Der japanische High-Tech-Blog Egami hat ein interessantes Patent von Canon ausgegraben. In der Anfang Februar 2016 veröffentlichten Patentschrift beschreibt Canon, wie sich ein Foto durch Verschieben der Sensorebene fokussieren lässt. Dieses Verfahren könnte helfen, einen kontrastbasierten Autofokus spürbar zu beschleunigen – vor allem auch bei Videoaufnahmen.
Neu ist die Idee nicht, durch Änderung der Bildebene zu fokussieren. Das konnte bereits die Contax AX aus den 90er Jahren – allerdings war die Idee hier aus der Not heraus geboren: Von Zeiss gab es keine AF-Objektive, also musste der Autofokus in die Kamera verlagert werden. Bei Canon liegt der Fall natürlich anders: Wie alle Kamerahersteller sucht auch Canon nach Wegen, den sehr genauen Kontrast-Autofokus zu beschleunigen – vor allem, wenn der Fokus bei schnellen Bildserien und Videoaufnahmen nachgeführt werden soll.

Bereits die Contax AX konnte automatisch fokussieren, indem die Filmebene verschoben wurde.
Der Kontrast-AF ist gegenüber dem Phasen-AF einer Spiegelreflexkamera dadurch im Nachteil, dass er nicht erkennen kann, ob der Fokus aktuell vor oder hinter dem Motiv liegt. Zum automatischen Scharfstellen muss daher der gewünschte Fokusbereich (in immer kleineren Inkrementen) überfahren werden, bis die optimale Einstellung gefunden ist. Die Phasenvergleichsmessung kennt dieses Problem nicht, zudem reicht hier bereits ein Messwert, um die ungefähre Abweichung zur gewünschten Fokusentfernung zu ermitteln.
Schneller wird ein Kontrast-AF, indem man die Datengewinnung und -verarbeitung beschleunigt. Diesen Weg sind in der Vergangenheit zum Beispiel Panasonic und Olympus gegangen. Dieses Verfahren wird aber umso wirkungsloser, je größer die Massen der Fokusgruppen sind, die innerhalb des Objektivs bewegt werden müssen. Aus diesem Grund verbaut zum Beispiel Sony beim unlängst vorgestellten Objektiv FE 70-200mm F2.8 GM OSS für das E-Mount gleich zwei Fokusgruppen: Eine schwere fürs Grobe, sowie eine kleinere, leichte für die Feinarbeit beim Nachführ-AF.

So könnte der AF per Sensor-Verschiebung bei Canon funktionieren:
Ein piezoelektrisches Element (gelb) rückt den Bildsensor (rot) näher an die Hinterlinse oder weiter zurück.
Ausgleichsgewichte (blau) sorgen dafür, dass es nicht zu unerwünschten Vibrationen kommt.
Canons neues Patent beschreibt nun ein Verfahren zur Beschleunigung des Kontrast-AF, wie es ähnlich Contax bereits bei der AX angewandt hat: Fokussiert (zumindest grob) wird, indem der Sensor in der Z-Achse, also in der Bildebene verschoben wird. Problem dabei: auch der Sensor hat eine gewisse Masse. Wird sie bewegt, überträgt sich das aufs Kameragehäuse, was zu unerwünschten Vibrationen führen kann. Dem möchte Canon mit speziellen Ausgleichgewichten begegnen, die seitlich platziert sind, damit die gesamte Konstruktion nicht zusätzlichen Platz in der Tiefe benötigt.
Der „Z-Shift“-Sensor wäre vor allem bei Objektiven von Vorteil, deren AF-Antrieb nicht für den Kontrast-AF optimiert sind – also in erster Linie ältere DSLR-Optiken. Und noch einen Pluspunkt bringt ein um die Z-Achse verschiebbarer Sensor: Mit seiner Hilfe könnten Objektive und Kameras zusammengebracht werden, die für unterschiedliche Auflagenmaße konstruiert sind.
Weiterführende Informationen: Patentbeschreibung auf Japan Platform for Patent Information (Englisch).
(Martin Vieten)
Bei dieser
Gelegenheit könnte man auch gleich eine zusätzliche Shift Funktion für uns Studio Fotografen einbauen. Canon sollte in sein Regal greifen und den Tilt Mechanismus der TS Objektive an der Kamera Frontseite verbauen, das ist es dann. Eine Studiokamera aus einem Stück.
Tilt/shift-patent von Canon…
[quote=Gast]Gelegenheit könnte man auch gleich eine zusätzliche Shift Funktion für uns Studio Fotografen einbauen. Canon sollte in sein Regal greifen und den Tilt Mechanismus der TS Objektive an der Kamera Frontseite verbauen, das ist es dann. Eine Studiokamera aus einem Stück.[/quote]
… wurde bereits mal gezeigt.
Hartblei hat zur Zeit einen interessanten Tilt-shift-adapter am Laufen. Es gibt bereits Testbericht online. FB Stefan Steib oder evtl. hartblei.de
Bildkreis
[quote=Gast]Gelegenheit könnte man auch gleich eine zusätzliche Shift Funktion für uns Studio Fotografen einbauen. Canon sollte in sein Regal greifen und den Tilt Mechanismus der TS Objektive an der Kamera Frontseite verbauen, das ist es dann. Eine Studiokamera aus einem Stück.[/quote]
Und welche Objektive sollen den größeren Bildkreis ausfüllen, außer den originären Shift-Objektiven?
Oder soll das so sein wie bei der Pentax K1, wo beim shiften des Sensors automatisch eine Vignettierung auftritt, weil der Bildkreisdurchmesser der Objektive dafür nicht ausgelegt ist?
Man sollte
nicht automatisch unterstellen, dass Hersteller unfähig wären, erweiterten Fähigkeiten ihrer Kameras auch adäquate Objektive beizustellen … und wenn nicht, dann ist es halt eine weitere, vergebene Chance, im diesbezüglich reichen Portfolio der Hersteller. :-)))
Es ist kein Betriebsgeheimnis
dass das Spiegellose noch keineswegs ausgereift bzw. uneingeschränkt praxistauglich ist – auch wenn sich diese Weisheit Laiinnen zwanghaft verschließt.
Die Gelegenheit für Canon
Da könnten die Jungs ja gleich noch einen Sensor-Stabi einbauen. 😉
Man sieht, Canon denkt darüber nach, wie sie ihre große bestehende Objektivpalette, die für Kontrast-AF nicht geeignet ist, für spiegellose Kameras fit machen könnten.
OhWeh
Ein Sensor-Stabi
macht auch nur mit einem EVF richtig Sinn …
Die Phasendetektion
über den Sensor erscheint mir – da keine beweglichen Teile nötig – vielversprechender.
Allenfalls könnt ich mir noch vorstellen, die Belichtungs- und Fokusmessung per transparentem Spiegel ganz vom Sensor zu entkoppeln, um mit dieser arbeitsteiligen Methode sowohl den Sensor selbst, wie auch einen Messsensor zu perfektionieren. In dem Fall natürlich auf SLR-Gehäuse-Basis – was haptisch ohnehin zu bevorzugen ist.
Sony SLT – aus gutem Grund total gescheitert!
[quote=Gast]über den Sensor erscheint mir – da keine beweglichen Teile nötig – vielversprechender.
Allenfalls könnt ich mir noch vorstellen, die Belichtungs- und Fokusmessung per transparentem Spiegel ganz vom Sensor zu entkoppeln, um mit dieser arbeitsteiligen Methode sowohl den Sensor selbst, wie auch einen Messsensor zu perfektionieren. In dem Fall natürlich auf SLR-Gehäuse-Basis – was haptisch ohnehin zu bevorzugen ist.[/quote]
Das haben wir zum Glück hinter uns. Sony SLT … alle Nachteile von DSLRs und von spiegellosen Kameras auf einmal. Zum Glück ist das Konzepot Konzept mittlerweile endgütlig gescheitert.
Spiegellos, relativ klein, relativ leicht … und vor allem: keinerlei bewegliche Teile! Solid State … alles rein elektronisch bitte, vom weiter verbesserten on-Sensor Phasen + Kontrast AF) AF über einen rein elektronischen Verschluss (global shutter)! Kein Geklatsche, kein Gewackle, kein Lärm, keine Vibrationen – so will ich das!
Vorbereitung des Systemwechsels
Ich würde das dahingehend auffassen, dass Canon den Abschied von der Spiegeltechnik vorbereitet und die Kunden mitnehmen will, die noch viele alte Objektive besitzen, die für den Kontrastautofokus nicht geeignet sind.
Andererseits bieten einige Hersteller spiegelloser Kameras den Hybridautofokus an, schon um bewegliche Motive im Fokus halten zu können. Auch da ist es natürlich besser, wenn die zu bewegenden Linsen nicht allzu schwer sind, was nun wieder nicht gerade für große Kameras – etwa Kleinbildformat – spricht.
Im Kleinbildsegment fällt allerdings auf, dass die Kameras für Sportfotografen eine relativ niedrige Auflösung haben. Das ist nicht nur im Dunkeln gut, sondern ermöglicht eine kleinere Blende und eine höhere Schärfentiefe, bei der – Achtung – der Fehlfokus nicht so ins Gewicht fällt.
MfG
Die Laiin
Das kann man
auf dpr einfach nachlesen, was Canon bzgl. Mirrorless plant – und warum sie (zu Recht) bislang noch davon Abstand nehmen.
Raten Sie übrigens einem Sportfotografen nicht, auch nur im Zweifel, zu einer kleineren Blende: Er könnte Ihnen den Vogel zeigen.
Die “geringe” Pixelzahl ist hier einzig, richtig, der besseren Lichttempfindlichkeit und der Serienbildtauglichkeit im Dauerbetrieb geschuldet. Und mehr als 30 MP schafft ohnehin kein Objektiv; außerhalb der Abteilung Märchen und Wunder.
Das klingt auf jeden Fall
Das klingt auf jeden Fall interessant… aber ich bin gespannt zu sehen, wie es in der Tat funktionieren wird. Ich werde mich am Laufenden halten.
Contax AX
Einfach nur schön; die Contax AX. Lese mir immer nochmal den Prospekt durch. Das war aber ein gewichtiges Teil. Optische Gesetze gelten nach wie vor. Nun versucht man es eventl. mit einem verschiebbaren Sensor. Damit könnte der Bau von Objektiven vereinfacht werden. Eine Brennweite ohne Schärfefokussierung im Objektiv. Diese erfolgt über den Sensor. Optimal wäre dann noch (man darf etwas spinnen) ein formbarer Sensor, um die Vignettierung geringer zu halten. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass es so einfach mit den verschiedenen Phasen und dergl. nun auch nicht ist. Da muss man wohl studierter Elektroingenieur sein.
Man wird sehen. Der Verdrängungswettbewerb in der Fotoindustrie ist groß. Canon kann sich da noch ganz gut verkaufen; Nikon sieht von den Zahlen nicht gut aus. Daher wird nur der bestehen, der innovativ und preislich seine Produkte verkaufen kann. Das mit dem beweglichen Sensor wäre so eine Innovation und spricht zunächst die Technikfreaks an. Bewegliche Sensoren könnten aber auch anderweitig eingesetzt werden wie z.B. in Überwachungskameras, Autos usw. usw.
Tragweite bewusst?
Heute morgen habe ich mich gefragt, warum eigentlich nicht über einen beweglichen Sensor fokussiert wird, habe danach gegoogelt und fand das hier.
Mir scheint, den bisherigen Kommentatoren ist nicht bewusst, welche Tragweite das hätte: An so eine Kamera ließe sich JEDES Objektiv glaslos adaptieren und man hätte dennoch Autofokus, auch mit klassichen manuellen Objektiven!
Laut Google hat Sony 2013 auch über so etwas nachgedacht, aber es verschwand wohl wieder in der Versenkung. Mir scheint, die Profitlogik, eigene Objektive verkaufen zu wollen, macht so etwas leider genau so wenig wahrscheinlich wie die Markteinführung einer brauchbaren elektronischen Filmpatrone (mit der man ja neben neuen Objektiven sogar neue Kameras überflüssig gemacht hätte).