Das Landgericht Hannover befand, dass die Vermummung einer Demonstrantin während einer Kundgebung nicht strafbar ist, wenn dadurch verhindert wird, dass diffamierende Fotos ins Internet gestellt werden:
Das Vermummungsverbot untersagt Teilnehmern von Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel, ihr Gesicht zu verdecken oder Gegenstände mitzuführen, die dazu geeignet und bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, § 17a Abs. 2 Versammlungsgesetz (VersG).
Was auf den ersten Blick nach einer legitimen Einschränkung der in Art. 8 GG verankerten Versammlungsfreiheit aussehen könnte, wird bisweilen von Kritikern als ein das Grundrecht einschränkendes Übermaß empfunden.
Nicht wenige Gegner dieses Verbots sind der Auffassung, dass die Pflicht zur Offenbarung der Identität kein angemessenes und notwendiges Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und daher mit den Grundsätzen unserer Verfassung letztlich nicht vereinbar sei.
Doch tatsächlich machen sich auch nicht gewaltbereite Demonstranten, die ihre Identität, aus welchen Gründen auch immer, nicht preisgeben wollen, nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 VersG strafbar und laufen zudem Gefahr, von der konkreten Versammlung ausgeschlossen zu werden.
Der Grund für die Existenz dieser Vorschriften ist die Ansicht, dass friedliche Demonstranten kein schützenswertes Interesse an einer Vermummung haben. Vielmehr erwecken vermummte Teilnehmer durch ihre kampfbereite Erscheinung den Eindruck einer unfriedlichen Kundgebung und schüchtern andere potentielle Teilnehmer an der öffentlichen Meinungsbildung ein, so die Befürworter des Vermummungsverbot. Eine Vermummung ist daher unter Strafe gestellt, vermummte Demonstranten können nach gängiger Praxis von Versammlungen ausgeschlossen und bestraft werden.
Ein Urteil des Landgerichts Hannover vom 20.01.2009 (Az.: 62 c 69/08) hat nun festgestellt, dass die Vermummung eines Demonstranten während einer Kundgebung nicht strafbar ist, wenn dadurch verhindert wird, dass diffamierende Fotos ins Internet gestellt werden.
Die angeklagte Frau war in dem zur Entscheidung anstehenden Fall politisch engagiert und gegen Neonazis aktiv. Aufgrund dessen war es in der Vergangenheit zu mehreren Auseinandersetzungen mit Anhängern der rechten Szene gekommen. Unter anderem veröffentlichten die Rechtsradikalen auf ihren Internetseiten Fotos von der Frau und stellten sie öffentlich bloß.
Um erneute Aufnahmen ihrer Person zu verhindern, vermummte sich die Demonstrantin und wurde daraufhin im Rahmen eines Strafverfahrens angeklagt. Nachdem Sie in erster Instanz wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot verurteilt wurde, sprach sie das Berufungsgericht frei, mit der Begründung, die Frau habe ihr Gesicht zum Schutz der eigenen Identität lediglich vor den Rechtsradikalen vermummt, nicht aber willentlich vor Polizeibeamten. Ihr Ziel, die Behinderung von Aufnahmen durch Neonazis, die der Veröffentlichung im Internet dienten, sei als legitimes Schutzinteresse nicht zu beanstanden.
Die Teilnehmer einer Demonstration müssten sich nicht dem politischen Gegner und dessen Repressalien ausliefern. Andernfalls bestünde die erhebliche Gefahr, dass politische Demonstrationen auf Dauer durch das systematische Fotografieren in die Demonstrationszüge hinein leicht unterbunden würden. Denn die einzige Alternative sei dann das Fernbleiben von der Veranstaltung, was eine erhebliche und unzumutbare Einschränkung des grundgesetzlich geschützten Demonstrationsrechts darstelle.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht Hannover eine Ausnahme von dem Vermummungsverbot vorgesehen, wenn fotografische Aufnahmen als Waffe instrumentalisiert werden, um Demonstranten zielgerichtet einzuschüchtern. Die Richter haben die Verbots- und Strafvorschriften restriktiv angewandt und diese im Lichte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ausgelegt. Die dabei durchgeführte Interessensabwägung führte im konkreten Fall zu einem Überwiegen der persönlichen Freiheiten der Demonstrantin.
Ob dieses Urteil auch unmittelbare Auswirkungen auf die konkrete Versammlungsteilnahme haben wird, ist fraglich, da hier lediglich über die Straflosigkeit der Vermummung entschieden wurde. Zudem kann die – nicht unkomplizierte – vorgenommene Interessenabwägung von anwesenden Polizeibeamten nicht erwartet werden. Andererseits bereitet gerade das existierende Verbot erhebliche Schwierigkeiten bei der Ermessensausübung der Beamten hinsichtlich der Frage, wann eine Person als vermummt gilt.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass ein Vermummungsverbot in den meisten Ländern der Welt weitgehend unbekannt ist, kann das Urteil durchaus als eine beachtenswerte Entscheidung angesehen werden.
(RA Alessandro Foderà-Pierangeli*)
* Der Autor ist Rechtsanwalt in Mainz mit Tätigkeitsschwerpunkt im Medienrecht.
Falsch!
…und daher mit den Grundsätzen unserer Verfassung letztlich nicht vereinbar sei….
Das ist falsch. ”Wir” (Deutschland) haben immer noch keine Verfassung sondern ein Grundgesetz, das immer noch vorläufig ist (Art. 146)
Gast schrieb: …und daher
[quote=Gast]…und daher mit den Grundsätzen unserer Verfassung letztlich nicht vereinbar sei….
Das ist falsch. ”Wir” (Deutschland) haben immer noch keine Verfassung sondern ein Grundgesetz, das immer noch vorläufig ist (Art. 146)[/quote]
“Staunen”—— Einer, der noch die differenzierte Wahl der Terminologie bezüglich des deutschen Grundgesetzes kennt. Die Vorläufigkeit bzw. das Provisorium des GG sollte bis zur Einheit Deutschlands erhalten bleiben. Richtig ist, dass es bis Heute ca 35-70 mal verändert wurde. Große Veränderungen waren die Wehrverfassung, Notstandsregeln und Finanzverfassung. In dieser hinsicht zeigte sich die Effizienz des GG, welcher sich anpassen konnte bzw. angepasst werden konnte. Nach der Wiedervereinigung kamen auch die neuen Bundesländer in den Genuss des GG. In den 90er schuf das GG zudem Eu-Konformität, z.B. Art.88,Art.28GG,23GG). In seinen Grundstrukturen jedoch blieb das GG unverändert. Also, davon zu sprechen, “Wir hätten keine Verfassung” ist tendenziell falsch. Wir haben eine, sie heisst nur Grundgesetz und hat in der Vergangenheit seine Flexibilität unter Beweis gestellt, welcher beibehalten wird. Warum auch nicht?
Darüber werden sich auch
Darüber werden sich auch unsere Polizisten freuen, von denen 400 bei den 1. Mai Krawallen durch sog. AntiFa und andere Linkschaoten teils schwerstveletzt wurden. Es wird also verunmöglicht, Gewalttäter zu identifizieren und dingfest zu machen. Der Rechtsstaat wird weiter von Links unter fadenscheinigen Argumenten ausgehölt. Im Gegenzug ist es bei den AntiFa Linkschaoten absolut Standard, alle was als “nicht antifaschistisch” identifiziert wird, unter Drohgebärden abzufotografieren und die Bilder auf linken Hetzportalen zu publizieren.
Kompaß gefällig?
[quote=Gast]Der Rechtsstaat wird weiter von Links unter fadenscheinigen Argumenten ausgehölt.[/quote]
So weit rechts kann man doch gar nicht stehen, daß man Schäuble und seinesgleich als “von Links” bezeichnet.
Na endlich auch mal Welche,
Na endlich auch mal Welche, die wissen, dass wir in einer Demokratie leben. Gewiss kann es besser sein, dazu kann aber jeder beitragen. Eine Demokratie ist nunmal so demokratisch wie sehr sich das Volk nunmal beteiligt. Wie bitter sind doch Meldungen von Wahlen, in denen eine dramatisch geringe Wahlbeteiligung gemeldet werden. In Deutschland gibt es sehr viele Möglichkeiten der Partizipation. Man muss nur seinen Hintern bewegen um in den Genuss der Demokratie zu kommen. Alle vier Jahre zur Wahl reichen da nicht aus. Ich weiss selber aus eigener Erfahrung, dass selber Politik machen und von unten etwas verändern, möglich ist. Es fängt klein an: Die regierende Partei versucht in einem Stadtteil aus Kostengründen ein Jugendtreff zu schließen. In der nächsten Stadtteilkonferenz soll dies erklärt werden. Diese Konferenzen sind nicht immer voll oder Ort einer lebendigen Demokratie. Sie sind meist öde und langweilig. Auf viel Widerstand trifft man hier nicht meistens. Wenn man sich aber engagiert und dort Einfluss nehmen möchte, mobilisiert man den Stadtteil, indem man Unterschriften sammelt und auf den Termin aufmerksam macht. Mit der Zeitung kann man sich ebenfalls kurzschließen. An dem besagten Termin erscheinen viele Leute, mehr als sonst und mehr als die Politiker gerne hätten. Die wollen nämlich sparen, scheitern aber an dem öfentlichem Druck. Da helfen keine Argumente für das Sparen, denn nun sind auch Eltern da, die um Ihrer Kinder Freizeitort Angst haben. Wortmeldungen über Wortmeldungen. Nur ein Thema beherscht die ganze Zeit, alle anderen Punkte sind schon vergessen. Kein Politiker, der nur ein bisschen Hirn in seinem Kopf hat, wird sich noch für die Schließung entscheiden. Das nämlich würde ihre Stimme kosten und ihren Platz im Parlament und somit auch den Gehalt. Hier ist natürlich sehr interessant zu beobachten, dass Demokratie möglich ist und das man auch etwas direkter entscheiden kann vor Ort, aber alles hat zwei Seiten. Hier sehen wir nämlich wie es in der Politik zu geht, nur wichtige Themen haben eine Chance auf eine öffentliches Interesse und somit für die demokratische Weiterverarbeitung.