Tetenal, der wohl bekannteste Hersteller von Fotochemie, ist insolvent und schließt zum 1. April 2019 seine Tore. Bis dahin wird weiter produziert, noch nimmt das Unternehmen Bestellungen entgegen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass es mit Tetenal weitergehen könnte, gibt es inzwischen.
Update
Die Mietarbeiterinitiative “New Tetenal” hat inzwischen ein Angebot zum Kauf abgegeben, das die Formelsammlung, die Marke und die Produktionsmittel ihre ehemaligen Arbeitergebers umfasst. Der “Insolvenzverwalter, Dr. Sven-Holger Undritz, zeigte sich (…) erfreut, das Angebot des Gründerteams (…) entgegen zu nehmen”, wie New Tetenal berichtet. New Tetenal strebt demnach weiterhin an, den operativen Betrieb zum 1 April 2019 nahtlos fortzuführen.
Ursprüngliche Meldung vom 02.02., 00:16 Uhr
Seit Mitte der Woche steht fest: Der Versuch, die Tetenal Europe GmbH zu sanieren, ist gescheitert. Das Unternehmen wird abgewickelt und nach Auslaufen der Produktion voraussichtlich zum 1. April 2019 geschlossen. Das berichtet der Branchendienstimaging + foto contact.
Seit Oktober 2018 lief der Versuch, Tetenal in Insolvenz in Eigenverwaltung zu sanieren. Dieser Versuch ist jetzt gescheitert, sowohl die Tetenal Europe GmbH wie auch die deutsche Tochtergesellschaft Tetenal Imaging Service GmbH sind zahlungsunfähig. Die ausländischen Tochtergesellschaften in England, Frankreich und Polen sind offenbar nicht direkt von der Insolvenz betroffen.
Geht damit eine Geschichte zu Ende, die im Jahr 1847 ihren Anfang nahm? Damals nahm der Drogeriegroßhändler Theodor Teichgräber Chemikalien zur Entwicklung von Collodiumplatten in sein Sortiment auf. Die Marke Tetenal gibt es seit 1910. Bekannt wurde Tetenal vor allem durch seine Entwicklungschemie wie Ultrafin.
Noch besteht eine kleine Hoffnung, dass es nicht endgültig vorbei ist mit Tetenal. Rund 40 Mitarbeiter sowie große Teile der bisherigen Führungsmannschaft haben als „New Tetenal“ eine Initiative gestartet, um in eine „neue Zukunft aufzubrechen“. Eine Initiative, die von Insolvenzverwalter Dr. Sven- Holger Undritz ausdrücklich unterstützt wird.
Vor fast 100 Jahren war Tetenal übrigens schon einmal pleite. Und konnte durch eine Auffanggesellschaft gerettet werden.
Viel Glück – möge der Neuanfang gelingen!
sehr gut recherchierter, faktenorientierter Artikel zu Situation, Ursachen und Hintergrund hier (Englisch):
https://petapixel.com/2019/02/01/a-closer-look-at-tetenal-a-photo-firm-thats-too-important-to-fail/
Moin,
gibt es denn irgend eine Möglichkeit wie man Tetenal kurzfristig helfen kann. Ein weiterleben der Marke Tetenal ist in meinem Falle im eigenen Interesse. Wenn ich dadurch die Weiterbeschäftigung sicherstellen könnte wäre mir das durchaus etwas Wert.
LG
Zukunft ? Eher was für eine Gartenlaubenproduktion hinsichtlich des schwindenden Bedarfs. Ein Hauptproblem sind die Farbentwickler und einige weitere Organika deren Herstellung von den früheren Tetenal-Lieferanten wie Merck in Darmstadt eingestellt wurde. Als Laborchemikalie wird man diese Stoffe zwar auch in Zukunft nunmehr zu Mondpreisen bekommen die den Einsatz von Farbfilmen uninteressant machen. Die Rezepturen selbst sind kein Problem, da aus der Literatur bekannt sowie von erloschenen Kodak-Patenten abzuleiten.
Zukunft? Aber ja!
Auch digitale Abzüge werden quasi auf analogem Fotopapier im RA 4 Prozess entwickelt. Tetenal ist ja mehr oder weniger an seinen Digitalprodukten "gescheitert".
Ja, analoge Fotografie und die damit zusammenhängende Industrie hat eine Zukunft. Das Problem von Tetenal ist der digitale Bereich, der durch die Massen und den damit verbundenen Preisdruck durch billige Plagiate aus China Schwierigkeiten gebracht haben. Der analoge Bereich dieser Firme ist der Bereich, der bisher immer wirtschaftlich war und in der Zukunft auch sein wird.
Das ist immerhin ein wieder wachsender Markt.
Das sehe ich auch so, auch wenn der Markt zur Zeit wieder wächst. Die analoge Fotografie wird aber eine teure Nische bleiben.
Wir haben uns angewöhnt, Dinge für teuer zu halten, weil wir alternativen viel zu billig haben können.
Mir ist die analoge Fotografie nicht zu teuer, mir ist die analoge Fotografie ihren Preis wert.
Und so geht es sogar etlichen jungen Menschen wieder. Wenn man die digitale Ausrüstung einmal wirklich fair gegen die analoge rechnet, wird man sogar feststellen, dass man für das eine unter dem Strich nicht mehr bezahlt als für das andere. Es ist ein wenig so wie mit den Fahrtkosten: Man vergleicht die Kosten einer Fahrkarte mit den Kosten des Tankens und blendet alles andere dabei aus.
Analoge Fotografie teuer, digital billig? Soviel Material konnte ich früher gar nicht verbrauchen, als dass den Verlust kompensiert, den eine Digitalkamera dann schon hat, wenn ich mit ihr nur das Fotogeschäft verlasse…
Aber wer produziert denn noch professionelle analoge Kamerasysteme? Canon? Fuji? Nikon? Olympus? Sony? Wer denn? Bis auf die Nikon F6 ist doch der gesamte analoge Horizont rabenschwarz! Mit was wollen Sie denn überhaupt noch analog fotografieren? Oder reicht Ihnen der Gebrauchtmarkt?
Der Gebrauchtmarkt ist attraktiv und liefert alles was für Analoge Fotografie benötigt wird. Von der einfachen Box bis zum Hightech-Gerät. Und es ist – angesichts des Aufwärtstrends – nicht ausgeschlossen, dass es auch wieder neue Kleinbildkameras geben wird. Film ist da!
Wer eine gebrauchte analoge Kamera kauft, ist sich oft nicht im Klaren darüber, dass oft schon die Ersatzteilversorgung nicht mehr gesichert ist, dass es immer weniger ausgebildete Kameramechaniker gibt, und dass Reparaturen analoger (mechanischer sowie elektronischer!) Kameras große Summen verschlingen können. Um dem Wieder-analog-Fotografieren Dauerhaftigkeit zu verleihen, wäre in der Tat nötig, dass wenigstens 2-3 neue Produktlinien an Systemkameras von der Industrie angeboten würden. Dazu bräuchte man Ingenieure mit Wissen, das schon zwanzig Jahre nicht mehr gelehrt und gefrag wurde. Sie haben die Hoffnung geäußert, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass das passiert. Das wäre für einen interessierten Fotojournalisten doch wirklich mal eine ausgiebige Recherche in der fotografischen Industrie wert.