John Heartfield gehört zu den bedeutendsten deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts vor allem, weil er ein Genre des Fotografischen gleichsam im Alleingang erfunden hat: die politische Fotomontage. Jetzt zeigt die Berlinische Galerie das Werk des Künstlers:
John Heartfield wurde 1891 in Berlin-Schmargendorf als Helmut Herzfeld geboren. Die Karriere begann mit dem neuen Namen: Nach einer Lehre als Buchhändler in Wiesbaden, dem Studium an der Kunstgewerbeschule in München und einem weiteren Studium an der Kunst- und Handwerkerschule in Charlottenburg, nannte sich Herzfeld seit 1916 „John Heartfield“ – vor allem, um gegen den nationalistischen Ungeist der Kaiserzeit, gegen die anti-englische Kriegspropaganda zu opponieren.
John Heartfield: Krieg und Leichen, AIZ 18, 1932.
© Akademie der Künste, Berlin Kunstsammlung, VG Bild-Kunst, Bonn 2009
Das künstlerische Werk Heartfields ist bekannt, seine Arbeit als Typograf, seine dadaistischen Arbeiten, seine Buchgestaltungen für den Malik-Verlag, doch vor allem seine politischen Fotomontagen, die er bereits seit den zwanziger Jahren anfertigte. Es sind in Publikationen wie etwa der „Arbeiter Illustrierten Zeitung“ erschienene Arbeiten, die sich gegen den Geist der Zeit stellen: gegen den Militarismus, gegen den Kapitalismus, gegen den erstarkenden Nationalsozialismus. 1933 musste Heartfield aus Deutschland fliehen, 1934 wurde er ausgebürgert, doch aus dem Prager Exil und später von London aus agitierte er weiter gehen die Nazis.
Jetzt erinnert eine große Ausstellung an den 1968 in Ostberlin verstorbenen, in der DDR vielfach geehrten Künstler, der auch in politischen Schriften wie „Der Sinn von Genf: Wo das Kapital lebt, kann der Friede nicht leben!“ seine Überzeugungen darlegte und über den Bertolt Brecht schrieb, er sei ein großer Satiriker, der „auf einem von ihm selbst erschaffenen Feld, der Fotomontage“ Gesellschaftskritik übe.
John Heartfield: John Heartfield mit Polizeipräsident Zörgiebel, 1929, Originalmontage / Deutsche Eicheln, AIZ, 37, 1933.
© Akademie der Künste, Berlin Kunstsammlung, VG Bild-Kunst, Bonn 2009
Die Ausstellung „ZEITausSCHNITTE. Fotomontagen 1918 bis 1938“ in der Berlinischen Galerie präsentiert einen Künstler und Kommunisten, der Zeit seines Lebens nicht unumstritten war. Oft als verbissener Agitator abgetan, als politischer Handwerker, war es schließlich auch Heartfield selbst, der sich nie als Künstler, sondern eher als „Monteur“ bezeichnet hat: einer, der in einem sehr modernen, beinahe postmodernen Sinne mit vorgefundenem Material arbeitete. Viele seiner Werke sind weltbekannt, etwa jenes Hakenkreuz aus blutigen Henkersbeilen oder auch der Röntgenbild-Adolf Hitler, der „Gold schluckt und Blech redet“.
„Die unerträglichen Ereignisse“, so fasste es einmal Oskar Maria Graf zusammen, „sind die Antriebskräfte seiner Kunst …“
(Marc Peschke)
Ausstellung:
Berlinische Galerie
ZEITausSCHNITTE. Fotomontagen 1918 bis 1938
29. Mai bis 31. August 2009
Rechts: John Heartfield: Hjalmar oder das wachsende Defizit, AIZ, 14, 1934.
© Akademie der Künste, Berlin Kunstsammlung, VG Bild-Kunst, Bonn 2009
Text (unter AIZ – Arbeiter Illustrierte Zeitung): Die Presse meldet, daß der Reichsbankpräsident Dr. Hjalmar Schacht, um das Vertrauen maßgeblicher Kreise zu stärken, die Änderung seines Namens in Hjalmar Helfersich beantragt hat. (Der seinerzeitige Reichsbankpräsident Helfferich schuf nach dem Inflationsgeschäft die sogenannte Rentenmark.)
Ob er in Vorbild
für Klaus Staeck war?
klaus staeck
dazu gibt es in der aktuellen photonews ein interessantes interview mit klaus staeck. zwar mehr zu seinen fotos,
aber auch zu seinem verhältnis zu der arbeit von john heartfield.
grüsse frieder
Was mich immer wieder verblüfft, ist,
dass es in der Weimarer Zeit Menschen gab, die einen klaren politischen und gesellschaftlichen Durchblick hatten, und trotz aller Bemühung das Volk über die Machenschaften der “Oberschicht” aufzuklären, es nicht geschafft haben, zu verhindern, dass die Leute den Absturz in die Barbarei selber wählten.
Ist die Bevölkerung heute klüger?
-Erfahrener, aber nicht klüger.
Ps. Die Aktualität der satirischen Photoillustrationen Heartfields dürfte bei zeitgenössisch angepassten Symbolen und Personen durchaus bewahrt bleiben.
klarer politischer und gesellschaftlicher Durchblick?
Die Plakate und Photomontagen haben eher etwas hetzerisches als aufklärerisches und wirken daher für mich kontraproduktiv. Dass der Herr schon ab 1918 Kommunist war und es nach dem zweiten Weltkrieg vorgezogen hat, in einer Dikatatur statt in einer Demokratie zu leben, spricht nicht gerade für klaren politischen und gesellschaftlichen Durchblick.
Ergänzung
Zu der Meldung hätte der Hinweis auf die derzeit ebenfalls in Berlin laufende Ausstellung
Ernst Volland: Eingebrannte Bilder derzeit bis Juli in der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin,
gepasst.
Volland steht leider zu Unrecht im Schatten des umtriebigen, aber überbewerteten Staeck.
siehe auch
http://www.jungewelt.de/2009/05-29/012.php?sstr=volland
http://www.ernstvolland.de/
“I love my job, it’s the work, I hate.”
zielsicher
Ja, die find ich auch gut. Und zielsicher…
Volland ist schon toll
Der hat damals die ganze Kunstwelt mit der “frischen Malerei” genarrt.
Hat einen französichen Künstler erfunden und die ganze Galeristenszene an der Nase herumgeführt – schöne und lustige Aktion damals.