Megarays statt Megapixel die Lichtfeld-Kamera des kalifornischen Startups Lytro zeichnet „Lichtstrahlen“ statt Lichtpunkte auf und will damit dem Fotografen die Herrschaft über Scharfstellung und Tiefenwirkung geben:
Bereits im Frühsommer 2011 hatte die kalifornische Lytro, Inc., eine Gründung des Mathematikers und Informatikers Ren Ng, eine bezahlbare Kamera nach dem Prinzip der Lichtfeld-Technologie angekündigt. Solche Kameras sind per se nichts Neues und wurden für den professionellen Einsatz in Industrie und Medizin z.B. von der deutschen Raytrix GmbH entwickelt, die dafür 2009 den GründerCup Kiel Region erhielt. (Siehe auch: Vorbild Insektenauge: Die Kamera mit 40000 Linsen.)
Während die Raytrix-Kameras allerdings ab 1500 Euro aufwärts kosten, will Lytro das Einstiegsmodell mit 8 GB Speicher für 399 US-Dollar anbieten, ein Modell mit 16 GB soll 499 US-Dollar kosten. Die Kameras sind direkt über Lytro erhältlich und können bereits auf deren Webseite vorbestellt werden. Geliefert werden sollen sie im ersten Quartal 2012.

Lytros Lichtfeldkamera ist mit einem 8fach Zoom der Lichtstärke 2 ausgerüstet und erreicht ihre besonderen Eigenschaften v.a. durch den „Lichtfeldsensor“. Hier ist ein Mikrolinsenraster vor dem Sensor angeordnet, das den Lichtstrahl streut, so dass er von mehreren Pixeln erfasst wird. Aus den Differenzen könne man dann auf Entfernung und Einfallrichtung schließen. So etwa beschreibt Lytro-Gründer und -Chef Ng das Prinzip.

Im Ergebnis läuft das wohl, soweit ich das verstehe, darauf hinaus, dass dank der Mikrolinsen quasi mehrere Aufnahmen auf einmal mit jeweils unterschiedlicher Fokussierung gemacht werden, die dann in einem „Living Picture“ einem lebendigen Bild bzw. in der Bilddatei in einem proprietären Format gespeichert werden, und die wahlweise abgerufen werden können.
Was die „11 Megarays“ denn letztlich tatsächlich in Megapixeln bedeuten, sagt Lytro noch nicht; die Beispielbilder auf der Webseite sind nur knapp 540×540 Pixel groß (im Lytro-Blog finden sich mittlerweile auch Beispiele mit 960×960 Pixeln); die Bildqualität soll allerdings „mindestens“ HD-Qualität erreichen (das wären so 1080×1080 Pixel, da die Lytro quadratische Aufnahmen macht). Das würde so meine Theorie stimmt bedeuten, dass vor einem 11-Megapixel-Sensor (den vermute ich wegen der „11 Megarays“) die Mikrolinsen in etwa 9 unterschiedlichen Positionen angeordnet sind. Sprich, die Kamera macht gleichzeitig 9 Einzelaufnahmen mit jeweils unterschiedlichem Fokus. So zumindest erkläre ich mir laienhaft den Vorgang.
Vorteile sieht Ng in der Tatsache, dass die Kamera nicht mehr fokussieren muss; auch die Blende ist fix. Das soll die Kamera besonders schnell machen.
Die wesentlichen Eigenschaften der Lytro-Kamera:
• 8fach Zoom
• Fixe Blende 2
• kein Autofokus, keine Auslöseverzögerung
• hohe Empfindlichkeit, kein Blitz notwendig
• 11 Millionen „Lichtstrahlen“ werden erfasst
• min. HD-Qualität (1080×1080 Pixel)
• 1,46“ Touchscreen, Einschalter, Auslöser, Zoom-Schieber
• Schnittstelle USB
• Speicher 8 GB (350 Aufnahmen) oder 16 GB (750 Aufnahmen
• Li-Ion-Akku
• Aluminiumgehäuse, 214 g Gewicht, 41x41x112 mm
Die zur Auswertung und Darstellung der Fotos notwendige Software soll es zunächst für Mac OS X geben, eine Windows-Version ist in Vorbereitung.
Geplant ist auch, die Software so weiterzuentwickeln, dass sie eine 3D-Darstellung aus den Fotos errechnen kann. Anschauliche Beispiele zu beiden Foto-Varianten (Fokus und 3D) finden sich im Blog von Lytro: Coco Rocha in Light Field 3D.
Bleibt abzuwarten, ob sich die 50-Millionen-Dollar-Investition für die Investoren auszahlt (Quelle: A Start-Up’s Camera Lets You Take Shots First and Focus Later).
(thoMas)
Eben einen kleinen Fehler
Eben einen kleinen Fehler korrigiert. Lytro ist kein „kanadisches“ Startup, wie zunächst in der Einleitung getippt, sondern ein kalifornisches. Einen Nachtrag und ein „(aktualisiert)“ in der Titelzeile schien mir die Änderung eines Wortes nicht wert; doch vermerkt sei es.
(thoMas)
Das Missing Link
zwischen Fotografie und Holografie … 😎
Im Prinzip sehr gut…
Wer soll die Zielgruppe sein? Das ist wieder etwas für die Möchtegerns. Von der Idee nicht schlecht. Aber als Fotograf denke ich in gestaltbarem Licht mit der Blende/Zeit Kombination die ich möchte oder benötige. Was ist mit punktueller Schärfe? Was ist mit verschiedenen Objektiven?
Wenn ich mir die minimale Größe der Kamera ansehe, Respekt. Weitergedacht auf Fotografen taugliche brauchbare Auflösungen sehe ich da durchaus Potential.
Reden wir in einigen Jahren noch einmal ausführlich über das Thema Lichtfeldkamera. Die Technik ist jedenfalls faszinierend einfach.
Scheimpflug und Perspektivkorrektur
[quote]
Schon mal etwas von Perspektivkorrektur gehört? Ich sehe nicht wie man die Perspektive mit einer Lytro steuern kann…
Und den Scheimpflugeffekt nutzt man zur Kontrolle der Schärfenebene, also um den Schärfebereich bewusst auf bestimmte (!) Bilddetails auszudehnen oder zu reduzieren.
Und genau dies empfinde ich als Hauptnachteil der „Lichtfeldprinzips“: Die bewusste Arbeit mit der Schärfe- und Unschärfe gehört zu den wesentlichsten Gestaltungselementen in der Fotografie. Wenn der Betrachter dies nachträglich beeinflussen kann ist das zwar technisch beeindruckend – aber verlagert Elemente der Bildgestaltung vom Fotografen auf den Betrachter.[/quote]
Naja, das macht ja der Lichtfeldeffekt. Es ist ja im Prinzip egal, ob Sie das hinterher in einem Viewer machen oder einen möglichen Effekt im Bild auf Papier einfrieren. Scheimpflug und Perspektivkorrektur schließen sich nahezu aus. Der Scheimpflug ist die optotechnische Möglichkeit, Schärfeebenen zu verschieben, wobei eigentlich eher der Einsatz dahin geht, bei großen Formaten eine möglichst universale Schärfentiefe herzustellen, vor allem bei Objekten, die in einer schiefen Ebene zum Objektiv stehen. Wenn man dagegen ein Bild in Photoshop, egal wo das Teil am Ende daher kommt, korrigiert und eine beliebige Schärfenebene auswählen kann, hat man das sehr effektiv in der Hand.
Aber egal, es ist ohnehin noch nicht heraus, ob das jetzt eine Spielerei für viel Geld ist, oder ob das wirklich eine Supersache ist. Dazu muss sich Lytro erst mal eindeutig äußern und die Unklarheiten beseitigen. Dann gibts Grund zum Jubeln oder zum Meckern.
Spielzeug
brilliert halt mehr als Werkzeug. Letzteres riecht zu sehr nach Arbeit. 😎
Mal was
Erfrischendes zum Thema Kameradesign. Da kommt ja richtig Freude auf. Kein schwarzer Bomber.
Die Einzigen, die da recht schlecht aussehen, sind die Freunde von KB-VF bis MF, die jetzt plötzlich ohne ihr Freistellungsmerkmal dastehen. Aber bei der Auslösung dürfe es wohl noch eine Zeit lang dauern, bis Lytro das aufgeholt hat.
Soweit ich das erkennen kann, dürfte diese Sorte Kamera vor allem im Bereich Productshot seinen Einsatz finden. Da kann man sich den Klamauk mit optischer Bank und Scheimpflug vermutlich sparen. Für die Mehrzahl der Produktfotos mit auswählbarer Schärfeebene nachträglich, dürfte das zusammen mit der erzielbaren Auflösung inzwischen ausreichen. Man darf gespannt sein.
Ach du meine Güte
Schau dir doch mal die Bildchen samt ihrer Auflösung genau an, bevor Du so nen Unsinn verzapfst. Es sei denn, Du möchtest noch kleinspuriger als der FT-Fanboy daherschlurfen …
Gast schrieb:
…Soweit ich
[quote=Gast]…Soweit ich das erkennen kann, dürfte diese Sorte Kamera vor allem im Bereich Productshot seinen Einsatz finden. Da kann man sich den Klamauk mit optischer Bank und Scheimpflug vermutlich sparen. Für die Mehrzahl der Produktfotos mit auswählbarer Schärfeebene nachträglich, dürfte das zusammen mit der erzielbaren Auflösung inzwischen ausreichen….[/quote]
Genau da sehe ich die Kamera nicht, sondern in den Händen von Technik-Junkies die mit Fotografie und deren Technik nicht soviel am Hut haben 🙂
Denen reicht auch die geringe Auflösung.
Auch sehe ich nicht unbedingt das diese Technik demnächst mit wesentlich besserer Auflösung an den Markt kommen wird. Momentan sehe ich auch in etwa diese 9 Schärfe-Ebenen. Und damit ist der Raum bei den Bildern in der Tiefenauflösung einigermaßen abgedeckt. Bei einer höheren Auflösung braucht es eine höhere Tiefen-Auflösung – oder eine kleinere Blende. Das heißt ich vermute dass die x-y Auflösung die benötigte Sensor-Pixel-Zahl potenziert.
Die Dateigröße ist ja jetzt schon 21 MB!
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www.4photos.de – Paar Bildchen und paar Links für Kamerabastler
Soweit ich das sehe und hier
Soweit ich das sehe und hier nachlese, brauchts einen 11 MP Sensor für 1 MP „Lebe-Bilder“. Um also eine vernüftige Kompaktkamera-Auflösung von 6 MP zu bekommen, brauchts 66 MP. Na Mahlzeit.
Ersatz für Fachkamera?
„Klamauk mit optischer Bank und Scheimpflug…“
Fantastisch!
Schon mal etwas von Perspektivkorrektur gehört? Ich sehe nicht wie man die Perspektive mit einer Lytro steuern kann…
Und den Scheimpflugeffekt nutzt man zur Kontrolle der Schärfenebene, also um den Schärfebereich bewusst auf bestimmte (!) Bilddetails auszudehnen oder zu reduzieren.
Und genau dies empfinde ich als Hauptnachteil des „Lichtfeldprinzips“: Die bewusste Arbeit mit der Schärfe- und Unschärfe gehört zu den wesentlichsten Gestaltungselementen in der Fotografie. Wenn der Betrachter dies nachträglich beeinflussen kann ist das zwar technisch beeindruckend – aber verlagert Elemente der Bildgestaltung vom Fotografen auf den Betrachter.
Die kommerzielle Produktfotografie geht in Richtung knackscharfer 360°-Ansichten mit höherer Auflösung zum reinzoomen – hierfür reicht die Qualität der Lytro in keinster Weise aus.
Zudem gehört auch diese Kamera zu den Hilfsmitteln, welche die Bildgestaltung immer mehr auf den Zeitraum nach der Aufnahme verlagern und Fotografen zu „Photoshoppern“ machen…
Die Lytro ist technisch sehr interessant, aber passt in die selbe Nische wie 3D-Fotografie. Sie hat allerdings das Potential zum relativ beliebten Lifestyle-Accessoire zu werden.
Fotografie bedeutet halt nicht die Realität möglichst 100% authentisch abzubilden, sondern die technischen Einschränkungen des Mediums bewusst einzusetzen. Deshalb kann selbst ein historisches SW-Foto – so gut fotografiert – noch Heute ästhetisch überzeugen.
genial
geniales Konzept. Hochinteressant, auch wenn die erste Produktgeneration noch eher Lomo-Charakter hat und die Technik noch in den Kinderschuhen steckt.
Statt der 100millionsten 0815 Kompaktknipse oder stockkonservativem DSLR-Kameraklotz endlich wieder einmal etwas wirklich Innovatives!
Viele bisher unüberwindbare optische Gesetze im Zusammenhang mit „Blende“ und „Scharfstellung“ werden einfach elegant unterlaufen und erstmals in der Geschichte der Bildaufzeichnung praktisch bedeutungslos.
Das ermöglicht ganz neue Anwendungen, die über das jetzt Gezeigte – die nachträgliche Wahl der Schärfenebene – weit hinausgehen.
Makro- und Landschaftsfotografen bekommen – auf Wunsch – vermutlich bald auch bei f/2.0 Bilder, die von der Naheinstellgrenze bis unendlich knackscharf sind.
Objektive mit besserer Abbildungsleistung, weil etliche Kompromisse entfallen, die bisher mit beweglichen Linsengruppen zum Fokussieren einher gegangen sind.
Und vor allem: kein back- oder Frontfokus mehr 🙂
Von 3D und Videos/Bewegtbildern noch gar nicht zu reden
… und und und …
Die Lichtfeld-Bildaufzeichnung sehe ich tatsächlich als „disruptive technology“ und möglichen „game changer“.
Canon & Nikon sei der letzte Satz von Ren Ng aus dem NYT-Artikel ins Stammbuch geschrieben:
“We can just make a better product this way, and really show what we can do,” Mr. Ng said. “The big camera makers are mostly polishing existing technology, and we didn’t want to do this in an incremental way.”
Bildergebnisse überzeugen mich noch nicht, eine Frage der Zeit?
Ich habe mir die Bilder auf deren Seite angesehen, sie überzeugen mich noch nicht.
Aber das technische Prinzip ist vielversprächend, und muss weiterentwickelt werden um sich durchzusetzen.
Da diese Technik nicht neu ist, bleibt es fraglich ob es sich über ein Nischenprodukt hinaus reicht. Da muss das Unternehmen
wohl noch sehr viel Marketinarbeit und technische Entwicklungsarbeit leisten, aber Appel hat ja auch mal als Aussenseiter angefangen!
Ein Fan der Seite
Bin jetzt die Kommentare mal nicht durchgegenagen, aber wollte das Video hier einfach mal zeigen, möglicherweise will das jemand verlinken oder so 🙂
Denn da gibt es das Hands-On-Video dazu.
http://www.youtube.com/watch?v=WhBnzJUakpM&feature=player_embedded
Gruß
Geil
Allerdings gefallen mir Irritationen (z.B. unscharfe Vordergründe) gut.
Diese „Irritationen“
bleiben auch voll gewahrt – darauf ist sie nämlich ausgelegt. Nur über die Position darf man nachträglich entscheiden. 😉