Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen junger deutscher Fotografie will der Nachwuchsförderpreis „gute aussichten“ aufspüren. Die Arbeiten der diesjährigen sieben Preisträger/innen sind derzeit in Herford zu sehen:
Svetlana Mychkine, aus der Serie „zuckerblau“
Presseinformation von Marta Herford:
gute aussichten
junge deutsche fotografie 2012/2013
„Deutschlands renommiertester Wettbewerb für junge Fotografen“ (Der SPIEGEL) .
Bereits zum zweiten Mal präsentiert Marta Herford die Gewinner des renommierten Nachwuchsförderpreises für zeitgenössische Fotografie. Die Auswahl der sieben PreisträgerInnen eröffnet erneut einen Blick auf aktuelle Entwicklungen und Tendenzen dieser Disziplin. Während die „junge deutsche fotografie 2012/2013“ am 21. Januar 2013 auf internationale Tournee geht, bietet Marta Herford seinen Besuchern mit „zoom“ als Fortsetzung noch bis zum 17. Februar ein einzigartiges, interaktives Ausstellungsprojekt zu Fragestellungen der gegenwärtigen Fotografie.
Ihren Auftakt nimmt die Wanderausstellung wie bereits vor zwei Jahren im Marta Herford. Vom 24. November 2012 bis zum 20. Januar 2013 zeigt das Museum die Abschlussarbeiten von sieben herausragenden AbsolventInnen des Fotografiestudiums: Henning Bode, Susann Dietrich, Saskia Groneberg, Svetlana Mychkine, Nicolai Rapp, Fabian Rook und Jakob Weber.
Susann Dietrich, aus der Serie „Das Singen der Perlmutt-Zirpe“
Mit diesem besonderen Blick auf die zeitgenössische Fotografie setzt Marta Herford eine grundlegende Tradition seiner Ausstellungspraxis fort. Die prämierten Arbeiten präsentieren sich im Museum nicht nur als Werke an der Wand, sondern sprengen den Rahmen einer klassischen Fotoausstellung. Mit Zeichnungen, Objekten und Skulpturen bis hin zu Installationen werden die Grenzen des Mediums überwunden.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt zeigt sich in der Auseinandersetzung mit der Problematik des modernen Menschen, sich eine zunehmend komplexer werdende Realität anzueignen und die eigene, subjektive Wahrnehmung mit einer gemeinschaftlichen in Einklang zu bringen. Die aktuellen gesellschaftlichen Zustände bilden die jungen Künstler in ihren Werken auf sehr kreative Weise ab. Einige von ihnen haben ganz eigene Formen der Klassifizierung und Archivierung von Informationen und Gegenständen entwickelt. DieständigeVeränderung und Umdeutung dieser Speicherobjekte reflektieren sie in ihren Arbeiten kritisch.
Nicolai Rapp, aus der Serie „Dead White Men’s Clothes“
Am 21. Januar 2013 wandert„gute aussichten“ in dieHamburger Deichtorhallen weiter und von dort ausnach Übersee in dieGoetheInstitute vonWashington DC, Boston und Chicago. Im Marta Herford übernehmen mit dem neuartigen Projekt „gute aussichten zoom“ direkt im Anschlussdrei international bekannte Preisträger der vergangenen Jahre die Ausstellungsräume: Monika Czosnowska, Ingo Mittelstaedt und Markus Uhr verwandeln die Lippold-Galerie gemeinsam mit der Marta Museumspädagogik in ein interaktives Erfahrungslabor zu zentralen Fragen der Fotografie und ihren Präsentationsmöglichkeiten.
Der jährlich stattfindende Wettbewerb „gute aussichten junge deutsche fotografie“ richtet sich an Absolventen des Fotografiestudiums an deutschen Hochschulen und Akademien und wurde 2004 von Josefine Raab und Stefan Becht gegründet. Das private Nachwuchsförderungsprojekt bietet eine breite Zusammenschau der aktuellen Entwicklungen in der Fotografie des jeweils vergangenen Jahres. Im neunten Jahr des Wettbewerbs erreichten die Veranstalter 108 Bewerbungen aus 40 Hochschulen. Mitglieder der sechsköpfigen Jury, der neben Vertretern aus dem Kunst- und Kulturbetrieb immer auch ein renommierter Künstler angehört, waren in diesem Jahr: Luminita Sabau (ehemalige Leiterin der Kunstsammlung der DZBank, Frankfurt am Main), Josefine Raab (Kunstwissenschaftlerin und Gründerin von "gute aussichten", Neustadt/Weinstrasse),Dr. Ludger Derenthal (Leiterdes Museums für Fotografie, Berlin), Mario Lombardo (ArtDirector, Bureau Lombardo , Berlin), der international renommierte Fotograf und Künstler Thomas Struth (Berlin/Düsseldorf) sowie Ingo Taubhorn(Kurator am Haus der Photographie, Deichtorhallen, Hamburg).
Weitere Informationen zum Wettbewerb finden Sie unter www.guteaussichten.org
Henning Bode, aus der Serie „Die Kinder des King Cotton“
Die Preisträger
HENNING BODE | Die Kinder des King Cotton
Fachhochschule Hannover
King Cotton steht als Synonym für die vom Baumwollanbau geprägten Südstaaten Amerikas vor dem Bürgerkrieg (18611865). Henning Bode dokumentiert in eindringlichen Aufnahmen Leben, Kultur und Wesen der Bewohner des ländlich geprägten Mississippi-Deltas, die nach wie vor überwiegend in prekären sozialen Verhältnissen leben.
SUSANN DIETRICH | Das Singen der Perlmutt-Zirpe
Hochschule für Bildende Künste (HBK) Braunschweig
Sammeln, Aufbewahren, Erinnern, Transformieren und Präsentieren sind die theoretischen Eckpfeiler in Susann Dietrichs künstlerischem Wirken. Die junge Fotografin thematisiert den ständigen Prozess der Verwandlung und Umdeutung ihres ganz persönlichen Archivs, das aus ungewöhnlichen Aufbewahrungssystemen, grafischen Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen und Fundstücken besteht.
Saskia Groneberg, aus der Serie „Büropflanze“
SASKIA GRONEBERG | Büropflanze
Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Die Büropflanze als anarchistischer Gegenpol zu einer Arbeitswelt, die den Angestellten ihren eigenen Rhythmus und ihre eigenen Regeln aufzwingt in ihrer fotografischen Studie präsentiert Saskia Groneberg ein ganz eigenes botanisches Klassifikationssystem.
SVETLANA MYCHKINE | zuckerblau
Fachhochschule Dortmund
Svetlana Mychkine dokumentiert in ihrer Serie „zuckerblau“ die bis heute wahrnehmbaren Auswirkungen des Sozialismus in russischen Waisenhäusern. Die ernsten Kinderporträts veranschaulichen den Kontrast zwischen Einsamkeit und Isolation einerseits und dem ständigen Anspruch auf Kollektivismus andererseits.
NICOLAI RAPP | Dead White Men’s Clothes
Fachhochschule Bielefeld
Sechs prall gefüllte Ballen auf weißem Grund:Nicolai Rapp thematisiert in seiner Serie den ambivalenten Charakter eines verhüllten Objektes, das die (voyeuristische) Neugier des Betrachters zwar erregt, seinen Inhalt jedoch nicht willenlos preisgibt. Was nach beinahe minimalistische Skulpturen aussieht, sind in Wahrheit Hilfspakete mit getragener Kleidung für afrikanische Staaten, die in der Vorstellung der Empfängernur von toten Weißen stammen können.
Fabian Rook, aus der Serie „Desktop Evidence“
FABIAN ROOK | Desktop Evidence
Muthesius Kunsthochschule Kiel
Krisengebiete in Mexiko, Japan und dem Nahen Osten erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass Fabian Rook Landschaftsaufnahmen von Google Streetview in der Ästhetik amerikanischer Fotografen wie Joel Sternfed und Stephen Shore zu einer unwirklich und bedrohlich wirkenden Scheinrealität arrangiert hat.
JAKOB WEBER | In Gegenwart
Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim
Jakob Weber beschäftigt sich in einer kontrastiven Gegenüberstellung von Unglücks- und Alltagsorten mit der Frage, wie Katastrophennachrichten von Individuen wahrgenommen und erinnert werden und welche Auswirkungen sie auf das eigene Leben haben.
Jakob Weber, aus der Serie „In Gegenwart“
Ausstellung:
gute aussichtenjunge deutsche fotografie
24. November 2012 bis 20. Januar 2013
gute aussichten zoom
21. Januar 17. Februar 2013
Marta Herford
Lippold-Galerie in der 1. Etage
Goebenstraße 2-10
32052 Herford
Öffnungszeiten
DiSo und an Feiertagen 11-18 Uhr, jeden 1. Mi im Monat 11-21 Uhr
Katalog:
210 Seiten, durchgehend vierfarbig, ca. 300 Abbildungen, deutsch / englisch, herausgegeben von Stefan Becht und Josefine Raab, richter|fey verlag
Preis: 19,99 Euro
(thoMas)
Frischer Wind
und interessante Sehweisen …
Danke für den Tip
Gau
…
würde gerne mal wissen, was die ausstellung für die Preisträger/innen so kostet. Auch die sonstigen Konditionen sollen ja alles andere als vorteilhaft für die Preisträger/innen sein.
Hauptsache bekannt
Tja, in Zeiten von Facebook, like it-Button und print-on-demand-Biographien ist Dabeisein wohl die Hauptsache für die Teilnehmer solcher Wettbewerbe. Der größte Teil der “Neutalentierten” wird aber wie ne Sternschnuppe verglühen, da sie nie gelernt haben, eine eigene Handschrift oder Sichtweise zu entwickeln oder sie landen – noch schlimmer – in irgendwelchen Agenturen, um sich dann als Artdirector wichtig zu machen.