Tamron deckt mit dem 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD einen außergewöhnlichen Brennweitenbereich ab. Das 8fach-Zoom für Sony E startet bereits bei 50 Millimeter und will so gleich auch noch ein Standardobjektiv obsolet machen. Hinzu kommen eine fast komplette Ausstattung, ein relativ leichtes und kompaktes Design sowie ein ansprechender Preis. Genug, um Fotografinnen und Fotografen zu überzeugen? Oder nur etwas für Marktschreier?

Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD

Anschluss: Sony E (Kleinbild)
Optischer Aufbau: 24 Linsen in 18 Gruppen
Anzahl Blendenlamellen: 9
Autofokus: ja (VXD-Antrieb)
Bildstabilisator: ja (2 Modi)
Besonderheit: programmierbare Funktionstasten
Gewicht: 1155 Gramm
Preis (UVP / Straße): 1699 Euro / ca. 1449 Euro

„Dieses Super-Telezoom beginnt nicht bei 100 Millimeter, nicht bei 70 Millimeter – nein, es beginnt bereits bei 50 Millimeter!“. So oder so ähnlich mag ein Marktschreier das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD für Sony E anpreisen. Und dürfte damit den entscheidenden Punkt treffen: die für ein Superzoom ungewöhnlich kurze Brennweite von nur 50 Millimeter am Zoomanfang.

Vergleichbare Objektive (etwa Sigma 100-400mm F5-6.3 DG DN OS oder Sony FE 100-400mm F4.5-5.6 G Master) starten erst bei der doppelten Anfangsbrennweite von 100 Millimeter. Und bieten demzufolge auch nur einen vierfachen Zoombereich gegenüber einen achtfachen wie beim Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD. Bringt das in der Praxis einen Mehrwert? Oder profitiert vor allem der Marktschreier davon, dass Tamron die Anfangsbrennweite auf 50 Millimeter halbiert hat?

Ausstattung und Handhabung

Ein Blick in die technischen Daten des Tamron-Zooms fördert nichts Auffälliges zutage. 1155 Gramm wiegt es, das ähnlich lichtstarke 4fach-Pendant von Sigma ist gut 150 Gramm leichter, das lichtstärkere und deutlich teurere Sony fast ein halbes Pfund schwerer. Beim Gewicht mag Tamron gespart haben, beim optischen Aufbau des 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD sicherlich nicht: 24 Elemente in 18 Gruppen, darunter ED- und asphärische Linsen sollen für eine möglichst fehlerfreie Abbildungsleistung sorgen.

Die Alternative von Sony, das FE 100-400mm F4.5-5.6 G Master (links), ist deutlich größer und schwerer als das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD (rechts) aber auch lichtstärker.

Auch bei der Ausstattung hat Tamron auf den ersten Blick den Rotstift stecken lassen: Das Super-Tele ist optisch stabilisiert, der Bildstabilisator lässt sich in einen Modus für Mitzieher umschalten. Hinzu kommt die für Sony-Objektive übliche DMF-Taste, mit der sich je nach Programmierung durch die Kamera zum Beispiel zwischen AF- und MF-Betrieb wählen lässt. Ebenfalls an Bord: Eine Zoom-Lock-Taste, die das Objektiv bei 50 Millimeter Brennweite verriegelt, damit es nicht unerwünscht ausfährt.

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD ist gut ausgestattet mit einer AF-Stop-Taste, einem optischen Bildstabilisator sowie einer frei programmierbaren Individual-Taste. Hinzu kommt eine Zoom-Verriegelung (hier nicht zu sehen).

Soweit gibt es keine Überraschungen bei der Ausstattung, doch dann geht es ungewöhnlich weiter: Tamron spendiert dem 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD eine USB-Buchse, über die es sich via PC und der Software „Tamron Lens Utility“ programmieren lässt. Auf diese Weise wird etwa der Focusing zum Blendenring. Oder der „Custom“-Schalter mit seinen drei Positionen erhält Funktionen, um zwischen zwei Entfernungseinstellungen zu wechseln beziehungsweise auf Knopfdruck eine zuvor festgelegte Fokusposition anzufahren. Und schließlich dient die USB-Schnittstelle auch für Firmware-Updates des Objektivs.

Ungewöhnlich ist jedoch auch, was dem mehr als ein Kilo schweren Objektiv fehlt: eine Stativschelle! Die gibt es nur als Sonderzubehör (Tamron A035TM), Kostenpunkt: offiziell knapp 120 Euro, bei manchem Händler aber auch günstiger zu bekommen. Sicher – wer kein Stativ besitzt, kann auch auf die Schelle verzichten. Aber alle anderen …

Zum Glück lässt sich mit dem Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD auch halbwegs bequem aus der Hand fotografieren, es wiegt vergleichsweise geringe 1155 Gramm. Wer lange Brennweiten mag, kann seine Kamera mit dem Objektiv für einen Spaziergang über die Schulter hängen. Und was ich besonders praktisch finde: Ein 16-35mm reicht dank der kurzen Anfangsbrennweite des Tamron-Zooms durchaus als Ergänzung nach unten, da darf das Standard-Zoom à la 24-70mm auch mal zuhause bleiben.

8fach-Zoom bei 50mm (oben) und 400mm (unten): Beim herbstlichen Fotowalk hat das 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD glatt ein Standard-Objektiv eingespart.

Autofokus

Das 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD ist mit einem Linearmotor für den Autofokus-Anrieb ausgestattet, der laut Tamron praktisch lautlos arbeitet und sich für dynamische Motive wie bei der Sport- und Wildlife-Fotografie eignen soll.

Flüsterleise arbeitet der Autofokus auf jeden Fall. Keine Gefahr, dass da Geräusche des AF-Antriebs sich auf die Tonspur von Videoaufnahmen mogeln. Aber ist er auch schnell genug für Sport- und Wildlife-Fotos?

Hier hat das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD dank Augen-AF der Sony Alpha 9 auf den Punkt scharf gestellt.

Um das auszuprobieren, habe ich das 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD an meine Sony Alpha 9 angesetzt und mit Redaktionshund Poldi eine Runde gedreht. Wie stets bei derartigen Tests, stelle ich die Kamera auf „Fokuspriorität“. Solange Poldi sich mehr oder weniger parallel zur Kamera bewegt, hat das Tamron-Zoom keine Probleme, ihn sicher im Fokus zu halten. Kein Kunststück, da ändert sich ja auch Poldis Entfernung zur Kamera nur wenig.

Stürmt Poldi allerdings auf mich zu, wirkt das 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD etwas überfordert. Da ist dann bei Offenblende und Brennweiten über 250 Millimeter häufig das Hinterteil scharf, obwohl der Fokusindikator klar das Gesicht oder ein Auge von Poldi grün markiert hat. Abblenden auf F11 minimiert das Problem zwar, treibt aber die ISO-Werte unnötig hoch.

Recht kurze Brennweite (145mm) und Poldi mit moderater Geschwindigkeit – dann klappt’s auch mit dem Autofokus. Ist jedoch richtig Action angesagt, wirkt das 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD leicht überfordert.

Dass gerade bei einem 8fach-Telezoom die Linsen der Fokusgruppe bisweilen lange Wege gehen müssen, liegt auf der Hand. Nicht umsonst setzt Sony bei seinem FE 100-400mm F4.5-5.6 G auf gleich zwei Fokusgruppen mit eigenständigem Antrieb – eine fürs Grobe und die zweite für die Feineinstellung oder Nachführung. Ein Aufwand, der sich durchaus lohnt, indes auch seinen Preis hat.

Bildqualität

Aus 24 Linsen in 18 Gruppen besteht der optische Aufbau des Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD. Ein gehöriger Aufwand, der bei einem 8fach-Telezoom jedoch sicherlich auch nötig ist. Hinzu kommt eine Irisblende, deren neun Lamellen ein ansehnliches Bokeh zeichnen sollen.

Dass sich Tamron mit dem sehr großen Zoombereich des 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD keine leichte Aufgabe gestellt hat, lässt sich an der Messung der Auflösung ablesen. Wie für ein Telezoom nicht unüblich, geht die Auflösung insbesondere an den Bildrändern mit zunehmender Brennweite zurück – bei 400 Millimeter Brennweite beträgt der Randabfall gut 17 Prozent. Ein Wert, mit dem sich in der Praxis gut leben lässt. Bei Telefotos steht ja meist ein zentrales Motiv vor einem entfernten, unscharfen Hintergrund.

Aus dem Testlabor

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Randabdunklung

Vignettierung: ermittelt bei abgeschalteter Korrektur durch Kamera

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD vignettiert kaum, lediglich bei kürzester Brennweite ist die Randabdunklung am rechten Bildrand gerade wahrnehmbar.

Auflösung

Auflösung ermittelt an: Sony A7R IV
Nyquist-Frequenz: 3218 px

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD kann mit dem Auflösungsvermögen der Sony Alpha 7R IV (61 Megapixel) nicht ganz mithalten. Am höchsten löst das 8fach-Zoom bei seiner kürzesten Brennweite von 50 Millimeter auf, wo maximal ca. 85 Prozent der theoretisch möglichen Auflösung erzielt werden. Zudem kommt es am kurzen Brennweitenende zum geringsten Auflösungsverlust zu den Bildecken hin.

Mit zunehmender Brennweite bleibt die Auflösung im Bildzentrum hoch, zu den Rändern hin geht sie deutlich zurück. Am langen Teleende ist die Randauflösung gerade noch akzeptabel. Abblenden verbessert das Ergebnis nicht.

Verzeichnung

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD bildet nahezu verzeichnungsfrei ab.

In Sachen Auflösung zeigt das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD ein typisches Verhalten für Telezooms: Am kurzen Ende löst es über das gesamte Bildfeld gleichmäßig auf, mit zunehmender Brennweite geht die Auflösung zu den Bildrändern hin zurück.
(Klick ins Bild öffnet ausführlichen Laborbericht.)

Bei Aufnahmen in der Totalen mit 50 Millimeter ist das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD bis in die Ecken gleichmäßig scharf. Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Das Auflösungsvermögen einer Sony Alpha 7R IV mit rund 60 Megapixel schöpft das Objektiv nicht ganz aus.

Von der kleinen Schwäche bei der Auflösung abgesehen, sind die Abbildungsleistungen des Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD ohne Fehl und Tadel. Chromatische Aberrationen (sowohl longitudinale wie auch laterale) sind sehr gut auskorrigiert, Verzeichnung ist selbst bei abgeschalteter Korrektur in der Kamera kaum messbar. Zudem zeichnet das neue 8fach-Zoom von Tamron ein ansehnliches Bokeh, insbesondere ab 135 Millimeter Brennweite.

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD ist im Zentrum hinreichend scharf, bildet verzeichnungsfrei ab und zeichnet ein ansehnliches Bokeh frei von Artefakten. (Klick ins Bild öffnet 100%-Ansicht).

Fazit: Gutes Allround-Telezoom mit einzigartigem Brennweitenbereich

Tamron halbiert bei seinem 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD die Brennweite nach unten – das ist mehr als ein Argument für Marktschreier. Die für ein 400er-Zoom ungewöhnlich kurze Anfangsbrennweite von 50 Millimeter bringt Fotografinnen und Fotografen klare Vorteile, insbesondere bei Landschaftsaufnahmen und Reportagefotos.

Erfreulich dabei: Den Praxisvorteil der kurzen Brennweite erkauft das 8fach-Zoom mit nur geringen Kompromissen. Das Objektiv ist relativ leicht, stabilisiert (und abgesehen von der fehlenden Stativschelle) gut ausgestattet. Leichte Abstriche muss man bei der maximalen Abbildungsschärfe hinnehmen, der Autofokus ist zuverlässig aber nicht sonderlich schnell.

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD mag nicht ganz perfekt sein, praktisch ist es allemal. Und es überzeugt mit einem günstigen Preis – einen Marktschreier hat dieses 8fach-Zoom wahrhaftig nicht nötig!

Auf einen Blick: Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD

Das Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD überzeugt im täglichen Einsatz mit seiner sehr geringen Anfangsbrennweite. Die Abbildungsleistung geht in Ordnung, die Ausstattung ist gut, eine Stativschelle fehlt allerdings. Der Autofokus könnte schneller sein, ist aber treffsicher. Leider nur für Sony E erhältlich.

Was uns gefällt …

  • einzigartiger Zoombereich von 50 bis 400 Millimeter
  • handlich und leicht (für 8fach-Zoom)
  • Bildstabilisator
  • ordentliche Abbildungsleistung

… und was nicht so gut ist

  • Autofokus könnte schneller sein
  • Stativschelle nur optional erhältlich

Technische Daten: Tamron 50-400 mm F4.5-6.3 Di III VC VXD​

ModellA067
Brennweite50–400 mm
LichtstärkeF/4.5 – F/6.3
Bildwinkel (diagonal)46゜48′– 6゜11′ (für spiegellose Kleinbildformat-Kameras)
Optische Konstruktion24 Element in 18 Gruppen
Kürzeste Einstellentfernung0,25 m (Weitwinkel), 1,5 m (Tele)
Maximaler Abbildungsmaßstab1:2 (Weitwinkel)/ 1:4 (Tele)
FiltergrößeØ 67 mm
DurchmesserØ 88,5 mm
Länge183,4 mm
Gewicht1.155 g
Blendenlamellen9 (kreisrunde Öffnung)
Kleinste BlendenöffnungF/22 – F/32
Zubehör im LieferumfangTulpenförmige Streulichtblende, Objektivdeckel, Bajonettdeckel