Nicht die Kamera, die möglichst viel abbildet, sondern jene, die möglichst das Entscheidende erfasst, ist das Ziel neuerer Forschungen. Smart cameras wollen der kaum mehr behersch- und auswertbaren Überwachungs-Bilder-Datenflut Herr werden, indem nicht jede, sondern die entscheidende Aufnahme, gemacht und weitergemeldet wird:
Pressemitteilung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt:
Intelligente Kameras schützen Privatsphäre
Millionen Kameras begleiten uns mittlerweile im Alltag. Die Verwendung der Bilddaten erfolgt oft ohne Wahrung des Datenschutzes. Intelligente Systeme in Smart Cameras mit ihren integrierten Bildanalysen sollen Abhilfe schaffen. Klagenfurter Informationstechniker veranstalten dazu vom 25. bis 28. September eine internationale Expertentagung in Wien, unterstützt von den weltweit größten Fachorganisationen ACM und IEEE.
Die Verbreitung von Kamerasystemen im öffentlichen, beruflichen und privaten Umfeld schreitet massiv voran. Getrieben vom rasanten technologischen Fortschritt, dem damit einher gehenden Preisverfall aber auch von einem vermeintlich gesteigerten Sicherheitsbewusstsein hat sich dieser Trend in den letzten Jahren noch verstärkt. Wir sind zwar nun von vielen (Kamera-)Augen umgeben, aber die Sehfähigkeit der Kameras – im Sinne von Wahrnehmung und Erkenntnis – ist noch sehr beschränkt. Eine Speicherung bzw. manuelle Analyse aller aufgenommenen Videoströme scheitert unter anderem an der schieren Datenmenge. Und folglich sind die übertragenen und gespeicherten Bilder häufig unzureichend vor fremdem Zugriff gesichert. Hier sind innovative Architekturen und Bildverarbeitungsmethoden für Kamerasysteme gefordert.
Blick in eine Smartcam, Prototyp, Foto: Bernhard Rinner
Smart Cameras sehen das Wesentliche
In Entwicklung befinden sich so genannte Smart Cameras. Sie liefern keine Bilder mehr, sondern sie analysieren die Bilder on-board und geben nur mehr relevante Ergebnisse weiter, wie Geisterfahrer oder gestürzte Person. Wenn die Übertragung von Bildern entfällt, wird der Missbrauch an der Quelle vermieden und somit die Wahrung der Privatsphäre der beobachteten Personen unterstützt. Smart Cameras vereinen Bildaufnahme, Bildverarbeitung und Kommunikation der analysierten Videodaten in einem eingebetteten System. Sie arbeiten gemeinsam in einem Kamera-Netzwerk und erhöhen dadurch ihre Sehfähigkeit.
Weltweites Forschernetzwerk
Smart Cameras repräsentieren mittlerweile weltweit ein sehr aktives Forschungsgebiet im Schnittpunkt der Bereiche Bildverarbeitung, Sensor Netzwerke, eingebettete und verteilte Systeme sowie Pervasive Computing. Als Prototypen finden sie bereits Anwendung in der Verkehrsüberwachung, im assisted living und in Computerspielen. Internationale Firmen, wie IBM, NXP oder Siemens arbeiten intensiv an der Entwicklung solcher Systeme.
Die Forschungsgruppe Pervasive Computing unter Leitung von Prof. Bernhard Rinner ist Veranstalteter der ACM/IEEE International Conference on Distributed Smart Cameras (www.icdsc.org http://www.icdsc.org/). Diese findet während der Woche der Informatik der ÖCG (österreichischen Computergesellschaft) vom 25. bis 28. September an der Universität Wien statt.
Auskünfte:
Univ.-Prof. Dr. Bernhard Rinner
Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
P: +43-463-2700-3671
E: bernhard.rinner@uni-klu.ac.at
W: www.pervasive.uni-klu.ac.at
Bernhard Rinner ist Mitbegründer und aktueller Vorsitzender der International Conference on Distributed Smart Cameras sowie Gast-Editor einer bevorstehenden Ausgabe zu diesem Thema in den Proceedings of the IEEE – quasi dem Nature Journal der Elektro- und Informationstechnik.
(thoMas)
Privatsphäre ade
Na, ob das meiner Privatsphäre wirklich gut tut? Bislang konnte ich hoffen, im Datenwust unterzugehen und nicht aufzufallen. Jetzt muss ich dann wohl befürchten, dass mich schon der falsche Sticker (rot, grün, schwarz, pro, kontra – je nach politischer Lage) auffällig macht und herausfiltert.
In einer Welt, die das Uniforme als die (ungefährliche) Norm ansieht, ist der Nonkonformist auf Anhieb verdächtig.
bierflasche in der hand? – potentieller säufer
sticker am hemd? – potentieller unruhestifter
kreuz vor der brust? – potentieller kinderschänder
Schöne neue Welt.
der besucher
Was wirklich nötig wäre …
… statt solcher Vorlagen für “Big Brother” wären im Kampf gegen optische Umweltverschmutzung Kameras, deren Auslöser blockiert, wenn der Fotograf Mist fotografiert. Dann blieben wir von BILD-Leserreportern und Seiten wie www.webzooms.net verschont.
gez.
(Umweltschützer)
Frommer Wunsch …
… in einer paranoiden Welt.
Der optischen Umweltverschmutzung könnte allein ein Verbot von Fotohandys und Kompaktknipsen wirkungsvoll vorbeugen.
Orwellsches Neusprech
als Nachtrag noch der Hinweis auf einen lesenswerten Beitrag aktuell zum Thema Überwachung
http://www.heise.de/newsticker/meldung/96184/from/rss09
darin auch der Link (für der englischen Sprache mächtige)
http://www.aclu.org/multimedia/audio/31802res20070917.html
Angesichts dessen erweist sich die von der Pressemitteilung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt gewählte Überschrift
„Intelligente“ Kameras schützen Privatsphäre”
als klassisches Beispiel für Orwellsches Neusprech.
gez.
(nach Diktat offline)