Ein Gemälde, das in einem Museum hängt, schützt das Urheberrecht vor unerwünschter Vervielfältigung, etwa durch eine Fotografie. Was aber, wenn das Kunstwerk frei zugänglich am Bug eines Kreuzfahrtschiffs prangt? Ob dann die Panoramafreiheit gilt oder nicht, dazu hat der Bundegerichtshof letzte Woche ein Urteil gefällt.
Eigentlich ist die Panromafreiheit in Deutschland klar geregelt: Kunstwerke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, dürfen fotografiert werden; auch darf der Fotograf seine Aufnahmen veröffentlichen. Es ist also unbedenklich, ohne Einwilligung des Bildhauers ein Denkmal zu fotografieren.
Der Aida-Kussmund ist zwar urheberrechtlich geschützt, Fotografien davon unterliegen jedoch der Panoramafreiheit.
Doch gilt diese Regelung auch für das Kussmund-Logo, das die Schiffe der Kreuzfahrtreederei Aida Cruises ziert? Das Kreuzfahrtunternehmen sah das nicht so. Es wollte es einem Anbieter von Landausflügen verbieten lassen, für sein Angebot mit dem einem Foto zu werben, das unter anderem den Bug eines Aida-Schiffs mit dem von einem Künstler gestalteten Kussmund zeigt. Begründung: Ein Schiff sei nicht bleibend an einem öffentlichen Platz, sondern fahre umher und befindet sich zum Teil auch in einem geschlossenen Raum, etwa in einer Werft. Daher verklagte Aida Cruises den Ausfluganbieter auf Unterlassung und Schadensersatz.
Bereits 2015 Jahr hatte das OLG Köln diese Klage abgewiesen. Darauf legte Aida Cruises Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein, die das oberste deutsche Gericht nun zurückgewiesen hat. Der BGH hat ganz pragmatisch festgestellt, dass Kunstwerk, der Aida-Kussmund“ zwar nicht ortsfest aber durchaus bleibend ist – womit auch für die Aida-Schiffe die Panoramafreiheit nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG gilt. Die Panoramafreiheit kommt laut BGH immer dann zum Tragen, wenn ein Werk „von Orten aus, die unter freiem Himmel liegen und für jedermann frei zugänglich sind, wahrgenommen werden kann. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn ein Werk nicht ortsfest ist und sich nacheinander an verschiedenen öffentlichen Orten befindet. Ein Werk befindet sich bleibend an solchen Orten, wenn es aus Sicht der Allgemeinheit dazu bestimmt ist, für längere Dauer dort zu sein.“
Der BGH bezieht sich in seinem Urteil zwar nicht auf Luftfahrzeuge, doch das jetzt gefällte Urteil dürfte sinngemäß auch für diesen aufwändig bemalten Flieger der Airline Swiss gelten.
Der BGH stellt zudem klar, dass die Panoramafreiheit beispielsweise auch Werke an Fahrzeugen erfasst, die bestimmungsgemäß im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden. Andernfalls würde das Fotografieren und Filmen im öffentlichen Raum zu weitgehend eingeschränkt.
Prozessbeobachter gehen übrigens davon aus, dass Aida Cruises das Urheberrecht im konkreten Fall als Vehikel nutzen wollte, um einen unliebsamen Anbieter von Landausflügen loszuwerden. Denn das Kreuzfahrtunternehmen bietet derartige Ausflüge ebenfalls an.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 56/2017 des BGH
(Fotos: Martin Vieten)
"befindet sich zum Teil auch in einem geschlossenen Raum, etwa in einer Werft."
Daraus würde ich folgern, dass es dann der Panoramafreiheit unterliegt, solange es sich nicht in der Werft, sondern im öffentlichen Raum befindet. Insofern bin ich über die Argumentation des Kreuzfahrtunternehmens.verwundert.
Ich bin zwar kein Fan der meisten mir bekannten BGH-Entscheidungen, aber hier finde ich die Klarstellung richtig:
"Die Panoramafreiheit kommt laut BGH immer dann zum Tragen, wenn ein Werk „von Orten aus, die unter freiem Himmel liegen und für jedermann frei zugänglich sind, wahrgenommen werden kann."