Ausschnitt aus Foto Janne LehtinenAn dieser Stelle beschäftigen wir uns öfter mit dem Thema, was Fotografie sein kann.

 
 
 
 

Foto Hans Gutmann

Hans Gutmann – Marina Ginestà, Barcelona 1936

Freie, autonome Kunst in jedem Fall, aber auch ein Mittel zur Erinnerung, wie eine Berliner Ausstellung jetzt eindringlich zeigt: „Vom Spanischen Bürgerkrieg zum II. Weltkrieg. Hans Gutmann (Juan Guzmán)“ heißt die Schau, die noch bis zum 3. April im Willy-Brandt-Haus zu sehen ist. Präsentiert wird das Werk eines in Deutschland beinahe unbekannten Fotografen, der als Kriegsreporter den spanischen Bürgerkrieg begleitete, der 1939 mit dem Sieg der von Hitlerdeutschland unterstützten Truppen General Francos endete. Wundervoll etwa jenes Porträt der jungen, schönen Kämpferin der Internationalen Brigaden, die noch hoffnungsvoll in die Zukunft blickt. Fotografie als Erinnerung.
 

Foto Janne Lehtinen Foto Janne Lehtinen

Janne Lehtinen – aus der Serie „Sacred Bird“


Fotografie als Inszenierung: „Sacred Bird“ ist eine Serie von Janne Lehtinen, die bis zum 15. März – ebenfalls in Berlin – in der Galerie TaiK zu sehen ist: die erste Einzelausstellung des 1970 geborenen finnischen Fotografen, der an der Helsinki School studiert hat. Eine Bildserie, eine fiktionale Inszenierung über den ewigen Wunsch des Menschen, fliegen zu können.

Foto Matthias Hagemann

So still und ruhig wie Janne Lehtinens Bilder sind auch jene von Matthias Hagemann, dessen Ausstellung „Langsame Photographie“ bis zum 11.4. in der Berliner Galerie en passant präsentiert wird. Plakat Tim RautertSeine oft mit der Camera Obscura angefertigten Schwarzweißfotografien entstanden in Berlin oder Barcelona und zeigen das, was man heute selten sieht: menschenleere Straßenwinkel und Plätze. Bilder mit Zeit.

Einer der bedeutendsten deutschen Fotografen der vergangenen Dekaden ist ohne Zweifel der 1941 geborene Otto Steinert-Schüler Tim Rautert, der lange Jahre an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig gelehrt hat. Unter dem schönen Tietel „Wenn wir dich nicht sehen, siehst du uns auch nicht“ zeigt das LVR-LandesMuseum Bonn bis zum 13. April eine Retrospektive, die das Werk Rauterts umfassend vorstellt. Tim Rautert, ausgebildet an der Folkwang-Schule, ist eng mit der Stadt Essen verbunden. Besucher seiner Bonner Ausstellung könnten den Abstecher ins Ruhrgebiet machen, um im Museum Folkwang eine Schau zu sehen, die bis zum 5. April das düster-unheimliche Werk der englischen Fotokünstlerin Clare Strand präsentiert.

In Hamburg ist es einmal mehr die Robert Morat Galerie, die im März mit zwei neuen Ausstellungen auf sich aufmerksam macht. Präsentiert werden bis zum 10. Mai 2009 Arbeiten der in New York lebenden Jessica Backhaus. Darunter auch die Serie „One Day in November“, eine Hommage an Gisèle Freund, die enge Freundin und Mentorin von Backhaus, die im Dezember 2008 ihren 100. Geburtstag gefeiert hätte.
 
 

Foto  Foto Bernhard Fuchs

Jessica Backhaus – Roses and Cables; Bernhard Fuchs – Roter Toyota, Traberg, 1994

 
Außerdem zu sehen ist die Serie „Autos“ von Bernhard Fuchs, über die der Fotograf erzählt: „Auf meinen Radtouren sah ich immer wieder Autos, die einfach nur in der Gegend standen. Ich glaube, meine erste Reaktion war, nach dem Besitzer Ausschau zu halten. Da ich aber meistens keinen Menschen sah, blieb ich mit der Situation alleine und es entwickelte sich auf einmal eine Beziehung zu diesen Fahrzeugen, wie ich es nicht erwartet hatte. Die Autos in der Landschaft hatten eine Wirkung auf mich, wie die von Schauspielern auf einer Bühne, und ich fing ab da ihren Witz und ihre Tragödie zu interpretieren und zu sammeln an.“ Der Düsseldorfer Bernhard Fuchs, geboren 1971, studierte bei Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf und bei Timm Rautert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.
 

Foto Martin Zeller

Martin Zeller – Ice House Express, 2004

 
Von Hamburg machen wir den Sprung nach Mannheim, genauer gesagt in die dortige Kunsthalle, wo die Serie „Space and Time in photographing Hong Kong“ von Martin Zeller bis zum 3. Mai 2009 gezeigt wird: extreme Hoch- und Querformate, ungewöhnlich präsentiert als sich kreuzende Collagen. Die Kuratoren: „Die Arbeiten reflektieren einerseits eindrücklich die Zuspitzung städtebaulicher, raumstruktureller und sozialer Entwicklungen in Hongkong und dem angrenzenden chinesischen Perl-Fluss-Delta. Andererseits thematisieren sie die Verschiedenheit europäischer und asiatischer Perspektive und Raumwahrnehmung.“
 

Foto In Sook Kim  Foto In Sook Kim

In Sook Kim – Saturday night, room 308 / Saturday night, room 208

 
Wir bleiben in Asien. „photographic poems“ zeigt die Koreanerin In Sook Kim – Meisterschülerin von Thomas Ruff – bis zum 5. April in der Galerie Ricarda Fox in Mühlheim. „Ein Film ist wie eine Novelle, ein Foto hingegen wie ein Gedicht“, sagt In Sook Kim, deren großformatige Bilder um die Themen Einsamkeit und soziale Isolation kreisen.
 

Foto Lucien Clergue  Foto Lucien Clergue

Lucien Clerque – Mariage gitan, Arles 1963 / Nu de la mer, Camargue 1967

 
Und es gibt auch noch einen Klassiker zu bestaunen – in diesem prallen Ausstellungsmonat März: Lucien Clergue ist in der Münchner Galerie Bernheimer Fine Old Masters bis zum 25. April zu bewundern, vor allem Fotoarbeiten aus den 50er und 60er Jahren, die in Arles und der Camargue entstanden sind: die wundervollen Porträts der Zigeuner auf ihrer Prozession nach Saintes-Maries-de-la-Mer etwa. Clergue, 1934 geboren, fotografischer Autodidakt, Freund von Pablo Picasso und Jean Cocteau, sagte über jenen Landstrich im Süden Frankreichs: „Die Camargue ist das Land meiner Familie. Seit 1959, also 50 Jahre lang, habe ich das Wasser als Symbol der Mutter Erde und Spiegel der Landschaft photographiert. Auch meine Serien der ‘Langage des Sables’ und ‘Nus de la Mer’ habe ich hier aufgenommen und hier möchte ich einmal begraben werden.“

Fotografie als Lebenselixier.

(Marc Peschke)