Im Bildband „Fotos für die Pressefreiheit 2010“ leuchtet die Organisation Reporter ohne Grenzen die Schattenzonen der Welt aus:
Pressemitteilung von Reporter ohne Grenzen:
Fokus auf die Schattenzonen der Welt: Reporter ohne Grenzen stellt Bildband „Fotos für die Pressefreiheit 2010“ vor
Eine ausgestreckte blutige Hand. Wem sie gehört, ist nicht zu erkennen. Das grobkörnige Foto auf dem Cover des neuen Bildbandes „Fotos für die Pressefreiheit 2010“ von Reporter ohne Grenzen (ROG) steht in mehrfacher Hinsicht für eine neue Zeit: Das Bild wurde mit einer Handy-Kamera aufgenommen und via Twitter verbreitet. Es zeigt einen Demonstranten in Teheran nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad im Juni 2009.
Handy-Foto, via Twitter verbreitet. Nach den Präsidentschaftswahlen, die Amtsinhaber Ahmadinedschad nach offiziellen Angaben mit 60 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, ging die iranische Opposition auf die Straße.
Das Foto (vom Monitor abfotografiert) ist Teil der Serie „Die Twitter-Revolution“ von Guillaume Herbaut.
Das Foto steht für eine mutige Reformbewegung und für die wachsende Bedeutung der neuen Medien bei der Verbreitung von Bildern und Nachrichten. „Es gibt vielleicht kein passenderes Bild als dieses aus der Serie „Die Twitter-Revolution“ von Guillaume Herbaut, um den Neubeginn in der mehr als 16-jährigen Tradition der ROG-Bände Fotos für die Pressefreiheit’ anzukündigen“, sagte Astrid Frohloff, ROG-Vorstandssprecherin bei der Vorstellung des neuen Bandes im Rahmen einer Pressekonferenz am 30. April in Berlin.
Eingebettet in neuem Layout sind alle Bildserien von vertiefenden Texten begleitet, in denen die unterschiedlichen Facetten von Presse- und Meinungsfreiheit beleuchtet werden. Im Blickpunkt des mehr als 100-seitigen Albums stehen 14 Länder und Gebiete, in denen ROG im Jahr 2009 massive Verstöße gegen die Pressefreiheit dokumentierte. Länder wie Somalia oder Afghanistan, wo Journalisten in die Schusslinie von Kriegsparteien oder wie in El Salvador zwischen die Fronten rivalisierender Banden geraten sind. Staaten wie China, Iran und Nordkorea, wo sich Medien der strikten staatlichen Zensur beugen müssen.
Wir erhalten einen Einblick in den gefährlichen Arbeitsalltag von Reporterinnen und Reportern und erfahren von Schicksalen, die im Nachrichtenalltag vieler Medien häufig zu kurz kommen. „Es sind berührende Geschichten und packende Bilder, die uns in intensive Nähe zu den Ereignissen bringen“, erklärt Astrid Frohloff.
Verantwortlich für den Relaunch des Bildbandes ist die Fotoredakteurin Barbara Stauss, die rund 30 international renommierte Fotografinnen und Fotografen sowie Journalistinnen und Journalisten mit langjähriger Auslandserfahrung für das Projekt gewinnen konnte.
In einem ersten Teil wird in kurzen Bildstrecken und Faktenblöcken illustriert, wie besorgniserregend die Situation für Journalisten und Medien in vielen Ländern ist. In einem zweiten Teil finden sich längere Bildserien und Reportagen.
„Solche Fotoreportagen und -essays, die Geschichten erzählen, sind immer seltener in den Medien zu finden“, so Barbara Stauss, Projektleiterin „Fotos für die Pressefreiheit“. „Wir wollten daher einen Bildband mit einerseits fundierten, politisch und gesellschaftlich hoch spannenden Inhalten und andererseits ästhetisch hochwertigen Fotografien erstellen.“
Die Fotografinnen und Fotografen und Autorinnen und Autoren des Bandes tauchen in die „Schattenzonen dieser Welt“ ein, wie Peter-Matthias Gaede, Chefredakteur der GEO und Kuratoriumsmitglied von Reporter ohne Grenzen im Vorwort des Bandes schreibt.
120 Passagiere soll das kleine Boot fassen. Die Flüchtlinge werfen einen letzten bangen Blick zurück auf den Strand von Schimbero in Somalia. Nur elf von ihnen werden ihr Ziel im Jemen erreichen. Zehntausende Somalis versuchen jedes Jahr über den Golf von Aden nach Jemen zu fliehen.
Foto: Alixandra Fazzina
Da ist zum Beispiel die hochschwangere Somalierin Salima, die bei einem Mörserangriff in Mogadischu ihren Mann und ihr erstes Kind verliert und keine Bleibe mehr hat. Die Fotojournalistin und langjährige Kriegsreporterin Alixandra Fazzina lernte Salima bei deren Versuch kennen, aus ihrer Heimat über das Meer in den Jemen zu fliehen. In ihrer Text- und Bildreportage „Für eine Million Shilling“ schildert Fazzina das Schicksal verzweifelter Menschen wie das der 19-jährigen Somalierin. Für ihre Recherchen musste sich Fazzina wie die Flüchtlinge an Schlepper ausliefern:
„Ich werde oft gefragt, wie ich es geschafft habe, dass mir Schlepper erlaubten, ihre Arbeit zu beobachten. Ich habe ihrem Anführer einfach gesagt: Ihr traut mir nicht, ich traue euch nicht.’ Und das fanden sie irgendwie gut“, sagte die Fotojournalistin bei der Pressekonferenz in Berlin.
Vergewaltigt, ermordet – eine Frauenleiche in der Gerichtsmedizin von Juárez. Mexiko hat nicht allein ein Problem mit der Drogenkriminalität. Auf den Straßen herrscht insgesamt ein Zustand der Gesetzlosigkeit. Gewalt gegen Frauen nimmt zu, viele Fälle werden nie aufgeklärt, nie geahndet. Juárez Mexiko: Dezember 2008.
Foto: Shaul Schwarz
Auch andere Fotografen und Autoren in dem Band setzten ihr Leben aufs Spiel, um seltene Momente und brisante Szenen festzuhalten: Shaul Schwarz zeigt Bilder des Krieges der mexikanischen Regierung gegen die Drogenkartelle. Mathieu von Rohr erzählt in einer begleitenden Reportage von der mexikanischen Polizeireporterin Luz Sosa, die ihrer Arbeit in der gewalttätigsten Stadt der Welt nach geht: Ciudad Juárez.
Nordkorea: Früherziehung – eine Lehrerin erklärt im Kindergarten die Bedeutung des „Großen Führers“. Pjöngjang.
Foto: Tomas von Houtryve
Eine ungewöhnliche Methode wählte der US-amerikanische Fotograf und Journalist Tomas von Houtryve, um sich Innenansichten des wohl geschlossensten Staats der Erde zu verschaffen: Schnurrbart, antrainierter Akzent und neuer Pass – von Houtryve verwandelte sich in einen Bewunderer der Revolution und reiste so in die Volksrepublik Nordkorea.
Zu den weiteren Fotografinnen und Fotografen gehören Eugene Richards, Nina Berman oder Mikhail Galustov. Unter den Autorinnen und Autoren sind die Auslandskorrespondenten Christoph Reuter, Bernhard Bartsch oder Olivier Guez.
Alle haben ihre Bilder und Texte unentgeltlich zur Verfügung gestellt und damit ROG unterstützt. Mit den Erlösen aus dem Verkauf des Bandes finanziert ROG Anwaltskosten, medizinische Hilfe und Öffentlichkeitsarbeit für verfolgte Journalistinnen und Journalisten.
Fotos für die Pressefreiheit 2010 (bei amazon.de)
104 S., 100 Abb.
ISBN 978-3-937683-29-4
12 Euro
(thoMas)
von Houtryves Foto-Reihe “Comrades Revisited”
von Houtryves Foto-Reihe “Comrades Revisited”
Dieses versuchte “update” einiger kommunistischen Länder dieser Welt hat leider nichts von einem neuen Blick, sondern bedient hauptsächlich bestehende Klischees. Er sucht förmlich nach den Bildern, die in unserer freien Presse schon seit je wiederholt werden. Wer offen bewaffnete Menschen im Alltag sehen will, muss nicht in ein kommunistisches Land reisen, es reicht schon am Wochenende in der Schweiz mit der Bahn zu fahren. Sehr viele werden schon in China gewesen sein und vielleicht auch die dargestellten Bilder wahrgenommen haben. Aber der Alltag hat sich doch sehr extrem davon entfernt. Dass in diesen Ländern selbst die Sonne nicht scheinen mag, muss man nicht weiter kommentieren. Propaganda?
Nordkorea ist sicherlich ein sehr verschlossenes Land, in dem es überhaupt keine Pressefreiheit gibt. Was dort grösstenteils veröffenticht wird ist schon fast absurd zu nennende Propaganda. Allerdings ist es relativ leicht und völlig ungefährlich dieses Land zu besuchen. Man muss sich nicht dazu verkleiden. Seit einiger Zeit darf man sogar als U.S Bürger jederzeit und nicht nur zu den Massen-Festspielen einreisen. Auch ist es erlaubt Fotos zu machen. Andere Fotografen haben dies auch ohne falschen Pass geschafft.