Grafik: Anders UscholdFoto der X-Pro1 von FujifilmMit der X-Pro1 hat sich Fujifilm im Feld der Systemkameras zurückgemeldet. Ob die Kamera hält, was sie verspricht – allem voran beste Bildqualität – wollen wir hier ergründen:

Einen Ersteindruck der X-Pro1 hatten wir ja schon vor ein paar Wochen geben können. Jetzt ist die Kamera auch im Testlabor von Anders Uschold untersucht worden und dem praktischen Eindruck folgt der Test.

Spiegellose Systemkameras sind überaus erfolgreich. Durch ihre kompakte Bauform und einfache Bedienung heben sie sich von den vergleichsweise sperrigen Spiegelreflexkameras ab. Aber sie tragen auch ein Stigma: viele sehen sie als Spielzeugkameras und tatsächlich gibt es keine einzige Spiegellose, die als professionelle Kamera beworben oder betrachtet wird. Diese Lücke will Fujifilm nun mit der X-Pro1 schließen – sie soll in die Spitzengruppe vordringen und zeigen, dass auch eine spiegellose Systemkamera professionell sein kann.
 

Foto der X-Pro1 von Fujifilm
 
 
Foto der Rückseite der X-Pro1 von Fujifilm

 
Fujifilm ist für sehr interessante Sensortechnologien bekannt. Der Empfindlichkeitsbereich das APS-C-großen Sensors reicht von ISO 100 bis ISO 25.600 und untersucht man das Rauschen, so ist festzustellen, dass es Fujifilm ernst meint: ISO 100 und ISO 200 sind praktisch rauschfrei, von ISO 400 bis ISO 1600 ist das Rauschen sehr niedrig und absolut exzellent. Ab ISO 3200 wird es sichtbar und steigt gleichmäßig an, bis zu ISO 25.600, wo es gut sichtbar ist. Trotzdem sind die Werte auch bei ISO 12.800 und ISO 25.600 gut; ansonsten sind sie exzellent: Keinerlei Anzeichen von Farbrauschen und eine sehr natürliche Rauschverteilung.
 

Grafik: Anders Uschold

ISO 100 – 200 – 400 – 800 – 1600 – 3200 – 6400 – 12.800 – 25.600

 
Anders als die Spiegelreflex-Konkurrenz schönt die X-Pro1 nicht allzu sehr beim Schattenrauschen: die Informationsdichte bleibt auch in den Schattenbereichen hoch; hier wird nicht zu Lasten der Schattendetails auf eine messtechnisch bessere Eingangsdynamik hin optimiert.
 

Grafik: Anders Uschold

 
Deshalb sind auch die Werte für die Eingangsdynamik (die Fähigkeit, Motive mit hohem Kontrast durchzuzeichnen) bei ISO 100 und 200 sowie ISO 12.800 und 25.600 nur noch gut bis mittelmäßig; ansonsten sind sie gut. Das lässt die X-Pro1 auf den ersten Blick etwas schlechter aussehen als so manche Spiegelreflex, aber mir ist das lieber, als eine test-optimierte Abstimmung, die zwar zu besseren Testwerten führt, dies aber auf Kosten der Schattenzeichnung erreicht. Interessanterweise zeigt sich bei ISO 400 und 800 die beste Eingangsdynamik bei nur leicht ansteigendem Rauschen – ich halte diese Empfindlichkeiten für die mit der besten Gesamtleistung.

Die Ausgangsdynamik (der Tonwertkontrast im Foto) ist mittelmäßig bis eingeschränkt. Die Schatten sind nicht völlig schwarz und werden bei hohen Empfindlichkeiten aufgrund des Schattenrauschens zu einem dunklen Grau. Das liegt auch an der moderaten Rauschkompensation, denn das Rauschen verhindert tiefschwarze Schatten.
 

Grafik: Anders Uschold

 
Die Werte für Schärfung und Kantenwiedergabe sind herausragend. Die JPEGs werden stärker geschäft als das professionelle Spitzenkameras ansonsten tun, aber die Balance zwischen Kantensymmetrie und Schärfeverteilung ist über den gesamten Helligkeitsbereich fast fehlerfrei. Kanten sind rasiermesserscharf und farbfehlerfrei; auf der helleren Kantenseite zeigt sich eine leichte Überkorrektur als dünne weiße Linie. In der Summe ergibt das sehr scharfe und detailreiche Fotos.

Die Tonwertwiedergabe ist ausgeglichen, sie folgt einer nicht zu starken inversen S-Kurve, so dass Lichter und Schatten ein wenig weicher wiedergegeben werden, wohingegen die große Mitte konstanten Kontrast zeigt. Die JPEGs wirken so ein wenig lebendiger, als es der „reinen Lehre“ entspräche: Sie sehen gut aus, eignen sich aber nicht so sehr für die akkurate Reproduktion.

Die (sehr gute) Wiedergabe feiner Details erklärt sich auch dadurch, dass kein Tiefpassfilter zum Einsatz kommt. Erfreulicherweise sind die Ergebnisse fast farbfehlerfrei. Feinste horizontale und vertikale Strukturen zeigen Helligkeitsmoiré und leichte Treppeneffekte (Aliasing). In feinen Strukturen treten geringe Rauschwolken auf, die sich mit höheren Empfindlichkeiten verstärken. In der Summe ist die Detailwiedergabe normal.

Mit steigender Empfindlichkeit nimmt die Auflösung ab, wobei die ehrliche Entrausch-Strategie der X-Pro1 auch die Auflösung in einigen Punkten beeinflussen muss: Sie ist von ISO 100 bis ISO 800 gut und bleibt praktisch konstant, dann fällt sie zwischen ISO 1600 und ISO 6400 sichtbar auf mittlere Werte und verliert nochmals bei ISO 12.800 und ISO 25.600.

Fujinon 1,4/35 mm

Mit der X-Pro1 hat Fujifilm auch hochwertige Festbrennweiten vorgestellt und wir wollen hier zunächst das Standardobjektiv 1,4/35 mm untersuchen. Die hohe Lichtstärke und auch die dafür notwendigen großen und schweren Linsen sowie die geringe Schärfentiefe stellen hohe Anforderungen an die Autofokus-Genauigkeit. So ist es nicht überraschend, dass die Scharfstellung 0,680 s dauert (von unendlich zu Brustbild). Es lohnt sich, die Schärfe im Vorfeld zu speichern, denn dann sinkt die Reaktionszeit auf 0,057 s.
 

Grafik: Anders Uschold

 

Foto vom Fujinon 1,4/35 mm

Manuell lässt sich nur schwer scharfstellen, denn die Kamera stellt ständig die Blende nach, wenn sich die Helligkeit ändert. Neben den Klickgeräuschen ist auch unangenehm, dass sich so v.a. im Hellen mitunter nur ungenau fokussieren lässt. Hat man etwa Offenblende gewählt, so blendet die X-Pro1 doch ab; man stellt also abgeblendet mit größerer Schärfentiefe scharf, die Aufnahme aber erfolgt dann bei Offenblende und die Schärfe liegt nicht unbedingt da, wo man das vermuten würde. Vermeiden lässt sich das, wenn man die Schärfentiefevorschau wählt, dann entsprechen sich die Blendeneinstellungen von Bildvorschau und Aufnahme. Bleibt zu hoffen, dass Fujifilm dieses Verhalten mit einem Firmware-Update abstellt.

Nun zur Auflösung. Das lichtstarke Objektiv gelangt bei Offenblende sichtlich an seine Grenzen. Eine Stufe abgeblendet ist die Auflösung in Bildmitte hoch, aber um eine gleichmäßige Auflösung übers gesamte Bildfeld zu erhalten, muss drei bis vier Stufen abgeblendet werden. Die Auflösungswerte sind bei Offenblende mittel, verbessern sich aber bei entsprechendem Abblenden hin zu exzellent.

Die Randabschattung ist ausgewogen; sichtbar bei Offenblende, aber natürlich. Sie verringert sich beim Abblenden um zwei Stufen, dann zeigen sich aber plötzliche Vignettierungen in den äußersten Ecken. Trotzdem: die Bildfeldhelligkeit ist für so ein Objektiv gut ausgewogen.

Sehr gute Werte zeigen sich hinsichtlich der Verzeichnung, die ganz leicht tonnenförmig ist. Wobei nicht ganz klar ist, ob das tatsächlich dem Objektiv zu verdanken ist – angesichts des Auflösungsverlusts im Randbereich könnte dies auch an einer kamerainternen Verzeichnungskorrektur liegen.

Foto vom XF60mm F2.4 R Macro

Fujinon 2,4/60 mm Makro

Das Fujinon 2,4/60 mm ist ein klassisches Porträt-Tele, das zwar nicht ganz so lichtstark ist wie manche leichte Teleobjektive für Kleinbild (1,4/85 mm), wobei sich die etwas geringere Lichtstärke hier auszahlt, ist doch die Auflösung ab Offenblende exzellent, sowohl, was die maximale Auflösung als auch, was die Mitte-Rand-Auflösung angeht. Es gibt keinen Grund, deshalb abzublenden. Der Mitte-Rand-Abfall liegt bei jeder Blende im üblichen Rahmen.

Verzeichnung spielt hier keine Rolle. Dank der sehr guten Werte eignet sich das Objektiv auch für die Reproduktion und generell für Fotos sehr hoher Qualität und Homogenität.

Bei Offenblende sind Randabschattungen sichtbar, sind sind aber sehr glatt und natürlich und werden abgeblendet sehr homogen.

Fazit

Die X-Pro1 ist eine sehr leistungsfähige und ehrliche Kamera, was die Signalaufbereitung, das Rauschen und die Eingangsdynamik angeht. Die JPEGs werden nicht neutral aufbereitet, sondern sie wollen gefällig aussehen. Die  Fotos sind praktisch frei von Farbrauschen und Artefakten.

Die Auslöseverzögerung ist mit AF-L (Schärfespeicherung) einigermaßen schnell; autofokussierend dauert es.

Das lichtstarke Standardobjektiv 1,4/35 mm ist gut konstruiert, aber kein optisches Wunder. Für beste Leistung sollte es 3-4 Stufen abgeblendet werden. Die Vignettierung ist ausgeglichen, die Verzeichnungswerte sind exzellent.

Das Porträt-Tele 2,4/60 mm hingegen ist ein kleines Juwel, das ab Offenblende exzellente, stabile Auflösungswerte zeigt. Die Vignettierung erscheint natürlich, Verzeichnung ist praktisch nicht existent.

(Anders Uschold / thoMas)
 
 
Anmerkungen: Der Test-Teil basiert auf den Erfahrungen, Daten, Messungen und Ausführungen des Testlabors Anders Uschold. Dazu wurden ganz viele Messwerte erfasst, ausgewertet und bewertet. Auf die Abbildung aller Werte-Tabellen, Auswertungs-Fotos und -Grafiken haben wir hier bewusst verzichtet und erläutern Ihnen lieber, was diese Werte für die fotografische Praxis bedeuten.

Die Aussagen und Auswertungen beziehen sich auf die in der Kamera entwickelten JPEG-Fotos – für RAW-Aufnahme und -Verarbeitung sind sie Anhaltspunkte, wobei die Werte dort etwas besser ausfallen können. Einige Hinweise zur möglichen Eignung der Fotos („… Reproduktion …“) gelten deshalb nur (!) für die kamerainternen JPEGs; nicht für selbstenwickelte RAW-Dateien.

Produktfotos: Fujifilm
Grafiken: Testlabor Anders Uschold
 

Nachtrag (8.4.2012): Im Text zum Fujinon 2,4/60 mm Makro stand: „Verzeichnung spielt hier keine Rolle. Die Werte würden sogar einem Makroobjektiv sehr gut stehen.“ Tatsächlich aber ist das 2,4/60 ja als Makroobjektiv gerechnet; der zweite Satz ist also nicht sonderlich zielführend gewesen und wurde gelöscht. Danke für den Hinweis in den Kommentaren.