Das Aus von AgfaPhoto ist abgemachte Sache, warum es aber dazu kommen musste, darüber streiten sich Käufer und Verkäufer nach wie vor und immer heftiger (und die geschassten Mitarbeiter haben so ihre ganz eigene Meinung). Es ist wie im Krimi: Wer arbeitete für wen und wer hat was gesagt? Wer hat wann wieviel versprochen? Gab es gar ein U-Boot (einen, der verdeckt im Interesse anderer arbeitete)?

Laut Handelsblatt (Agfa-Pleite hat teures Nachspiel) spielt der ehemalige Mutterkonzern Agfa-Gevaert eine unrühmliche Rolle in dem Spiel (das AgfaPhoto in die Pleite trieb und die meisten Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit). Danach verlangen Hartmut Emans bzw. seine AgfaPhoto-Holding Schadenersatz, weil Agfa-Gevaert ohne Grund den Lizenzvertrag über die Marke Agfa-Photo gekündigt habe. Dadurch sei hoher Schaden entstanden. Außerdem soll der Kaufpreis mit geschönten Geschäftsaussichten hochgeschraubt worden sein.

Und Spartenleiter Eddy Rottie soll demnach ein U-Boot von Agfa-Gevaert gewesen gewesen sein, so glaubt wenigstens Gisbert Ingenfeld von der Wirtschaftskanzlei Nogossek, die ehemalige Beschäftigte im Streit gegen Agfa-Gevaert vertritt. Indizien: Agfa-Gevaert habe Rottie vertraglich die Rückkehr in den belgischen Konzern zugesichert, falls es mit AgfaPhoto nicht klappe. Zudem soll ihm von Agfa-Gevaert ein Bonus für den Fall in Aussicht gestellt worden sein, dass man für die angeschlagene Sparte einen Käufer finden würde.

Agfa-Gevaert in Mortsel wiederum hat mit einer Pressemitteilung reagiert: „Agfa-Gevaert hat überzeugende Argumente in laufenden Gerichtsverfahren und Rechtsstreitigkeiten und wird ihre Ansprüche vehement verfolgen. … Nach der Insolvenz der AgfaPhoto GmbH haben einige AgfaPhoto Arbeitnehmer eine Klage gegen die Agfa-Gevaert AG angestrengt. Agfa-Gevaert ist davon überzeugt, dass alle dem Geschäftsbereich Consumer Imaging zuzuordnenden Arbeitnehmer vollständig und korrekt über ihren Übergang zur AgfaPhoto GmbH informiert wurden und dass Agfa-Gevaert in strikter Beachtung der anwendbaren arbeitsrechtlichen Vorgaben und Anforderungen gehandelt hat.“

Zumindest letzteres sieht ein Arbeitsrichter doch etwas anders: Hoffnungsschimmer für AgfaPhoto-Mitarbeiter. Der Kölner Stadtanzeiger bzw. besagter Arbeitsrichter Thomas Maercks sind sich sicher: Sie haben Ängste geschürt.

Denn Waisenkinder sind sie alle nicht: Emans AgfaPhoto Holding ist etwas anderes als die (jetzt kaputte) AgfaPhoto GmbH, ist nicht insolvent – und streitet mit der Mutter Agfa-Gevaert vor allem um die (äußerst lukrativen) Rechte an der Marke „AgfaPhoto“.

Und das zweifelhafte Schreiben, das die Mitarbeiter mehr oder weniger genötigt haben soll, aus dem alten Arbeitsverhältnis (mit Sozialplänen, Rentenzuschüssen etc.) in ein neues (ohne soziale Absicherung) zu wechseln, stammt von Agfa-Gevaert-Chef Ludo Verhoeven, Personalleiter Matthias Lauer, den AgfaPhoto-Vertretern Eddy Rottie und Ingbert Schmitz sowie Mehrheitseigentümer Hartmut Emans. (Auszug: „Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.“)

Ein Krimi, fürwahr.

Die klassische Frage des Ermittlers wird in so einem Fall immer lauten: „cui bono“ (wem nützt es bzw. was ist das Motiv)?

(thoMas)