Ein internationales Schiedsgericht ist jetzt zu dem Schluss gekommen, dass beim Verkauf der Fotosparte von Agfa-Gevaert an die AgfaPhoto Holding GmbH alles mit rechten Dingen zugegangen ist:
Wie Agfa-Gevaert in einer knappen Meldung mitteilt, hat das internationale Schiedsgericht ICC International Court of Arbitration ein endgültiges Urteil in einem Schiedsgerichtsverfahren zwischen Agfa-Gevaert und der AgfaPhoto Holding GmbH gefällt. Danach wurden alle Forderungen der AgfaPhoto Holding GmbH abgewiesen – die hatte der Agfa-Gevaert vorgeworfen, sich beim Verkauf des Bereichs „Consumer Imaging“ unrechtmäßig verhalten zu haben und wollte Schadenersatz.
Die AgfaPhoto GmbH ging kurz nach der Übernahme in Insolvenz, wohingegen die AgfaPhoto Holding GmbH die Markenrechte an AgfaPhoto von der Agfa-Gevaert lizenziert hat und auf unbegrenzte Zeit nutzen darf, wie obiges Schiedsgericht Ende 2007 entschied: AgfaPhoto Holding darf „AgfaPhoto“ lizenzieren. Haupteigner der AgfaPhoto Holding (die wiederum die AgfaPhoto GmbH als 100%-ige Tochter hielt) ist Hartmut Emans über seine NannO Beteiligungsholding GmbH – wobei die Angaben auf Emans Webseite augenscheinlich veraltet sind: da ist noch von einer „operativ tätigen AgfaPhoto GmbH, Leverkusen“ die Rede.
Zur AgfaPhoto-Unternehmensgruppe zählten bzw. zählen u.a. die Unternehmen AgfaPhoto Finance NV Germany, AgfaPhoto Germany GmbH, AgfaPhoto GmbH (insolvent), AgfaPhoto Holding GmbH und AgfaPhoto Trading GmbH.
Unterdessen klagen ehemalige Mitarbeiter , weil sie ihrem Eindruck nach beim Übergang von der Agfa-Gevaert zur AgfaPhoto GmbH falsch informiert und gedrängt wurden. Dem Eindruck schließen sich auch die Arbeitsgerichte an – bis hin zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt: Agfa-Gevaert in der Pflicht. Die Rede ist von ca. 100 Klagenden; welches Schicksal die restlichen, zum Zeitpunkt der Übernahme rund 2.900 Mitarbeiter (davon 2.275 in Deutschland) ereilte, ist nicht bekannt. Sie waren jedenfalls mit der Insolvenz erstmal „freigestellt“.
So ist die Agfa-Gevaert einen Großteil der ehemaligen Agfa-Mitarbeiter schnell und „kostenneutral“ losgeworden und die AgfaPhoto Holding versilbert die Markenrechte. Lizenznehmer der Marke „AgfaPhoto“ sind u.a. plawa Feinwerktechnik (Digitalkameras), german-battery (Batterien), Lupus (Filme) und Sagem Communications (Fotodrucker, digitale Bilderrahmen).
(thoMas)
Kodak, Agfa, Rollei: Piano Morte!
Ein Artikel im Handesblatt zeigt gut was diese Firmen vereint hat, es war the german disease… eine Mischung aus starker Marke, gewohntem Erfolg und langer Tradtiton und dann die Krankheit…hier am Beispiel des Braunschweiger Klavierherstellers Schimmel beschrieben:
„…Die deutsche Klavierindustrie röchelt ihre letzten Töne. Schimmel, der Klavierbauer aus Braunschweig, Tradition seit 124 Jahren, ist einer der letzten, die nun zahlungsunfähig sind. Ihm ist passiert, was zuletzt vielen deutschen Traditionshäusern widerfahren ist: Tod durch zu viel Geschichte und zu wenig Zukunft. Zu lange haben sie sich an dem Glauben berauscht, ein über Dekaden erfolgreiches Produkt und ein guter Name garantierten Erfolg bis in alle Ewigkeit.
Der nächste Tod eines Klavierbauers, der nächste Exitus einer deutschen Traditionsmarke. Denn die Klavierbranche ist nur ein Satz eines Requiems, das durch den Konzertsaal der Deutschland AG donnert. Märklin, Rosenthal, Schiesser, Quelle, Escada beispielsweise sind gestorben. Viele von ihnen aus dem gleichen Grund.
Verdrängung statt Realitätssinn
„Schimmel hätte schon vor langer Zeit prüfen müssen, wie sie mit dieser Kernkompetenz von gutem Klang auch in andere Bereiche gehen können“, sagt Matthias Simon, Gründer des Instituts für Markenwert. Schimmels Fehler, sagt Simon, sei ein „typisch deutscher“.
Statt Geschäftsstrategien zu ersinnen, hätten sich Unternehmen wie Quelle und Rosenthal im Glanze der Vergangenheit gesonnt und darüber den Kunden vergessen. Die deutschen Klavierbauer sind ein besonderer Fall. Von den mehreren Hundert Pianofabriken, die im 19. Jahrhundert das Bildungsbürgertum versorgten, ist nur ein Dutzend übrig geblieben, Firmen wie Steinway, Blüthner oder Grotrian-Steinweg. Sie halten sich nur noch mit Mühe am Markt. Im vergangenen Jahr taumelten Seiler aus Franken und die Leipziger Pianoforte in die Insolvenz, im Jahr davor war es Ibach, die älteste Klavierfabrik der Welt. Nun also Schimmel….“
Der Artikel aus dem Handelsblatt beschreibt gut, was heute die deutsche Krankheit genannt wird, the german desease…daran sind in Braunschweig schon Rollei und Voigtländer erkrankt gewesen…dabei gab es am Standort Braunschweig rechtzeitig Persepektiven wie den Sondermaschinenbau im Bereich des Digitaldruck und ähnliches, worauf etwa Rollei sich hätte konzentrieren können.
Wie klug hingegen Bösendorfer (an Yamaha) oder Sauter (Finanzinvestor) die zwar ebenfalls zu spät agierten, dann aber wenigesten reagierten und so mit frischem Kapital Fehler ausglichen und den Markt besetzen konnten.
Firmen wie Agfa und Rollei, besonders Rollei kann das wohl momentan nicht mehr passieren. Kodak wird vermutlich den Weg von Bösendorfer oder Sauter gehen und als echte Marke weiterbestehen.
Bösendorfer ist kein gutes Beispiel
für die hier kritisierte deutsche Krankheit.
1. ist Bösendorfer kein deutsches, sondern ein österreichischen Unternehmen gewesen
2. hat Bösendorfer mit dem Lautsprecherbau mit Hans Deutsch zusammen durchaus nach anderen Möglichkeiten gesucht.
Die Entwicklung von analoger Hardware wird in Europa in absehbarer Zeit weitgehend zum Erliegen kommen und bei der digitalen Technik sind Hersteller aus Fernost kaum mehr einzuholen. Mit den e-books werden Zeitungen und Bücher und damit Zeitungskiosks und Buchhandlungen verschwinden. Da bleibt nichts mehr, was man schwarz auf weiß besitzt und getrost nach Hause tragen kann. Wenn Nichts mehr da ist, was man begreifen kann, wird’s der eine oder andere begreifen.