„Bewaffnetes Amerika. Waffenbesitzer und ihr Zuhause im Porträt“ ist der schlichte Titel eines sehr ungewöhnlichen Fotobuchs von Kyle Cassidy. Wir sehen: Ein ganzes Land fühlt sich unsicher – hat den Finger am Abzug:
Zwei Jahre lang reiste der amerikanische Fotograf Kyle Cassidy durch die USA, um Menschen mit ihren Waffen zu porträtieren. Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen Waffen besitzen und sich bereitwillig vom Fotografen in ihrer häuslichen Umgebung ablichten ließen:
70 Millionen Waffenbesitzer gibt es in den USA. Mehr als hundert von ihnen stellte Cassidy stets die gleiche Frage: Warum besitzen Sie Waffen? Und so unterschiedlich die Antworten sind, so verschieden sind auch die in diesem Band gezeigten Menschen. Nur wenige entsprechen dem Klischee des US-amerikanischen Waffennarren. Nette Familienväter sind zu sehen, schwule Pärchen, Großväter, ganze Familien posieren mit ihren Waffen, lächeln dabei. Ganz unbefangen, als zeigten sie Pokale des örtlichen Fußballvereins.

Diese Unbefangenheit überrascht – mit der das in der US-Verfassung verbriefte Recht auf Selbstverteidigung eingefordert wird. Kaum, dass sie mit ihren Pistolen und Gewehren posieren würden oder auch nur besonders stolz darauf sind: Die Waffen sind ganz selbstverständlicher Teil ihres Lebens. Die Antworten auf die Frage nach dem Warum – unter den Porträts kann man sie nachlesen – sind ganz unterschiedlich: Manche betonen den Symbolgehalt einer Waffe als Zeichen der Freiheit des Individuums, andere erwähnen das Recht auf Selbstverteidigung – doch stets ist es die Normalität jener zumeist so friedfertig aussehenden Menschen, die verblüfft.

Es ist das Miteinander von lächelnden Kindern, Haustieren, Durchschnittsbürgern, aufgeräumten Wohnungen, Revolvern, Pumpguns und Schrotflinten, das gänzlich Unmartialische, das den Atem stocken lässt. Die USA, so sehen wir hier, ist ein fremdes, ganz fremdes Land, in dem Waffen kultureller Bestandteil sind. „Eine Schusswaffe zu besitzen gibt mir eine Art Gleichgewicht“, sagt einer der Gezeigten.

Dem in Philadelphia lebenden Fotografen ist hier ein kleines Kunststück geglückt: Der Band ist in der Folge der Diskussion um Michael Moores Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“ hochbrisant, erstaunt in seiner Bizarrheit und gleichzeitig in der Verweigerung jeder Stellungnahme. Dieser Kunstgriff – einfach nur zu zeigen, was da ist – fordert den Betrachter heraus: Stellung beziehen muss nun er. Zurück bleibt Ratlosigkeit – und Unbehagen.
Wir sehen: Ein ganzes Land fühlt sich unsicher – hat den Finger am Abzug. 10 000 Menschen werden in den USA jährlich erschossen. Tendenz: steigend.
(Marc Peschke)
Kyle Cassidy: Bewaffnetes Amerika (bei amazon.de)
Waffenbesitzer und ihr Zuhause im Porträt
112 Seiten. 100 farbige Abbildungen
Gebunden mit Schutzumschlag. 24 x 30 cm
Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf 2007
ISBN 978-3-89602-810-X
19,90 Euro
Ein ganzes Land fühlt sich unsicher…
Wenn Deutschland über Amerika spricht, kommt es einem immer vor, als wenn ein Blinder künstlerische Farbnuancierungen kommentiert.
Full ACK!
[quote=Gast]Wenn Deutschland über Amerika spricht, kommt es einem immer vor, als wenn ein Blinder künstlerische Farbnuancierungen kommentiert.[/quote]
Ja. Und dann auch noch die Verlogenheit der Deutschen: Es wird in Deutschland wohl als völlig gerechtfertigt angesehen, über die Politik und die gesellschaftlichen Eigenheiten anderer Länder zu lästern bzw. beim Lästern grob zu verallgemeinern (die Amerikaner sind ungebildete bigotte Waffennarren, die Franzosen sind chauvinistische Froschschenkelesser, die Holländer sind auf den Autobahnen daher schleichende Wohnwagen-Nomaden, die Italiener sind kurzbeinige faule kaffeetrinkende Möchtegern-Charmeure usw.), aber wehe es wagt jemand zu sagen/schreiben, dass die Deutschen zum Beispiel immer nur am Meckern/Jammern/Lästern sind, dass der Personenkult und der Gesundheits-/Reinlichtkeitswahn hier besonders ausgeprägt sind oder noch, dass die Deutschen krampfhaft versuchen, lustig zu sein – dann ist die Empörung groß…
Gratulation
Selten sowas verschwurbeltes gelesen.
Was sind Waffen?
[quote=Gast]
Der Bürger wird nicht sicherer, wenn es mehr Waffen gibt. Er wird sicherer, wenn KEINE Waffen im Umlauf sind. Eine Weissheit, die der US-Amerikaner vermisst.
Wir sollten an einem STRIKTEN Waffenverbot ohne Ausnahmen um jeden Preis festhalten, um nicht in die Gefahr zu kommen, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen, wie die Amerikaner. Selbst in Amerika gibt es viele Leute, die wissen, dass die Waffenpräsenz das Hauptproblem ist und fordern deshalb einen weitgehenden Verbot.
MfG, Gast[/quote]
Verehrter Herr (Frau?) Gast
Sie haben Was gegen Waffen- kann ich verstehen.
Nur was sind Waffen?
Ist es das Küchenmesser das ein betrogener Ehemann sener Frau in die Brust rammt?
Ist es der Schraubenzieher mit dem ein 14- jähriger Hauptschüler auf seinen Lehrer losgeht, von dem er sich ungerecht behandelt fühlt?
Sind es die Baseball- Schläger, mit der eine Jugendgang auf eine rivalisierende Gruppe losgeht?
Ist es der scharf gemachte Schäferhund irgend eines Schlägertyps?
Ist es womöglich das Designer- Nudelholz aus edlem Carara- Marmor welches eine Frau ihrem fremdgehenden Gatten über den Schädel zieht?
oder ist es gar das Auto, mit dem zur Fußball- WM ein durchgeknallter Amok Fahrer in die Fan- Meile gerast ist?
Oder ist es doch nur der böse 44er Magnum in der Hand eines gefährlichen mehrfach überprüften Sportscchützen?
Oder glauben Sie einfach den Müll, der täglich über die Matscheibe täglich auf uns einflutet
Das die Kriminalität in den USA so hoch ist liegt am allerwenigsten an der leichten Verfügbarkeit von Schußwaffen sondern an den extremen sozialen Gegensätzen und die jahrhundertlange Ausgrenzung vieler Volksgruppen und dem im Gegensatz dazu hemmungslosen zur Schau stellen von Reichtum.
Übrigens das Auto ist die gefährlichste Waffe der heutigen Zeit, allein in Deutschland hat es seit 1960 weit über eine halbe Million Menschen getötet….
Viele Grüße
Michael
Erschreckend
Der Waffenwahnsinn dieser Menschen muss uns erschrecken, vor allem wenn man die Konsequenz, die Brutalität dieses Volkes sich vor Augen hält… Sie hat den Irakkrieg und den heutigen Terror erst möglich gemacht. Die Aufnahmen von Cassidy haben dies deutlich gemacht, ob bewusst oder unbewusst….?!
Schockierend…
Völlig schockierend, diese Fotos, vor allem wenn man die Kleinkinder auf den Fotos sieht.
In keinem anderen Land der Welt wird soviel getötet wie in Amerika, business as usual, es ist beschämend für die Amerikaner. Gratulation an den Fotografen, der diese Absurdität eingefangen hat.
Waffen
Bevor hier jemand über die Verhältnisse in den USA herzieht:
In Deutschland sind nach Schätzung des BKA etwa 20 Millionen illegale, also unregistrierte Waffen unterwegs, d. h. das im Schnitt jeder 4. eine illegale Knarre im Schrank hat..
Und noch ein Denkanstoß:
Nach dem weitgehenden Verbot von privaten Handfeuerwaffen in UK ist die dortige Gewaltkriminalität au das 4- fache gestiegen….
Die meisten Morde passieren übrigens mit Messern (meist Küchenmesser), Äxten, Hämmern und was der Baumarkt sonst so hergibt.
Wenn einer verkrampft mit dem Thema umgeht sind es die Deutschen.
Viele Grüße
Michael
Das übliche Geseier
[quote=Gast]
Was haben Sie gegen Franzosen und Italiener?!
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Gar nichts.
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immerhin kennen Sie ja all die Sprüche, die viele andere noch nie gehört haben?
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“Die andere noch nie gehört haben”… Alles klar. *LOL*
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Sie müssen sich ja ordentlich zusammenreißen um weltoffen und liberal rüberzukommen. Aber gibts irgendwo eine entblößte Brust zu sehen, dann ist schluss mit lustig.
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Sie bleiben mir immer noch den Beweis (durch ein eindeutiges Zitat) schuldig, dass ich nackte Körper anstössig finde. Aber Sie geizen ja bekanntlich nicht mit dumm-dämlichen Unterstellungen…
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Warum glauben Sie eigentlich immer, die Deutschen hätten keinen Humor?! Nur weil Sie vieles nicht verstehen.
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Ach so! Der deutsche Humor ist also eine “höhere Form” des Humors, die nur Eingeweihte bzw. Personen ab einem bestimmten Intelligenzquotient verstehen können!?! Das ändert natürlich alles. Dass noch niemand drauf gekommen ist…
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Glauben Sie wirklich in anderen Ländern gäbe es keine Vorurteile?!
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Doch. Aber in anderen Ländern geht man auch souveräner mit Kritik um…
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Und wenn Sie nur halbs so klug sind wie sie glauben, dann sollten gerade Sie nicht ständig andere zurechtweisen und moralisch bewerten.
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Ich hab hier nur auf die Heuchlerischkeit einiger Personen hingewiesen. Das ist mir offenbar nicht erlaubt, aber wenn andere die Amerikaner wegen ihres Waffenbesitzes kritisieren, dann ist das Zurechtweisen und moralisch Bewerten plötzlich erlaubt… Soviel zum Thema “mit zweierlei Maß handeln/denken”!
Großvater
Ganz tolles Buch! Wirklich eine Vorstellung wer. Übrigens, der Opa, der hier als erstes abgebildet ist, das ist einer der wenigen Nicht-Waffennarren im Buch. Die Pistolen als Lampenständer sind jahrhundertealte Erbstücke. Sie dokumentieren schön, wie tief der Waffenbesitz auch in “ganz normalen” amerikanischen Familien verwurzelt ist.
Die Waffen sind weniger erschreckend …
… als die Leute, die sie besitzen.
In dem Wohnzimmer mit den Sammeltassen und Hunden wäre ich gerne mal ein paar Minuten mit der Waffe allein, und auch wenn ich manchen Kommentar hier lese, könnte ich so meine Gewaltphantasien entwickeln …
Die auch in den Fotos offensichtliche Koinzidenz von Waffen- und Hundebesitz wäre ne psycholgische Untersuchung wert. Vielleicht halten sich bei uns so viele ihren Köter, weil die Waffengesetze so restriktiv sind.
(Katzenliebhaber)
: : :
Rumpi, Rumpi, mit Dir möcht ich auch mal allein in einem Zimmer sein . . .
Das Argument
“Es ist nicht die Waffe, die tötet, sondern der Mensch” verleitet zu falschen Schlüssen. Es ist vor allem der freie Zugang zu Waffen, der dafür sorgt, dass die Mordrate in der US-Gesellschaft so unfassbar hoch ist im Vergleich zu anderen (zivilisierten) Ländern.
Waffennarren haben es nicht gerne, wenn man ihnen das Gemüt verstimmt, indem man ihnen die Waffen wegnehmen will, aber der Schutz der Bürger geht vor der Manie einiger vernarrten.
Der Bürger wird nicht sicherer, wenn es mehr Waffen gibt. Er wird sicherer, wenn KEINE Waffen im Umlauf sind. Eine Weissheit, die der US-Amerikaner vermisst.
Aber dass alles ist ein Spezialproblem der US Kultur, das uns hierzulande eher weniger berührt. Wir hier in Europa sind zum Glück etwas klüger als die Amerikaner, wir haben nämlich erkannt: Keine Waffen in Bürgerhänden = weniger “Unfälle”, basta.
Wir sollten an einem STRIKTEN Waffenverbot ohne Ausnahmen um jeden Preis festhalten, um nicht in die Gefahr zu kommen, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen, wie die Amerikaner. Selbst in Amerika gibt es viele Leute, die wissen, dass die Waffenpräsenz das Hauptproblem ist und fordern deshalb einen weitgehenden Verbot. Aber sie werden nie Erfolg haben, den dieser Kampf ist für die US Gesellshaft längst verloren, die Waffenlobby viel zu mächtig und etabliert. Horrornachrichten made in USA werden wir mit sicherheit auch in Zukunft empfangen.
Das US-Sozialsystem ist ein knallhartes Jeder-Ist-auf-sich-selbst-gestellt-System, und ich glaube, folglich ist die Waffe in den USA auch so eine Art Beseitigungsgerät für sozialen Abfall. Dort wo der (Sozial-)Staat versagt, erledigt u.a. die Waffe den Rest.
Streiten sich zwei Buben im Sandkasten, fliessen Tränen, gibt man ihnen Waffen, fliesst Blut.
MfG, Gast
Als Amerikaner
… schäme ich mich. Es ist gut, dass der Fotograf die Bilder, Motive, so “naiv” präsentiert hat; vielleicht kapieren manche so am besten, wieviel Wahnsinn hinter diesem Waffenkult steckt! Hoffentlich…
Ein Extrem jagt das andere.
Ein Extrem jagt das andere. Die Amerikaner gehen recht ungewungen mit großen Kalibern um, bei uns hingegen ist seit gestern selbst das Mitführen von Taschenmessern verboten.
Nein, das ist kein Aprilscherz.