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe belegt, wer entgegen § 90 Abs. 1 Satz 1 ein dort genanntes Gerät besitzt.
Eine ähnliche Problematik eröffnet sich insoweit bei Webcams, Überwachungskameras und Freisprecheinrichtungen von PKWs, da die Geeignetheit zur Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auch bei diesen unauffälligen Gegenständen auf der Hand liegt.
Dass dies weder gewollt noch sinnvoll erscheint, mag an dieser Stelle dahinstehen. Zumindest wird hier ein Bereich normiert, der strafrechtlich ohnehin schon durch den 2004 eingefügten § 201a StGB („Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“) bedacht ist.
Für den passionierten Nutzer von Fotohandys stellt sich hier die Frage, ob er mit diesem als Gegenstand des täglichen Lebens getarnten Aufnahmegerät seiner Kommunikationsfreude weiterhin unbesorgt nachgehen kann. Denn das Recht – und das gibt in diesem Punkt Grund zum Nachdenken – stellt hier weniger auf eine konkrete Handlung ab, als vielmehr auf den bloßen Besitz, bzw. auf den bloßen Vertrieb solcher Geräte.
Zwar ist bislang noch kein Fall der Ahndung etwaiger Besitzer von Fotohandys bekannt. Dennoch fragt man sich, was man als formell designierter Straftäter zukünftig zu erwarten hat?
Hier bieten sich sinnvollerweise nur zwei Alternativen an: Entweder der Gesetzgeber bessert im Rahmen einer Gesetzesrevision nach oder die Mobilfunkindustrie muss sich künftig um einen gut sichtbaren Warnhinweis auf jedem Fotohandy kümmern. Möglicherweise wählt man eine Dritte Variante und beruft sich darauf, dass ein Handy ohne Aufnahmemodus heute undenkbar sei. Damit wisse jeder Durchschnittsbürger um die Möglichkeit eines Schnappschusses, sodass eine getarnte oder nicht erkennbare Aufnahme schon gar nicht möglich sei. Eine solche Argumentation würde allerdings den klaren Wortlaut umgehen und auf eine schlichtweg unrealistische Unterstellung hinauslaufen.
Daher sollte hier gesetzgeberischerseits nachgebessert werden; denn ob unsereins in Zukunft mit einem Handy der Marke „Vorsicht Aufnahmegerät“ in der S-Bahn telefonieren mag, ist zweifelhaft.
(RA Alessandro Foderà-Pierangeli)
Der Autor ist Rechtsanwalt in Mainz mit Schwerpunkt im Medienrecht.
Hä?
“(1) Es ist verboten, […]die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind […]”
Wenn ein Handy, von dem heutzutage auzugehen ist, dass es auch Fotos schiessen kann aussähe wie eine Kaffemaschine oder ne Gießkanne, dann wäre das irgendwie überlegenswert. Ein Handy täuscht aber weder vor etwas anderes zu sein noch ist es mit z.B. einer Vase verkleidet….
Also ist das doch nur mal wieder Juristengeschwurbel….und der Beweis das auch Juristen total “funky” sind und richtig Humor haben…. 🙂
Nein! Besser! Das ist der Durchbruch für eine neue Abwahnwelle. Jeden Handybesitzer abmahnen solange die Rechtslage so immens “unsicher” ist. Lassen sich vielliecht noch ein paar Euro machen. Ganz toll!
Weit hergeholt
Das ist zwar ganz witzig (hätte zum 1. April getaugt), aber doch weit hergeholt. Das Fotohandy ist ja nicht als täglicher Gebrauchsgegenstand getarnt, sondern es ist ein täglicher Gebrauchsgegenstand.
Nachtrag zum Beitrag
Meines erachtens gehen die Kommentare hier fehl und treffen nicht den richtigen Ansatz. Zwar ist richtig, dass mittlerweile ein Fotohandy ein “üblicher” Gebrauchsgegenstand ist. Dennoch muss man -zumindest aus juristischer Sicht- auf das Aufnahmegerät (hier also die Linse mit dem Aufnahmechip) abstellen. Dies ist m.E. tatsächlich als ein Gerät des täglichen Lebens getarnt (“Mobiltelefon”). Zugegeben:Der Knackpunkt dürfte wohl sein, dass mittlerweile ein Jeder um die Aufnahmefunktion eines Handys weiss. Dennocht erscheint es mir etwas “wackelig” allein mit dieser Mutmaßung zu arbeiten. Frage: Wissen die meisten über 70-jährigen um diese Funktion? Möglicherweise nicht…Was ist dann aber mit deren Recht am eigenen Bild und mit deren Persönlichkeitsrecht?
Gruß
A. Foderà-Pierangeli
Kamerahandyverbot
Das habe ich schon mal angemerkt, als es um die MINOX-Gadgets ging. Diese wurden ja teilweise verboten, was für mich damals schon absurd war. Der besagte Paragraph wurde meines Wissens eingeführt, um Kinderpornografie zu vermeiden. Es gab eine Kamera, die in das Auge eines Teddybärs eingbaut war. So sollte man sich wirklich fragen, ob ein potentieller Kinderpornograf nicht einfach sagen könnte: “liebes Kind ich muss mal kurz telefonieren”. Ich glaube Möglichkeiten einen Kinderporno zu drehen gibt es unendlich viele. Es geht meiner Ansicht nach nicht um die Gerätschaften. Vielmehr geht es doch um eine teilweise kaputte Gesellschaft, was Sexualität betrifft. Wenn wir alles verbieten, was Gefahren mit sich bringt, dann frage ich mich wie wir unsere Küchenmesser, Autos, … einstufen sollten. Oder sollten wir nicht besser einen Paragraphen einführen, der uns anleitet bessere und aufgeklärte Menschen zu werden?
LOL
[quote=Gast]So sollte man sich wirklich fragen, ob ein potentieller Kinderpornograf nicht einfach sagen könnte: “liebes Kind ich muss mal kurz telefonieren”. Ich glaube Möglichkeiten einen Kinderporno zu drehen gibt es unendlich viele. [/quote]
Du hast eine interessante Definition von “Kinderporno”. Ich bin noch nicht so kaputt das ich Aufnahmen eines spielenden / schlafenden Kindes als “Kinderporno” deuten würde, aber vielen Dank für diese Einsichten… Vielleicht solltest Du mal in den Gelben Seiten unter “Psychiater” nachschlagen.
Nachtrag zum Beitrag
Da muss ich ebenfalls kurz anmerken: Der § 90 TKG und die entsprechende strafvorschrift wurden nicht lediglich zur Bekämpfung von Kinderpornografie eingeführt sondern, wie es in der Begründung heisst “um das nicht öffentlich gesprochene Wort und das unbewusst aufgenommene Bild” zu schützen. Insofern ist es hier etwas verfehlt nur mit den zahlreichen Möglichkeiten kinderpornografischer Straftaten zu argumentieren. Ich gebe zu, dass eine Strafbarkeit wegen Handy-Besitzes heute wahnwitzig wäre. Dennoch gibt dies m.E. der Wortlaut der Vorschrift her. Daher würde ich mich über eine Klarstellung durch den Gesetzgeber freuen.
Gruß
AFP
Gut zu wissen,
daß eine Wanze, die wie eine Wanze aussieht und nicht wie zum Beispiel eine Rolle Toilettenpapier, nicht verboten ist.
Es kommt nicht alleine
Es kommt nicht alleine darauf an, wie etwas aussieht, sondern ob erkennbar ist, was mit einem Gerät praktiziert wird. Wenn ich vorgebe zu telefonieren und statt dessen fotografiere, ist das etwas völlig anderes, als wenn ich sichtbar fotografiere, egal ob dabei eine Kamera oder ein Handy im Spiel ist. Es wäre ja auch nicht verboten, wenn man mit einer Kamera telefonieren könnte, denn sonst dürfte es auch keine Telefone geben, mit denen man fotografieren kann. Verstanden?
Unfug
Bitte welchen anderen Gegenstand täuscht ein ein Fotohandy “seiner Form nach” vor als ein Fotohandy? Lange nicht mehr so einen verquirlten Käse gelesen…
Merkwürdig!
Es gibt mir schon zu denken, dass hier Laien besser subsumieren (i.e. Kunst des Lesens von Gesetzen) können, als besagter Rechtsanwalt.
Das Schlimme an den Handys ist allerdings, dass jeder hergelaufene Assi heimlich Aufnahmen von ahnungslosen Mitmenschen machen kann und diese womöglich dann auch noch ins Internet stellt.
Die Hersteller sollten gezwungen werden, (Foto-)Handys mit nicht abschaltbaren Blitzen zu versehen, damit dieser Unfug aufhört!
ASI oder ASSI ?
Da gibt´s einen kleinen Unterschied.Was denn nun?