Ausschnitt Route 66, Arizona, 1953; Foto Andreas Feininger, LIFE Magazine © Time Inc.Ein Klassiker: Andreas Feininger, geboren 1906 in Paris, verstorben 1999 in New York, gehört zu den ganz großen Fotografen des vergangenen Jahrhunderts. Jetzt stellt eine Retrospektive im Focke Museum in Bremen sein einflussreiches Schaffen vor. 271 Schwarzweiß-Arbeiten sind auf über 800 qm zu sehen:

 
 

Route 66, Arizona, 1953; Foto Andreas Feininger, LIFE Magazine © Time Inc.

Route 66, Arizona, 1953; Foto Andreas Feininger, LIFE Magazine © Time Inc.

 
Der Sohn des Malers Lyonel Feininger begann bereits in den zwanziger Jahren zu fotografieren. Vorher hatte er am Bauhaus in Weimar – sein Vater war hier Lehrer – eine Ausbildung zum Kunsttischler absolviert. Dann studierte er Architektur an den Bauschulen in Weimar und Zerbst. Feininger wurde Architekt, arbeitete in Hamburg und Dessau, später im Büro Le Corbusier in Paris. 1933 ging er mit seiner späteren Ehefrau Gertrud Hägg nach Stockholm, dann emigrierte die Familie in die USA – Feininger begann als Fotoreporter bei „Life“.
 

Dearborn Station, Chicago, 1941; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

Dearborn Station, Chicago, 1941; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

 
Schon in Hamburg, Dessau und Stockholm fotografierte Feininger – häufig einsame, verlassene, nächtliche Straßen –, doch es sind vor allem seine in New York entstandenen Bilder, die ihn bekannt machten. Mehr noch: die in den klassischen Kanon der Fotografie Eingang gefunden haben. Beim Blättern im Ausstellungskatalog bemerkt man, wie viele seiner Arbeiten man schon gesehen hat – und wie hervorragend sie komponiert, wie sorgfältig sie arrangiert sind.
 

Empire State Building, New York, 1940; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

Empire State Building, New York, 1940; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

 
Feininger fotografierte die Schiffe und Fähren im Hafen, wie etwa die „Queen Elizabeth“ im Jahr 1954, die Straßenschluchten seiner neuen Heimat New York, die Brooklyn Bridge, das Empire State Building, die Skyline, das pulsierende Leben, die faszinierende Architektur Manhattans, die turbulente Stunde der Rush Hour: Er hat unser New York-Bild, auch unser Bild Amerikas, mit seinen Schwarzweißaufnahmen stark geprägt. Ein Bild, das beinahe ohne Menschen auskommt: „Ich bin nicht an Menschen als Individuen interessiert“, hat er einmal gesagt. „Dagegen interessieren mich besonders Wirkung, Struktur und Form der Natur. Und Werke des Menschen, die sich als ein Teil eines größeren Ganzen offenbaren, also eine Stadt, Landschaft, Industrie und Umgebung.“ Darüber hinaus entstanden Naturstudien, faszinierende Detailaufnahmen von Insekten und Pflanzen, Steinen, Knochen und Muscheln.
 

Detail einer Muschel, 1977; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

Detail einer Muschel, 1977; Foto Andreas Feininger © AndreasFeiningerArchive.com

 
Jochen Siemens hat einmal die wichtige Rolle Feiningers als Fotografie-Lehrer hervorgehoben: „Seine Bilder und seine Bücher bilden bis heute das umfassendste Lehrmaterial der Fototechnik, kaum ein Fotograf, auch im digitalen Zeitalter, hat die ‘Große Fotolehre’ und den ‘Creative Photographer’ von Feininger nicht studiert.“ Doch Feininger war noch mehr: Er war auch Wissenschaftler und Erfinder, ein Bastler, der sich, weil es so etwas noch nicht gab, ein besonders großes Teleobjektiv einfach selbst baute. Er konstruierte ein besonders robustes Stativ und einen schwenkbaren Vergrößerungsapparat – auch im Bereich der Fototechnik war Feininger seiner Zeit voraus. „Der Forscher unter den Fotografen“, so wurde er immer wieder genannt. Doch vor allem gelangen ihm, das zeigt die Bremer Ausstellung eindringlich, Bilder von zeitloser Schönheit.

(Marc Peschke)
 
 
Ausstellungen und Vortrag

Andreas Feininger – That’s Photography
Focke Museum, Bremen
20. Juli bis 28. September 2008
Eröffnung der Ausstellung am Sonntag, dem 20. Juli 2008 um 11.30 Uhr
Di 10 bis 21 Uhr, Mi bis So 10 bis 17 Uhr

Vortrag am 26. August um 19 Uhr
Prof. Fritz Haase: Andreas Feininger – Eine späte Begegnung

Titelabbildung Andreas Feininger – That’s Photography

 
 
Begleitband

Thomas Buchsteiner und Otto Letze (Hrsg.)
Andreas Feininger. That’s Photography (bei amzon.de)
Kartoniert. 320 Seiten. 210 Abbildungen
Deutsch und Englisch
Hatje Cantz Verlag. Ostfildern 2004
ISBN 3-7757-1429-4
29,80 Euro
 

Nachtrag (16.10.2008): Oben folgenden Satz gelöscht: Vom 18. Oktober bis 18. Januar 2009 ist die Ausstellung im Museum Würth in Künzelsau zu sehen. Obwohl in diversen Ausstellungsverzeichnissen gelistet, war und ist diese Information eine Ente. Nichts ist es mit der Feininger-Ausstellung in Künzelsau. Danke an MR für den Hinweis.