Wir haben das japanische Dokument von Mamiya übersetzt, das sich zur Aufgabe des Kamerageschäfts äußert. Hier also die Fakten samt einiger Mutmaßungen:

Richard Wong, der uns immer mal wieder beim Japanischen unter die Arme greift, hat dankenswerterweise das japanische PDF von Mamiya übersetzt und interpretiert.

Im Wesentlichen bleibt es bei dem in Mamiya steigt aus dem Kamerageschäft aus Gesagten. Auch Impress Watch bezog wohl die wesentlichen Informationen aus dem Mamiya-Dokument, das seit dem 21. April als (japanischsprachiges) PDF vorliegt.

Danach teilt Mamiya tatsächlich mit, dass das Geschäft mit optischen Geräten zum 1. September 2006 – vorbehaltlich der Zustimmung durch die Aktionärsversammlung – an eine „Cosmos Digital Imaging KK (Kosumo dejitaru imejingu KK; KK steht für Kabushiki Kaisha, was unserer GmbH entspricht) übertragen werden soll.

Im ersten Teil befasst sich das Dokument mit der jüngeren Geschichte des Unternehmens und den Gründen für den Ausstieg: Im Jahr 1992 übernahm Olympic, ein Hersteller von Angelgeräten, Mamiya, einen Hersteller von Mittelformatkameras, der Name wurde zu Mamiya OP geändert. Elektronische Geräte kamen hinzu und die drei Abteilungen arbeiteten zusammen. Im Jahr 2000 allerdings wurde aufgrund herber Verluste der Rückzug aus dem schwächelnden Geschäft mit Angelausrüstungen notwendig. Ab 2001 dann brachen die Mittelformatkameraverkäufe wegen der Konkurrenz durch digitale Kompakt- und hochwertige digitale Spiegelreflexkameras regelrecht ein. Die im Dezember 2005 eingeführte Mamyia ZD wiederum sollte die Entwicklung aufhalten, aber die Verkäufe entsprachen nicht den Erwartungen und Mamiya sah sich in den letzten vier Quartalen erneut mit herben Verlusten konfrontiert.

Da Mamiya davon ausgeht, dass diese Entwicklung nicht umkehrbar ist, hat sich das Unternehmen nun entschlossen, sich aus dem Geschäft mit optischen Geräten zurückzuziehen und es zum 1. September 2006 an die Cosmos Digital Imaging Company (Kosumo dejitaru imejingu KK) zu übertragen. Die Mitarbeiter der Optikabteilung werden entlassen, sollen aber von der neuen Gesellschaft wieder eingestellt werden, die auch den Service übernehmen will. Mamiya will sich verstärkt dem Elektronik- und Sportgerätebereich widmen.

Die Cosmos Digital Imaging Company wird den Markennamen „Mamiya“ übernehmen, wobei noch keine konkreten Vorstellungen und Pläne über die Weiternutzung zu existieren scheinen. Die Gmbh wurde von Cosmos Scientific Systems erst zum 15. März 2006 eigens zu dem Zweck gegründet, optische und elektronische Bauteile und Geräte zu fertigen und zu verkaufen (sprich, Mamiya zu übernehmen). Aktuelle Beschäftigtenzahl: Deren zwei!

Interessant ist die Übersetzung bzw. Interpretation von Richard Wong, was den Verkauf angeht. Wir zitieren: Im Text wird „joto“ für den Transfer verwendet. Dieser Ausdruck wird üblicherweise im Sinne von „Übertragung von Wertpapieren“ benutzt. Tatsächlich aber scheint er mir hier mehr im Sinne von „Ausverkauf“ benutzt zu werden.

Und in der Tat, angesichts Mamiyas Selbsteinschätzung (einbrechende Analogverkäufe, digitale Mittelformatkamera nicht verkäuflich) bleibt vom Kameraportfolio nicht viel Wertvolles übrig. Objektive kann man nur verkaufen, wenn man vorher die passenden Kameras verkauft. Bleiben die Carbonstative, die unter alle Kameras passen. Da stellt sich die Frage, was ein Käufer mit Mamiya will. Der in Mamiya steigt aus dem Kamerageschäft aus genannte Kaufpreis von 100.000.000 Yen, das sind knapp 700.000 Euro, scheint da so unrealistisch nicht mehr, sondern wird vielmehr von mehreren Quellen genannt.

Wird also Mamiya ein erstes fernöstliches Rollei? Ein „Kistenschieber“ (Ware einkaufen, umetikettieren, verkaufen)?

Und wer ist wohl der Nächste?

(Wir gehen hier mit L.S. konform, der Pentax als nächsten Kandidaten sieht – statt jetziger Kooperation dann eine Übernahme durch Samsung; so wie Sony und Konica Minolta? Aus dem Firmenprofil: Pentax ist weltweit bekannt für technologisch überzeugende Produkte in verschiedensten Geschäftsfeldern wie Imaging Systems (Foto/Optik), medizinische Instrumente wie Video- und Fiberendoskope, industrielle Produkte für Überwachungs- und Vermessungstechnik, Brillengläser, mobile Drucker und Internet-Kameras. Pentax wäre nun wirklich nicht das erste Unternehmen, das wenig Zukunft im Kamerageschäft, aber große Zukunft in anderen Zweigen zu erkennen vermeint – wie ja z.B. auch Kyocera.)

Angesichts der in letzter Zeit nicht unüblichen japanischen Überraschungspolitik kaum verwunderlich: Die deutsche Mamiya-Niederlassung wusste heute morgen (wir fragten telefonisch um 8:30 Uhr nach) noch rein gar nichts: „Da haben Sie jetzt für Gesprächsstoff bei uns gesorgt.“

(thoMas)

Nachtrag (25.4.2006):
#1: Klarstellung: Im letzten Absatz wurde der Begriff Niederlassung in Mamiya-Niederlassung geändert, um deutlicher zu machen, dass sich die Nachfrage nicht etwa auf den spekulativen Pentax-Einschub in Klammern bezog, sondern auf die Entwicklungen bei Mamiya. Entschuldigung für die unklare Formulierung.

#2: Mittlerweile ist auch auf der englischsprachichen Seite von Mamiya Japan eine Notiz aufgetaucht: Mamiya transfers camera and optical division, in der deutlich wird, was Cosmo(s) bekommt: „… wird alle Vermögenswerte inklusive des Inventars, der Liegenschaften, Warenzeichen und Patente erwerben…“