Eine Fotosafari ins Makutsi-Reservat steht auf dem Programm, und da soll natürlich ein Stativ mit. Leicht soll es sein, stabil natürlich auch. Zudem soll das Reisestativ die Urlaubskasse nicht zu sehr belasten. Anforderungen, die das Befree Advanced M-Lock Carbon von Manfrotto auf den ersten Blick zu erfüllen scheint. Ob die knapp 320 Euro für das Dreibein inklusive Kugelkopf da eine gute Investition sind? Peter Wenger hat’s für photoscala ausprobiert.

Auf eine Fotosafari geht es, nach Südafrika ins Lowveld nahe dem Kruger Park auf die Makutsi Safari Farm. Dass da lange Teletüten mit in den Fotorucksack kommen – keine Frage. In meinem Fall sind es die Sony Alpha 99 II mit dem 70–400 mm F4–5,6 G SSM II (Gewicht der Kombi: ca. 2600 Gramm) sowie die Alpha 6400 mit dem FE 200–600 mm F5,6–6,3 G OSS (rund 2800 Gramm Gesamtgewicht). Und keine Frage auch, dass ein passendes Stativ mit ins Gepäck soll.

Löwe

Bei gut 900 Millimeter Brennweite (wie hier) hilft ein stabiles Stativ sehr, das Motiv im Sucher zu halten und unverwackelte Fotos aufzunehmen.

Meine Anforderungen an ein Reisestativ

Meine Anforderungen an das Safari-Stativ: Leicht soll es sein, damit ich beim Bushwalk nicht zu sehr ins Schwitzen gerate. Und gleichzeitig stabil genug, um auch noch bei 900 Millimeter oder gar 1200 Millimeter kleinbildäquivalenter Brennweite (beim Einsatz eines Telekonverters) verwacklungsfreie Aufnahmen zu ermöglichen. Das kommt schon fast dem Versuch einer Quadratur des Kreises nahe. Um es nicht zu kompliziert werden zu lassen, waren mir Daten wie die maximale Arbeitshöhe oder Zahl der Beinsegmente nicht ganz so wichtig.

Links: Das Befree Advanced M-Lock Carbon (hier die Alu-Ausführung) wiegt nur 1,25 Kilo. Rechts: Die Beine lassen sich für den Transport platzsparend um 180 Grad über die Kopfplatte klappen. (Fotos: Manfrotto)

Alles in Allem schien mir das Befree Advanced M-Lock Carbon von Manfrotto einen guten Kompromiss zwischen allen meinen Anforderungen zu bieten. Es wiegt gerade einmal 1,25 Kilo bei einer Tragkraft von maximal acht Kilo. Das Packmaß ist mit 41 Zentimeter sehr klein, allerdings konnte Manfrotto die kompakte Bauweise nur durch vier Beinsegmente realisieren. Und die maximale Arbeitshöhe reicht mir mit 150 Zentimeter (bei ausgefahrener Mittelsäule) gerade so aus.

Verarbeitung

Das Befree Advanced M-Lock Carbon ist sehr gut verarbeitet. Die Verschlüsse lassen sich mit einer viertel Drehung öffnen beziehungsweise schließen.

Rund 320 Euro kostet das Befree Advanced M-Lock Carbon. Es gibt sicherlich günstigere Angebote (auch von Manfrotto). Dafür ist das Reisestativ aus Norditalien tadellos verarbeitet: Beine und Mittelsäule bestehen aus Karbon, für die Verschlüsse und Verbinder setzt Manfrotto Aluminium ein. Die Drehverschlüsse für die Beine öffnen und schließen sich mit einer viertel Umdrehung. Kurzum: Alles macht einen soliden und langlebigen Eindruck, da klappert und wackelt nichts.

Stabil genug?

Wie fest steht das Befree Advanced M-Lock Carbon, wenn ich es mit bis zu 2,8 Kilo belaste? Stabilisiert es auch dann noch hinreichend, falls ich mit 1200 Millimeter Brennweite fotografiere? Das wollte ich bereits vor dem Einsatz in Südafrika wissen.

Für meinen Vorabtest habe ich das Sucherbild meiner Spiegellosen 11fach vergrößert – genug, um auch das leiseste Zittern noch zu erkennen. Und dennoch vergeht nur ein kurzer Moment, bis nach dem Zoomen oder dem Ausrichten der Kamera das Sucherbild wieder fest wie angenagelt steht. Gestoppt habe ich die Zeit nicht, aber länger als eine Sekunde hat es sicherlich nicht gedauert.

Fernauslöser

Der Fernauslöser gehört fix zu meiner Stativausrüstung

Da meine Sony-Kameras beide ohne Schwingspiegel auskommen, kann ich leider nicht sagen, ob und wie sehr das Befree Advanced M-Lock Carbon den Spiegelschlag einer DSLR dämpft. Nicht vollständig immun ist das recht leichte Stativ allerdings gegen das Betätigen des Auslösers. Bei Telebrennweiten ab 400 Millimeter habe ich dann doch lieber per Kabel ausgelöst, um Verwacklungen zu vermeiden. Alternativ kann der Selbstauslöser mit zwei Sekunden Vorlaufzeit für verwacklungsfreie Fotos sorgen.

Unterwegs in Südafrika habe ich es in der Regel vermieden, die untersten, besonders dünnen Beinelemente auszuziehen. Auch die Mittelsäule verblieb bei mir meist in der Transportstellung. Zwei Maßnahmen, die dem Stativ zusätzliche Standfestigkeit verleihen. Für mich war das meist problemlos möglich, da ich vom Ansitz aus fotografiert habe und nicht auf die größtmögliche Arbeitshöhe angewiesen war.

Auch auf den Kopf kommt es an

Das Manfrotto Befree Advanced M-Lock Carbon kam mit dem passenden Kugelkopf Typ 494 zu mir. Passend deshalb, weil der Kopf derart schmal gehalten ist, dass er problemlos zwischen die für den Transport um 180 Grad geschwenkten Beine passt. Dem Kopf ist die sehr kleine und flache Schnellverriegelungsplatte 200 PL Pro beigefügt. Die ist so herrlich flach, dass man die Kamera mit montierter Platte mal schnell in eine enge Tasche oder einen knapp bemessenen Rucksack stecken kann. Ich finde das ist eine sehr schöne und praktische Weiterentwicklung der Wechselplatte 200PL.

Der Kopf hat eine Friktionskontrolle, damit die Kamera unabhängig von ihrem Gewicht mit gleichbleibendem Widerstand feinfühlig und genau ausgerichtet werden kann. Mit ist es jedoch nicht gelungen, eine Einstellung für die Friktion zu finden, bei der der Kugelkopf einerseits weich und ohne Ruckeln läuft, anderseits die Kamera noch einen gewissen Halt hat.

Flusspferd

Das Flusspferd, eines der gefährlichsten Tiere Afrikas. Gut, wenn da der Fotograf mit einem langen Tele und festen Stativ gebührend Abstand halten kann.

Und noch eine andere Schwierigkeit hat mir der Kugelkopf (systembedingt) bereitet: Ständig ist mir mit ihm meine Kamera aus dem Horizont gekippt, wenn ich sie nur ein wenig schwenken oder neigen wollte – etwa um ein Tier in der Ferne anzupeilen. Da ich keine Lust hatte, bei all diesen Aufnahmen den Horizont in der Bildbearbeitung zu begradigen, habe ich mich nach Alternativen zum mitgelieferten Kugelkopf umgesehen.

Perfekt für lange Telebrennweiten ist natürlich ein Gimbal. Mir war diese Lösung jedoch zu sperrig und zu kostspielig. Stattdessen habe ich mich für den Fluid-gedämpften Zweige-Wege-Neiger Befree Live Fluid Videokopf (knapp 100 Euro), ebenfalls aus dem Manfrotto-Regal, entschieden. Den Video-Neiger gibt es übrigens auch mitsamt dem Stativ Befree Advanced M-Lock Carbon im Kit (Befree Live Kit Twist Carbon, rund 350 Euro)

Der Video-Neiger Befree Live Fluid hat mir einen ausgewachsenen Gimbal ersetzt.

Der ist zwar eigentlich für Videoaufnahmen gedacht, hat sich jedoch für meine Zwecke als sehr tauglich erwiesen. Da der Kopf nur um die Hoch- und Querachse bewegt werden kann, bleibt die Kamera immer parallel zum Horizont, solange auch das Stativ exakt ausgerichtet ist. Und da der Video-Neiger nur rund 70 Gramm schwerer als der Kugelkopf ist, bleibt ganz nebenbei das Transportgewicht niedrig.

Nominell hat der Video-Kopf mit vier Kilo eine geringere Belastungsgrenze als der Kugelkopf 494, für den Manfrotto eine Sicherheitszuladung von acht Kilo angibt. Das spürt man schnell, wenn man die Kamera mit dem langen Tele neigt. Da scheint sich das schlanke Gelenk des Neigers unter der Last zu winden. Aber die Bildergebnisse sprechen eine andere Sprache. Der eingestellte Winkel steht und hält auf Anhieb ohne zusätzliche Fixierung – und zwar nicht nur für eine Aufnahme! Ich schreibe dieses angenehme Verhalten ohne Nachwippen oder sonstigem Verzug der Fluid-Dämpfung zu.

Videokopf

Auch mit dem Videokopf Befree Live Fluid macht sich das Manfrotto Befree Advanced M-Lock Carbon schlank

Fazit

Ganz klar: Ein schweres Stativ mit Gimbal kann das Befree Advanced M-Lock Carbon gepaart mit dem Befree Live Fluid Videokopf nicht ersetzen. Aber durchaus funktionieren, wenn es aufs Gewicht ankommt – und man ein paar Punkte beim Einsatz beachtet.

Mir hat das Befree Advanced M-Lock Carbon in Südafrika treue Dienste geleistet. Mehr als die 2,8 Kilogramm meiner Kamera-/Objektivkombination möchte ich ihm allerdings nicht zumuten. Und das auch nur, wenn die untersten, dünnen Beinsegmente nicht ausgezogen werden. Der im Kit mitgelieferten Kugelkopf taugt nicht so gut für Aufnahmen mit sehr langen Brennweiten – da hat sich meine Investition in den Befree Live Fluid Videokopf auf alle Fälle ausgezahlt.

Zebra-Quartett

Text und Bilder: Peter Wenger

PRO

  • sehr leicht
  • geringes Packmaß
  • hochwertige Verarbeitung
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis

CONTRA

  • volle Arbeitshöhe nur mit Abstrichen bei Standfestigkeit nutzbar
  • mitgelieferter Kugelkopf ist dem Gewicht von Kamera und ausgewachsenem Telezoom nicht gewachsen