So ganz kurz vor Weihnachten haben wir jede Menge Büchertipps für Sie. In den vergangenen Wochen sind wieder viele neue Fotobücher erschienen, die wir Ihnen hier vorstellen möchten. Außerdem geben wir wie immer auch einige Ausstellungstipps diesmal in Berlin, Ulm, München, Rom und Bielefeld:
Friedrich Seidenstücker, Ohne Titel, um 1929
© Stiftung Stadtmuseum Berlin
„Von Nilpferden und anderen Menschen“ ist der Titel eines Buches von Friedrich Seidenstücker. Auf über 300 Seiten wird das Werk des 1966 verstorbenen Berliner Fotografen vorgestellt, über den der „Tagesspiegel“ schreibt, er sei ein Vertreter eines „leichtfüßigen Optimismus“. Der Band versammelt Seidenstückers Alltagsbilder aus der Weimarer Republik bekannt wurden vor allem seine Tierstudien. Die Berlinische Galerie zeigt seine Arbeiten noch bis zum 6. Februar 2012 (siehe auch: Von Nilpferden und anderen Menschen).
Eva Besnyö, Starnberger Straße, Berlin, 1931
© Eva Besnyö/MAI Amsterdam
Ein weiterer Klassiker ist Eva Besnyö, deren Band „Budapest – Berlin Amsterdam“ gerade bei Hirmer erschienen ist. Ausgebildet in Budapest, fotografierte sie seit Anfang der 30er Jahren mit ihrer Rolleiflex in Berlin, ist also eine Zeitgenossin Seidenstückers. 1932 emigrierte die ungarische Jüdin nach Amsterdam. Sie wurde 1999 von der „Deutschen Gesellschaft für Photographie“ mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis geehrt; aktuell ist ihr im Berliner Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur eine Ausstellung gewidmet.
Jaschi Kleins neues Fotobuch heißt „Im Wind“, ist bei Kehrer erschienen und versammelt strenge Bilder ihrer Land-Art-Fotoinstallationen.
Olaf Otto Becker, Canyon of Jökulsá á Brú, 2010
Eine andere Art von Landschaftsfotografie fertigt hingegen Olaf Otto Becker, dessen neues Buch „Under the Nordic Light. Eine Zeitreise. Island 1999-2011“ wieder bei Hatje Cantz erschienen ist. Beckers Fotografien der isländischen Landschaft entstehen mit der Großformat-Kamera, stets ist er auf der Suche nach archaischen Urbildern von Landschaft, doch ohne die Spuren der Zivilisation zu verschweigen. Aktuell sind seine Arbeiten im Stadthaus Ulm und in der Galerie f5,6 in München zu bewundern.
Kevin Erskine, Supercell 1, Cheyenne Wells, Colorado, 2011
Kevin Erskines Buch „Supercell“ ist ebenfalls ein Beispiel für atemberaubende Landschaftsfotografie. Großformatige Unwetter-Aufnahmen macht der amerikanische Fotograf, Bilder von Tornados, von gewaltigen Wolkenmassen. Bilder, die von der Allmacht der Natur erzählen und ihrer Schönheit.
Sandra Kantanen, Ohne Titel, Sakura 1, 2009
Ein weiteres Buch mit Landschaftsfotografien stammt von Sandra Kantanen und nennt sich schlicht „Landscapes“. Auf der Suche nach der Essenz der Natur ist die 1974 in Helsinki geborene Fotografin, die eine Grenzgängerin zwischen den Medien Malerei und Fotografie ist und mit Verwischungen und Überbelichtungen arbeitet.
Arno Schmidt, Bei Bargfeld
Dem fotografischen Werk von Arno Schmidt ist das Buch „Arno Schmidt als Fotograf. Entwicklung eines Bildbewusstseins“ gewidmet. In dem kleinen Band versuchen Texte von Janos Frecot, Gabriele Kostas, Rainer Stamm und Thomas Weski, die Bedeutung des Schriftstellers als Fotograf zu erklären. Indes, es will nicht so ganz gelingen, denn den Schwarzweiß- und Farbaufnahmen des 1979 verstorbenen Schriftstellers fehlt in ihrer unscheinbaren Schlichtheit ein wenig die Originalität, die eigene Handschrift. So ist es wohl seinem Ruhm als Schriftsteller geschuldet, dass renommierte Austellungshäuser, aktuell die „École Normale Supérieure de Photographie“ in Arles, sein Werk in den nächsten Monaten ausgiebig vorstellen werden.
Die norddeutsche Heidelandschaft kann ein Sujet sein, doch manche zieht es in die urbanen Zentren der Gegenwart. Eine der am meisten fotografierten Städte der Welt ist in jedem Fall New York. Magnum-Fotograf Paolo Pellegrin und Stefan Pielow, der unter anderem für das Zeit-Magazin arbeitet, zeigen New York von einer eher ungewöhnlichen Seite, sie leuchten nämlich auf virtuose Weise das Miteinander von Stadt und Ozean aus. Erscheinen ist der Band „New York“ passenderweise auch im mare-Verlag, der mit auch einen Meeresblicke New York auch einen Wandkalender 2012 zum Thema aufgelegt hat.
Milton Gendel, Selbstportrait, Rome, 2008
Das vielleicht schönste Fotobuch dieses Monats stammt von Milton Gendel und trägt den Titel „A Surreal Life“. Der 1918 in New York geborene Fotograf zeigt den Glanz des italienischen Dolce Vita mit surrealen Untertönen. Seit etwa sechzig Jahren lebt Gendel in Italien und so ist der Band auch eine Hommage an ein Land, das bis heute ein Sehnsuchtsort geblieben ist. Aktuell zeigt das Museo Carlo Bilotti in Rom Fotografien von Milton Gendel.
Stanley Greenbergs neues Fotobuch heißt „Time Machines“. In diesem versammelt er seine Bilder, die in Labors von Physikern überall auf der Welt entstanden sind: eine fremdartige Welt kerntechnischer Experimente, ganz hervorragend gedruckt noch dazu.
Und nochmal Sehnsuchtsorte. Für manche sind es die alten Städte Italiens, für andere uralte Kneipen in Berlin und Brandenburg. „Berliner Jahrhundertkneipen. Lokale mit Geschichte und Geschichten“ stellt die schönsten Kneipen und Gasthäuser in der Hauptstadt vor. Holzvertäfelte Orte, teilweise noch aus der Kaiserzeit, wo sich in den vergangenen Dekaden nichts, rein gar nichts verändert hat. Ein schönes Büchlein von Clemens Füsers und Gudrun Olthoff, das aber auch ein wenig traurig macht. Denn solche Orte mit Tradition gibt es immer weniger.
Michael Eastman, Man in Arch, 1999
© Michael Eastman, courtesy of the artist and Barry Friedman Ltd., New York
Michael Eastman, Green Interior, 2002
© Michael Eastman, courtesy of the artist and Barry Friedman Ltd., New York
Ein weiterer Sehnsuchtsort ist für viele Havanna, dessen Mythos jetzt ein Fotoband von Michael Eastman nachspürt. Das bei Prestel erschienene Buch versteht sich als „Hommage an eine einzigartige Stadt“, als eine Liebeserklärung, es blendet dennoch nicht die Armut und die Kargheit des gegenwärtigen Lebens aus.
David Douglas Duncan, Pablo Picasso in der Badewanne am ersten Tag seiner Bekanntschaft mit David Douglas Duncan, Cannes 1956
Silbergelatineabzug
© David Douglas Duncan, 2011
Wenn wir an Picasso denken, dann denken wir mehr noch an dessen Kunst; vor allem an die Bilder, wie wir von dem spanischen Kunst-Titanen des 20. Jahrhunderts im Kopf haben. Zahlreiche Fotobände über Picassos Leben gibt es schon, nun gesellt sich ein weiterer hinzu. „Picasso bei der Arbeit. Durch die Linse von David Douglas Duncan“, erschienen bei Wienand, versammelt viele ungesehene Bilder des Meisters der Selbstinszenierung mit Fokus auf die letzten Schaffensjahre. Eine Ausstellung im Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster zeigt die Fotografien bis zum 15. Januar 2012. Gleichfalls noch bis zum 15. Januar ist im Kölner Museum Ludwig die Ausstellung Ichundichundich – Picasso im Fotoporträt zu sehen.
Elliott Erwitt, aus „Sequentially Yours“
„Sequentially Yours“ von Elliott Erwitt, jetzt im teNeues Verlag erschienen, ist ein weiteres Beispiel für den humorvollen Blick des Fotografen. Erwitt ist wirklich einer der ganz wenigen Fotokünstler, dessen Bilder von einem beiläufigen, ungestellten Witz zeugen, die in ihren Spontanität gefallen deren Augenzwinkern zu Herzen geht.
Veit Mette, George Condos „The Independence of Age“ (2002), in der Ausstellung „George Condo. One Hundred Women“, 2005
Ganz anders dagegen der Band „Menschen im Museum“ von Veit Mette, der gerade im Kerber-Verlag veröffentlicht worden ist. Seit Jahren schon dokumentiert der Bielefelder Fotograf die Vernissagen in der Kunsthalle Bielefeld. Ein interessantes Sujet, wie uns das Buch zeigt. „Knipser“ und „Eckensteher“ nennt sich Mette selbst, doch seine Bilder beweisen das Gegenteil sie zeugen von großer Tiefe und großem Interesse an seinen Sujets. Bis zum 15. Januar zeigt die Kunsthalle Bielefeld die Ausstellung „Veit Mette. Menschen im Museum“.
Am Ende von Foto-Frisch steht wie immer eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen in Zukunft Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
Nathalie Daoust, Lenri, 2009
Nathalie Daoust, Crea, 2009
Diesmal empfehlen wir Arbeiten der Fotokünstlerin Nathalie Daoust aus der Serie „Tokyo Hotel Story“. In ihrer Serie zeigt die kanadische Fotografin Frauen im „Alpha In“, einem der größten S&M-Liebeshotels in Tokio Bilder zwischen Traum, Realität und Fiktion. Die Bilder der Edition haben eine Auflage von je 25 Stück, eine Größe von 45×67 cm und kosten gerahmt mit Passepartout je 1100 Euro. Zu erwerben sind die Arbeiten bei der photo edition berlin; auf Anfrage gibt es auch eine Gesamtedition.
(Marc Peschke)
Wie jeden Monat eine
Wie jeden Monat eine spannende Zusammenstellung.
Tolle Auswahl
Finde ich auch, aber auch Anstoß mal was Älteres auszuräumen, leider, aber die Regale ächsen schon verdächtig …