Hohe ISO-Werte bis weit in den fünfstelligen Bereich hinein sind für heutige Kameras kein Problem. Doch ganz gleich welche Tricks die Kamerahersteller amwemdem: Ab ISO 25.600 nimmt die Bildqualität von Kleinbildkameras merklich ab. Und bei APS-C-Kameras ist mit einer akzeptablen Bildqualität meist schon spätestens bei ISO 12.800 Schluss. Hohe ISO-Werte ohne Risiken und Nebenwirkungen versprechen KI-gestützte Rauschminderer von DxO und Adobe.

„Mehr Licht“ – das sollen der Legende nach Goethes letzte Worte gewesen sein. Ob’s stimmt, wird bezweifelt. Unzweifelhaft fest steht hingegen, dass beim Fotografieren mehr Licht oftmals wünschenswert ist. Lässt sich das nicht bewerkstelligen, hilft vielfach nur eines: hinauf mit der ISO-Zahl.

Doch mit zunehmender IOS-Empfindlichkeit steigen auch die Risiken und Nebenwirkungen für die Bildqualität: Das Bildrauschen nähme bis ins Unerträgliche zu, würde die Kamera-interne JPEG-Aufbereitung die Störpixel nicht aus den Bilddaten herausrechnen. Dabei gehen umso mehr Bilddetails verloren, je stärker die Rauschunterdrückung zugreifen muss. Jenseits der ISO 25.600 liefern Vollformatkameras daher meistens keine akzeptable Bildqualität mehr, bei Kameras mit kleinem APS-C-Sensor ist oftmals schon bei ISO 12.800 die Grenze des hinnehmbaren Detailverlusts erreicht.

Raw aus der Nikon Z 9 (Pixelpitch: 4,3 µm) bei ISO 25.600 entwickelt mit DxO PureRaw 3 im Vergleich zu JPG direkt aus der Kamera (100%-Ausschnitt). Die am Rechner aus den Rohdaten gewonnene Detailfülle ist eklatant höher als bei der von der Kamera erzeugten JPEG-Datei.

Abmildern lassen sich die Auswirkungen hoher ISO-Werte auf die Bildqualität mit Aufnahmen im Raw-Format, die Sie sorgfältig am Rechner entrauschen. Vorteil dieser Methode: Der Raw-Konverter kann gründlicher arbeiten als die JPEG-Engine der Kamera. Zudem erlaubt es Ihnen die Software, die Einstellungen für jede ISO-Stufe und gegebenenfalls sogar jedes Motiv zu optimieren. Allerdings fällt der Gewinn an Detailfülle nicht immer beeindruckend aus, der Aufwand ist dagegen hoch.

DxO Deep Prime und Adobe Noise Reduction

Deutlich bessere Ergebnisse bei der Rauschunterdrückung in Raw-Dateien verspricht unter anderem DxO mit seiner „Deep Prime“-Technologie. Das Besondere: Deep Prime greift bereits während des sogenannten Demosaicing ein – also während der Raw-Konverter die aus dem Bayer- (oder X-Trans-) Pattern gewonnenen Daten in RGB-Werte für jedes Pixel umrechnet. Deep Prime (und die noch wirkungsvollere Ausbaustaufe Deep Prime XD) gibt es im Workflow-Programm DxO Photo Lab 7 (229 Euro) sowie im smarten Raw-Konverter PureRAW 3 (129 Euro).

PureRAW bietet zwei Verfahren zur Rauschminderung und bügelt auf Wunsch auch noch Abbildungsfehler aus.

Eine ähnliche Technik beherrscht seit April 2023 auch ACR, der Raw-Konverter von Adobe in Lightroom, Lightroom Classic, Bridge und Photoshop. KI-Techniken helfen bei den Verfahren von DxO und Adobe, unerwünschte Störpixel von Bildinhalten zu unterscheiden. Bei beiden Anbietern entsteht eine neue Datei, die ursprüngliche Raw-Datei bleibt jedoch erhalten. Nur PureRaw bietet die Möglichkeiten, mit dem Entrauschen noch durch das Objektiv hervorgerufene Abbildungsfehler zu korrigieren. Beiden Verfahren gleich ist hingegen, dass sie zeit- und rechenintensiv sind. Der Mac M1 Ultra in der Redaktion von photoscala benötigt in Lightroom etwa zehn Sekunden, um eine 24 Megapixel-Datei zu entrauschen. PureRaw 3 von DxO genehmigt sich zwei, drei Sekunden mehr.

Anders als bei DxO erlaubt es Adobe, für „Entrauschen“ die Stärke einzustellen und bietet ein kleines Vorschaufenster.

Klar im Vorteil: KI-gestützte Rauschminderung

Das Entrauschen bereits beim Demosaicing einer Raw-Datei bietet klar die bessere Bildqualität gegenüber fertigen JPG-Dateien direkt aus der Kamera. Doch lohnt sich der Aufwand im Vergleich zur herkömmlichen nicht-destruktiven Rauschreduktion in Lightroom? Und natürlich wollten wir auch wissen: Wer liefert das bessere Ergebnis ab – Adobe oder DxO?

Die schlechten Lichtverhältnisse im Stockholm Stadshuset erforderten für diese Aufnahme mit der Alpha 6700 hohe ISO 12.800

Der Goldene Saal im Stockholm Stadshuset ist mit einem einzigartigen Goldmosaik geschmückt. Die spärliche Beleuchtung dort trieb die Empfindlichkeit an der Alpha 6700 (Pixelpitch: 3,8 µm) auf sehr hohe ISO 12.800 hoch. Gegenüber der herkömmlichen Rauschreduzierung in Lightroom bringt das Entrauschen beim Demosaicing klar Vorteile:

Adobe Denoise (rechts) rekonstruiert deutlich mehr Details als die herkömmliche Rauschminderung in Lightroom (links). Das gilt vor allem auch für Farbdetails.

Was sich mit KI-gestützter Rauschminderung aus einer Aufnahme bei ISO 12.800 allein schon mit Lightroom herausholen lässt, ist beeindruckend. Da kann die Vollformatkamera in vielen Fällen in der Vitrine bleiben – noch höhere Werte als ISO 12.800 wird in der Praxis der meisten Fotografinnen und Fotografen sehr selten vorkommen.

Dazu noch ein weiteres Beispiel – diesmal ein JPG-Foto im Vergleich zu seinem mit KI-Unterstützung entrauschten Raw-Pendant. Aufgenommen wurde es mit der Fujifilm X-H2 (Pixelpitch: 3,0 µm) bei ISO 12.800:

Während die JPEG-Engine der X-H2 bei ISO 12.800 ein ziemlich verwaschenes Ergebnis abliefert, holt die Deep Prime XD noch verblüffend viele Detail- und Farbinformationen aus den Daten heraus und lässt gleichzeitig das Bildrauschen nahezu gänzlich verschwinden.

Adobe Denoise oder DxO Deep Prime?

Ohne Frage: KI-gestützte Rauschminderung, egal ob von Adobe oder DxO, erweiterten den nutzbaren ISO-Bereich deutlich nach oben. APS-C-Kameras erschließen sich damit Anwendungsgebiete, die bislang Kleinbildkameras vorbehalten blieben. Bleibt noch zu klären: Welche Rauschunterdrückung liefert denn das bessere Ergebnis – Deep Prime von DxO oder Adobe Denoise?

DxO Deep Prime XD liefert auf Knopfdruck ein eindrucksvoll klares und detailreiches Foto – auch wenn die Schärfe hier bereits fast artifiziell wirkt (rechts). Adobe Denoise geht (in der Standardeinstellung) dagegen etwas zurückhaltender ans Werk, bietet so allerdings auch mehr Nachbearbeitungspotential (links). Mit Deep Prime gibt es bei DxO aber ebenfalls eine schonendere Rauschminderung für mehr Möglichkeiten zur Nachbearbeitung.

Rauscharme High-ISO-Fotos liefern sowohl Adobe wie DxO praktisch ohne Risiken und Nebenwirkungen. Wenn es um beeindruckende Ergebnisse auf Knopfdruck geht, hat DxO für uns mit seiner Deep-Prime-Technologie die Nase leicht vorn. Die Ergebnisse wirken noch klarer, detailreicher und farbnuancierter als die von Adobe Denoise. Wer lediglich einen einfachen Raw-Konverter mit herausragender Rauschminderung braucht, erhält mit DxO PureRaw 3.0 genau das Richtige.

Wer bereits Lightroom, Lightroom Classic oder Bridge mit Photoshop zur Bearbeitung seiner Raw-Dateien verwendet, kann sich getrost auf das dort integrierte Adobe Denoise verlassen. Dieses Verfahren liefert zwar nicht ganz so eindrucksvolle High-ISO-Bilder wie Deep Prime von DxO – aber für noch mehr Klarheit, Schärfe und Farbnuancen gibt es ja entsprechende Regler in Lightroom. Falls Sie sich auf keines der Verfahren zur Rauschminderung festlegen möchten, kein Problem: Es spricht nichts dagegen, PureRaw in Verbindung mit Lightroom einzusetzen – die Software von DxO arbeitet hervorragend mit Lightroom zusammen.