Die photokina 2016 hat Sonntagabend ihre Pforten geschlossen. Dieses Mal war vieles neu: Erstmals stand ausdrücklich nicht nur die klassische Fotografie im Fokus; Foto-Drohnen, Virtual Reality sowie das Bild online bildeten weitere Schwerpunkte. Beim Publikum kam’s offenbar gut an, mit rund 191.000 Besuchern machten sich dieses Jahr 6000 mehr Fotobegeisterte auf den Weg nach Köln als vor zwei Jahren. Brandneue Kameras gab es wenige zu sehen, dafür viele Mockups und Prototypen von Produkten, die bald kommen sollen.

Wer dieses Jahr nach Köln auf die photokina gekommen ist, um scharenweise brandneue Kameras und Objektive zu bestaunen und zu begrabbeln, wurde möglichweise enttäuscht. Die photokina 2016 war vor allem eine Messe der Vorankündigungen dessen, was in den nächsten Monaten in den Vitrinen der Händler zu sehen sein wird. Das tat dem Besucherandrang jedoch keinen Abbruch: 191.000 Fotobegeisterte kamen dieses Jahr aufs Messegelände nach Köln – rund 6000 Besucher mehr als zur photokina 2014.

photokina 2016 VR
Eines der neuen Themen auf der photokina 2016: Virtual Reality

Im Fokus hatte die photokina dieses Jahr nicht nur klassische Fotoprodukte, vielmehr hat sie das Thema „Bildaufzeichnung und -wiedergabe“ unter dem Claim „Imaging unlimited“ weiter gefasst: Fotodrohnen zogen in Maschendrahtkäfigen ihre Runden, Besucher konnten an einigen Ständen mit VR-Brillen in die Welt der Virtuellen Realität eintauchen und es gab freies WLAN für alle, um die soeben mit dem Smartphone aufgenommenen Bilder unkompliziert in den sozialen Netzwerken zu verteilen. Eine Erweiterung des Spektrums, das offenbar gut ankam: „Deutlich mehr junge Besucher fanden den Weg in die Kölner Messehallen“ teilte die Messegesellschaft zum Abschluss der photokina 2016 mit.

photokina 2016 Drohne

Fotodrohnen durften nur in speziellen Käfigen fliegen.

Neues für Fotografen

Die klassische Fotografie kam trotz des neuen Messekonzepts keineswegs zu kurz auf der photokina 2016. Fast alle namhaften Kamera- und Objektivhersteller ließen sich die Gelegenheiten nicht entgehen, ihre photokina_2016-nikonNeuheiten vorzustellen oder zumindest anzukündigen. Wobei die beiden ganz großen hier aus dem Rahmen fallen: Canon hat auf der diesjährigen photokina 2016 überhaupt nichts Neues enthüllt. Und Nikon konzentrierte sich ganz auf seine neuen Actioncams der KeyMission-Serie. (Bild rechts: Takami Tsuchida, Präsident von Nikon Europe B.V. stellt Nikons Visionen vor.)

Bei den auf der photokina 2016 neu vorgestellten oder zumindest angekündigten Digitalkameras lässt sich ein klarer Trend ausmachen: mehr, größer, schneller. Mehr Pixel, größere Sensoren, schnellere Bildraten. Einzig Panasonic machte da nicht mit und präsentierte mit der Lumix G81  eine solide Mittelklassekamera, die GH5 kündigt sich erst hinterm Horizont an.

Mehr und schneller

Das Megapixel-Rennen geht munter weiter. Etwa mit der OM-D E-M1 Mark II von Olympus, deren Micro-Four-Thirds-Sensor 20 Megapixel auflöst. Oder der Sony Alpha 99 II, bei der es gar gut 42 Megapixel auf einem Kleinbildsensor sind. Klar, beide Sensoren sind keine photokina-Neuheit. Es gibt bereits seit Längerem Kameras damit. Von Sony die Alpha 7R II, von Olympus die PEN-F.

photokina 2016 Olympus

Der Preis für die spannendste Präsentation geht klar an Olympus für die Vorstellung der OM-D E-M1 Mark II.

Neu ist allerdings, mit welchen irrwitzigen Geschwindigkeiten die Bildwandler ausgelesen werden: Bei der OM-D E-M1 Mark II sind bis zu 60 Fotos/Sekunde (fps) möglich (allerdings ohne AF und Belichtungsnachführung), mit Fokusnachfühung sind es immer noch bis zu 18 fps. Olympus hat bei der Präsentation der E-M1 Mark II unter anderem Aufnahmen von einem Kolibri gezeigt, die belegen sollen, dass der Autofokus bei derart hohen Serienbildraten mithalten kann. Damit verdichtet sich immer mehr, dass die Spiegellosen bald die letzte Bastion klassischer DSLRs schleifen könnten, die des schnellen Autofokus.

Sony Alpha 99 II

Eine der großen Überraschungen der photokina 2016: Sony gibt mit der Alpha 99 II ein klares Bekenntnis zum A-Bajonett ab.

Nicht weniger beeindruckend sind die 12 fps, die die Sony Alpha 99 II aufnehmen kann – ebenfalls bei voller Auflösung von hier 42,2 Megapixel und mit Fokusnachführung. Dazu ist nicht nur eine immense Rechenleistung nötig, auch die Daten-Pipelines müssen entsprechend schnell sein. Wie sich die Alpha 99 II bei derart hohen Serienbildraten schlägt, konnte ich bereits ausprobieren – mein ausführlicher „Hands on“-Bericht folgt im Laufe der Woche.

Größer

Abgesehen von speziellen Kameras für Berufsfotografen galt das digitale Kleinbildformat bislang als das Maß aller Dinge. Die entsprechenden Modelle von Phase One oder Hasselblad sind indes für den Amateur (und sicher auch so manchen Profi) unbezahlbar – sieht man einmal von der DSLR Pentax 645Z ab.

Hasselblad X1D Black

Hasselblad präsentierte auf der photokina 2016 die X1D in einer tiefschwarzen Variante.

Jetzt haben mit Fujifilm und Hasselblad gleich zwei Hersteller neue Kamerasysteme mit größerem Sensorformat präsentiert. Hasselblad X1D und Fujifilm GFX 50S haben grundsätzliche Gemeinsamkeiten: Sensorformat ca. 44 x 33 mm (4:3), Auflösung gut 50 Megapixel sowie das spiegellose Konzept mit einem elektronischen Sucher.

photokina_2016-fuji_gfx

Die Fujifilm GFX 50S konnte ich bereits ausprobieren.

Ich habe mir beide „Mittelformat“-Kameras angesehen, die Fujifilm GFX 50S sogar eingehender. Ein detaillierter Bericht wird ebenfalls noch im Laufe der Woche folgen, mein allererster Eindruck: Die Hasselblad X1D ist die schönere Kamera, das  GFX-System wird vom Start weg Anfang nächsten Jahres des umfassendere und flexiblere System sein.

Objektive

Die Kamerahersteller haben sich mit der Vorstellung beziehungsweise Ankündigung neuer Objektive auffallend zurückgehalten. Neues gab es vor allem von Olympus und Panasonic.

Auffallend für mich: Noch setzen die etablierten Objektivhersteller vor allem auf Canon und Nikon, für Spiegellose haben sie praktisch nichts vorgestellt. Lediglich Zeiss hat bereits im Vorfeld der photokina das Loxia 2.4/85 für Sony E-Mount präsentiert. Und Tokina will die unlängst enthüllte Firin-Linie zügig ausbauen – eine auf der photokina ausgestellt Roadmap zeigt ein „Super Wide AF“ ein „Fast Wide AF“ sowie zwei „Standard Zoom AF“ für „mirrorless cameras“.

Wenn es Objektiv-Neuheiten oder -Ankündigungen für Spiegellose auf der photokina 2016 gab, dann praktisch nur für Sony-E-Mount. Objektive für Micro Four Thirds oder Fujifilm X-Bajonett scheinen für reine Objektivhersteller längst nicht so attraktiv zu sein.

photokina 2016 Sigma

Viel Neues gab es von den reinen Objektivherstellern zu sehen, wie hier bei Sigma.

Während Tamron seine Herbstkollektion bereits im Vorfeld der photokina präsentiert hatte, enthüllte Sigma in Köln gleich drei neue Objektive: Zwei besonders hochwertige Festbrennweiten der Art-Serie sowie ein halbwegs bezahlbares Supertele 500/F4. Wie auf der photokina zu erfahren war, laufen die Objektive der „Fremdhersteller“ derzeit gut. Offensichtlich profitieren sie davon, dass die großen Kamerahersteller für ihre Objektive inzwischen sehr stolze Preise verlangen.

Fazit

Pessimisten hatte im Vorfeld der diesjährigen photokina geunkt, dass die Leitmesse der Photoindustrie mit ihrem neuen Konzept ihr eigenes Totenglöckchen läuten würde. Davon war nichts zu spüren. Die photokina 2016 war vielmehr sehr lebendig und gab genügend Gelegenheiten, seinen eigenen fotografischen und technischen Horizont zu erweitern.  Die nächste photokina findet von Dienstag, 25. September bis Sonntag, 30. September 2018 statt.