Derzeit mehren sich die Zeichen, dass der fotografische Teil von Arsenal in Kiew weitgehend abgewickelt ist und nicht daran gedacht wird, die Fertigung nochmals aufzunehmen:
In der Fotoabteilung von Arsenal, die auf eine Unternehmensgründung im Jahre 1764 zurückblicken können, gehen jetzt wohl langsam die Lichter aus. Zwar ist die Arsenal-Seite noch erreichbar, im Bereich der Fotografie enthält sie jedoch praktisch nur noch historisch interessante Informationen.
Vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen Arsenal seinen wirtschaftlichen Schwerpunkt nach vorliegenden Informationen im Bereich der Rüstungstechnik hat und auf einem im Zentrum der Stadt Kiew liegenden Grundstück beheimatet ist, das in der Vergangenheit Arbeitsplätze für 55.000 Beschäftigte bot, ist es verständlich, wenn man sich von der kleinen fotografischen Nische verabschieden will. Auf telefonische Anfrage wurden die derzeit im Netz zirkulierenden Informationen hinsichtlich einer Abwicklung der Produktionskapazitäten in Kiew bislang weder bestätigt noch dementiert.
Mit dem Schrumpfen der analogen Fotografie auf eine mehr oder wenig stabile Nische, welche die aus der Vergangenheit rührenden Überkapazitäten eines auf Massenproduktion ausgerichteten Unternehmens nicht mehr finanzieren kann, wurde auch bei Arsenal der Fotobereich zunehmend marginalisiert. In Folge dieser Entwicklung, die auch zur massiven Freisetzung von Mitarbeitern führte, entwickelten sich zahlreiche kleine Manufakturen, die auf der Basis vorhandener Bauteile und Entwicklungen marktfähige Produkte bereitstellten, die dann unter eigenem Namen oder unter dem Namen einer Vertriebsorganisation auf den Markt kamen. Zu diesen Produkten zählen die Shift-Tilt-Objektive für Kleinbildkameras, wie sie von Brenner unter dem Namen BIG verkauft werden, oder auch die ursprünglichen Hartblei-Objektive. Derzeit sind zahlreiche Baugruppen noch verfügbar und die Lieferfähigkeit der meisten Anbieter dürfte vor dem Hintergrund des schrumpfenden Marktes auch noch eine ganze Weile vorhalten, wenn auch an manchen Teilen, die in Kiew eingelagert sind, inzwischen der Zahn der Zeit in Form von Korrosion sein degradierendes Werk verrichtet. Mit dem absehbaren Niedergang der Fertigung in der Ukraine haben sich die in Westeuropa angesiedelten Anbieter wie Hartblei jedoch schon vor geraumer Zeit von den ukrainischen Wurzeln gelöst. Hartblei etwa bezieht seine optischen Komponenten inzwischen vom deutschen Hersteller Carl Zeiss.
(CJ)
Tja also…
60 Jahre die selben Modelle anbieten. Klar, das man da nicht überlebt, oder?
Ich hätte eh keine Ostkamera gekauft.
Mit dem Film stirbt der Bedarf nach billigen Fotofilmprodukten
[quote=Gast]60 Jahre die selben Modelle anbieten. Klar, das man da nicht überlebt, oder?[/quote]
Technisch brilliant waren die Kameras und Objektive ja ohnehin nicht. Eben Hasselblad-Kopien und optische Standard-Designs mit größeren Fertigungstoleranzen und preiswerteren Materialien. Die technische Modellgüte war auch früher nicht das Argument, eine Kamera oder ein Objektiv von Arsenal zu kaufen. Sie waren halt günstig und trotzdem brauchbar. Mit dem Sterben der Fotografie auf Film fehlt den Fotoprodukten von Arsenal einfach die Basis. Für die digitale Fotografie reichen die Objektive qualitativ bei weitem nicht aus. Eine Kiew-Kamera sowieso nicht. Das das Überleben von Arsenal an dieser Produktsparte hängt, ist sehr unwahrscheinlich. Arsenal war ein sowjetisches Großunternehmen klassischer Prägung. Es wurde alles mögliche produziert, ohne das es irgendwelche wirtschaftlich rationalen Zusammenhänge gegeben hätte. Die Fotosparte hat da keine große Bedeutung gehabt.
Was will uns der Künstler damit sagen
???
Preisfrage
der Anlass für viele Käufer war ein preiswerter Einstieg ins Mittelformat. Wenn ich z. B. Naturaufnamen mache, d. h. mit der Kamera im Freien herumlaufe, dann verhalte ich mich ganz anders, wenn ich eine Kamera für 500 Euro in der Hand habe als eine für 5000. Dabei kann keine Rede davon sein, dass die Ergebnisse mit der teuren Kamera auch wirklich 10fach besser wären.
Nicht veraltet, nur real existierender Sozialismusl
Anfang der 80er Jahre hat Kiev eine neue Kamera im Format 6 x 4.5 cm herausgebracht, die der Zenza-Bronica recht ähnlich sah und anscheinend sogar Belichtungsautomatik etc. hatte. Ich habe diese Kamera damals am Kiev-Stand gesehen (noch vor der Wende) und nachgefragt; aber nichts erfahren, es gab keine Informationen und in die Hand nehmen war auch nicht. Ich habe in der Wikipedia einen Eintrag zu dem Thema erstellt “Kiev 90”, mit Links zu Fotos und Artikeln.
Die Konstruktion war modern, aber die Fabrik konnte offensichtlich die Kameras nicht fehlerfrei herstellen. Basierrend auf der Kiev 90 hätte Kiev sicher besser Zukunftsaussichten gehabt. Vielleicht versuchts ja noch einer von den Kleinherstellern im Kiev-Umfeld mit den Werkzeugen und neuer Elektronik, wenn die Werkzeuge denn noch in irgendeinem Arsenal 😉 rumliegen.
Thyl
Das KIEV Mittelformathandbuch Band 1: Die Kameras
Wer sich für die ARSENAL-Geschichte und der Mittelformat-Kameras interessiert, bei Wiese-Fototechnik in Hamburg, kann man das interessante Buch von Lothar A. Braas erwerben.
Real existierender Sozialismus?
Die Fotoindustrie von Deutschland, Japan und der UdSSR kann man auch mit der Luftfahrt-Industrie vergleichen. Raumfahrt klammere ich hier einmal aus, denn hier gab es nicht wie in der Luftfahrt eine offizielle Kooperation von Deutschland und dem Zarenreich und dann der UdSSR bis Ende der 30-er bzw. Ende der 40-er.
Bei der Luftfahrt gab es in der UdSSR eine entsprechende Nachfrage um hier die Technologie weiter zu entwickeln. Va. die Militärjets der UdSSR sind alles andere als ein Beispiel für wie hier anhand der Fa. Kiev beleuchteten Industrie, welche Ihre Wurzeln in der UdSSR findet soweit man sich auf sog. “real existierenden Sozialismus” beschränkt.
Es gibt in Rußland und der ehem. UdSSR auch heute wohl keine nennenswerte Nachfragen nach Kameras aus der ehem. UdSSR.
Die jungen Russen stehen auf OPEL. Bei den Automobilen wird wohl am schnellsten modernisiert. Bisher war es eben so, dass die Fiat-124-Lizensbauten/-Weiterentwicklungen von Lada va. paßend für die Straßen in Rußland und der ehem. UdSSR waren.
Ich denke, dass man in Rußland und aus dem Gebiet der ehem. UdSSR einiges an HighTech in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erwarten kann.
Man muß immer eines betrachten. Je mehr ein Staat an Bodenschätzen-Vorhaben ermangelt umso mehr ist seine Wirtschaft und Industrie von dem Export und Erfindungen sowie Verfeinerungen der Technik dh. HighTech abhängig. Dasselbe gilt hinsichtlich Reichtum an Natur als Schatz, vgl. Albanien die Schatztruhe Europas was Naturschätze anbelangt. Schwer wirklich schwer alles auf sog. “real existenten Sozialismus” abzuwickeln.
Ausnahmen sind ehem. Bufferzonen zwischen den ehem. Blockbildungen wie zB. die DDR. Hier wurde tatsächlich über die Jahrzehnte die von West- und Ost-Deutschland gemeinsam erlebbare Situation des Mangels an Bodenschätzen, welche durch HighTech-Know-How beantwortet werden kann/konnte durch den sog. real existenten Sozialismus gedrosselt, während Prestigeprojekte im sog. real existenten Sozialismus die DDR teilweise sogar in die Poleposition gegenüber der BRD brachte.
Meiner Meinung nach können wir selbst anhand von BRD und DDR vor der Wiedervereinigung nicht festmachen ob eine vor der Trennung Deutschlands in Westen und Osten ähnlich gewachsene Industrie- und Know-How-Basis sich während der DDR-Zeit untersch. gut entwickeln konnte. Im Westen war es wohl breitbandiger und wirtschaftlich komplexer was die Kooperation und Globalisierung anbelangte. Wenn es um HighTech ging glänzte es in der DDR jedoch nicht minder als im Westen.
Was Kameras wie Rollei, ältere Hassis und Kiev-Modelle anbelangt betrachte ich dies als Pflege von Handwerk, welches aber nicht die Basis für eine Foto-Industrie sein wird. Fotoindustrie was Consumer-Elektronik anbelangt ist jetzt in Asien/Japan ähnlich wie es im Bereich der Consumer-Elektronik im Bereich Video, TV, Audio und Multimedia ist. Fotoindustrie betrachte ich als nochmals wesentlich stärker Richtung Asien/Japan lastig.
Ich betrachtes es als einfacher die Marke Grundig in Deutschland incl. einer nennenswerten Basis im Consumerbereich und Produktion wiederzubeleben als in Rußland/ehem. UdSSR tatsächlich eine Fotoindustrie aufzubauen mit der man sich mit Japan messen möchte.
Es steht aktuell eher alles auf Automobile und blickt man nach Polen arbeitet sich eine Immobilienwelle Richtung Osten.
Es wird sich ggf. jemand finden der die Namensrechte an Kiev kauft und Kameras anbietet. Die werden aber definitiv nicht mit den bisherigen Werkzeugen in den bisherigen Farbriken hergestellt werden.
Falls jemand mehr weiß als ich und es va. besser weiß, möchte ich mich hier bereits für mein Unwissen, über Details bereits bekannter Zukunftspläne für die Marke Kiev, entschuldigen. Es ist ein Ausblick basierend auf dem Entwicklungen in West-Europa und den aktuellen Schwerpunkten va. der russischen Regierung zur Modernisierung der russischen Industrie. In der ehem. UdSSR wird man sich eben an Rußland mit orientieren.