Thumbnails, jene daumennagel-großen Miniaturreproduktionen, die die Bild- und Fotorecherche im Web erleichtern, gelten gemeinhin als selbstverständliches Allgemeingut; Google & Co nutzen sie – Urheberrecht hin oder her – ungeniert. Die Rechteinhaber sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge:

Seit bereits mehreren Jahren kann man anhand kleiner Vorschaubilder zutreffende Bild-Dateien von unerheblichen trennen und damit eine grafisch basierte Recherche durchführen. Was von großen Teilen der Bevölkerung mittlerweile als selbstverständliches Allgemeingut angesehen wird, wirf jedoch große urheberrechtliche Probleme auf, die im Widerspruch zur technischen Entwicklung stehen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Bilder, deren Miniaturansichten in der Bildersuche erstellt werden, genießen in der überwältigenden Mehrzahl als Werke der bildenden Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 Urhebergesetz), als Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder als Lichtbilder (§ 72 Abs. 1 UrhG) urheberrechtlichen Schutz. Welche Verwertungsrechte durch deren Speicherung und Anzeige betroffen sind, wird im Detail unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht allerdings darin, dass mangels persönlicher Schöpfung in der automatisierten Erstellung von Thumbnails keine freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG liegt, sondern nur eine Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung i. S. d. §§ 3, 23 UrhG.

Das Ursprungswerk bzw. je nach Sichtweise die Bearbeitung desselben in Form des Thumbnails wird im Rahmen der Trefferliste öffentlich zugänglich gemacht (§ 19a UrhG). Wenn darüber hinaus in der Speicherung des Thumbnails durch den Suchmaschinenbetreiber eine Vervielfältigung gemäß § 16 UrhG zu sehen ist, könnte – aus juristisch dogmatischer Sicht – bereits diese verboten werden.

Jüngste Rechtsprechung und Ihre Tendenz

Diese rechtliche Grauzone musste in den vergangenen Jahren zwangsläufig zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen. Die Tendenz der Entscheidungen scheint dabei die Problematik zu verschärfen und die Zulässigkeit einer freien Bildersuche in Frage zu stellen.

So führte das Landgericht Hamburg in einem neueren Urteil vom 26. September 2008 (AZ: 308 O 42/06) aus, der Inhaber einer Suchmaschine, der im Internet urheberrechtlich geschützte Werke als Thumbnails in einer Bildersuche zum Zwecke des Abrufs der Ergebnislisten durch die Öffentlichkeit bereit halte, mache sich eine urheberrechtlich relevante Nutzung zu eigen und verletze damit das Recht des Rechteinhabers gemäß § 19a UrhG.

Auch das Oberlandesgericht Thüringen stellte in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 (AZ: 2 U 319/07) fest, dass verkleinerte und in ihrer Pixelanzahl reduzierte Miniaturansichten („Thumbnails“), die in der Trefferliste einer Bildersuchmaschine angezeigt werden, sonstige Umgestaltungen des Originalwerks im Sinne von § 23 UrhG seien, in die der Rechteinhaber durch das Upload grundsätzlich keine Einwilligung gebe.

Nachdem in letzterem Falle nunmehr das Rechtsmittel der Revision eingelegt wurde, wird sich demnächst erstmals der BGH mit der Zulässigkeit von Thumbnails beschäftigen müssen. Bis dahin – und möglicherweise noch länger – bleibt aber die Bildersuche eine rechtliche Grauzone.

Reaktionen aus der Branche

Viele dürften sich nicht gerne von der praktischen Bildersuche lösen wollen. Auch befürchten viele im weltweiten Wettbewerb der Informationstechnologie auf der Strecke zu bleiben. So verkündete beispielsweise der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) e.V., solche Gerichtsentscheidungen wie den letztgenannten katapultierten Deutschland ins digitale Steinzeitalter. Zudem würden die technischen Gegebenheiten des Internet ohne Berücksichtigung der erheblichen Konsequenzen ignoriert.

Andere, wie Künstler und Verwertungsgesellschaften, verweisen auf ihre Nutzungsrechte und stützen die Argumentation mit dem Hinweis auf den ohnehin inflationären Umgang mit Werken der grafischen und bildenden Kunst.

Was sagt nun der User selbst zu dieser, nicht ganz unwichtigen Frage? Ist das Urheberrecht auch dann noch vorzugswürdig, wo es die Informationsbeschaffung und mithin auch mittelbar die Meinungsbildung erschwert? Oder stellt die Abschaffung von Bildersuchmaschinen ein Pendant zu einem Szenario der Verbannung sämtlicher Kataloge zum Auffinden von Büchern aus herkömmlichen Bibliotheken dar? Trotz der Tragweite dieser Grundentscheidung scheinen offenbar nicht viele die Diskussion für verfolgenswert zu erachten.

Widersprüchliches Verhalten aller Beteiligten

Die Gleichgültigkeit, mit der große Suchmaschinen mit deutschem Urheberrecht umgehen, ist eine typische Erscheinung der letzten Jahre. Denn deutsches Lizenzrecht verlangt vom Nutzer, also von Google, Yahoo und Co., die Einwilligung des Urhebers einzuholen – und zwar vor der Veröffentlichung seiner Werke. Die betroffenen amerikanischen Unternehmen schaffen stattdessen, unter Hinweis auf den technischen Fortschritt, schnelle Fakten und kritisieren im Nachhinein das Rechtssystem.

Die Inhaber der verletzten Urheberrechte handeln indes oft genauso inkonsequent. Zum einen beschweren Sie sich über die Veröffentlichung von Thumbnails in Suchmaschinen. Den Grundstein für die Veröffentlichung legen sie jedoch selbst, indem sie eine Suchmaschinenoptimierung wählen, die Ihre Seite unter Einschluss sämtlicher Bilddateien berücksichtigt, statt auf einfache Art und Weise technische Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Fazit

Wie die Problematik in den kommenden Jahren gelöst wird, hängt von vielen Faktoren ab und ist nicht genau vorherzusagen. Nicht ganz unwahrscheinlich ist es, dass Suchmaschinen künftig angemessene Lizenzgebühren für die Veröffentlichung von fremden Werken in ihrer Bildersuche entrichten werden. Zumindest, wenn Suchmaschinen dadurch ihren kommerziellen Erfolg steigern, dürfte eine „per-click“ Lizenz allen Interessen am ehesten gerecht werden. Auf der anderen Seite wird man von den Rechteinhabern verlangen können, dass diese geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn sie eine freie Veröffentlichung verhindern wollen.

Gewiss dürfte jedoch sein, dass die Bildersuche einen bereits zu großen Anteil in der Informationsbeschaffung erlangt hat, als dass man dieses Instrument wieder gänzlich abschaffen könnte. Das urheberrechtliche Problem der Thumbnails liefert so ein weiteres Beispiel, wie der technische Fortschritt die Rechtsentwicklung bestimmt und nicht umgekehrt.

(RA Alessandro Foderà-Pierangeli*)

* Der Autor ist Rechtsanwalt in Mainz mit Tätigkeitsschwerpunkt im Medienrecht.