Tamron hat sich mit seinem Zoom-Trio für Sony E ein hohes Ziel gesteckt: Mit F/2.8 sollen sie besonders lichtstark sein, dabei aber spürbar leichter und kompakter ausfallen als die Konkurrenz. Eine Zielvorgabe, die das dritte und letzte Objektiv des Trios, das Telezoom 70-180mm F/2.8 Di III VXD nur unter Verzicht auf ein paar Millimeter Maximalbrennweite erreichen konnte. Ob man in Sachen Abbildungsqualität und Handhabung ebenfalls Kompromisse eingehen muss, konnte ich bereits ausprobieren – mit einem Vorserienexemplar, das mir Tamron kurzfristig zugeschickt hat.

Wer Objektive entwickelt, muss praktisch immer Kompromisse eingehen. Legen die Ingenieure ein Objektiv zum Beispiel besonders lichtstark aus, benötigt es Linsen mit entsprechend großem Durchmesser (und zwar umso größer, je länger die Brennweite wird). Damit fällt das Objektiv zwangsläufig auch schwerer aus und wird (weil optische Gläser kostbar sind) teurer.

Soll ein Objektiv dagegen in erster Linie leicht, kompakt und preiswert sein, verzichtet man am einfachsten auf Lichtstärke. So wiegt etwa das Sony FE 70-200 mm F4 G OSS nur gut die Hälfte des Sony FE 70–200 mm F2.8 GM OSS – und kostet auch nur halb so viel.

Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD E im Vergleich zu den beiden Alternativen von Sony

Sony FE 70-200 mm F4 G OSSSony FE 70–200 mm F2.8 GM OSSTamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD E
SPEZIFIKATIONEN
LichtstärkeF4F2.8F2.8
Brennweite70-200 mm70-200 mm70-180 mm
Bildwinkel34°-12°34°-12°34°21'–13°42
max.
Abbildungsmaßtstab
1:81:41:4.6 (AF)
1:2 (MF)
Filtergewinde72 mm77 mm67 mm
Maße (⌀ x L)80 x 175 mm88 x 200 mm81 x 149 mm
Gewicht840 g1480 g810 g
AUSSTATTUNG
Bildstabilisatorjaja
AF-/MF-Umschalterjaja
Fokus-Limiterjaja
Fokus-Stop-Tastejaja
PREIS
UVP1700 Euro3000 Euro2000 Euro
Straßenpreis1100 Euro2300 Euro1500 Euro

Ein Kompromiss, der Tamron beim neuen 70-180mm F/2.8 Di III VXD verwehrt blieb. Denn wie seine Kompagnons, das 28-75 F/2.8 Di III RXD und das 17-28 F/2.8 Di III RXD, standen auch beim neuen Telezoom die hohe Lichtstärke F/2.8 sowie die 67 Millimeter Durchmesser für das Filtergewinde nicht zur Debatte. Da blieb den Ingenieuren bei Tamron nur noch die Option, auf 20 Millimeter Brennweite am langen Tele-Ende zu verzichten.

Tamron-70-180-links

Das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD kommt ohne Stativschelle aus. Weil es mit etwas über 800 Gramm Gewicht sehr leicht ist, habe ich sie allerdings nicht vermisst.

Handhabung

810 Gramm wiegt das neue Telezoom von Tamron. Und ist damit trotz hoher Lichtstärke F/2.8 nochmals 30 Gramm leichter als das Sony FE 70-200 mm F4 G OSS. Auch in Sachen Kompaktheit hat das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD die Nase vorn – gerade einmal 15 Zentimeter lang muss das Fach im Fotorucksack sein, damit das Telezoom hineinpasst.

Allerdings schafft Tamron diese rekordverdächtig knappen Abmessungen nur mit einem Trick: Das Objektiv ist außenzoomend, sein Innentubus fährt ein paar Zentimeter heraus, wenn man auf 180 Millimeter Brennweite heranzoomt. Hoffentlich hat Tamron das alles gut abgedichtet, damit auf Dauer kein Staub ins Innere des Objektivs gesaugt wird. Immerhin: Die Frontlinse rotiert beim Zoomen nicht. Bei meinem Testexemplar läuft der Zoom übrigens derart stramm, dass die Brennweite bei lässig über der Schulter baumelnden Kamera schön bei 70 Millimeter bleibt. Tamron hat dem Objektiv dennoch zur Sicherheit einen Zoomlock-Schalter spendiert, der den Innentubus bei kürzester Brennweite fixiert.

Tamron_2-8_vs_Sony_4

Das 2.8er von Tamron (jeweils rechts im Bild) ist nur eingezoomt kleiner das Sony-Tele mit F4.

Ausstattung

Das für ein Objektiv seiner Klasse sehr geringe Gewicht erzielt Tamron beim 70-180mm F/2.8 Di III VXD auch mit seiner puristischen Ausstattung. Optischer Bildstabilisator? Gibt’s nicht. AF-/MF-Umschalter? Schnickschnack. Fokus-Limiter? Nicht vorhanden.

Damit bleibt Tamron ganz auf der Linie, die bereits mit den beiden anderen Objektiven der Serie eingeschlagen wurde. Auch die verzichten ja auf jeglichen Luxus – je ein Zoom- und ein Fokusring, das muss reichen.

Ausprobiert habe ich das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD an einer Sony Alpha 7R III. Die ist ebenso wie ihre Vorgängerin und Nachfolgerin mit einem stabilisierten Sensor ausgestattet. Nicht aber die Sony Alpha 6400, die ebenfalls in meiner Fototasche steckt. Wenn lange Belichtungszeiten aus der Hand gefordert sind (länger als 1/250 s), würde ich im Zweifelsfall ein stabilisiertes Tele vorziehen – auch wenn es nicht ganz so lichtstark ist.

Vergleich_Brennweiten

Dass dem Tamron mit 180 Millimeter obenrum 20 Millimeter Brennweite (dunkler Bildbereich) fehlen, spielt in der Praxis kaum eine Rolle.

Richtig vermisst habe ich allerdings einen AF-/MF-Umschalter am Tamron-Tele. Denn das Objektiv erlaubt bei 70 Millimeter eine minimale Fokusentfernung von nur 27 Zentimeter – da klebt das Motiv fast schon an der Frontlinse. Daraus resultiert dann ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:2. Allerdings lässt sich das Objektiv derart nah nur manuell scharf stellen. Wer diese integrierte Makrofunktion des 70-180mm F/2.8 Di III VXD häufig einsetzen möchte, konfiguriert am besten eine der Custom-Tasten an seiner Kamera als AF-/MF-Umschalter.

Tamron 70-180mm Makro

Das geht auch mit dem 70-180mm F/2.8 Di III VXD von Tamron: Makro mit Abbildungsmaßstab bis maximal 1:2.

Praxis

Im Einsatz gibt sich das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD im wahrsten Sinne des Wortes unauffällig. Nicht nur, weil es ein Leichtgewicht ist. Sondern auch, weil sein Autofokus praktisch lautlos arbeitet. Das dürfte Videofilmer freuen, aber auch Theaterfotografen. Die beiden Zoom-Alternativen von Sony lärmen zwar auch nicht gerade beim Fokussieren, so lautlos wie das Tamron arbeiten sie jedoch nicht.

Der Tamron-Autofokus ist nicht nur praktisch lautlos, er ist auch schnell. Mit dem Sony FE 70-200 mm F4 G OSS hält das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD gut mit. Das deutlich teurere Sony FE 70–200 mm F2.8 GM OSS führt bei hohen Bildraten allerdings die Schärfe etwas zackiger nach.

Tamron 70-180mm AF-Bsp

Der Autofokus des Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD ist nicht nur sehr leise, sondern auch Action-tauglich.

Bildqualität

Wie gesagt: Lichtstärke und kompakte Maße waren bei Tamron oberstes Ziel bei der Entwicklung des 70-180mm F/2.8 Di III VXD. Heißt das, dass die Ingenieure in Sachen Bildqualität Kompromisse eingegangen sind?

Nach meinem Eindruck keineswegs: Das Tamron-Tele bildet an der Alpha 7R III mit ihren 42 Megapixel rasiermesserscharf ab. Sogar bei Offenblende schon, Abblenden bringt nach meinem Dafürhalten nur noch marginale Vorteile.

Schärfe

Das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD besticht an der Alpha 7R III durch eine sehr hohe Detailwiedergabe bereits bei Offenblende. 100%-Crop bei 160 Millimeter.

Abbildungsfehler konnte bei meinen Aufnahmen mit dem 70-180mm F/2.8 Di III VXD praktisch nicht ausmachen. Gegen Verzeichnungen scheint das Objektiv immun zu sein, Vignettierung tritt nur an den äußersten Ecken auf, Farbsäume an Kontrastkanten sind mir praktisch nicht untergekommen.

Doch ist das ansehnliche Ergebnis ganz alleine das Verdienst der optischen Konstruktion? Ich habe da so meine Zweifel. Mir scheint, dass Tamron im Verein mit den Kameras von Sony die eine oder andere Schwäche der Optik bereits vor dem Abspeichern korrigiert. CAs zum Beispiel, die ich an harten Kontrasten im Sucher deutlich sehen konnte. An Motiven mit regelmäßiger Geometrie ist ferner im Sucher zu sehen, dass das Tamron-Tele am langen Ende kissenförmig verzeichnet. Auf den Aufnahmen bleibt davon glücklicherweise nichts übrig.

Kater Scotty mit Tamron 70-180mm

In der Regel zeichnet das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD ein ansprechend weiches Bokeh. Lediglich Spitzlichter im Unscharfen erhalten einen etwas harten Rand.

Keine Kompromisse geht das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD in Sachen Bokeh ein. Bildbereiche im Unscharfen zeichnet es bis etwa F4 wunderbar weich, Spitzlichter außerhalb der Fokusebene gibt das Objektiv mit einem nur leicht ausgeprägten Kontrastrand wieder. Das Bokeh beim Tamron-Tele hat mir jedenfalls besser gefallen als beim kleinen Sony FE 70-200 mm F4 G OSS. Das deutlich teurere Sony FE 70–200 mm F2.8 GM OSS kann beim Bokeh indes seine spezielle XA-Linse ausspielen. Damit übertrifft es die Tamron-Alternative insbesondere bei kontrastreichen Vorder- und Hintergründen deutlich.

Derzeit gibt es kein 2,8er Tele-Zoom für Kleinbild, dass derart leicht und kompakt ist, wie das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD. Da nimmt man das Objektiv doch gerne mit auf einer Wanderung oder Radtour.

Mein Fazit

Keine Frage: Mit dem des 70-180mm F/2.8 Di III VXD liefert Tamron ein Telezoom ab, das auf bislang einzigartige Weise eine hohe Lichtstärke mit sehr kompakten Maßen und geringem Gewicht kombiniert. Da ist es fast schon schade, dass es dieses Objektiv nur für Spiegellose von Sony gibt.

Doch für wen das Leichtgewicht über alles geht, der geht auch Kompromisse ein. Etwa bei der Ausstattung, die sparsam, ja fast schon spartanisch ist. Insbesondere einen AF-/MF-Umschalter am Objektiv habe ich vermisst, denn der wirklich brauchbare Makro-Modus funktioniert nur bei abgeschaltetem Autofokus.

Bei den Kernkompetenzen gibt sich bereits das Vorserienmodell des Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD keine Blöße: Die Bildqualität ist einwandfrei, die Bokeh-Wiedergabe hat mir ausgesprochen gut gefallen. Der Autofokus arbeitet nahezu lautlos, er ist schnell und zuverlässig.

Das Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD hat also eine Menge zu bieten – trotz der einen oder anderen Ausstattungslücke. Schade nur, dass es mit einem Straßenpreis von derzeit rund 1500 Euro recht kostspielig ist.

PRO

  • hohe Lichtstärke
  • sehr leicht & kompakt
  • nahezu lautloser, ziemlich schneller Autofokus
  • pfiffiger Makromodus

CONTRA

  • kein Bildstabilisator
  • kein AF-/MF-Umschalter
  • Innentubus fährt beim Zoomen aus

Technische Daten: Tamron 70-180mm F/2.8 Di III VXD

ModellA056
Brennweite70‐180 mm
LichtstärkeF/2.8
Bildwinkel (diagonal)34°21'–13°42' (Kleinbildformat)
Optische Konstruktion19 Elemente in 14 Gruppen
Kürzeste EinstellentfernungAF: 0,85 m (gesamter Zoombereich)
MF: 0,27 m (Weitwinkel), 0,85 m (Tele)2
Max. AbbildungsmaßstabAF: 1:4,6 (Tele), MF: 1:2 (Weitwinkel) / 1:4,6 (Tele)2
Filtergrößeø 67 mm
Max. Durchmesserø 81 mm
Länge4149 mm
Gewicht810 g
Blendenlamellen9 (kreisrunde Öffnung5)
Kleinste BlendeF/22
Zubehör (im Lieferumfang)Streulichtblende (tulpenförmig), Objektivdeckel
AnschlüsseSony E-Mount
1) Im Vergleich zu AF-Wechselobjektiven mit Lichtstärke F/2.8 (Stand: Februar 2020; Quelle: Tamron)
2) Die kürzeste Einstellentfernung von 0,27 m bei 70 mm steht nur im MF-Modus der Kamera zur Verfügung. Unter Umständen wird die Fokuseinstellung durch eine Verminderung der Abbildungsleistung in den Randbereichen erschwert. Weitere Informationen: https://www.tamron.jp/en/support/guide/closeup.html (Englisch).
3) Funktionsumfang abhängig vom Kameramodell. Weitere Informationen im Kamerahandbuch (Stand: Januar 2020).
4) Die Länge bezeichnet den Abstand von der Frontlinse bis zur Bajonettauflage.
5) Die Blendenöffnung ist bis um zwei Stufen abgeblendet nahezu kreisrund.