Zu Beginn des neuen Jahres die Prognose: Was wird das Jahr 2006 in fotografischer Hinsicht wohl bringen?

Die Flut flaut ab

Acer, HP, Epson und andere Quereinsteiger haben anscheinend realisiert, dass sich mit digitalen Kompaktkameras doch nicht ganz so einfach das große Geld verdienen lässt. Jedenfalls ist die Ankündigungsfreude dieser Firmen, was Digitalkameras angeht, zurückgegangen und es steht zu erwarten, dass sich das auch in 2006 fortsetzt. Generell wird sich der Modellwechsel digitaler Kompaktkameras – der zu Zeiten im Drei-Monats-Rhytmus erfolgte – etwas ruhiger gestalten; es wird weniger Modelle von weniger Herstellern geben.

Drastische Erhöhung der Auflösung ist nicht zu erwarten und bringt auch nicht so viel (von 8 auf 12 Megapixel etwa sind es nur theoretische +50 Prozent; praktisch weniger).

Glücklich, wer eine ältere Digitalkamera geringerer Auflösung sein eigen nennt. Er kann bei einem Neukauf die Auflösung wirklich drastisch steigern; bekommt eine sehr gute, praxisgerechte Ausstattung dazu und bezahlt vergleichsweise wenig.

Generell wird die Feinarbeit bei den digitalen Kompakten weitergehen: Auslöseverzögerung, Reihenaufnahme, Bedienung, Aussehen, Anbindung, Ausdruck … es wird gefeilt und verbessert.

Trägt die Brücke?

Ob Brückenkameras eine Renaissance erleben, wollen wir abwarten, glauben aber nicht so recht daran. „Megazooms“ als besonders leistungsfähige Kompakte werden weiter gekauft. Aber jene Spitzenmodelle, die hinsichtlich Preis und Leistung der digitalen Spiegelreflex Konkurrenz machen, haben wohl bald ausgedient. Kalkuliert man den Systempreis (Gehäuse plus gutes Objektiv), dann sind sie zwar immer noch interessant, aber die Zeiten, da allein ein DSLR-Gehäuse doppelt so viel und mehr kostete, sind vorbei. Und DSLRs haben schlicht und ergreifend die Profi-Anmutung auf der Habenseite, die ja auch was wert ist.

Siehe dazu auch: Kompetenzträger und Knipsmaschinen (Absatz zur Ricoh mirai)

Hier geht die Post ab

Spannend wird es bei den digitalen Spiegelreflexkameras. Hier wird entwickelt, hier wird verdient, hier besteht bei einigen Herstellern Nachholbedarf – und hier geht die Post ab:

Die Allianzen, die sich im letzten Jahr gefunden haben, werden neue Spiegelreflexkameras vorstellen:

Von Olympus / Panasonic ist nichts wirklich Aufregendes zu erwarten, es sei denn, die Allianz rückt vom Four Thirds Standard ab; das ist aber noch unwahrscheinlich. Denkbar ist eine DSLR (bzw. deren Objektive) mit Bildstabilisator, schließlich beherrscht Panasonic diese Technik.

Spannend allerdings wird die Entwicklung werden, was größere Bildsensoren angeht. Bleibt Sony mit seinen Spitzen-Kompaktkameras (R1) alleine oder werden auch andere – mit Sonys oder mit eigenen Sensoren – Kompaktkameras mit größeren Sensoren vorstellen? Falls das der neue Trend im Jahr 2006 wird, gerät der Four Thirds Standard noch stärker unter Druck und weiter ins Hintertreffen und hat dann den mit Abstand kleinsten Sensor aller anspruchsvollen Modelle – mit allen Problemen, die Auflösung zu erhöhen, ohne das Rauschen zu verstärken. Da wird die Argumentation pro Four Thirds noch schwieriger werden (diesen Standard nutzt augenblicklich allein Olympus).

Siehe auch hierzu Kompetenzträger und Knipsmaschinen und da wiederum den Absatz zum Four Thirds Standard.

Pentax / Samsung werden wohl Bekanntes, wiewohl leicht Modifiziertes, auf Basis der istD-Modelle bringen: Siehe Kunterbuntes – Samsung GX-1. Hier sind die geringsten Überraschungen zu erwarten. Obwohl: Stolz und Eitelkeiten zwischen den Nationen, das etwas zwiespältige Verhältnis zwischen Japanern und Koreanern – das sollte nicht unterschätzt werden. Mag sein, die Partner stacheln sich gegenseitig an und auf, versuchen sich zu übertrumpfen – und arbeiten dabei doch gemeinsam weiter. Dann sind sie für jede Überraschung gut.

Am spannendsten versprechen die Ergebnisse der Allianz Konica Minolta / Sony zu werden. Sony hat erst kürzlich mit der Cyber-shot R1 gezeigt, dass die Firma bei Sensoren immer für eine Überraschung gut ist (nebenbei: wie weit verbreitet Sony-Sensoren sind, wird hier deutlich: Pentax ruft Digitalkameras zurück samt der weiterführenden Links). Bei Konica Minolta wiederum verlangt der Zeitplan nach dem Flaggschiff „Dynax 9D“ – die photokina wäre eine gute Gelegenheit zur Einführung. Mit ihr wird sich dann auch Konica Minolta mittelfristig entweder komplett für APS-C-Sensoren entscheiden oder (eher unwahrscheinlich) auch Vollformatsensoren anbieten.

Fuji hat etlichen Nachholbedarf, was digitale Spiegelreflexkameras angeht. Sehr gute Sensoren hat die Firma, fehlt noch das moderne Spiegelreflexgehäuse mit interessanter Ausstattung zum konkurrenzfähigen Preis. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Und es mag sein, dass Nikon just auf der Suche ist nach einem Partner…

Canon schließlich wird dem nicht tatenlos zusehen und man darf gespannt sein, was diese Firma, die den digitalen Kameramarkt nahezu beherrscht, die seit Jahren federführend ist bei Technologie und Preisgestaltung, im neuen Jahr wieder so alles aus dem Hut zaubert: Es wird gut sein und preiswert und mitunter so manchem Konkurrenten den Angstschweiß auf die Stirn treiben.

Und die Analogfotografie?

Die befindet sich im freien Fall und wird sich im Laufe der Jahre 2006 / 2007 auf einem niedrigen, dann aber stabilen, Niveau einpendeln.

Siehe auch:
Das war 2004
Das wird 2005
Das war 2005

(thoMas)