LUMAS-Mitbegründerin Stefanie Harig im Gespräch mit photoscala über das „Prinzip LUMAS“; über hochwertige, originale Fotokunst zu bezahlbaren Preisen:

„Fotografien sammeln heißt die Welt sammeln“, hat die amerikanische Schriftstellerin und Essayistin Susan Sontag einmal gesagt – und ein Besuch in den mittlerweile 14 LUMAS Editionsgalerien ist wie eine Stippvisite in eine andere Welt: Hier dreht sich alles um Fotokunst. Angefangen hat das Ganze 1996 auf einem New Yorker Flohmarkt. Damals erwarben Stefanie Harig und Marc Ullrich fünf alte Pressefotos – und es war um die beiden geschehen. Sie waren Foto-süchtig – mit all den Begleiterscheinungen, die das Leben eines Foto-Sammlers umkrempeln: Ausstellungs- und Atelierbesuche, die Fahrten auf Kunstmessen, das ewige Blättern in immer neuen Fotobüchern.

Doch damit nicht genug. Harig und Ullrich gründeten in Berlin die LUMAS „Editionsgalerie“, eine Galerie für Fotokunst, die sich auf den Verkauf von Editionen (Originalfotografien, die in einer Auflage von bis zu 150 Exemplaren erscheinen) spezialisiert hat. Was am Anfang von der Fachwelt kritisch beäugt wurde, spiegelt die Veränderungen der Fotoszene deutlich wieder: Junge Fotosammler wollen hochwertige Fotokunst für wenig Geld erstehen – und es ist ihnen nicht mehr so wichtig wie früher, ob das Kunstwerk in einer hohen oder niedrigen Auflage entstanden ist.

Portrait von Stefanie Harig

Es entstanden Dependancen in Berlin, New York, Hamburg, Paris, Zürich, Düsseldorf, Köln, München, Frankfurt, Stuttgart und weiteren Städten. „Wir wollen ein großes Publikum begeistern und gehen daher an rege frequentierte Orte“, erzählen die LUMAS-Macher. In ihren Galerien zeigt LUMAS Newcomer und arrivierte Fotokünstler, gekauft wird aber auch im Netz oder über ein Bestellmagazin. Zusätzlich gibt es noch einen Rahmungs-Service: Fotokunst all inklusive. Wir haben LUMAS-Mitbegründerin Stefanie Harig (rechts) befragt.

photoscala: Liebe Frau Harig, was hat sich bei LUMAS in den letzten fünf Jahren verändert?

Stefanie Harig: Es hat einiges getan. Damals waren wir auf der Suche nach Standorten in Paris, London und New York. An allen diesen Standorten konnten wir LUMAS erfolgreich etablieren. Im Dezember machen wir nun unsere 14. Galerie in Wien auf. Wir sind dann in fünf verschiedenen Ländern vertreten und werden im Jahr 2011 noch weiter wachsen. Man kann sagen, dass unser Konzept auch international aufgegangen ist.

photoscala: Bei LUMAS gibt es keinen vorherrschenden fotografischen Stil. Da hängen dokumentarische Positionen neben experimenteller Fotografie, politische Ansätze neben Pop-Fotografie. Was sind Ihre persönlichen Vorlieben?

Stefanie Harig: Da kann und möchte ich mich nicht bewusst festlegen. Das Feld der Fotografie ist so weit, es wäre schade, sich freiwillig einzuschränken. Wichtig ist, dass eine Fotografie Beständigkeit hat – auch über Jahre hinweg. Das Motiv muss nachhaltig faszinieren. Eine gute Fotografie, die man sich an die Wand hängen möchte, sollte auch ohne einen bestimmten Kontext, nur für sich selbst funktionieren. Das ist bei dokumentarischen Positionen oft schwierig.

photoscala: Wie viele verschiedene Werke von wie vielen Künstlern kann man bei LUMAS denn zur Zeit erstehen? Werden überhaupt noch neue Künstler ins Portfolio aufgenommen?

Stefanie Harig: Bei LUMAS gibt es rund 1400 Werke von 160 Künstlern. Wir sind fortlaufend auf der Suche nach neuen Talenten und freuen uns, wenn wir renommierte Fotografen in unser Portfolio mit aufnehmen können.

photoscala: Wo wird vorrangig gekauft? In den Galerien oder über das Netz?

Stefanie Harig: Ein gutes Drittel der Werke wird mittlerweile online verkauft. Viele Kunden besuchen unsere Ausstellungen oder Galerien und entscheiden sich dann erst zu Hause zum Kauf. Andere nehmen die Werke gleich aus der Galerie mit. Vielleicht ist das auch einer unserer Erfolgsfaktoren: Unsere Kunden müssen sich beim Kauf nicht sofort festlegen, können aber jederzeit online bestellen.

LUMAS Berlin

photoscala: Was sind Ihre nächsten Pläne? Wird es weitere Editionsgalerien geben?

Stefanie Harig: Wir haben 2010 drei neue Galerien eröffnet. Das war natürlich mit viel Arbeit verbunden. Für das nächste Jahr haben wir uns aber ebenfalls sehr viel vorgenommen. Wir werden auf jeden Fall weiter expandieren. Neue Standorte sind schon in Planung. Stillstand gibt es bei LUMAS nicht.

photoscala: Können Sie das in kurzen Sätzen beschreiben: Wie funktioniert das „Prinzip LUMAS“?

Stefanie Harig: Viele Galeristen denken, Kunst muss elitär sein. Das hat mich geärgert! Unsere Philosophie ist ganz anders: Wir verkaufen hochwertige, originale Fotokunst zu bezahlbaren Preisen. Das funktioniert durch die höheren Auflagen von ca. 75-150 Stück. Diese Auflagen ermöglichen Preise im Schnitt zwischen 120 bis 800 Eure. LUMAS möchte, dass sich jeder hochwertige, künstlerische Fotografie in musealer Qualität leisten kann. Mit diesem demokratischen Konzept können sich bei uns sogar Studenten ein Bild leisten.

photoscala: Wie kommen Sie eigentlich zu Ihren Fotokünstlern?

Stefanie Harig: Wir besuchen Ausstellungen, Galerien, Messen und viele junge Künstler in ihren Ateliers. Wir gehen dann gezielt auf die Künstler zu, mit denen wir arbeiten möchten. Natürlich bekommen wir auch unzählige Bewerbungen und manchmal ist auch da etwas dabei.

photoscala: Viele der LUMAS-Editionen gibt es auch in kleineren Auflagen und größeren Formaten auf dem Kunstmarkt. Macht der Künstler durch eine LUMAS-Edition nicht seinen anderen Galerien Konkurrenz?

Stefanie Harig: Ich glaube nicht. 19 von 20 LUMAS-Kunden hatten zuvor noch nie Kunst erworben und stehen erst am Anfang ihrer neuen Passion. Die hätten den Weg in eine traditionelle Galerie einstweilen nicht gefunden. In der Regel sind übrigens die Werke bei LUMAS und in den Galerien auch unterschiedlich.

photoscala: Wie entscheiden Sie, welche Arbeit zur LUMAS-Edition taugt? Was viele Fotografen interessieren wird: Sind auch Selbstbewerbungen möglich?

Stefanie Harig: Wir setzen uns ein Mal pro Woche in der Berliner Zentrale mit unseren Kunstexperten in einer Bildkonferenz zusammen. Unsere Kunden wollen überrascht werden und bei uns etwas noch nicht Gesehenes entdecken. Aus diesem Grund setzen wir nicht nur auf Sachverstand, Wissen und Erfahrung. Emotion und Intuition spielen bei der Auswahl eine ebenso große Rolle. Aus Begeisterung verkaufen wir inzwischen auch Grafiken und Designobjekte. Wenn wir eine spannende Entdeckung machen, können wir es gar nicht abwarten, diese mit unseren Kunden zu teilen. Man kann sich bei LUMAS auch bewerben, es sollten aber Arbeiten sein, die ein klares Konzept und eine eigene Methodik besitzen. Journalistische oder angewandte Arbeiten passen nicht so recht zu unserem Konzept.

photoscala: In der Fotoszene munkelt man über atemberaubende Verkäufe bei LUMAS. Welche Edition ist denn zur Zeit Ihr Verkaufsschlager?

LUMAS Berlin

Stefanie Harig: Das hört ja leider – oder glücklicherweise – immer bei 100 auf. Auf unserer Website gibt es einen Menüpunkt mit den „Highlights“. Hier sieht man auch die jeweils kürzlich ausverkauften Editionen. Beliebt sind zur Zeit Bilder vom Ärzte-Frontmann Farin Urlaub, die Modezeichnungen von Wolfgang Joop oder die Werke von Larry Yust und Sabine Wild.

photoscala: Geht mit der Höhe der Auflage nicht auch der Reiz des Sammelns verloren? Und wie wichtig ist Ihren Kunden überhaupt die Limitierung? Könnte man darauf nicht gleich ganz verzichten?

Stefanie Harig: Wer sagt, dass fünf Stück sexy und hundert unsexy sind? Menschen sammeln Briefmarken oder Uhren, von denen es Zehntausende gibt. Ich finde 100 Stück als Einstiegsangebot immer noch ungeheuer wenig. Wer seit Jahren Unikate oder Kleinstauflagen sammelt, soll dies ja auch weiter tun. Diesen Kreis kann und möchte LUMAS gar nicht ansprechen. Eine Limitierung ist für unsere Kunden nicht primär wichtig, aber zur Begrenzung des Angebots signierter Werke eines Künstlers dennoch unerlässlich.

photoscala: Liebe Frau Harig, abschließend vielleicht ein Ausblick: was glauben Sie, welche Rolle wird LUMAS in zehn Jahren auf dem Markt für Fotokunst spielen?

Stefanie Harig: Vor 5 Jahren hatten wir gehofft, in Deutschland und im Ausland das allseits bekannte, geschätzte und führende Haus für Einsteiger im Kunsterwerb zu sein. Nun, nicht ganz ohne Stolz können wir wohl sagen, dass wir das erreicht haben. Wir sind die weltweit marktführende Editionsgalerie. Wir haben unsere Angebot bereits kontinuierlich erweitert und an die Wünsche unserer Kunden angepasst. Mittlerweile gibt es bei uns auch Illustration, Malerei und Grafik zu kaufen. Lassen Sie sich überraschen, wir haben noch einiges vor!

Das Interview führte Marc Peschke.
 
 
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