Apple hat soeben mit Aperture 3 die neue Generation seiner Fotoverwaltungs- und -bearbeitungssoftware vorgestellt. Das Programm verspricht „Pro performance with iPhoto simplicity“ und enthält über 200 neue Funktionen – und wir haben es uns genauer angesehen:

Startet man Aperture 3, so findet sich nahezu das gleiche Design, wie es auch bei Lightroom 3 Beta und Bibble 5 zu sehen ist; die Software wirkt sehr aufgeräumt und ist benutzerfreundlich aufgebaut. Eine schöne Funktion ist der Vollbildmodus, in dem sich die gesamten Bildschirmgröße für die Fotos nutzen lässt.

Was ist neu?

Bei über 200 neuen Funktionen lässt sich leicht der Überblick verlieren, allerdings finden sich auch alte Bekannte aus iPhoto ’09; die „Gesichter“-Funktion ebenso wie die Möglichkeit, GPS-Positionsdaten einzugeben bzw. auszuwerten und Fotos anhand der Aufnahmeorte zu sortieren.

Die Gesichtserkennung sucht nach der Benamung eines Bildes in der gesamten Mediathek oder in einzelnen Projekten nach diesem Gesicht; anschließend kann nach Namen sortiert werden. Anfangs sollte diese Funktion häufiger aufgerufen werden, da sie zu Beginn eine gewisse Fehlerquote aufweist. Weil sie aber lernfähig ausgelegt wurde, bessert sich die Erfolgsquote nach einigen Testläufen spürbar. Eine gewisse Vorarbeit ist also nötig, dafür kann die Gesichtserkennung sehr hilfreich sein, um auch in größeren Archiven bestimmte Personenfotos und -gruppen schnell zu finden.
 

Screen Aperture 3

GPS-Positionierung in Aperture 3

 
Für die GPS-Positionierung bzw. die Anzeige des Aufnahmeortes (auf einer Karte) kann Aperture sowohl die EXIF-Daten aus einer GPS-fähigen Kamera, als auch die Aufzeichnungen eines separaten GPS-Empfängers nutzen. Auch die Daten von iPhone-Tracking-Apps sowie von iPhone-Fotos können genutzt werden. Letztlich können die Fotos auch manuell einem bestimmten Ort zugewiesen werden.

Neu ist auch ein Set von 15 Quick-Brush-Pinseln – alle erreichbar über ein Pop-up-Menü in der Werkzeugleiste – die die schnelle Bildkorrekturen ermöglichen. Mit wenig Aufwand und sehr effektiv lassen sich jetzt Arbeitsschritte wie Abwedeln, Nachbelichten, Hautunebenheiten glätten, Reduzierung der Sättigung oder Einfügen eines Polarisationseffekts durchführen. Hierzu sind keine Ebenen notwendig, wie in einigen anderen Programmen. Ein weiteres positives Merkmal der neuen Palette ist die Kantenerkennung: mit der Option „Kanten suchen“ findet sie Kanten im Bild relativ zuverlässig (und begrenzt das Pinsel-Werkzeug automatisch an dieser Kante); nur bei zu schwacher Abtrennung zeigt die Funktion Schwächen. Dennoch ermöglicht dieses Werkzeug in der Regel ein Arbeiten mit hoher Präzision bei geringem Aufwand – eine echte Bereicherung.

Als nützliches Werkzeug erwies sich der neue Skin-Smoothing-Pinsel, mit dem sich ein leichter Weichzeichner-Effekt und damit ein weicheres Hautbild erzeugen lässt. Eine genaue Kontrolle erfolgt über die Regler Radius, Detail und Intensität.

Auch druckempfindliche Grafiktabletts werden jetzt unterstützt, was die Steuerung der Pinselstärke über den ausgeübten Druck möglich macht. Sowohl Funktionsweise als auch Präzision ließen im Test nichts zu wünschen übrig.
 

Screen Aperture 3

Korrekturvoreinstellungen in Aperture 3

 
Ein weitere Neuerung sind die mitgelieferten Korrekturvoreinstellungen zur Anpassung von Bildern. Hierbei ist alles möglich, was man als Fotograf gebrauchen kann, von Umwandlungen in Schwarzweiß in verschiedensten Kontraststufen bis hin zu Sepiatönen, Farbänderungen, Belichtungen und Weißabgleichseinstellungen. Selbst erstellte Anpassungen lassen sich speichern; Korrekturvoreinstellungen auch auf ganze Projekte anwenden. Aperture 3 bietet hier ein Vorschaufenster, in dem sichtbar ist, welchen Effekt die Einstellung auf das gerade bearbeitete Bild haben wird. Auf Grund der „nicht-destruktiven“ Arbeitsweise des Programms lässt sich das Bild auch nach der Anwendung von Werkzeugen jederzeit in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen.

Foto

Im Bereich Import gibt es auch einige Interessante Neuerungen zu verzeichnen. So ist es jetzt möglich, das Importfenster an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und nur die persönlich benötigten Optionen einzublenden. Die Möglichkeit, Korrektur-Voreinstellungen direkt im Importfenster auszuwählen und im Zuge des Imports anzuwenden, ist ebenso ein Fortschritt wie die sofortige Bearbeitungsoption der Bilder in voller Auflösung, noch während des Importprozesses.

Sind die Fotos dann importiert, dann bietet die Bibliothek im Vergleich zum Vorgänger sehr viele kleinere Verbesserungen. Im neuen Heads-up-display werden Projektinformationen angezeigt: Titelbild für das betreffende Projekt, Beschreibung, Karte mit markierten Aufnahmepunkten, … Eine Projektstruktur zu duplizieren, um sie auf ein anderes Projekt anzuwenden, ist jetzt ganz einfach. Ebenso die Festlegung, in welchem Format jene Fotos bevorzugt angezeigt werden sollen, die sowohl im RAW-, als auch im JPEG-Format vorliegen. Die Neuerungen in diesem Bereich liegen, wie gesagt, eher im Kleinen, aber die Verbesserung des Workflows durch diese „Kleinigkeiten“ spart viel Zeit und erhöht die Effektivität.

Konvertiert man seine RAWs, dann entwickelt Aperture die Fotos mit einem angenehmen, natürlichen Farbton. Qualitativ befindet es sich auf Augenhöhe mit Lightroom und Bibble 5. Die Geschwindigkeit des Programms hat zwar insgesamt etwas zugenommen, doch liegt sie bei Funktionen wie der RAW-Entwicklung ein ganzes Stück hinter zum Beispiel Bibble 5.

Ebenso wie Lightroom will Apple nicht nur einen RAW-Konverter mit Bibliothek und Bearbeitungsmöglichkeiten ins Rennen schicken. Also wurde um einige weitere Funktionen aufgestockt. Mit dem Facebook-Button kann man ausgewählte Fotos direkt in den eigenen Facebook-Account einbinden. Dies funktioniert ebenso mit den Accounts von Flickr (hier sogar mit der Möglichkeit, die GPS-Daten einzubinden) und MobileMe. Desweiteren ist eine Audio- und Videofunktion vorhanden. Unterstützt werden HD-Video-, AIFF- und MP3-Formate. Dabei sind auch kleinere Bearbeitungen möglich, so können zum Beispiel für Audio- und Video-Clips Start- und Endpunkt festgelegt werden. Für die Präsentation von Fotos lassen sich Slideshows, inklusive Audio- und Video-Clips, erstellen. Die können dann auch in verschieden Formaten exportiert werden, um sie auf externen Geräten oder im Internet zu verwenden. Eine integrierte Software zur Erstellung von Fotobüchern rundet die Ausgabemöglichkeiten ab.

Summa summarum

Aperture 3 ist eine durchaus runde Sache geworden; ob man allerdings Gesichtserkennung, GPS-Positionierung und direkte Veröffentlichung bei Facebook und Co. benötigt, das bleibt Geschmackssache. Die Qualität der Bibliothek ist ungebrochen und mit der neuen Generation noch effizienter geworden. Auch die neuen Quick-Brush-Werkzeuge überzeugen durch gute Qualität und einfache Nutzbarkeit. Leider sind die Systemanforderungen recht hoch, was das Programm nur für Nutzer interessant macht, die auf dem neusten Stand der Mac-Technik sind.

Für Aperture 3 muss man einen Mac mit Intel-Prozessor (idealerweise Core 2 Duo) und mit Mac OS X v.10.5.8 oder 10.6.2 oder neuer sein eigen nennen. Die 64-Bit-Anwendung gibt es für 199 €, die Upgrade-Version für Nutzer des Vorgängers für 99 €. Unter www.apple.com/aperture/trial ist eine 30-Tage-Testversion erhältlich.

(David Höpfner)