Der heiße Buch-Herbst hat uns im Griff. Fotobücher stapeln sich wir stellen die schönsten vor. Dazu treibt es uns noch in Ausstellungen in Hamburg, Toronto und Berlin
Aus „Metsästä“ von Anne Golaz
In den vergangenen Monaten lässt sich ein Trend in der Fotokunst erkennen. Immer öfter begegnen wir Bildern, die Wälder zeigen, unheimliche Bilder, deren Protagonisten in der Natur agieren, suggestive Szenerien zwischen Traum und Wachen. So ist es auch mit dem Buch „Metsästä“ von Anne Golaz, das gerade im Kehrer-Verlag erschienen ist. Das in finnischen Wäldern fotografierte Buch erzählt teilweise schauerliche Geschichten es ist ein herrliches Bilderbuch für lange Herbstabende, eine unheimliche Entdeckungsreise einer noch jungen Fotografin, von der man noch einiges hören wird.
Aus „Haboob“ von Andrew Phelps
Eine Entdeckungsreise anderer Art unternimmt Andrew Phelps, dessen Werk derzeit auch in der Galerie Robert Morat in Hamburg vorgestellt wird. Sein neuer Band „Haboob“ knüpft an seine Fotoserie „Higley“ an, die 2007 ebenfalls im Kehrer Verlag erschienen ist. Nur einige Jahre später zeigt der Fotograf einen vollkommen veränderten Ort, in dem die Finanz- und Immobilienkrise den Bauboom beendet hat durch den „Haboobs“, Wüsten-Stürme, wehen. Was bleibt vom „American Dream“ übrig fragt Phelps und liefert die Antwort gleich mit. Fast nichts.
Immer wieder haben wir auf das Werk von Jürgen Schadeberg hingewiesen, dessen neuer Band „Zu Besuch in Deutschland“ Bilder aus den Jahren 1942 bis 2012 zusammenbringt. Mit nur 11 Jahren hat Schadeberg das erste Foto angefertigt, das hier gedruckt ist ein Bild aus einem Berliner Luftschutzkeller, das eine Szene zwischen Angst und Lebensfreude einfängt. Es macht Spaß, durch dieses Buch zu blättern, denn es ist ein Gang durch die deutsche Geschichte bis in die heutige Zeit. Tanzende Paare in „Clärchens Ballhaus“ in Berlin hat Schadeberg gerade erst fotografiert: 70 Jahre Fotografie in Deutschland kommen hier zusammen.
David Drebin, Flasher, 2002
C-Print, 122 x 177,6 cm
© + Courtesy David Drebin
Andreas Mühe,, Springer 1 (aus der Serie Olympisches Dorf), 2009
Museo Silver Rag, 140 x 110 cm
© Andreas Mühe; Courtesy Studio Mühe
Isaac Julien, Glass House, Prism (Ten Thousand Waves), 2010
Fujitrans in LED-Lichtbox, je 120 x 160 x 2 cm, 2-teilig
© Isaac Julien Courtesy Shanghart Gallery, Victoria Miro
„Im Blick: Fotografie aus der Sammlung Wemhöner“ ist ein im Kerber-Verlag erschienener Band, der eine sehr interessante Fotosammlung vorstellt. Der Herforder Heiner Wemhöner sammelt nicht nur Fotokunst, sondern auch italienische Malerei oder Skulpturen europäischer Künstler wie Mimmo Paladino, Ulrich Rückriem, Igor Mitoray, Stephan Balkenhol oder Tony Cragg und gerade diese Mischung wirkt befruchtend. Der Band stellt sehr unterschiedliche Arbeiten aus der Sammlung vor von Künstlern wie Nobuyoshi Araki, Peter Beard, Vanessa Beecroft, Larry Fink, Peter Lindbergh, Robert Mapplethorpe, Duane Michals, Andreas Mühe, Michael Najjar, Herb Ritts oder Tobias Zielony.
Immer wieder darf man sich über die im Lehmstedt-Verlag erscheinenden Fotobücher freuen. Wie jetzt auf Axel Hellers Buch, das den schlichten Titel „Photographie“ trägt. Auf 176 Seiten breitet der Fotograf seine Bilder aus, Fotografien aus aller Welt, poetische Alltagsbilder aus Indien, Rumänien, Spanien, Vietnam, Guatemala, China oder Marokko, die der Schönheit der Kulturen ein Denkmal setzen, aber auch an ihre Gefährdung erinnern. „Hellers Bilder in wohltemperiertem Schwarzweiß wollen weder aufrütteln noch etwas beweisen. Statt der vordergründigen Fixierung auf Engagement und soziales Gewissen lassen sie jedem fotografierten Moment jenen Raum, in dem die Erzählung aufhört und allein und endlich das Auge unblockiert zu sehen beginnt“, schreibt Christoph Tannert über die Bilder des in Zippelow bei Neustrelitz lebenden Fotografen.
Aus „Then and Now“ von Steve Schapiro
Ganz anders: Steve Schapiro. Sein Buch „Then and Now“, jetzt erschienen bei Hatje Cantz, zeigt Bilder aus mehr als 50 Jahren, Porträts von Martin Luther King, Muhammad Ali, Barbara Streisand, Marlon Brando, David Bowie oder Jodie Foster und Robert de Niro bekannte Star-Porträts des 1934 in Brooklyn geborenen Fotografen, aber auch ganz neue Bilder, die einen unbekannten Schapiro vorstellen. Sehr lesenswert ist auch das in dem Band abgedruckte Interview, das Matthias Harder mit ihm geführt hat. „In der Welt der Fotografie ist nichts real“, sagt Schapiro. „Vor allem darf man sie nicht mit der Wahrheit gleichsetzen.“
Den 1976 verstorbenen tschechischen Fotografen Josef Sudek muss man kaum noch vorstellen. Doch stets berührt es, seine Bilder zu sehen. Wer weit dafür reisen mag, kann das jetzt tun. Die „Art Gallery of Ontario“ in Toronto zeigt bis zum 23. Dezember sein Werk: Josef Sudek: The Legacy of a Deeper Vision. Wer nicht so weit fliegen möchte, der kann mit einem Buch vorlieb nehmen, das jetzt im Hirmer Verlag erschienen ist. „The Legacy of a Deeper Vision“ versammelt nicht nur Sudeks Bilder, sondern auch Beiträge namhafter Autoren.
Aus „Hoyerswerda“ von Stefan Boness
„Hoyerswerda“ von Stefan Boness beschäftigt sich mit dem Thema der „schrumpfenden Städte“. Der Band zeigt die einstige Modellstadt der DDR mit ihren riesigen Plattenbaukomplexen als eine heute sterbende Stadt, gespenstische Bilder verlassener Wohnhochhäuser die symbolhaft für eine Entwicklung vieler Städte in Europa und den USA stehen. „Boness ist nicht auf Effekthascherei aus oder den schnellen Moment, sondern nimmt was er vorfindet als Ausgangslage für seine Geschichte, die er in einem sehr sehr langsamen Tempo entspinnt. Ihm geht es nicht darum Anzeichen für dieses oder jenes, für Negativ- oder Positivrekorde zu finden, auch nicht darum, etwas zu konterkarrieren, sondern vielmehr darum, den Rezipienten anzuhalten die Leere, das Ungewisse, die zaghaften Spuren der dort lebenden Menschen anzusehen und zu verstehen, was Architektur, Städtebau und veränderte Rahmenbedingungen mit den Menschen machen“, so Karsten Michael Drohsel auf urbanophil.net.
Immer wieder macht es in dieser Kolumne Freude, die Grenzen der Fotografie hinter sich zu lassen. So auch jetzt. Wir empfehlen das Buch eines mit verschiedenen Romanen bekannt gewordenen Autors aus dem Ruhrgebiet, dessen frühe journalistische Texte viele Jahre vergessen waren doch nach und nach wiederentdeckt werden. Der Band „Ich schrieb mich verrückt“ versammelt Texte von Wolfgang Welt von 1979 bis 2011 das Vorwort steuerte kein Geringerer als Peter Handke bei.
Dennis Hopper, Double Standard, 1961
Location: Los Angeles, Ca USA
6,87 x 9,79 inch
© The Dennis Hopper Trust, Courtesy of The Dennis Hopper Trust
Dennis Hopper, Boy Walking in Mexico, 1961-67
Location: Mexico
9,68 x 6,49 inch
© The Dennis Hopper Trust, Courtesy of The Dennis Hopper Trust
Dennis Hopper, James Rosenquist, 1964
Location: Billboard Factory, Los Angeles, Ca USA
6,81 x 9,68 inch
© The Dennis Hopper Trust, Courtesy of The Dennis Hopper Trust
Dennis Hoppers Fotografien erfahren in den letzten Jahren eine immer größere Wertschätzung. Sein Buch „The Lost Album“ zeigt „Vintage Prints from the Sixties“: eine persönliche Werkauswahl von 1969. Bilder voller Gebrauchs- und Alterungsspuren, die sehr intim Hoppers Umfeld vorstellen. Das Buch begleitet eine Ausstellung, die noch bis zum 17. Dezember im Berliner Martin Gropius-Bau zu sehen ist (siehe auch: Dennis Hopper – The Lost Album).
Am Ende von Foto-Frisch steht wie immer eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
Diesmal empfehlen wir eine „Collectors Edition“ aus dem oben vorgestellten Buch von Andrew Phelps mit C-Print, Motiv nach eigener Wahl. Blattformat etwa 30×36 cm. In einer Auflage von 100 Exemplaren zum Preis von 112 Euro.
(Marc Peschke)
Wie immer: anregend,
Wie immer: anregend, interessant und auch ein schöner Blick über den Tellerrand. Danke.
alte Bekannte
Wie oft haben wir hier dieses Bild
“Dennis Hopper, Double Standard, 1961”
schon gesehen?
Hat jemand mitgezählt?
0 und 1
Ob der binäre Zahlencode etwas bedeutet? Ich würde es zu gerne wissen.
-O
1O Arten
Es gibt 10 Arten von Menschen, die den Binärcode verstehen und die ihn nicht verstehen.
Zitat:
Ob der binäre
[quote]Ob der binäre Zahlencode etwas bedeutet? Ich würde es zu gerne wissen.[/quote]
Gerne: Der besagt, dass Deine Knipse am 23.12.2012 den esoterischen Weltuntergang nicht überleben wird. :=)