Ein Objektiv, das sich über ein zweites Bajonett an der Front in Retrostellung verwenden lässt – das wäre doch einmal eine clevere Idee. Das haben sich offenbar auch Ingenieure bei Canon gedacht und genau diese Idee patentieren lassen. Sollte Canon sie realisieren, bekäme man vermutlich ein Weitwinkelobjektiv, das sich umgekehrt an die Kamera angesetzt für Abbildungsmaßstäbe von 1:1 und größer verwenden ließe.
Setzt man ein Weitwinkelobjektiv mit der Front zur Kamera an (Retrostellung), wirkt es wie eine Lupe. Gleichzeitig verkürzt sich die Naheinstellgrenze drastisch – beides Gründe dafür, warum Objektive in Retrostellung (oftmals in Verbindung mit einem Balgengerät) früher als probates und kostengünstiges Mittel für die Makrofotografie galten.
In der aktuellen Fotografie ist dieses Verfahren etwas in Vergessenheit geraten, weil sogenannte Umkehrringe ein Objektiv nur mechanisch nicht aber elektronisch adaptieren. Meist lässt sich dann nicht einmal mehr die Arbeitsblende einstellen, viele Objektive haben heute keinen Blendenring mehr.
Die Beschränkungen durch einen Umkehrring fielen weg, wenn ein Objektiv von vorneherein mit einem zweiten Bajonett an der Front ausgestattet wäre. Genau auf diese Idee sind nun Ingenieure bei Canon gekommen, wie ein dieser Tage in Japan veröffentlichtes Patent beschreibt. Durch das Frontbajonett behält ein Objektiv in Retrostellung seine volle Funktionalität bei, etwa die automatische Belichtungssteuerung. Sogar der Autofokus könnte bei einem derartigen Objektiv in Retrostellung funktionieren.
Ein Makroobjektiv kann ein in Retrostellung nutzbares Weitwinkelobjektiv nicht komplett ersetzen. Die optischen Eigenschaften von Makroobjektiven sind auf kurze Entfernungseinstellungen hin optimiert, wie überhaupt bei der Konstruktion von Objektiven der Lichtpfad als Einbahnstraße betrachtet wird. Aber wenn zum Beispiel auf Reisen das Fotogepäck klein bleiben soll, könnte mit der Idee von Canon das Makroobjektiv durchaus zuhause bleiben.
Bei der Retrostellung hat man weniger Weitwinkel benutzt, weil dadurch der Aufnahmeabstand unvorteilhaft kurz wird. Man hat eher Normal-Objektive oder längere Brennweiten benutzt. Wann man ein Objektiv, das für die bildmäßige Fotografie gerechnet ist, umgekehrt benutzt, hat man eine bessere Abbildungsleistung. Sollte man jedenfalls meist haben.
solche retro-adapter gibts für nAppel und nEi auf ebay. kein zweitgewinde nötig. ok die elektronik ist nicht dabei…
Was ist daran neu? Schon bei der Rollei SL66 ließen sich die Objektive in Retro-Stellung ansetzen, da Rollei zur Befestigung von Filtern ein Front-Bajonett verbaute und mit eben diesem Front-Bajonett ließ sich das Objektiv in Retro-Stellung ansetzen. Da die Rollei obendrein über einen Balgen fokussiert wurde (die Objektive hatten keine Einstellschnecke) konnte so mit dem 80er-Standardobjektiv ein Abbildungsmaßstab von 2:1 erreicht werden. Ohne zusätzliches Zubehör.
Die Abbildungen zeigen die für Autofokus und elektronische Blendeneinstellung erforderlichen Kontakte im Bajonett-Anschluss. Selbst wenn die Kontakte in Retro-Stellung nur dazu da wären, die Korrektheit der Fokussierung im Sucher anzuzeigen, oder andere Informationen über das in Retrostellung angesetzte Objektiv an die Kamera zu übermitteln, scheint mir das ohne jeden Zweifel neu gegenüber den erwähnten Rollei SL66-Objektiven zu sein.
Die Theorie besagt, dass Objektive so gerechnet sind: größerer Abstand vor der Linse (zum Objekt), kleinerer Abstand hinten (zum Film) = optimale Abbildungsleistung. Bei 1:1 sind beide Entfernungen gleich, bei größeren Maßstäben sogar umgekehrt. Und hier greift der Umkehrring, indem er die Abstandsverhältnisse zugunsten besserer Abbildungsqualität wieder zurechtrückt. Was der Umkehrring nicht oder allenfalls geringfügig macht : Den "Auszug" verändern, der für den Abbildungsmaßstab entscheidend ist. Dazu braucht man eine lange Einstellschnecke (wie beim echten Makroobjektiv, nicht die Makroeinstellung beim Zoom), Zwischenringe oder Balgengeräte (alternativ auch Vorsatzlinsen, die bei feststehendem Auszug die Brennweite verändern).
Es gibt übrigens Umkehrringe für Canon, welche das Objektiv auch elektronisch koppeln (Novoflex EOS-Retro). Das nur nebenbei…
Und was macht die Konkurrenz jetzt angesichts dieser bahnbrechenden Erfindung? Vielleicht patentiert Nikon bald ein Objektiv mit Filtergewinde an beiden Enden…
Man könnte ja auch zwei Gehäuse an das Objektiv hängen.
Wäre zwar unsinnig, aber konsequent.
JA! Für lichtlose Simultan-Makro-Aufnahmen der beiden Sensoren! Auf die 100.000stel Sekunde exakt getimt. Die Idee lasse ich mir jetzt gleich patentieren! 🙂