Tamron baut sein Angebot an preisgünstigen Objektiven für Sony E kontinuierlich aus. Jüngstes Kleinbildzoom für die Spiegellosen von Sony: das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD. Es ist leicht, schlank und mit einem Straßenpreis von derzeit rund 600 Euro recht günstig. Ein Angebot, dem man kaum widerstehen kann? Oder bürdet einem der kleine Preis doch zu viele Kompromisse auf? Ich habe das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD intensiv an der Alpha 7R III ausprobiert.
Tamron bleibt sich mit dem 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD treu: Wie die bisherigen Vertreter der Zooms für Sony E, kommt auch das jüngste Zoom mit einem recht geringen Filterdurchmesser von 67 Millimeter aus. Möglich wird’s, weil Tamron auf das letzte Quäntchen Lichtstärke verzichtet. F6.3 sind es maximal bei 300 Millimeter Brennweite – eine Drittel Blendenstufe weniger als etwa beim Sony 70-300mm F4.5-5.6 G OSS.
Dafür punktet das neue 70-300mm von Tamron mit seiner schlanken Bauform und einem geringen Gewicht von kaum mehr als einem Pfund. Das Pendant von Sony kommt auf 854 Gramm – und kostet beim Händler fast doppelt so viel wie das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD von Tamron.
Tamron 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD und Sony 70-300mm F4.5-5.6 G OSS im Vergleich
Tamron 70-300 mm F4.5-6.3 Di III RXD E | FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS | |
SPEZIFIKATIONEN | ||
Lichtstärke | F4.5 bis F6.3 | F4.5 bis F5.6 |
Brennweite | 70-300 mm | 70-300 mm |
Blendenlamellen | 7 | 9 |
max. Abbildungsmaßtstab | 1:5,0 | 1:3,2 |
Filtergewinde | 67 mm | 72 mm |
Maße (⌀ x L) | 77 x 148 mm | 84 x 144 mm |
Gewicht | 545 g | 854 g |
AUSSTATTUNG | ||
Bildstabilisator | – | ja |
AF-/MF-Umschalter | – | ja |
Fokus-Limiter | – | ja |
Fokus-Stop-Taste | – | ja |
PREIS | ||
UVP | 900 Euro | 1500 Euro |
Straßenpreis ca. | 600 Euro | 1030 Euro |
Handhabung und Praxis
Dass es Tamron beim neuen 70-300mm vor allem darauf ankam, Gewicht, Abmessungen und Preis klein zu halten, merkt man sofort. Für ein Telezoom seiner Klasse ist es tatsächlich angenehm leicht, in der Fototasche macht es sich wohltuend schlank. Ausgesprochen kurz ist es aber nicht, 15 Zentimeter misst es mindestens, auf 300 Millimeter eingezoomt wird das Tele nochmals rund ein Drittel länger.
Dank der leichten Bauweise lässt es sich prima mit dem 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD arbeiten. Ausprobiert habe ich es hauptsächlich in der Kombination mit einer Alpha 7R III. Während dieser Erfahrungsbericht bereits in Arbeit war, brachte der freundliche DHL-Bote schon die (über)nächste Testkamera, eine Sony Alpha 7C. Und die erwies sich in Sachen Handling schon fast als Traumpartnerin für das Tamron-Zoom. Gerade einmal rund 1050 Gramm drückt diese Vollformat-Kombi auf die Waage! Das sind nur 20 Gramm mehr als das Halbformat-Gespann Sony Alpha 6400 und Sony 70-350 F4.5-6.3 G OSS wiegt.
Tamron kleidet die Optik in eine Hülle aus Kunststoff. Das Kleid macht einen ordentlichen Eindruck, da klappert und knistert nichts. Der besonders belastete Bajonettverschluss ist aus Metall gefertigt. Tamron verspricht zudem, dass „kritische Stellen des Objektivgehäuses“ gegen Feuchtigkeit und Spritzwasser abgedichtet sind.
Wie bei allem Tamron-Zooms für Sony E fehlt auch dem 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD ein AF-/MF-Umschalter. Ebenso vergebens sucht man einen Fokuslimiter sowie die bei Sony-Objektiven üblichen frei programmierbaren Fokusstop-Tasten.
Schnickschnack mag da der eine oder andere sagen. Im Zusammenspiel mit der Sony Alpha 7R III habe ich die Möglichkeit zum schnellen Wechsel von AF auf MF (und zurück) jedoch vermisst. Gerade auch, weil der Autofokus des 70-300mm von Tamron nicht immer der schnellste ist – da gebe ich gerne die Entfernung zunächst grob manuell vor. Mein Tipp: Die AF-ON-Taste der Sony-Kameras als „AF-MF-Steuerung wechseln“ konfigurieren – so wird sie zum klassischen AF-/MF-Umschalter.
Der Zoomring fällt beim 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD erfreulich groß aus und ist kinderleicht zu bedienen. Ganz im Gegensatz dazu der Fokusring, ihn hätte ich mir eine Spur größer gewünscht. Dass das Objektiv beim Zoomen Schabgeräusche von sich gibt, hat mich beim Fotografieren nicht gestört, beim Videodreh dagegen schon.
Einen optischen Bildstabilisator hat das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD nicht zu bieten. Tamron verlässt sich hier ganz auf den stabilisierten Sensor der Kamera. Der ist jedoch vor allem bei kürzeren Brennweiten wirksam, bei langen Telebrennweiten funktioniert dagegen ein optischer Bildstabilisator besser. Nach meiner Erfahrung an der Alpha 7R III bringt der Kamera-interne Stabilisator am langen Tele-Ende maximal +2 EV Gewinn für die Belichtungszeit.
Autofokus
Das verwandte 70-180mm F/2.8 Di III VXD hat mich seinerzeit mit einem exakten und recht flotten Autofokus überzeugt. Ob da das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD mithalten kann?
Genau arbeitet der Autofokus an der Alpha 7R III mit ihren 42 Megapixel auf jeden Fall. Und flüsterleiste auch – Videofilmer werden es zu schätzen wissen. Allerdings nimmt sich das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD durchaus etwas Zeit zum Scharfstellen. Insbesondere wenn das Motiv weit vor oder hinter der aktuellen Fokusebene liegt, Irrlichtert der AF schon einmal hin und hier, bis er sich für eine Richtung entschieden hat.
Dass das AF-Systems der Alpha 7R III mit dem 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD nicht das schnellste ist, macht sich vor allem bei Reihenaufnahmen mit hoher Frequenz bemerkbar. Läuft Redaktionshündin Janna auf mich zu, wandert der Fokus mit jedem Bild etwas weiter nach hinten.
Gemessen am Preis des 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD und seiner optischen Leistung (dazu gleich mehr), geht die AF-Leistung für mich jedoch in Ordnung. Wenn es aufs blitzschnelle Scharfstellen ankommt, wäre das 70-300mm von Tamron allerdings nicht meine erste Wahl. Allerdings muss man für vergleichbare Sportobjektive auch deutlich tiefer in die Tasche greifen.
Bildqualität
Bei der Ausstattung des 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD mag Tamron gespart haben. Gilt das auch für die optische Konstruktion?
Keine Sorge – die Bildergebnisse, die das Tamron-Zoom an der Alpha 7R III abliefert, können sich wirklich sehen lassen. Die 42 Megapixel der Kamera werden adäquat bedient, die Aufnahmen sind scharf, detailliert und kontrastreich. Bei großen Blenden zwar nicht bis in die äußersten Ecken, aber spätestens abgeblendet auf F11 fällt die Schärfe an den Rändern kaum noch ab. Ich finde den moderaten Auflösungsverlust bei großen Blenden nicht weiter tragisch – mit einem Teleobjektiv stellt man weit aufgeblendet ja in der Regel sein Hauptmotiv vor einem unscharfen Hintergrund frei.
Völlig unbeeindruckt gibt sich das 70-300mm von Tamron im direkten Gegenlicht. Keine Flares, keine Blendenflecken oder sonstige unschönen Artefakte – das hat Tamron wirklich gut gemacht. Hinzu kommt: Der Kontrast bleibt selbst unter fiesen Lichtbedingungen hoch, chromatische Aberrationen treten praktisch nicht auf.
Betrachten man die nackten Rohdaten, fällt allerdings auf, dass Tamron (im Verein mit Sony) die eine oder andere Schwäche der Optik digital korrigiert. So können Raw-Aufnahmen nicht verhehlen, dass das 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD bei Offenblende deutlich vignettiert. Zwar lässt sich auch die Randabdunklung von der Kamera oder mittels der hinterlegten Profile in Lightroom korrigieren – dabei nimmt in den aufgehellten Bildbereichen jedoch das Rauschen zu. Bei Aufnahmen mit hohen ISO-Werten könnte das ein Problem werden.
Insgesamt also eine bemerkenswerte Leistung, die das kompakte und günstige Tamron-Zoom abliefert. Dass sich die Optik vielleicht die eine oder andere kleine Schwäche erlaubt, ist nicht weiter tragisch – dank guter digitaler Korrektur liefert das Tamron 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD piekfeine Bildergebnisse ab.
Mein Fazit
Falls der Platz in der Fototasche und das Budget begrenzt sind, ist das Tamron 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD das ideale Telezoom für die Kleinbildspiegellosen von Sony. Es liefert eine piekfeine Bildqualität, auch bei schwierigen Lichtbedingungen.
Vermisst habe ich beim Tamron-Telezoom einen optischen Bildstabilisator, der integrierte Stabi der Sony-Kameras ist da kein vollwertiger Ersatz. Der Autofokus stellt flüsterleise und sicher scharf, dürfte aber gerne flotter arbeiten – für Actionfotos mit der Alpha 7R III war mir der AF zu langsam. Wenn jedoch in erster Linie die Fotoausrüstung schlank bleiben soll, ist das Tamron Tamron 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD die ideale Wahl – insbesondere in Kombination mit der Alpha 7C.
PRO
- Leicht und relativ kompakt
- scharf (ab F11 auch bis in die Ecken)
- ansehnliches Bokeh
- günstig
CONTRA
- nicht stabilisiert
- Vignettierung und Verzeichnung etwas hoch (aber gut digital korrigiert)
- Autofokus bisweilen erratisch, beim Nachführen langsam
- Kein AF-/MF-Umschalter
Technische Daten: Tamron 70-300mm F4.5-6.3 Di III RXD
Modell | A047 |
Brennweite | 70-300mm |
Lichtstärke | F/4.5 – F/6.3 |
Bildwinkel (diagonal) | 34°21' – 8°15' für Kleinbildformat (Vollformat) |
Gruppen – Elemente | 15 Elemente in 10 Gruppen |
Kürzeste Einstellentfernung | 0,8 m (Weitwinkel) 1,5 m (Tele) |
Max. Abbildungsmaßstab | 1: 9,4 (Weitwinkel) 1: 5,1 (Tele) |
Filtergröße | ø 67 mm |
Größter Durchmesser | ø 77 mm |
Länge | 148 mm |
Gewicht | 545 g |
Blendenlamellen | 7 (kreisrunde Öffnung) |
Kleinste Blende | F/22 –F/32 |
Mitgeliefertes Zubehör | Tulpenförmige Sonnenblende, Objektivdeckel |
Verfügbare Anschlüsse | Sony E-Mount |
Vielen Dank für diese Eindrücke.
Ich habe mein Sony FE70-300 verkauft, für meinen Geschmack bereits bei 42 Mpix nicht so richtig scharf – v.a. bei Telestellung. Wie schlägt sich hier das neue Tamron im Vergleich? Die Tabelle sagt hierüber ja leider nichts.
Einfach das Tamron 70-180 kaufen, sofern es ausreicht. Das ist genauso scharf wie das Sony 70-200 GM.
Hallo Martin, danke für den Test.
Bei den Fotos für die Vignettierung habe ich den Eindruck, dass bei der rechten, elektronisch kompensierten Aufnahme der Bildfehler überkompensiert ist (am Bildrand heller wie im Zentrum)
Oder ist das eine optische Täuschung?
Eher nicht. Auch ich habe den Eindruck, dass die Korrektur etwas kräftig ausfällt.