Mit dem Ektar 100 stellte Kodak, einigermaßen überraschend, kurz vor der photokina 2008 einen ziemlich erstaunlichen Farbnegativfilm vor. Allein die Bezeichnung „Ektar“ weckt hohe Erwartungen, stand der Name doch einst für eine Filmfamilie, die extreme Schärfe und kräftige Farben garantierte. Ob das der neue Ektar auch tut? Wir haben belichtet, entwickelt, verglichen:

Packungsfoto Professional Ektar 100 von Kodak

Seit Mitte August hatte ich die Gelegenheit, den neuen Film ausgiebig auszuprobieren und ihn mit verschiedenen anderen Filmen zu vergleichen. Obwohl der neue Ektar 100 technisch außer dem Namen nur wenig gemein mit seinem längst eingestellten Namensvetter hat, so wird er doch – soviel sei an dieser Stelle schon verraten – hinsichtlich dem Auflösungsvermögen und der Feinkörnigkeit den Erwartungen in vollem Umfang gerecht.

Die Fotografen profitieren in diesem Fall von der Kinofilmindustrie. Dort wird zwar zunehmend auch digital gedreht, gleichwohl spielt die Aufzeichnung auf Farbnegativmaterial, besonders bei anspruchsvollen Spielfilmproduktionen, immer noch eine bedeutende Rolle und so wird in diesem Bereich nach wie vor – wenn auch nicht mehr so intensiv und grundlegend wie einst – an der Weiterentwicklung und Optimierung von Emulsionen gearbeitet.

Der Ektar 100 soll besonders satte Farben und das feinste Korn aller derzeit am Markt befindlichen Farbnegativfilme haben. Zudem soll er sich besonders gut zum Scannen eignen – alles Eigenschaften, die anspruchsvolle „Film-Fotografen“ aufhorchen lassen. In der Praxis zeigt der Neue dann auch tatsächlich, dass er insbesondere in einem hybriden Arbeitsfluss – das heißt, auf Film fotografieren und anschließend mittels Scanner digitalisieren – erstaunliche Ergebnisse liefern kann. Die Farben sind frisch, satt, extrem fein differenziert und wirken dennoch sehr natürlich. Die recht hohe Farbsättigung führt selbst bei sehr farbenfrohen Motiven nur in Extremfällen zu einer unschönen Übersättigung. Auch mit hohen Motivkontrasten kommt der Film gut zurecht und stellt diesbezüglich Diafilme buchstäblich in den Schatten.

Foto Hans-Peter Schaub

Farbnegativfilme – obwohl theoretisch eigentlich deutlich feinkörniger als Diafilme – wirken beim Scannen mit den üblichen Diascannern oft recht körnig. Dass sich das deutlich gebessert hat, zeigte mir die Arbeit mit den neuen, Anfang des Jahres vorgestellten 400-ASA-Portra-Emulsionen und auch der Ektar 100 liefert überzeugende Resultate beim Scannen, die sogar noch deutlich feinkörniger erscheinen als das, was sich selbst mit den ebenfalls sehr feinkörnigen 160-ASA-Portras erzielen lässt. Optimale Belichtung – was beim Ektar meist eine Belichtungskorrektur von +1/3 bis + 1/2 LW bedeutet – und gute Optiken vorausgesetzt, lassen sich hochauflösende Scans (4.000 bis 5.400 ppi) aus guten Filmscannern ohne weiteres zu Farbabzügen von 40×60 cm oder noch größer verarbeiten.

Dia oder Negativ

Fotografen, die nach wie vor die unübertroffene Brillanz und Leuchtkraft des projizierten Dias schätzen, allenfalls selten mal einen Farbabzug erstellen möchten, nicht über einen leistungsfähigen Scanner verfügen und auch nicht vorhaben, sich mit der Digitalisierung von Filmmaterial auseinander zusetzen, werden ungeachtet der positiven Eigenschaften des neuen Ektar auch künftig ausschließlich Diafilme einsetzen. Auch wer seine Bilder weniger häufig oder gar nicht projiziert, sie aber zum Beispiel Agenturen oder Verlagen anbietet, ist mit Diafilmen gut bedient, zumindest solange die potenzielle Kundschaft noch Dias akzeptiert. Da Farbnegativfilme zudem, anders als Diafilme, die ja projektionstauglich sein und daher den Rahmungsprozess und die Projektion einigermaßen unbeschadet überstehen müssen, auf einem mechanisch weniger robusten Trägermaterial aufgebracht werden, sind sie empfindlicher, werden also leichter zerkratzt. Man sollte sie daher besonders vorsichtig handhaben, Staub beispielsweise nicht abwischen, sondern wegblasen und die Filmstreifen stets sicher in Azetat- oder Pergaminhüllen aufbewahren.

Der Ektar 100 macht diesbezüglich keine Ausnahme und man tut daher gut daran, die Filmstreifen mit größter Sorgfalt und Vorsicht zu behandeln. Zwar beseitigen die meisten aktuellen Filmscanner Staub und Kratzer ohne nennenswerten Qualitätsverlust, gleichwohl scheitern sie bei manchen Störungen doch und abgesehen davon schlägt sich die automatische Staub- und Kratzer-Korrektur in der Regel in einer deutlichen Verlängerung der Scanzeiten nieder.

Abgesehen von der höheren mechanischen Empfindlichkeit, lässt sich der Ektar 100 jedoch sehr gut scannen und steht den meisten 100-ASA-Diafilmen hinsichtlich der Körnigkeit allenfalls geringfügig nach. Für den Ektar aber spricht das sehr gute Kontrastbewältigungsvermögen und die ungewöhnlich gute Differenzierung auch feinster Farbnuancen. Auch der Belichtungsspielraum des Ektar ist, wiederum typisch für die meisten Farbnegativfilme, recht groß. Unter- und Überbelichtungen um eine Blendenstufe verkraftet der Film ohne größere Qualitätseinbußen. Allerdings gilt in der Regel, dass eine etwas reichlichere Belichtung die Qualität eher erhöht und die Körnigkeit noch weiter reduziert. Hierin ähneln Farbnegativfilme dann den digitalen Sensoren, die auch erst bei reichlicher (nicht Über-) Belichtung ihr Leistungsoptimum zeigen.
 

Farbwiedergabe des Ektar 100 im Vergleich

 
Die Farbwiedergabe des Ektar ist zwar etwas warm, im Vergleich zu den beliebten 100-ASA-Diafilmen wie dem Fujichrome Sensia 100 und dem Kodak Elite Chrome 100 Extra Colour jedoch sichtbar kühler, mit deutlich weniger Gelbanteilen. Der Ektar liefert gegenüber den zum Vergleich herangezogenen Diafilmen einen etwas besseren Schärfeeindruck und bietet sich so aufgrund der Gesamtleistung für die Fotografen als Allroundmaterial an, die nicht projizieren, jedoch selbst scannen. Dabei überwiegen meines Erachtens die Vorteile hinsichtlich Kontrastbewältigung und Farbdifferenzierung den Nachteil des etwas deutlicher in Erscheinung tretenden Korns eindeutig. Nachteile des Farbnegativmaterials allgemein sind die schwierige bis unmögliche Beurteilbarkeit des Negatives hinsichtlich der Farbgebung. Erst nach dem Scannen sind die Farben erkennbar.

Farbnegativfilme im Vergleich
 

Vergleich von Ektar 100 und Elite Color 200

 
Der Ektar 100 soll bei Kodak den Elite Color 200 ersetzen. Dabei wird zwar ein 100-ASA- durch einen 200-ASA-Film ersetzt, insgesamt aber ist der Qualitätsgewinn erheblich. Im direkten Vergleich feineres Korn, klarere, besser differenzierte und kräftigere Farben und höhere Schärfe sind gute Argumente für den Ektar. Wer die höhere Empfindlichkeit benötigt, findet in den aktuellen 400- oder 800-ASA-Emulsionen von Fujifilm und Kodak gute Alternativen für schwierige Lichtsituationen. Andererseits kann man den Ektar mit meist durchaus vertretbaren Einbußen auch als 200-ASA-Film einsetzen. Insbesondere, wer seine Bilder im Labor abziehen lässt, wird kaum Unterschiede zu einer 100-ASA-Belichtung feststellen. Die machen sich dann bemerkbar, wenn man den Film scannt und – beispielsweise für besonders großformatige Ausdrucke – wirklich alle Qualitätsreserven mobilisieren möchte. Im direkten Vergleich zum Portra 160 VC beispielsweise, der ebenfalls kräftige Farben liefert, wirkt der Ektar geringfügig wärmer und die Farben sind noch stärker gesättigt.
 

Korn im Vergleich - Ektar 100 und Portra 160 VC

 
Das Korn des Ektar ist im Vergleich zum vor zwei Jahren vorgestellten, keinesfalls grobkörnigen Portra 160 VC noch einmal deutlich feiner. In diesem Zusammenhang kann man nur bedauern, dass Kodak den Ektar 100 vorerst nur als Kleinbild-Version ausliefern wird. Dieses Material würde analogen Mittel- und Großformatfotografen, insbesondere im Bereich der Outdoor- und Landschaftsfotografie, einen echten Qualitätsgewinn bescheren und wäre eine sehr bedenkenswerte Alternative zum ebenso geliebten wie gehassten Velvia 50.

Nach dem Auslösen

Einer der bedeutendsten Gründe gegen die Verwendung von Film liegt im der Aufnahme nachgeordneten Schritt der Entwicklung. Zwar quengeln die Digitalfotografen regelmäßig über den hohen Zeitaufwand, den die Aufbereitung der Bilddaten erfordert, allerdings sorgen hier moderne Programme wie Lightroom, Aperture oder auch Capture One 4 und Bibble neben immer schneller werdenden Rechnern für deutliche Entspannung. Der wichtigste Unterschied zu Filmfotografen aber ist, dass die digitalen Kollegen den kompletten Arbeitsfluss selbst in der Hand haben. Über Wohl und Wehe ihrer Bilddaten entscheiden sie (und ihr Können am Computer) selbst.

Foto Hans-Peter Schaub

Filmfotografen müssen die Essenz ihres Schaffens in der Regel erst mal in fremde Hände geben und das hat mitunter wenig erfreuliche Konsequenzen. Zum einen können Filme auf Post- und sonstigen Wegen verschwinden – der Supergau. Zum anderen können fehlerhafte oder ungenügend gereinigte und gewartete Maschinen die Filme zerstören oder zumindest beschädigen – besser als Totalverlust, aber mindestens sehr ärgerlich.

Bedauerlicherweise lässt sich im Zuge des unzweifelhaft geringer werdenden Filmverbrauchs insbesondere bei der Verarbeitung von Diafilmen eine merkliche Senkung der Verarbeitungsqualität beobachten. Farbnegativfilme scheinen davon, aufgrund des traditionell höheren Verarbeitungsvolumens, weniger stark betroffen zu sein. Diafilme sollte man daher eigentlich nur noch in kompetenten Fachlabors entwickeln lassen und eine solche Vorzugsbehandlung schadet den Farbnegativfilmen natürlich auch nicht. Insofern wird analoges Fotografieren auf mittlere Sicht eher teurer, auch wenn das Preisniveau der Filme bislang nur vergleichsweise moderat stieg.

Wenig Freude kommt oft auch auf, wenn man Farbabzüge direkt vom Negativ erstellen lässt. Die Leistung der vielen kleinen Sofortlabors unterliegt beträchtlichen Schwankungen. So war beispielsweise von den leuchtenden Farben des Ektar 100 nur wenig zu sehen, nachdem ich mir im Bildershop im Einkaufszentrum zur Probe ein paar 20×30 Prints direkt vom Negativ erstellen ließ. Ganz anders sah das aus, als ich das Negativ gescannt und optimal aufbereitet als Datei abgab, mit der Bitte, keine Bearbeitung vorzunehmen.

Sicher gibt es Labors, die auf Anhieb mehr aus einem Negativ herausholen, dennoch neige ich zur Ansicht, dass die wirklich guten Labors eher selten sind.

Analoger Film in digitaler Dunkelkammer

Hat man dann seine entwickelten Filmstreifen vorliegen, folgt die Digitalisierung, die, möchte man das Qualitätspotenzial ausschöpfen, bevorzugt mit einem guten Filmscanner zu Hause erfolgt. Natürlich muss man nicht jedes Bild einscannen. Stringente Auswahl der wirklich besten Aufnahmen macht sich hier besonders bezahlt, denn man spart dadurch viel Zeit. Idealerweise scannt man mit maximaler, das heißt 16 Bit, Farbtiefe. Diese Bilddaten bearbeite ich dann in Photoshop Lightroom weiter und dabei stehen mir praktisch die gleichen Entwicklungsparameter zur Verfügung, wie ich sie von digitalen Aufnahmen gewohnt bin. Ich kann den Weißabgleich optimieren (spare mir dadurch auch in der analogen Fotografie die umständliche Verwendung von Farbkorrekturfiltern), kann Rauschen entfernen (die Ergebnisse der Scans werden oft klarer und besser, wenn man das Farbrauschen behutsam entfernt), die Belichtung verbessern, und die Tonwerte meinen Vorstellungen entsprechend anpassen – und das alles qualitätsverlustfrei, da Lightroom die eigentlichen Bilddaten nicht antastet, sondern lediglich die vorgenommenen Einstellungen protokolliert und diese erst beim Export in die dann erzeugte Datei hineinschreibt.

Fazit

Analoge Fotografie hat durchaus noch ihre Vorzüge und mit Filmen wie dem neuen Ektar (hoffentlich bald auch als Rollfilm!) bieten sich Farbnegativfilme als interessante Alternative zu den bei Profis und ambitionierten Amateuren nach wie vor beliebteren Diafilmen an.
 

Foto Hans-Peter Schaub

 
Analoge Bilder sehen einfach anders aus als digitale und wer sensibel genug ist, dies zu bemerken, der wird auch weiterhin zumindest gelegentlich einen Film in die analoge Kamera legen und dann die etwas anderen Bilder machen.

Ein kritischer Punkt der analogen Fotografie liegt in der Abhängigkeit von einem Dienstleister, dem Fotolabor. Anspruchsvolle Fotografen werden daher kaum umhin kommen, sich ein kompetentes Fachlabor ihres Vertrauens zu suchen. Das kostet sicher ein paar Euro mehr, aber angesichts der Kosten und Mühen, die zu guten Bildern führen und der oft beträchtlichen Investitionen in die bestmögliche Ausrüstung, erscheint es widersinnig, genau dann zu sparen, wenn es darum geht, die Früchte der Arbeit zu ernten.

„Die Zukunft ist analog“ postulierte selbstbewusst die Lomographische Gesellschaft anlässlich ihres vielbeachteten Auftritts auf der photokina. Ganz so euphorisch muss man das sicher nicht sehen, aber ganz so tot, wie lange Zeit vorausgesagt, ist die analoge Fotografie eben auch nicht.

Wir sind sicher noch weit davon entfernt, den letzten Film zu belichten. Begreifen wir die vorhandenen Unterschiede zwischen analogen und digitalen Bildern als willkommene Erweiterung der Möglichkeiten. Nicht „entweder – oder“, sondern „sowohl – als auch“ sollte noch lange die Devise sein.

(Hans-Peter Schaub)