Eastman Kodak, seit Januar 2012 unter Gläubigerschutz, weitet den Verlust im ersten Geschäftsquartal 2012 aus; der Umsatz schrumpft. Es stellt sich die Frage, was eigentlich bleibt, wenn ein Unternehmen mit dem operativen Geschäft keinen Umsatz und Gewinn mehr erzielen kann? Allein wohl die Hoffnung auf Patentverkäufe:
Das amerikanische Traditionsunternehmen Eastman Kodak, das im Januar 2012 Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt hatte, verzeichnet mit einem Umsatzminus von 27 % einen weiteren Abwärtstrend im ersten Geschäftsquartal 2012 – trotz der euphemistischen Überschrift des aktuellen Geschäftsberichts: Kodak’s 1st Quarter Results Show Improvement in Segment Profitability and Reduced Operating Costs (PDF-Datei). Nach dem Ausstieg aus dem Digitalkamera-Geschäft erzielt Kodak nur noch 965 Mio. US-Dollar (ca. 728 Mio. €) Quartalsumsatz. Dabei dürfte es sich um den niedrigsten Koda-Umsatz der letzten Jahrzehnte handeln. Der Verlust macht mit 366 Mio. US-Dollar (ca. 276 Mio. €) schon mehr als die Hälfte des Gesamtverlustes des Vorjahres aus.
Kodak weist seit Januar 2012 nur noch für zwei Geschäftsbereiche Zahlen aus (siehe auch: Kodak – auf ein Neues). Der Geschäftsbereich „Consumer“, der alle Produkte an Endkunden inkl. Photofinishing umfasst, erzielt nurmehr 293 Mio. US-Dollar (ca. 221 Mio. €) Umsatz fast eine Halbierung zum Vorjahresquartal. Der Verlust verringert sich auf 164 Mio. US-Dollar (ca. 124 Mio. €). Dabei handelt es sich aber nicht um Eigenanstrengung, sondern Steuerrückerstattungen konnten verbucht werden. Der Geschäftsbereich „Commercial“, also Industrieprodukte, Großdrucker etc., verzeichnet mit 672 Mio. US-Dollar (ca. 507 Mio. €) einen um fast 17 % gesunkenen Quartalsumsatz. Der Verlust bleibt mit 64 Mio. US-Dollar (ca. 48 Mio. €) gegenüber dem Vorjahr fast unverändert.
Der Kodak-Vorstandsvorsitzende Antonio M. Perez (links im Bild) wiederholt fast gebetsmühlenartig seinen Willen, die Liquidität des Unternehmens zu verbessern und im Rahmen von Chapter 11 als ein schlankeres, stärkeres und substanzielleres Unternehmen im Jahr 2013 aufzuerstehen. Die Restrukturierungskosten würden das Betriebsergebnis stark belasten. Das Unternehmen will sich weiterhin auf die Lizenzierungsstrategie konzentrieren.
photoscala beobachtet die Geschäftsentwicklung von Kodak seit Jahren. Die Äußerungen von Antonio M. Perez bieten Anlass, diese anhand seiner in den letzten Jahren veröffentlichten Zahlen zu überprüfen.
Wie stark der Umsatz in den letzten Jahren gesunken ist, zeigt die folgende Abbildung. Seit 2005 weist das Unternehmen Nettoverluste bei gleichzeitig sinkendem Umsatz aus (Ausnahme ist das Jahr 2007, da wird ein Nettogewinn durch Lizenz-Einnahmen erzielt):
Die Aussage des Vorstandsvorsitzenden, dass die Restrukturierungskosten die Gewinnsituation belasten würden, kann für die letzten vier Jahre nicht gelten. Die Restrukturierungskosten sind im Vergleich zu den Vorjahren gefallen, sofern die veröffentlichten Zahlen stimmen:
Der Umbau des Konzerns ist vor allem mit einem Abbau des Vermögens verbunden. Auf der anderen Seite hat das operative Geschäft so gut wie keine Barmittel mehr hereingebracht. Dieses „Geld verbrennen“ zeigt sich sehr anschaulich in einer Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva bei Kodak. Im Jahr 2009 hat sich das Bild gedreht, die Verbindlichkeiten übersteigen die Vermögenswerte:
Antonio M. Perez sieht den Konzernumbau im Plan. Na denn die Zeit wird es zeigen.
(agün)
(agün)
Zeitraum |
Konzernumsatz in Mio. $ |
Operativer Gewinn in Mio. $ |
siehe auch: |
Jan. März 2008 | 2.093,0 | -81,0 | |
April Juni 2008 | 2.485,0 | -18,0 | Kodak sieht sich auf dem richtigen Weg |
Juli Sept. 2008 | 2.405,0 | 147,0 | Kodak mit deutlichem Gewinnzuwachs |
Okt. Dez. 2008 | 2.433,0 | -133,0 | Kodak stürzt im zweiten Halbjahr 2008 ab |
Gesamtjahr 2008 | 9.416,0 | -85,0* |
* Kodak meldet 120 Mio. $ Verlust, die sich aber rechnerisch nicht ergeben; hier kann es zu nachträglichen Verschiebungen in der Rechnungslegung gekommen sein. |
Jan. März 2009 | 1.477,0 | -360,0 | Kodak verdreifacht den Quartalsverlust |
April Juni 2009 | 1.766,0 | -191,0 | Kodak sitzt in der Verlustzone fest |
Juli Sept. 2009 | 1.781,0 | -111,0 | Kodak; ein Schatten vergangener Jahre |
Okt. Dez. 2009 | 2.582,0 | 430,0 | Kodak-Patente mindern Kodak-Verluste |
Gesamtjahr 2009 | 7.606,0 | -232,0 | |
Jan. März 2010 | 1.933,0 | 119,0 | Kodak wieder mit Quartalsgewinn |
April Juni 2010 | 1.569,0 | -167,0 | Eastman Kodak – zurück in der Verlustzone |
Juli Sept. 2010 | 1.758,0 | -43,0 | Eastman Kodak: Millionen-Einnahme durch Lizenzgeschäft |
Okt. Dez. 2010 | 1.927,0 | 33,0 | Eastman Kodak: Lizenzeinnahmen rückläufig – Digitalgeschäft schrumpft |
Gesamtjahr 2010 | 7.187,0 | -58,0 | |
Jan. März 2011 | 1.322,0 | -249,0 | Kodak: Fehlendes Lizenzgeschäft rächt sich |
April Juni 2011 | 1.485,0 | -179,0 | Kodak ohne Unternehmensvision: Patentausverkauf steht bevor |
Juli Sept. 2011 | 1.462,0 | -222,0 | Kodak: Fehlende Patenteinnahmen, stetige Verluste |
Okt. Dez. 2011 | 1.753,0 | -117,0 | |
Gesamtjahr 2011 | 6.022,0 | -600,0 | |
Jan. März 2012 | 965,0 | -366,0 |
Siehe auch: Geschäftsberichte lesen und verstehen
Woran liegt es?
[quote]Der Geschäftsbereich „Consumer“, der alle Produkte an Endkunden inkl. Photofinishing umfasst, erzielt nurmehr 293 Mio. US-Dollar (ca. 221 Mio. €) Umsatz – fast eine Halbierung zum Vorjahresquartal. Der Verlust verringert sich auf 164 Mio. US-Dollar (ca. 124 Mio. €). Dabei handelt es sich aber nicht um Eigenanstrengung, sondern Steuerrückerstattungen konnten verbucht werden. [/quote]
Das heisst, dass bei einem Umsatz von 293 Mio $ ein Verlust von 328 Mio $ gemacht wird (wenn man die Steuererstattung rausnimmt). Heizen die ihre Kraftwerke mit Dollar-Noten? Kein anderes Unternehmen könnte sich ein derartiges Ungleichgewicht erlauben.
Man sollte Perez rausschmeissen und einen Mittelständler einsetzen – der kann wenigstens rechnen – für einen Bruchteil des Gehalts von Perez.
[quote]Der Geschäftsbereich „Commercial“, also Industrieprodukte, Großdrucker etc., verzeichnet mit 672 Mio. US-Dollar (ca. 507 Mio. €) einen um fast 17 % gesunkenen Quartalsumsatz. Der Verlust bleibt mit 64 Mio. US-Dollar (ca. 48 Mio. €) gegenüber dem Vorjahr fast unverändert.[/quote]
Man muss das nur mal richtig umsetzen:
Ich verkaufe Produkte für 672 Mio $. Die Kosten für die Produktion, Gehälter, Material, Miete, etc. für diese Produkte betragen 736 Mio $. Merkt denn bei Kodak niemand, was da aus dem Ruder läuft?
Um 1,00 $ Umsatz zu machen, bezahlt Kodak 1,10 $. Wahrscheinlich muss man ein von dickem Gehalt geblendeter Manager sein, um dieses Missverhältnis zu ignorieren und gegenüber der Öffentlichkeit sogar noch schön zu reden.
Vorbei ist vorbei…
wer will das noch wissen!
Uneinsparbare Kosten
An manchen Rechnungsposten kann man eben nicht sparen:
http://www.kodak.com/ek/US/en/About_Kodak_Top/News_Media/Executive_Bios.htm
Ein Secretary ist “Senior Vice President”. Wie geil ist das denn?
Wieviele Angestellte hat Kodak doch gleich?
Laut Wikipedia 17.081 – weltweit.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kodak
Das ist jetzt nicht mehr sooo sehr viel.
Fuji hat mehr als viermal so viele: 74.000.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fujifilm
Aber für Kodak bleibt natürlich trotzdem jede Menge Spielraum für hochdotierte Pöstchen und Beziehungsgeschichten. Mehrfachnennungen von Familiennamen im Vorstand werden ausdrücklich nicht als peinlich empfunden. Ein Vorstand funktioniert eben wie ein Dorf.
Und für den Vorstand ist ein Firma schließlich da.
Es ist wie immer……..
Mein Verdacht ist das sich Kodak am Insolvenzrecht in den USA finanziell bedient. Das kann aber nicht mehr lange gut gehen. Bei Polaroid wahr es ähnlich und führte dazu das einer der Bosse für 15 Jahre ins Gefängnis ging.
Für die Menschen die noch für Kodak arbeiten muss die Situation beängstigend sein. Die Unsicherheit ob man am nächsten Tag noch beschäftigt ist kostet Nerven wenn man eine Familie ernähren soll. Der Vorstand und die Aufsichtsräte steigen im Gegensatz zu der Belegschaft mit einem goldenen Handschlag aus dem Betrieb. Das ist der kleine, feine Unterschied.
Ich will die Filme
…
“And now, the end is here …
and so I face the final curtain”
und weg von der Bühne! Geschieht ihnen so recht.
Nächster Kandidat: Fuji
Film is dead. Binary data rulez.
Ätsch-Bätsch, Ewiggestrige!
“… the end is near …”
…
Und dann
kommen die Fotoabteilungen von Canon und Nikon unters Fallbeil. Ist das geil.
Antonio M. Perez
war 25 Jahre bei Hewlett Packard:
http://www.kodak.com/ek/US/en/Antonio_M._Perez.htm
Ihr glaubt doch nicht im Ernst, daß der überhaupt begriffen hat, was für einen Schatz er mit der Kodak-Filmtechnologie in Händen hält?
Die Frage kann doch nur lauten, ob die völlig sturmreif geschossene Firma seine Amtszeit überleben wird, oder aber sein Unverständnis die Firma.
Ein anderer wichtiger Aspekt…..
Speicher, egal ob Karte oder Festplatten, ist so schnell und preiswert geworden das sich Film, entwickeln, scannen und archivieren kaufmännisch nicht mehr rechnet. Von der Anmutung analoger Aufnahmen kann ein Gewinn orientierter Fotograf leider nicht leben.
Dazu hat sich der „Wert“ von Bildern auf Ramsch Niveau reduziert. Also was will Kodak da noch verkaufen? Zugekaufte im Auftrag produzierte Drucker, Tinten und Papiere?
Da kann man den großen Knall jeden Moment erwarten.
Das ist schlichtweg
Das ist schlichtweg falsch:
[quote] Von der Anmutung analoger Aufnahmen kann ein Gewinn orientierter Fotograf leider nicht leben.[/quote]
Beispiel Andreas Gursky, andere Becher-Schüler und noch viele weitere Fotografen, die nicht auf Events, in den Stadien oder bei Zeitungen zu finden sind.
[quote]Dazu hat sich der „Wert“ von Bildern auf Ramsch Niveau reduziert. [/quote]
Das liegt an der Menge der Knipsbildchen. Zur Zeit ca. 8 Milliarden Bildchen allein bei flickr.com – die meisten davon sinnentleert (ob zufällig oder absichtlich, ist in diesem Zusammenhang unerheblich). Massentrends und PhotoShop-Tricks werden eben schnell langweilig und somit billig.
[quote]Zugekaufte im Auftrag produzierte Drucker, Tinten und Papiere?[/quote]
Das wäre für den Consumer-Bereich, und der ist immer noch marginal oder gefühlsecht dünn. Das grösste Problem im Druckbereich ist HP mit seinen überragenden Maschinen (Beispiel: Die Serie Indigo ist sogar im Land der Buchdruckkunst – Teutonia – enorm weit verbreitet!). Da kommt Kodak nicht ran, weil die Wahrnehmung als Druckspezialist bei den potentiellen Käufer schlichtweg nicht vorhanden ist. Kodak ist Film und Foto Finishing. Aus die Maus. Wenn sie den Bereich nicht sanieren, kippt der gelbe Riese.
Foto-/ Filmgeschäft am besten ausgliedern
Aus Sicht der Fotografen wäre es wohl das beste, wenn man das Film- und Finishing-Geschäft gesundschrumpft und dann ausgliedert. Größere Innovationen sind hier ohnehin nicht mehr zu erwarten und wohl auch wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen (hohe F&E-Investitionen lassen sich hier vermutlich kaum noch wieder herein holen). Zumindest gäbe es das Material aber weiterhin zu kaufen.
Was sich schwer beurteilen lässt, ist leider, ob eine Gesundschrumpfung überhaupt möglich ist. Ich gehe davon aus, dass die Fertigungskapazitäten mittlerweile längst nicht mehr ausgelastet sind. Es bleibt offen, ob ein Downsizing machbar ist bzw. ob hier noch Spielraum für entsprechende Investitionen besteht, um die Sparte mittelfristig überlebensfähig zu machen.
Was Herrn Perez angeht, bewundere ich eher, dass er sich Kodak antut. Die Fehlentscheidungen und Versäumnisse sind bereits von seinen Vorgängern begangen worden. Helfen tut diese Erkenntnis aber auch keinem. Die Fotografie auf chemischer Basis hat ihre Zukunft hinter sich, dass hätten hoch bezahlte Top-Managere durchaus schon vor 15 Jahren zumindest erahnen können. Schließlich werden sie ja gerade aufgrund solcher erhofften Fähigkeiten hoch bezahlt. Canon, Nikon & Co jedenfalls hatten es zu dieser Zeit schon begriffen…
Der Fluch des zu früh gekommenen
Kodak war einer der Pioniere der Digitaltechnik. Kodak hat schon Sensoren gebaut, da wussten Canikon noch nicht mal wie man digital schreibt. Die erste Digitalkamera der Welt stand im Kodaklabor und auch der Bayersensor kommt aus dem Hause Kodak. Leider konnte Kodak damals auf keine vorhandene Infrastruktur (Rechner, Monitor, USB Sticks, CDs, etc) zurückgreifen sondern musste alles selber aufbauen. Und das haben sie dann auch fleissig getan: Im Industrie-, Wissenschafts-, Labor-, Print-, und militärischen Bereich, kurz: Im Investitionsgütermarkt. Für den Massenmarkt waren die Kosten utopisch hoch. Allerdings wurden sie dann von der rasenden Entwicklung im Massenmarkt, die nun auf die nun vorhandene standardisierte Infrastruktur zurückgreifen konnte, rechts überholt…
Vermögensentwicklung
Leider kann man aus den dargestellten Diagrammen nur rätseln, was warum wann so und nicht anders ist.
Solange man nicht sieht, wie die Aktiva wenigstens nach Anlage- und Umlaufvermögen aufgeteilt sind, kann man wirklich nur spekulieren. Also bitte etwas mehr aus der Bilanz als irgendwelche Zahlen aus betriebswirtschaftlichen Auswertungen, welche zusammenhanglose Kennzahlen darstellen.
…und die G+V
Und ein Blick in die G+V nach Sparten würde zur Erhellung beitragen.