Der Übergang der Agfa-Fotoabteilung von Agfa-Gevaert in die AgfaPhoto GmbH ist auch mehr als zwei Jahre nach der Insolvenz Streitpunkt vor Gericht: Die Arbeitnehmer fühlen sich betrogen, die Arbeitsgerichte entscheiden mehrheitlich zu ihren Gunsten

Die Gerichte entscheiden nahezu übereinstimmend zugunsten der AgfaPhoto-Arbeitnehmer: Die Informationen beim Übergang zur AgfaPhoto GmbH seien falsch gewesen. Konsequenz in letzter Instanz: Agfa-Gevaert müsste die behandeln, als habe das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung fortbestanden 

Wir haben vor kurzem berichtet, dass die Entscheidungen der Arbeitsgerichte mehrheitlich pro klagende AgfaPhoto-Mitarbeiter ausfallen, die also von der Agfa-Gevaert wieder übernommen werden müssen bzw. so behandelt werden müssen, als seien sie ohne Unterbrechung dort beschäftigt gewesen (was Agfa-Gevaert denen so schwer wie möglich macht, wie sie berichten). Das hat erhebliche Konsequenzen, was Löhne und Pensionsansprüche angeht. Kein Wunder (aus betriebswirtschaftlicher Sicht), dass sich die Agfa-Gevaert dagegen durch alle Instanzen klagt. Viele Fälle liegen, nachdem in erster und zweiter Instanz gegen Agfa-Gevaert entschieden wurde, nun beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Wie die Rheinische Post berichtete, ergab sich eine neue Qualität der Auseinandersetzungen bzw. der Argumentationen insofern, als sich das Kölner Arbeitsgericht jetzt intensiver mit dem Inhalt des Informationsschreibens auseinandergesetzt hat, mit denen den Agfa-Mitarbeitern der Übergang zur AgfaPhoto GmbH schmackhaft gemacht werden sollte (manch Arbeitsrichter hat darin auch schon subtilen Zwang ausgemacht). Und kamen zu dem Entschluss, dass etliche Angaben geschönt bzw. falsch waren: So habe die Liquidität statt der angegebenen 120 Millionen Euro nur bei 70 Millionen Euro gelegen und die lukrativen Namens- und Markenrechte der Agfa seien eben nicht in den Besitz der Käufer übergegangen, wie behauptet.

(Über die Namensrechte streiten sich die Agfa Holding GmbH und Agfa-Gevaert vor einem Schiedsgericht, eine Entscheidung soll bald fallen; wobei Holding-Haupteigner Hartmut Emans auch maßgeblich in Kauf und Pleite der AgfaPhoto GmbH involviert war.)

Jedenfalls waren die genannten und weitere Ungereimtheiten den Kölner Richtern Anlass, für die klagenden Arbeitnehmer zu entscheiden, da die erteilten Informationen „nicht mit der Wirklichkeit überstimmten“.

Die brauchen weiter einen langen Atem; bis das Bundesarbeitsgericht in Erfurt eine Entscheidung gefällt hat.


Hier die AgfaPhoto-Pleite in der Übersicht, chronologisch gelistet:

Dämmerstunde der klassischen Fotoindustrie
Agfa-Gevaert hat Fotosparte verkauft: AgfaPhoto startet
AgfaPhoto stellt Antrag auf Insolvenzverfahren
AgfaPhotos plötzliche Pleite
AgfaPhoto bekommt Gnadenfrist
AgfaPhotos Führungsriege auf dem Prüfstand
AgfaPhoto produziert über den 1. August 2005 hinaus
AgfaPhoto wird im Insolvenzverfahren fortgeführt
AgfaPhoto GmbH: Insolvenzverfahren ist eröffnet
Agfa-Gevaert stellt erhebliche Forderungen an AgfaPhoto
AgfaPhoto steht kurz vor Verkauf
AgfaPhoto lehnt Kaufangebot von PMI ab
AgfaPhoto ist zerschlagen
AgfaPhoto – das Ende einer Ära
AgfaPhoto GmbH wird abgewickelt
Hoffnungsschimmer für AgfaPhoto-Mitarbeiter
Minilabor-Sparte von AgfaPhoto ist verkauft
Teilverkauf der AgfaPhoto-Filmproduktion
AgfaPhoto kontra Agfa-Gevaert – der Krimi
Agfa Gevaert muss für AgfaPhoto einstehen
AgfaPhoto wird zur Handelsmarke
AgfaPhoto – ein Zwischenbericht
Was passiert eigentlich bei und mit AgfaPhoto?

(thoMas)