Foto: Galerie Wagner + PartnerIn der reichen Berliner Kunstlandschaft gibt es einige Galerien, deren Blick vor allem zeitgenössischer Fotokunst gilt. Die Galerie Wagner + Partner in der Karl-Marx-Allee ist eine der wichtigsten von ihnen:

Im Gespräch mit der Galeristin Margret Uhrmeister, Galerie-Partnerin von Cai Wagner:

photoscala: Liebe Margret Uhrmeister, am 5. September des vergangenen Jahres feierten Sie die Eröffnung der Galerie Wagner + Partner in der Karl-Marx-Allee, doch haben Sie bereits vorher in der Galerie Herrmann & Wagner zusammengearbeitet. Wie kam es eigentlich zu der Umbenennung – und dem Umzug?

Foto: Galerie Wagner + Partner

Margret Uhrmeister: Nachdem sich die Partner der vorherigen Galerie Mitte 2008 für eine Auflösung entschieden hatten, war es konsequent, die langjährige gemeinsame Arbeit in einer neu gegründeten Galerie am neuen Ort fortzusetzen. Der Name Wagner + Partner steht für die Weiterverfolgung des Galeriekonzeptes von Cai Wagner und mir. Der Umzug in die großzügigen Räume der Karl-Marx-Allee ermöglicht es, dieses Konzept auch räumlich umzusetzen. Hier finden Künstler Reibungsflächen und Spielraum, auch geistigen, den wir in Berlin-Mitte inzwischen vermissen.

photoscala: Weiter bestimmt die Foto- und Videokunst das Programm. Wieso diese Konzentration? Wie kamen Sie zur Fotografie?

Margret Uhrmeister: Wir sind eine Galerie für zeitgenössische Kunst. Allerdings finden wir in der Fotokunst viel häufiger Ansätze und Themen, die uns interessieren. Generell interessiert uns der künstlerische Ansatz mehr als ein bestimmtes Genre. Viele Fotokünstler in unserem Programm bewegen sich zwischen Fotografie und Malerei, frei von Genregrenzen. Das Ausloten von Wahrnehmungsprozessen, Übergangssituationen von Realität und Fiktion, dass sind spannende Themen. Im Bereich Fotografie oder Video passiert viel Innovatives.

Foto: Galerie Wagner + Partner

photoscala: Die Karl-Marx-Allee, ehemalige Stalin-Allee, der Prachtboulevard des Ostens, ist ein historisch aufgeladener Ort. Was bedeutet das für Ihre Ausstellungen? Gibt es da Korrespondenzen?

Margret Uhrmeister: Wir haben die bisherigen Ausstellungen nicht unter Berücksichtigung der Historie ausgerichtet, aber es haben sich bisher immer kraftvolle Bezüge hergestellt. Die großformatigen Fotocollagen von Raissa Venables beispielsweise zeigten große Repräsentationsbauten wie Kirchen, Synagogen oder Prachtbahnhöfe. Natürlich verstärkt sich im Kontext der Karl-Marx-Allee mit seinen Prachtbauten im Moskauer Stil der 50er Jahre die Frage der Machtdemonstration durch Architektur. Oder die jetzige Ausstellung von Josef Schulz mit den offenen Grenzstationen Europas. Seine Serie „übergang“ kann auch als Metapher für den Wandel der ehemaligen Stalin-Allee interpretiert werden. Im Mai haben die Künstlerinnen Maria und Natalia Petschatnikov die erste ortsbezogene Arbeit, eine Installation über die Verschmelzung des Innen- und Außenraum, vorgestellt. Eine spannende Auseinandersetzung mit der Aneignung oder Enteignung von öffentlichem Stadtraum

photoscala: Keine Stadt in Deutschland, womöglich sogar in Europa, gilt heute als heißerer Kunst-Ort als Berlin. Macht es Ihnen Freude, in dieser Stadt arbeiten zu können? Wo liegen die Vorzüge, wo die Probleme des Standorts?

Foto: Raissa Venables

Margret Uhrmeister: Da kann man erstmal nur antworten: ja, ja, ja! Berlin als Künstler- und Galerienstadt ist auch schon genügend beschrieben und bejubelt worden. Tatsächlich gibt es hier genügend Platz und geeignete Rahmenbedingungen, die die unterschiedlichsten Kunstblüten gedeihen lassen. Von den Fabrikhallen der Großkünstler bis zum nichtkommerziellen Projektraum ist alles vorhanden. Ein so großes Angebot in verschiedensten Bereichen, Theater, Musik, Mode, Film, Party oder eben auch Kunst ist wohl ziemlich einmalig. Ebenso die dünnen Trennlinien. Alle Szenen sind offen und arbeiten synergetisch. Das erzeugt ein hohes Energielevel. Die Probleme sind bekanntermaßen wirtschaftlicher Art. Berlin braucht Geld von außerhalb. Vielleicht wird es ja mal Kultur-Exportweltmeister.

photoscala: Ihr Portfolio ist recht divers. Da gibt es Experimentelles, Existenzielles aus Fotografie und Video von Boris Eldagsen, mit Miklos Gaál einen Star der „Helsinki School“, mit Josef Schulz einen Fotografen, der durchaus in der Tradition der Becher-Schule arbeitet, mit Raïssa Venables dagegen eine Fotokünstlerin, die ungesehene, subjektiv-klaustrophobisch anmutende Räume schafft. Dazu kommen Helena Blomqvists Foto-Collagen und mit Thomas Wrede schließlich ein Künstler, der sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit dem Thema des „Modells“ in der Fotografie beschäftigt hat. Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Galerie ist überdies die Skulptur. Was verbindet all diese Künstler und Künstlerinnen?

Foto: Thomas Wrede

Margret Uhrmeister: Das Erscheinungsbild der Werke mag auf den ersten Blick sehr unterschiedlich sein, dies macht das Programm ja auch abwechslungsreich. Dennoch haben die Positionen unserer Meinung nach viel gemeinsam. Sie alle haben einen eigenständigen visuellen Stil, mit dem sie die Frage nach der Wirklichkeitswahrnehmung im heutigen Bilderzeitalter neu stellen. Jeder Künstler nimmt subjektiv dazu Stellung, wählt genreübergreifend seine Mittel. Dokumentation oder Fiktion, Modell oder Wirklichkeit, analog oder digital, Fotografie oder Malerei? All diese Unterschiede werden dem Ziel untergeordnet, einen neuen Blickwinkel zu entwickeln und auf die Fragen der Zeit zu reagieren. Darüber hinaus verbindet alle Positionen ein hohes Maß an technischen und ästhetischen Ansprüchen.

(Das Interview führte Marc Peschke)
 
 
Informationen:

Galerie Wagner + Partner
Karl-Marx-Allee 87
10243 Berlin
(U5 – Weberwiese, Ecke Straße der Pariser Kommune)
Telefon 030-21960137
Di bis Sa 12-18 Uhr