Vorhang auf für das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports von Sigma. Auf kaum einen Auftritt dürften Besitzer einer L-Mount- und insbesondere einer E-Mount-Kamera so lange gewartet haben, wie auf den dieses lichtstarken Standard-Telezooms. Bietet das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports doch eine äußerst umfangreiche Ausstattung und verspricht sein komplexer optischer Aufbau eine tadellose Bildqualität. Und das alles zu einem deutlich günstigeren Preis, als Sony für sein FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II aufruft. Ob das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports mit seinem heißen Auftritt dem edlen Pendant von Sony die Show stiehlt, hat Martin Vieten mit der Sony Alpha 1 und Alpha 7R IV ausprobiert.
Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports
Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports
Anschluss: Sony E (Kleinbild) / L-Mount
Optischer Aufbau: 20 Linsen in 15 Gruppen
Anzahl Blendenlamellen: 11
Autofokus: ja
Bildstabilisator: ja
Besonderheit: Blendenring wahlweise stufenlos oder rastend, Stativfuß abnehmbar
Gewicht: 1345 Gramm
Preis (UVP/Straße): 1699 Euro / –
Ob die L-Serie bei Canon, die S-Line von Nikon oder die G-Master-Familie von Sony – die Top-Objektive werden immer besser. Aber auch immer kostspieliger. So ruft Sony für sein lichtstarkes Standard-Telezoom FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II eine unverbindliche Preisempfehlung von rund 3.000 Euro auf. Gut ein Drittel günstiger kommt mit einem Preis von 1699 Euro das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports von Sigma, das kürzlich für L- und E-Mount vorgestellt wurde.
Der Preis ist also heißt beim neuen Standard-Telezoom von Sigma. Lichtstärke und Brennweitenbereich sind bei den Objektiven von Sony und Sigma identisch. Auch bei der Ausstattung gibt es nur geringe Unterschiede (siehe nachstehende Tabelle). Da wollte ich wissen: Kann man als Besitzer einer Spiegellosen von Sony mit dem Sigma-Zoom ruhigen Gewissens rund 1300 Euro einsparen? Oder lohnt sich die Mehrausgabe für das Edel-Zoom von Sony auf alle Fälle? Ich habe das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports an der Sony Alpha 1 und der Alpha 7 IV ausprobiert und zum Vergleich immer mal wieder auch das Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II angesetzt.
Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports vs. Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II
Sigma Sony
Objektiv 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II
OPTIK
optischer Aufbau 20 Linsen in 15 Gruppen 17 Linsen in 14 Gruppen
Lichtstärke F2.8 F2.8
kleinste Blende F22 F22
Blendenlamellen 11 11
Naheinstellgrenze 65 cm - 100 cm 40 cm - 80 cm
max. Abbildungsmaßstab 1:5,2 1:3,3
Bildstabilisator ja ja
AUSSTATTUNG
Blendenring ja ja
Blende optional stufenlos ja ja
AF-/MF-Umschalter ja ja
Fokusbegrenzer (Stufen) ja (3) ja (2)
Bildstabilisator Modi 2 3
Custom-Taste ja ja
Streulichtblende Befestigung Rändelschraube Bajonett
Stativschelle / abnehmbar ja/ja (nur Fuß, nur mit Werkzeug) ja / ja (nur Fuß)
komatibel mit Telekonverter (Sony E) nein ja (SEL-14TC und SEL-20TC)
MAßE UND GEWICHT
Filtergewinde 77 mm 77 mm
Maße (Ø x Länge) 91 x 205 mm 88 x 200 mm
Gewicht 1345 g 1044 g
PREIS
UVP (in €) 1699.-- 2999.--
Straße - -
Ausstattung und Design
Anders als die weißen Edel-Zooms der großen Kamerahersteller kommt das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports von Sigma in einem mattschwarzen Kleid. Mit einem Gewicht von 1345 Gramm fällt es recht leicht aus, das Pendant von Sony drückt allerdings noch einmal 300 Gramm weniger auf die Waage. Ausgestattet ist das Zoom von Sigma komplett. Es gibt einen optischen Bildstabilisator (inklusive eines Modus für Mitzieher), einen echten Blendenring (der sich für Videoaufnahmen auf eine stufenlose Steuerung umschalten lässt), einen dreistufigen Fokuslimiter sowie eine via Kamera frei programmierbare Funktionstaste (in dreifacher Ausführung).
Sigma stattet das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports mit einer fest installierten Stativgondel aus. Abnehmen lässt sich – wie beim Pendant von Sony – lediglich der Fuß. Das geht allerdings beim Sigma-Zoom nur mit zusätzlichem Werkzeug (ein passender Inbusschlüssel liegt dem Objektiv bei). Dafür ist der Fuß bei Sigma Acra-Swiss-kompatibel, das Sony-Zoom lässt sich dagegen nur mittels zusätzlicher Montageplatte auf einem Stativ befestigen. Insgesamt gefällt mir die Sony-Lösung etwas besser. Für den schnellen Einsatz unterwegs verzichte ich gerne auf den Stativfuß, weil das Objektiv dann weniger Platz in der Fototasche beansprucht.
Wie bei Sony gehört auch beim Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports eine Streulichtblende zum Lieferumfang. Doch während Sony diese mit einem praktischen Bajonett versieht, wird die Streulichtblende von Sigma nur aufgesteckt und dann mit einer Schraube fixiert. Die Sigma-Lösung ist nicht ganz so heiß, dauert es bei ihr doch länger, die Streulichtblende zu montieren. Zudem verdeckt sie in Transportstellung den sehr weit vorne platzierten Zoomring.
Wirkungslos bleibt bei der E-Mount-Variante des Sigma-Zooms ein frei programmierbarer „Benutzermodus-Schalter“, er funktioniert nur bei der L-Mount-Variante des Objektivs. Eine kleine Einschränkung, mit der ich jedoch prima leben kann. Eine andere Beschränkung ist dagegen deutlich weitreichender: Das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports für E-Mount lässt sich nicht zusammen mit einem Telekonverter verwenden. Sigma hat zwar passende Tele-Konverter mit 1,4- und 2-fachem Verlängerungsfaktor im Programm, aber eben nur für L-Mount. Diese Einschränkung geht allerdings auf die Kappe von Sony: Das Unternehmen lizensiert seinen Objektivanschluss nicht für Konverter oder Kameras an Fremdhersteller.
Im Einsatz: Ergonomie und Autofokus
Das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports habe ich mit seinem Gewicht von rund 1350 Gramm mühelos an der Alpha 1 oder Alpha 7R IV eingesetzt – und zwar auch ohne Hochformatgriff an der Kamera. Auf längeren Foto-Touren kann das Sigma-Zoom allerdings nicht verhehlen, dass es rund 300 Gramm mehr wiegt als sein Sony-Pendant. Zudem hat Sigma das Objektiv spürbar frontlastiger konstruiert und gleich auch noch den häufig benötigten Zoomring nach vorne verlegt – mir hat das nicht ganz so gut gefallen. Kurzum: Das 1300 Euro teurere Sony-Tele lässt sich noch einfacher handhaben als das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports.
Die kleinen Nachteile beim Handling sind vergessen, sobald ich die Kamera mit dem Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports vors Auge hebe und fotografiere. Sein Auftritt in der Praxis ist wirklich heiß, das Sigma-Zoom funktioniert perfekt. 30 Bilder/s mit der Alpha 1? Kein Problem, die Kamera schnurrt wie ein Kätzchen. Nachführ-AF mit Objekt-Tracking? Da kann ich, wenn überhaupt, nur einen marginalen Unterschied zum deutlich teureren Sony-Zoom ausmachen. Besonders bei sehr schlechtem Licht scheint mir das Objektiv von Sony einen Hauch schneller zu fokussieren. Und wenn es um Nahaufnahmen geht, hat das Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II ebenfalls die Nase leicht vorn: Es kommt auf einen maximalen Abbildungsmaßstab von üppigen 1:3,3, während es das Sigma-Zoom auf immerhin noch 1:5,2 schafft.
Und wie steht’s mit der Bildqualität?
Beim optischen Ausbau des 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports hat sich Sigma nicht lumpen lassen: Mit 20 Linsen in 15 Gruppen fällt die Konstruktion aufwändig aus. Das Sony-Pendant kommt mit etwas weniger Glas im Strahlengang aus. Kann das Sigma-Zoom auch in Sachen Bildqualität einen heißen Auftritt hinlegen?
Im CHIP-Testlabor überzeugt das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports mit einer souveränen Leistung. Schärfe und Detailfülle erreichen an der Sony Alpha 7R IV rund 85 Prozent der theoretischen Maximalwerte und bleiben mit Ausnahme der längsten Brennweite bis in die Bildecken hoch. Das Sony FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II legt im Testlabor zwar bei der Auflösung noch ein paar Prozentpünktchen drauf, in der Praxis bringt das aber kaum relevanten Vorteile. Das Sigma-Zoom bildet verzeichnungsfrei ab, Vignettierung spielt, wenn überhaupt, nur bei Offenblende eine Rolle.
Aus dem Testlabor
Lediglich bei Offenblende vignettiert das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports leicht – die Randabdunklung bleibt jedoch völlig unkritisch. (Klick ins Bild öffnet ausführlichen Testbericht.)
Der gute Eindruck, den das 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports im CHIP-Testlabor hinterlässt, hat sich mir im Praxiseinsatz bestätigt. Zum Beispiel bei Porträts von Hund und Katz‘ – da ist das Sigma-Zoom ohne Einschränkungen offenblendtauglich. Und bei Landschaftsaufnahmen scharf bis in die Ecken.
Vor allem aber hat Sigma seinem neuen Zoom jegliche Star-Allüren ausgetrieben. Da gibt es keine Spur von Farbsäumen an harten Kontrastkanten. Ebenso bleiben im direkten Gegenlicht die Kontraste hoch, Flares und ähnliche Probleme konnte ich nicht ausmachen.
Bleibt zuletzt vielleicht noch die Frage, wie es das Sigma-Zoom mit der Bokeh-Wiedergabe hält. Auch diese schwierige Disziplin (zumal für ein Zoom) meistert es erstaunlich gut, wie ich finde. Spitzlichter im Unscharfen gibt das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports angenehm weich und ohne hervorgehobene Kontrastkante wieder. Der gefürchtete Zwiebelring-Effekt hält sich in Grenzen und dürfte meist gar nicht auffallen. Klasse finde ich, dass das Sigma-Zoom auch abgeblendet auf F4 noch ein sehr angenehmes Bokeh zeichnet.
Dass das indes alles noch eine Spur besser geht, zeigt Sonys FE 70-200 mm F2.8 GM OSS II: Hier ist das Bokeh noch weicher, Zwiebelringe sind auch unter der Lupe nicht auszumachen. Vor allem aber bleiben die „Bokeh-Blasen“ auch an den Bildrändern schön rund, während das Sigma-Zoom hier einen gewissen Cat-Eye-Effekt nicht verleugnen kann.
Fazit: Ein gelungenes Debut
Schneller Autofokus, hohe Abbildungsleistung, superbe Verarbeitung – das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports für Sony E hat im CHIP-Testlabor und im Praxiseinsatz von photoscala einen ganz heißen Auftritt hingelegt. Mit einem Preis von rund 1700 Euro (zum Testzeitpunkt ) ist das neue Sigma-Zoom sicherlich kein Schnäppchen, aber angesichts des Gebotenen jeden Euro wert. Nicht immer ganz so gut gelöst hat Sigma beim 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports das Handling, vor allem die Handhabung der Streulichtblende hat mir nicht so recht zugesagt. Dass es für die E-Mount-Variante des lichtstarken Telezooms keinen Telekonverter gibt, ist schade, aber eben den Lizenzbedingungen von Sony geschuldet.
Wer mehr noch will, als das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports für Sony E leistet, muss zum edlen Pendant von Sony greifen. Das bietet zu einem deutlich höheren Preis eine nochmals bessere Bildqualität und lässt sich mit Telekonvertern verwenden. Vor allem aber stiehlt das Sony-Zoom dem Debutanten von Sigma in Sachen Handling und Ergonomie die Show. Dafür punktet das Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports mit dem deutlich besseren Preis-/Leistungsverhältnis.
Mitarbeit: Leo Kröll
Auf einen Blick: Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports
Mit dem 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports kommt von Sigma ein grundsolides, lichtstarkes Standardtele für Sony E (und L-Mount). Das hervorragend ausgestattete Objektiv überzeugt mit seiner hohen Abbildungsleistung, einem schnellen Autofokus und einem guten Preis-/Leistungsverhältnis.
Was uns gefällt …
- sehr umfangreiche Ausstattung
- Abbildungsqualität ohne Fehl und Tadel
- Schöne Bokehwiedergabe (für ein Zoom)
- schneller AF-Antrieb
- gutes Preis-/Leistungsverhältnis
… und was nicht so gut ist
- nicht zusammen mit Telekonverter verwendbar (Sony-Variante)
- frontlastiges Design mit vorne liegendem Zoomring
- umständlich zu handhabende Streulichtblende
Technische Daten: Sigma 70-200 mm F2.8 DG DN OS Sports
Objektivkonstruktion | 20 Elemente in 15 Gruppen (6 FLD, 2 SLD, 3 asphärische Elemente) |
Bildwinkel | 34,3° - 12,3° |
Anzahl der Blendenlamellen | 11 (runde Blendenöffnung) |
Kleinste Blende | F22 |
Naheinstellgrenze | 65 (W) - 100 (T) cm |
Größter Abbildungsmaßstab | 1:5,2 (bei 200mm Brennweite) |
Filtergröße | Ø 77mm |
Abmessungen (maximaler Durchmesser x Länge) | Ø 90,6mm × 205,0mm |
Gewicht | 1.345g |
Wer mit "normaler" optischer und mechanischer Leistung zufrieden ist, der ist mit dem 70 -180 mm 1: 2.8 von Tamron / Nikon am Besten bedient. Es ist leicht, kompakt, preisgünstig und vielseitig (Makroeigenschaften).
Also, so funktioniert der neue Rollei SmokeMaster Pro ! 😉
Gruß
PKD
Ja, wenn wir das gewusst hätten. Aber hier war es ein anderes (ähnliches) Gerät, das für einen heißen Auftritt gesorgt hat.