Eine Ausstellung in Bremen lädt den Betrachter ein, die Künstlerkolonie Worpswede mit dem fotografischen Blick der vorletzten Jahrhundertwende kennenzulernen:
Rudolph Stickelmann: Torfkähne auf der Hamme, o. J.
Privatbesitz, Bremen
Pressemitteilung der Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen:
Ausstellung im Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen
Worpsweder Lichtbilder: die Künstlerkolonie in frühen Fotografien
15. Juli 28. Oktober 2012
Obwohl sie in der Literatur vergleichsweise wenig Beachtung finden, waren Fotografien in der Worpsweder Künstlerkolonie bereits um 1900 wichtiger Bestandteil des künstlerischen Ausdrucks. Carl Eeg, Heinrich Vogeler, Hermine Overbeck-Rohte oder Georg Tappert experimentierten mit dem jungen Medium, fotografierten Landschaft und setzten sich selbst in Szene. In der Gegenüberstellung mit Grafiken und Gemälden lenkt die Schau einen ganz neuen Blick auf die berühmte Künstlerkolonie und ihre Protagonisten und beleuchtet spannende Beziehungen zwischen Fotografie, Grafik und Malerei.
Hans am Ende (?): Die Worpsweder Künstler („Gänseblümchenparade“)
Heinrich Vogeler, Fritz Overbeck, Hans Müller-Brauel, Fritz Mackensen, Otto Modersohn und Hermann Allmers (v.l.n.r.)
Heinrich Vogeler Stiftung, Haus im Schluh Worpswede
Die faszinierende Landschaft Worpswedes war um die Jahrhundertwende nicht nur für Maler und Malerinnen ein Ort der Inspiration. Auch bei Lichtbildnern erfreute sich das Künstlerdorf großer Beliebtheit. So existieren zahlreiche Landschafts- und Porträtaufnahmen, die in mancherlei Hinsicht den zeitgleich entstandenen Gemälden ähneln, aber doch ihre ganz eigene Bildsprache sprechen.
Besonders anschaulich lässt sich die Interaktion zwischen Malerei und Fotografie am Beispiel Heinrich Vogelers und Carl Eegs ausmachen, denn hier stehen die Fotografien in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gemälde- und Grafikproduktion. Im Jahr 1898 fotografierte nicht nur Carl Eeg als versierter Fotograf Heinrich Vogeler und seine spätere Frau Martha. Auch Vogeler ließ Martha Schröder zusammen mit Carl Eeg als Ritter verkleidet vor der Kamera posieren. Im Hinterkopf hatte er dabei immer die malerische Komposition diese Fotografien dienten ihm wiederum als Vorlage für seine Märchen-Motive in mehreren Radierungen und Gemälden.
Paula Modersohn-Becker: Selbstbildnis mit Blume, 1907
Paula Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen
Herma Becker (?): Paula Modersohn-Becker, um 1905
Paula Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen
Die Ausstellung lädt den Betrachter ein, die Worpsweder Künstlerkolonie mit dem fotografischen Blick der Zeit kennenzulernen und so ein Stück weit lebendig werden zu lassen. Neben Fotografien von Georg Tappert, Rudolph Stickelmann, Hans Müller-Brauel, Carl Eeg, Hermine Overbeck-Rohte, den Gebrüdern Hofmeister und Hugo Erfurth werden auch zeitgleich entstandene Grafiken und Gemälde ausgewählter Worpsweder Künstler gezeigt.
Die Ausstellung Worpsweder Lichtbilder: die Künstlerkolonie in frühen Fotografien findet in Kooperation mit der großen Sommerausstellung der Worpsweder Museen Heinrich Vogeler: Künstler, Träumer, Visionär (26. Mai 30. September 2012) statt.
Ausstellung
Worpsweder Lichtbilder: die Künstlerkolonie in frühen Fotografien
15. Juli 28. Oktober 2012
Paula Modersohn-Becker Museum
Böttcherstraße 610
28195 Bremen
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 1118 Uhr
Georg Tappert: Sandweg nach Worpswede, um 1906/1909
Barkenhoff-Stiftung Worpswede
Paula Modersohn-Becker: Landstraße mit Birken, um 1901
Paula Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen
(thoMas)
Doch mal wieder Fotoforum Böttcherstraße?
Was für eine Ironie, daß das ehemalige Fotoforum Böttcherstraße, das mich mit ständig wechselnden Ausstellung regelmäßig fasziniert hatte, jetzt wieder zur Photograpie zurückfindet und dann mit seiner Pressemitteilung auch noch so typisch schnöselig gegen das vermeintliche Verkennen bremischer Avantgarde ätzt: “Obwohl sie in der Literatur vergleichsweise wenig Beachtung finden…”