Foto vom X6 von NokiaNach der E- und N-Gerätekategorie rufen die Finnen nun die X-Klasse ins Leben, bei der vor allem die musikalischen Qualitäten im Fokus stehen. Dank einer 5-Megapixel-Kamera mit einer Optik von Carl Zeiss soll das X6 aber auch für Schnappschüsse gut geeignet sein:

Nachdem den Finnen die vierstelligen Zahlen als Namensbezeichnungen allmählich ausgegangen sind, müssen sich Nokia-Käufer immer mehr an Buchstaben gewöhnen, die für eine Gerätekategorie stehen. Und wofür steht die neue X-Klasse? Laut Pressetext vor allem für einen formidablen Sound, denn Nokia bezeichnet es als das bislang beste Musikhandy auf dem Markt – Finnen können auch mal gänzlich unbescheiden sein.

Foto vom X6 von Nokia

Daher ist es wohl auch kein Zufall, dass das X6 rein optisch stark an XpressMusic-Mobiltelefone erinnert – womit sich auch das „X“ erklärt hätte. Die wahlweise schwarze oder – 50 Euro teurere – weiße Version ist mit roten bzw. blauen Applikationen abgesetzt, wodurch dieser Finne nicht so zugeknöpft und bieder aussieht wie so manch anderer Nokia-Funker. Erfreulich hochwertig ist zudem die Verarbeitungsqualität. Um den großen Touchscreen herum sorgt ein massiver Metallrahmen für Robustheit und Spaltmaße sind an keiner Stelle erkennbar.

Xpress Music de Luxe

Stattliche 579 Euro muss man beim Nokia-Online-Shop hinblättern, um sich mit dem X6 zu schmücken – für ein Musikhandy beachtlich viel Geld. Ein Griff in den Karton macht allerdings schnell klar, dass der Käufer dafür einen entsprechenden Gegenwert erhält. So gehört statt des üblichen In-Ear-Headsets der luxuriöse Nokia Stereo-Kopfhörer WH-500 zum Lieferumfang. Dieser sorgt im Zusammenspiel mit dem opulent ausgestatteten Audio-Player für ein exzellentes Klangerlebnis: präzise und satte Bässe, breite Klangstaffelung und ein insgesamt sehr lebendiges Klangbild – der beigelegte Kopfhörer ist im Vergleich zum sonstigen Headset-Müll wirklich top. Top ist auch der Klang über die integrierten Stereo-Lautsprecher. Statt des üblichen Blechsounds spielt das X6 angenehm klar und luftig auf. Ebenfalls löblich: Ein 8-Band-Grafik-Equalizer bügelt eventuelle Klangschwächen aus und dank des 3,5-mm-AV-Anschlusses können auch andere, handelsübliche Kopfhörer verwendet werden.

Luxuriös präsentiert sich der Finne auch beim Speicherplatz. Ein microSD-Slot fehlt zwar, doch angesichts der internen 32 GB dürften Platzprobleme nicht so schnell auftreten.

Foto vom Tessar; Detail vom X6 von Nokia

Internationales Kamerateam

Schon seit Jahren kooperieren die Finnen mit Carl Zeiss, um den integrierten Digitalkameras eine gewisse Güte zu verleihen. Im Falle des X6 sind mit einem „Tessar 2,8/3,7 mm AF“ Fotos mit einer Auflösung von bis zu 5 Megapixeln sowie VGA-Videos möglich. In Zeiten, wo 8- bzw. 12-Megapixel-Kamerhandys die derzeitige Leistungsspitze bilden, ist das zwar nur noch gehobene Mittelklasse, doch gerade im Mobiltelefon-Bereich (wo extrem kleine Sensoren Anwendung finden) ist die qualitative Aussagekraft der maximalen Auflösung gelinde gesagt schwammig.

Im Praxistest offenbart das X6 leider die bekannte „Volkskrankheit“ bei Kamerahandys: Bei widrigen Lichtverhältnissen sind der Autofokus und das Fotolicht hoffnungslos überfordert. Resultat: Schwammige, teilweise komplett verrauschte Fotos. Erst bei Tageslicht sind abzugstaugliche Fotos möglich, wobei der ebenfalls bei Kamerahandys berüchtigte Blaustich in der Regel auch hier auftritt. Fazit: Als Partyknipser für kurze Distanzen okay, um Fotoalben zu füllen ist der 5-Megapixel-Knipser hingegen nicht geeignet.

Volles Multimedia-Besteck

Im Bereich Komfort kann man dem X6 nichts anlasten, denn das Ausstattungsrepertoire ist mehr als nur zeitgemäß. HSDPA und W-LAN sorgen für den schnellen Datentransport, die Spaßfraktion freut sich über das Radio sowie an den drei guten Java-Games. Wer einmal die Orientierung verliert, kann sich per GPS-Navigation und Nokia Maps lotsen lassen, inklusive Fußgängernavigation und dem Reiseführer „City Explorer“, der Restaurant- und Veranstaltungstipps bereit hält.

Foto vom der Fotoseite vom X6 von Nokia

Einzig die Business-Fraktion könnte ein wenig meckern, denn abseits der Standards (Kalender, E-Mail-Account und Outlook-Synchronisierung) wagt das X6 keine nennenswerten Komfortausflüge. Das überlässt Nokia lieber den N-Klasse-Handys.

Toller Touchscreen

Wie schon beim iPhone macht sich auch das X6 die Vorteile des kapazitiven Touchscreens zunutze. Per Fingerkraft kann sich der Nutzer schnell und präzise durch die Menüs hangeln, sowie längere Listen „anstupsen“ und wieder abbremsen (kinetisches Scrolling). In dieser Disziplin hat Nokia schon fast Anschluss an das iPhone gefunden, wobei clevere Multitouch-Eingaben, wie das bekannte Fingerspreizen zum Zoomen, allerdings nicht möglich sind.

Positiv ist auch der Bedienungsfluss. Der Prozessor leistet zwar „nur“ 433,9 MHz, doch für das übliche Aufgabenfeld reicht das völlig aus, denn Hänger treten dann so gut wie nie auf. Für rechenintensivere Anwendungen, wie beispielsweise das Zoomen eines Fotos, braucht das X6 hingegen so seine Bedenksekunden.

Beim Betriebssystem vertraut der Weltmarktführer weiterhin auf OS S60, diesmal in der Edition 5.0. Warum auch nicht. Der Symbian-Ableger ist in all den Jahren zu einem leistungsstarken, logisch strukturierten und vor allem sehr flexiblen Handy-Manager gewachsen. Die virtuose Intuition und vor allem das reichhaltige Angebot an „Apps“ eines iPhone fehlen diesem Finnen allerdings.

Foto vom X6 von Nokia

Solider Techniker

Große Touchscreens und der UMTS-Empfang sind die bekanntesten Feinde von Akkus. Dennoch schlägt sich das X6 im Bereich Rufbereitschaft höchst achtbar. Bei einer moderaten Nutzungsintensität, also ohne exzessive Multimedia-Ausflüge, ist ein Nonstop-Betrieb von fünf vollen Tagen realistisch. Besser schlagen sich andere Mobiltelefon-Manufakturen derzeit auch nicht.

Wer mit dem X6 telefoniert, darf sich über eine ordentliche Sprachqualität freuen. Nebengeräusche werden gut unterdrückt und dank einer natürlichen Stimmwiedergabe erkennt man auch, mit wem man gerade telefoniert – das ist bei Handys nicht immer der Fall.

Die Empfangsleistung hingegen ist nur durchschnittlich. Insbesondere im D-Netz fallen größere Schwankungen negativ auf. Für Großstadt-Cowboys hat dieses Empfangsniveau allerdings keine negativen Auswirkungen.

Fazit

Ob es wirklich das beste Musikhandy der Welt ist, sei einmal dahingestellt, das beste von Nokia ist es aber auf jeden Fall. Ausstattung, Klang, Kopfhörer, Lautsprecher und Speicherplatz – hier schnürten die Finnen ein durchweg beeindruckendes Gesamtpaket! Eine bemerkenswerte Kamera bietet das X6 zwar nicht, doch klaffende Ausstattungslücken oder sonstige nennenswerte Schwächen sind bei diesem Premium-Modell nicht auszumachen. Unter dem Strich ist das X6 somit eine deutlich vielseitigere Alternative zu einem iPod, und klangstärker als das iPhone ist es ohnehin*.

* Wir reden hier von der Grundausstattung, die im Lieferumfang enthalten ist – ein iPhone mit wirklich guten Kopfhörern gilt Audiophilen als sehr guter Musikabspieler. Spätestens mit LOD (line out dock) samt gutem transportablem Kopfhörerverstärker sind dann auch sehr anspruchsvolle High-Ender sehr zufrieden. Das X6 hingegen ist in dieser Liga (noch?) kein Thema.
 
 
Eckdaten:
Preis: ca. 579 Euro
Maße: 11,1x 5,1×1,38 cm
Gewicht: 122 Gramm

Ausstattungsmerkmale:
• 32 GB Speicher
• TFT-Touchscreen: 640×360 Pixel, 16,7 Millionen Farben, 3,9x 7,1 cm
• Netze: Quadband / UMTS / HSDPA / EDGE
• Betriebssystem: Symbian OS, S60 5th Edition 5.0
• Prozessor: 433,9 MHz
• Digitalkamera Auflösung max. 2.560×1.920 Pixel
• Videokamera Auflösung max. 640×480 Pixel
• GPS-Empfänger & Nokia Maps Navigations-Software
• Stereo-Bluetooth
• W-LAN
• Sprachwahl / -steuerung
• Hochwertige Kopfhörer
 
 
Siehe auch:
Nokia X6

(Ulf Schneider)