Mit dem FE 24-70mm F2.8 GM hat Sony im Frühjahr ein Standardzoom für die Alpha-7-Familie herausgebracht, das sich vor allem auch durch sein hervorragendes Bokeh sowie hoher Leistung im Gegenlicht auszeichnen soll. Zwei Eigenschaften also, die das Objektiv interessant für Porträt- und Ganzkörperfotos machen. photoscala-Autor Andreas Schmidt hat es in seine Fototasche gepackt und zehn Tage lang auf Mallorca Models mit dem FE 24-70mm F2.8 GM fotografiert. Hier ist sein ganz persönlicher Erfahrungsbericht.
Mitte September war ich für zehn Tage auf Mallorca. Mit dabei: drei Models, das Sony FE 24-70mm F2.8 GM sowie meine Sony Alpha 7R mitsamt Hochformatgriff. Alle Aufnahmen sind mit dieser Kamera entstanden; wie immer bei mir im RAW-Format, die ich in Capture One entwickelt habe. Für das neue Standardzoom von Sony habe ich mich auch deshalb entschieden, weil ich mir davon höchstmögliche Flexibilität versprochen habe.
Wie sehr das Objektiv verzeichnet oder vignettiert, kann ich nicht sagen. Denn ich habe stets in der Kamera und in Capture One die automatische Objektivkorrektur aktiviert. Der RAW-Konverter von Phase One erlaubt nicht nur die Korrektur von Verzeichnung und Vignettierung, sondern korrigiert zudem den Schärfeabfall zu den Ecken – was für meine Aufnahmen hier sicher ohne Bedeutung ist. Architektur- und Landschaftsfotografen sollten das allerdings im Hinterkopf behalten.
Handling und Verarbeitung
Das Sony FE 24-70mm F2.8 GM ist groß (82 mm Filterdurchmesser) und recht schwer (886 Gramm laut Sony). Dennoch lässt es sich damit an der Alpha 7R mitsamt Hochformatgriff auch mehrere Stunden lang angenehm arbeiten. Auf jeden Fall besser als mit meinem Zeiss Milvus 1,4/85 mm, das bei annähernd gleicher Größe nochmals 300 Gramm schwerer ist. Ohne den Hochformathandgriff wäre mir das Kameragehäuse für ein derart schweres Objektiv dann aber doch zu klein.
Die Sonnenblende wird über eine Art Bajonett aufgesetzt. Das klappte solange wunderbar, bis sich am Strand irgendwie ein Sandkorn in die Führung verirrt hatte. Dann wurde es fummelig (aber nach einiger Putzerei war alles wieder gut). Schön ist auch, dass sich die Blende zum Transport rückwärts aufsetzen lässt – das spart Platz in der Fototasche.
Gut gefallen hat mir, wie weich und mit angenehmem Widerstand der Zoomring läuft. Das gilt leider nicht für den Fokusring. Er übermittelt nach dem Prinzip „focus by wire“ lediglich Stellbefehle an den Fokusantrieb, wodurch sich ein eher indirektes Gefühl beim manuellen Scharfstellen ergibt.
Mich hat das allerdings nicht gestört, denn ich habe ausschließlich den Autofokus verwendet. Der stellt nahezu lautlos scharf und ist für die Arbeit mit Models schnell genug – solange diese stehen. Läuft das Model dagegen auf mich zu, stellt die Kamera nicht immer schnell genug scharf. Das dürfte indes eher dem nicht mehr ganz zeitgemäßen AF der Alpha 7R geschuldet sein und weniger dem Objektiv.
Schärfe und Details
Mein Sujet bringt es mit sich, dass ich keine Aussagen zur Schärfe in den Ecken oder auch nur in den Randbareichen treffen kann. Zudem habe ich das FE 24-70mm F2.8 GM beim Modelshooting nur im Brennweitebereich von 50 bis 70 Millimeter verwendet; wie es sich bei kürzeren Brennweiten schlägt, kann ich ebenfalls nicht sagen. Man darf aber davon ausgehen, dass das Objektiv da in Sachen Schärfe und Detailwiedergabe kaum schlechter ist als in meinem Fall, nämlich hervorragend. Dazu ein Beispiel:
Das Bild ist weitgehend unbearbeitet, ich habe lediglich in Capture One via Fleckentfernung einige Pickel beseitigt. Die 100%-Ausschnitte zeigen, dass das Objektiv am langen Ende etwas weich ist, aber mit ein wenig Nachschärfen (hier Klarheit 30, Struktur 25 selektiv auf die Augen) lässt sich das leicht korrigieren. Ab Blende 4 sind derartige Nachbehandlungen nicht erforderlich.
Bokeh
Sony wirbt ausdrücklich damit, dass die Objektive der GM-Serie für ein „schönes“ Bokeh optimiert seien. Dazu werden unter anderem die Asphären bei hoher Hitze gepresst, was ihnen gegenüber geschliffenen Linsen eine deutlich glattere Oberfläche verleiht. Je glatter die Oberfläche der Linsen ist, desto geringer ist die Gefahr, dass Spitzlichter außerhalb der Fokusebene den sogenannten Zwiebelring-Effekt zeigen.
Positiv aufgefallen ist mir, dass in der Bildecke die Unschärfekreise selbst bei offener Blende fast rund bleiben – das Objektiv zeigt also keinen Katzenaugeneffekt. Auch die bei asphärischen Linsen häufig anzutreffenden Zwiebelringe treten nicht auf.
Derart weich und cremig wie das Sony FE 85 mm F1.4 GM gibt das Zoom FE 24-70mm F2.8 GM das Bokeh indes nicht wieder. Es zeigt durchaus Strukturen in den Unschärfekreisen, wodurch diese etwas fleckig wirken. Dazu haben die Unschärfekreise einen markanten hellen Rand (im linken Ausschnitt besonders gut zu sehen). Beides führt dazu, dass das Bokeh leicht unruhig wird. Mit etwas Nachbearbeitung (Klarheit selektiv negativ setzen) lässt sich das für solche Motive nachbessern – oder man wählt gleich einen weniger unruhigen Hintergrund.
Gegenlicht
Bei einem Großteil meiner Aufnahmen „on location“ platziere ich die Sonne mehr oder weniger hinter dem Model und helle von vorne mit einem Reflektor auf. Gegenlicht darf daher die Leistung eines Objektivs möglichst wenig beeinträchtigen.
Das FE 24-70mm F2.8 GM schlägt sich in dieser Hinsicht wacker. Solange die Sonne auch nur minimalst außerhalb des Bildausschnittes bleibt, gibt es keinerlei Effekte wie Ghosting oder Flares, zudem bleibt die Kontrastwiedergabe hoch. Dies ist insbesondere beachtlich, weil bei den eingesetzten längeren Brennweiten die Effektivität der Sonnenblende (die naturgemäß auf 24 Millimeter Brennweite ausgelegt sein muss) eingeschränkt ist.
Gerät die tiefstehende Sonne mit ins Bild, wendet sich das Blatt jedoch unter Umständen. Die beiden folgenden Beispiele, bei denen die Sonne ist jeweils direkt oberhalb der Bäume stand, mögen das verdeutlichen:
Beim Foto links zeigen sich lediglich ein paar kleine Sonnenflecken im Wasser vor Serena. Beim rechten Beispielbild kommt es dagegen oberhalb von Jana zu einer recht wilden Fleckenansammlung. Kontrast und Schärfe bleiben in beiden Fällen beachtlich hoch – vor allem auch in Anbetracht der gemein positionierten Sonne.
Mein Fazit
Unterm Strich hat mich das FE 24-70mm F2.8 GM bei seinem Einsatz auf Mallorca überzeugt. Etwa drei Viertel meiner Aufnahme sind damit dem entstanden, nur für die restlichen 25 Prozent habe ich das Zeiss Milvus 1,4/85 an meine Alpha 7R angesetzt. Ausschlaggebend dafür war sicherlich auch die deutlich höhere Flexibilität des Zoomobjektivs. Und natürlich der Autofokus, der dem Milvus fehlt – er ermöglicht einfach deutlich spontaneres Arbeiten als das manuell zu fokussierende Zeiss. Dass darüber hinaus auch noch die optische Leistung beim neuen GMaster-Zoom von Sony stimmt, rundet für mich das Bild positiv ab.
Die Schärfe bei 70mm finde ich enttäuschend. Für Portrait natürlcih Ok, aber für Blende 2,8 und für den Preis?
habe ich bei canon allerdings auch schon deutlich schlechter erlebt
Dem Ingenieur ist nix zu schwör. Bei der Länge der Optik könnt man schon meinen, dass man es mit einem ausgewachsenen Portraitzoom zu tun hat. Aber bei so überzeugenden Motiven …
so lange kein Hersteller ein 2.8/24-90 mm oder 2.8/28-105 mm hinbekommt ist das alles nur Notbehelf.
Die Kombi aus 1.4/35 mm und 1.4/85 mm ist in jedem Fall die spannendere Alternative und immer in der BQ überlegen.
Hmm… Und diese Motive konnte man jetzt ausschließlich mit einem über 2000 Euro teuren Zoom ablichten? Irgendwie kommt bei mir der Kaufanreiz einfach nicht rüber. Zumal ich auch in dem nachgeschärften 100 Prozent-Ausschnitt keine überzeugende Schärfe erkennen kann. Ungeachtet dessen, dass es im Porträt ja nicht unangenehm technisch, knackig scharf sein soll/muss. Aber dafür über 2000 Euro? Nein Danke! Zwei kompakte Festbrennweiten plus „Turnschuhzoom“ hätten es hier locker getan…