Streng und poetisch. Das Werk des 1920 in Urbar bei Koblenz geborenen Fotografen Toni Schneiders hat etwas Widersprüchliches: Sehr genau analysieren seine Porträts, Landschaftsaufnahmen und Sachfotografien Form, Wesen und Struktur der Dinge, doch sind sie auch voller Gefühl – wie man noch bis zum 27. April im Museum Schloss Bad Arolsen oder auch im zur Ausstellung erschienenen Katalogbuch bewundern kann:
Ein trister Tag, 1955
„Das Zwinkern in meinen Augen“ hat Schneiders jenen lyrischen Zug seiner Fotografie einmal genannt. Der Beginn als Fotograf dagegen ist kaum lyrisch zu nennen: Im zweiten Weltkrieg, nach seiner Ausbildung zum Fotografen-Meister in Koblenz, arbeitete er als Kriegsberichterstatter in der Normandie, Italien und Paris. Schneiders wurde Teil der NS-Propagandamaschinerie: Er war der „Bildberichter“, der die spektakuläre Befreiung Mussolinis durch deutsche Fallschirmjäger am 12. September 1943 fotografisch inszenierte – „vierundzwanzig und elastisch genug, die Geheimlandung mitzumachen“, wie J.A. Schmoll gen. Eisenwerth schreibt.
Fyksesund bru im Hardanger Fjord, 1959
Nach dem Krieg sollte es endlich eine andere Fotografie geben. Eine, welche die Vorbilder des „Neuen Sehens“ der zwanziger Jahre in die Jetztzeit übertrug: Toni Schneiders wurde 1949 Mitbegründer der Gruppe fotoform. Schon ein Jahr später gelang der Durchbruch auf der photokina. Doch Schneiders, so sehen wir beim Blättern im Buch, ist kein rigoroser Verfechter der reinen, strengen fotoform-Abstraktion: Arbeiten wie „Morgens vor 8 Uhr“ (1951) oder „Wartende Frau“ (1951) zeigen ein deutliches Interesse an der menschlichen Figur, vor allem in ihrer Melancholie und Einsamkeit.
Karussel auf dem Dom, Hamburg, 1950
Seit Ende der fünfziger Jahre tritt der heute in Lindau am Bodensee lebende Toni Schneiders vor allem als Reisefotograf in Erscheinung. Er arbeitete von nun an überall auf der Welt – doch vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Schneiders stets zwischen Bildjournalismus und fotografischer Abstraktion mäanderndes Werk hat viele Facetten: Arbeit und Technik, Landschaften, humorvolle Tierbilder, eindringliche Porträts, wie etwa das 1961 auf Zeche Hassel entstandene Porträt eines Arbeiters. Sein Gesamtwerk macht ihn zu einem Klassiker der deutschen Nachkriegsfotografie – den man jetzt in Buch und Ausstellung wiederentdecken kann.
(Marc Peschke)
Ausstellung (bis 27.4.2008):
Museum Bad Arolsen
Schloßstraße 30
34454 Bad Arolsen
Telefon 05 69 1-62 57 34
www.museum-bad-arolsen.de
Mittwoch bis Samstag 14:30 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr
Buch:
Toni Schneiders: Fotografie (bei amazon.de)
Hrsg. Landesmuseum Koblenz, Texte von J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, Ulrich Pohlmann und Christoph Bauer
Hatje Cantz, Ostfildern 2006
gebunden mit Schutzumschlag, 188 Seiten
141 Abb. in Duplex
24,7 x 30,5 cm
ISBN 3-7757-1767-6
39,80 Euro, 66 SFR
Bemerkung zum Buch
Habe mal das Buch durchgeblättert: bin enttäuscht. Zwar edel gemacht, aber wer vom Titelbild auf die Auswahl drinnen schließt, wird ziemlich enttäuscht. Meine Meinung: etwas langweilig. Außerdem etwa ein Drittel des Buches nur Text, und das auch noch in deutsch und englisch.