Der Insolvenzverwalter von AgfaPhoto will 60 Millionen Euro von Agfa-Gevaert einklagen und fordert von Agfa-Gevaert weitere 46 Millionen Euro für offenstehende Rechnungen:

Geben die Gerichte dem Gläubigerausschuss bzw. dem Insolvenzverwalter Recht, so hat das auch erhebliche Auswirkungen auf die AgfaPhoto Holding, die mehrheitlich Hartmut Emans gehört, und die sich einerseits mit der Agfa-Gevaert vor einem Schiedsgericht darüber streitet, wem die Agfa-Namensrechte wie lange gehören (eine Entscheidung soll bald fallen) und wie hoch der Kaufpreis für die – mittlerweile längst insolvente – Unternehmenssparte „Foto“ nun tatsächlich sein soll, und die andererseits Besitzerin der AgfaPhoto Leasing GmbH ist und die Erlöse aus dem Leasinggeschäft erhält.

Kurz zusammengefasst:
Die Unternehmenssparte „Foto“ wurde Anfang November 2004 von der Agfa-Gevaert als AgfaPhoto GmbH (Geschäftsführender Gesellschafter des Hauptgesellschafters Nanno Beteiligungsholding GmbH: Hartmut Emans) ausgegliedert bzw. an die AgfaPhoto Holding (Hautpanteilseigner: Hartmut Emans) verkauft.
Die meldete im Mai 2005, wenige Monate nach dem Verkauf, Insolvenz an, obwohl die Ausgangsposition noch Ende 2004 als „sehr gut“,das Potential als „sehr groß“ geschildert wurden.
Die Markenrechte waren im Kauf nicht enthalten; sie gingen an die Agfa Holding oder blieben bei Agfa-Gevaert; das ist zwischen den beiden nach wie vor strittig.
Der Kaufpreis für die AgfaPhoto GmbH ist zwischen der Agfa Holding und der Agfa-Gevaert gleichfalls strittig.
Den Mitarbeitern wurden nach eigener Einschätzung und überwiegender Ansicht der Arbeitsgerichte falsche Versprechungen beim Übergang zur AgfaPhoto GmbH gemacht.

Hier die Pressemeldung zu den neuesten Entwicklungen:

Insolvenzverwalter der AgfaPhoto GmbH fordert fast 60 Millionen Euro Kapitaleinlage von Agfa-Gevaert

Gläubigerausschuss beschließt Klage gegen ehemaligen Mutterkonzern des Fototechnik-Unternehmens
Gutachten bestätigt, dass Kapitalerhöhung nicht ordnungsgemäß erbracht wurde
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von rund 46 Millionen Euro. Euro werden vor Internationalem Schiedsgericht entschieden

Köln, den 18. Oktober 2007

Der Gläubigerausschuss der AgfaPhoto GmbH i.L. hat auf seiner Sitzung am 17. Oktober 2007 beschlossen, den Agfa-Gevaert Konzern als ehemalige Muttergesellschaft des Fototechnik-Unternehmens auf nahezu 60 Millionen Euro zu verklagen.

Das Gutachten eines früheren Richters am höchsten deutschen Zivilgericht bestätigt, dass eine notwendige, von Wirtschaftsprüfern im Herbst 2004 geforderte Kapital-Sacherhöhung unmittelbar nach Gründung der AgfaPhoto GmbH nicht ordnungsgemäß erbracht worden war. Als Gegenwert für die damals geforderten 60 Mio. Euro brachte Agfa-Gevaert die AgfaPhoto Leasing GmbH, deren Kernmärkte die USA, Canada und Italien umfasste, in die AgfaPhoto GmbH zusätzlich mit ein. Dieser Akt wurde rechtlich und bilanziell vollzogen.

Unmittelbar nach der Einlage der AgfaPhoto Leasing in die AgfaPhoto GmbH wurde diese Gesellschaft zunächst an die AgfaPhoto Holding übertragen und später mit ihr verschmolzen.

„Zu diesem Zeitpunkt war die AgfaPhoto Holding noch eine Tochter der Agfa Gevaert, so dass sie das, was sie mit der linken Hand ausgereicht hatte, mit der rechten wieder zurück erhielt“, erklärt Dr. Andreas Ringstmeier, seit dem 1. Januar 2006 Insolvenzverwalter der AgfaPhoto GmbH. „Dieses Finanzmanöver bedeutet in der Konsequenz, dass die gutachterlich geforderte Kapitalerhöhung von 60 Mio. Euro letztendlich  nicht ordnungsgemäß erbracht wurde und deshalb vom Insolvenzverwalter im Interesse seiner Gläubiger nun eingefordert werden muss.“

In einem ICC-Verfahren fordert der Insolvenzverwalter der AgfaPhoto GmbH auch die Bezahlung von Lieferungen und Leistungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AgfaPhoto GmbH nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht hatten. Bis zum Herbst 2007 hat Agfa-Gevaert rund 11,5 Mio. Euro bezahlt, die offenen Rechnungen belaufen sich aber immerhin noch auf weitere rund 46 Mio. Euro.

Die Geschäftsführung der AgfaPhoto GmbH hatte Ende Mai 2005 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Nachdem es der Geschäftsführung und dem vorläufigen Insolvenzverwalter gemeinsam gelungen war, AgfaPhoto zu stabilisieren, hatte das Amtsgericht Köln als zuständiges Insolvenzgericht am 1. August 2005 das Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung eröffnet.

Trotz aussichtsreicher Verhandlungen scheiterte der Verkauf der gesamten AgfaPhoto GmbH im Oktober 2005. Ende Oktober 2005 verkauften die Eigenverwalter zunächst das Service- und Ersatzteilgeschäft sowie den Bereich Fotochemie an die a&o Gruppe und die Produktion der Großlaborgeräte an Imaging Solutions. Knapp sechs Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AgfaPhoto GmbH hatte der Gläubigerausschuss im Februar 2006 dem Verkauf der Minilaborgeräte-Sparte am bayrischen Standort Peiting an die Minilab Factory GmbH zugestimmt.

Hier noch einmal die AgfaPhoto-Pleite in der Übersicht, chronologisch gelistet:

Dämmerstunde der klassischen Fotoindustrie
Agfa-Gevaert hat Fotosparte verkauft: AgfaPhoto startet
AgfaPhoto stellt Antrag auf Insolvenzverfahren
AgfaPhotos plötzliche Pleite
AgfaPhoto bekommt Gnadenfrist
AgfaPhotos Führungsriege auf dem Prüfstand
AgfaPhoto produziert über den 1. August 2005 hinaus
AgfaPhoto wird im Insolvenzverfahren fortgeführt
AgfaPhoto GmbH: Insolvenzverfahren ist eröffnet
Agfa-Gevaert stellt erhebliche Forderungen an AgfaPhoto
AgfaPhoto steht kurz vor Verkauf
AgfaPhoto lehnt Kaufangebot von PMI ab
AgfaPhoto ist zerschlagen
AgfaPhoto – das Ende einer Ära
AgfaPhoto GmbH wird abgewickelt
Hoffnungsschimmer für AgfaPhoto-Mitarbeiter
Minilabor-Sparte von AgfaPhoto ist verkauft
Teilverkauf der AgfaPhoto-Filmproduktion
AgfaPhoto kontra Agfa-Gevaert – der Krimi
Agfa Gevaert muss für AgfaPhoto einstehen
AgfaPhoto wird zur Handelsmarke
AgfaPhoto – ein Zwischenbericht
Was passiert eigentlich bei und mit AgfaPhoto?
AgfaPhoto-Arbeiter: Agfa-Gevaert soll zahlen

(thoMas)