
Es gibt manche gute und einige hervorragende Foto-Bücher. Doch nur selten, ganz selten, blättert man durch ein Buch … und erschaudert vor den Bildern
Nicht weniger gelingt dem in Kapstadt lebenden Fotografen Pieter Hugo in seinem Band über die nigerianischen Hyänen-Männer – Männer, die jene bulligen, zähnefletschenden Tiere an imposanten Eisenketten durch die Straßen führen.
„The Hyena & Other Men“ ist eine so irritierende Fotoreportage, weil sie das wundersame Miteinander von Zivilisation und Wildnis in Bilder gießt. Die jungen Männer sind Schausteller, die mit ihren Tieren, afrikanischen Tüpfelhyänen, unterhalten und nebenbei als Wunderheiler Medizin und Amulette verkaufen. Doch ihre Tiere haben so gar nichts Unterhaltsames an sich. Sie machen Angst. Eine Angst, die umso größer wird, weil der Ort dieses Spektakels nicht die Wildnis ist, sondern der urbane Raum.
Zwei Jahre war Hugo – der unter anderem für das New York Times Magazine, für den Telegraph, den Observer und GQ arbeitet – mit den „Gadawan Kura“, den finsteren, stolzen Hyänen-Männern, unterwegs. Sie tragen die traditionelle Tracht der Bante genauso wie T-Shirts von Hip Hop-Bands, sind moderne Zauberer – in ihnen bricht sich die moderne Gesellschaft mit jenem „dunklen“ Afrika, das bei uns immer noch exotistisches Staunen auslöst. Sie lieben es, zu verstören, posieren gerne für den Fotografen, der bewusst darauf verzichtet, die Szenerien theatralisch zu überhöhen. Im Gegenteil: Hugo hält seine fotografischen Mittel im Zaum – umso betörender ist das Ergebnis.
„Wo immer sie auftauchen, sind die Gadawan Kura ein Spektakel. Autos und Busse halten an, Menschenmengen sammeln sich um sie“, erzählt der Fotograf. Auf brutalste Weise werden die imposanten Savannen-Tiere verschleppt und gezähmt, vor allem mit Stockhieben. Doch auch Maulkörbe schützen die Hyänen-Männer nicht vor Angriffen. Es ist ein gefährliches, uns so fremdartiges Leben, ein Leben, das archaisch anmutet und doch heute, jetzt, gelebt wird.
(Marc Peschke)
Pieter Hugo
The Hyena & Other Men (bei amazon.de)
Gebunden mit Schutzumschlag
29,5 x 25 cm. 80 Seiten mit 35 Farbfotografien
Englisch
Prestel Verlag München 2007
ISBN 3791339605
39, 95 Euro
Exotisch
ist das, wie wenn man einem nigerianischen Bauern ein Bildband ueber sagen wir, ueber das Frankfurter Bahnhofsviertel zeigt. Normal ist was man kennt, und fuer die Leute ist der Umgang mit Hyaenen normal. Naja in downtown Nairobi waere das auch nicht normal…
Vermutlich stort mich, dass mal wieder ein komische Afrikabild vermittelt wird, das mit der tagtaeglichen Lebensrealitaet nur noch wenig zu tun hat.
Cheers
Fabian
Fabian Haas
http://www.fabianhaas.de, http://www.earwigs-online.de
Nairobi, Kenia
…
Ob normal oder exotisch, spielt doch gar keine Rolle. Die Bilder dienen ja eher dazu, unsereins (und nicht einem Afrikaner) Einblick in diese Lebenswelt verschaffen. Und wer das noch nicht gesehen hat, der schaut es sich auch mit Interesse an, für alle anderen hat es keinen Neuigkeitswert.
Außerdem erhebt das Buch nicht den Anspruch, afrikanische “Alltagskultur” wiederzugeben, sondern greift einen einzelnen, bemerkenswerten Aspekt auf. Jeder Reportage liegt ein bestimmtes, relativ eng gefasstes Thema zugrunde.
Exotisch?
[quote=FabianHaas]ist das, wie wenn man einem nigerianischen Bauern ein Bildband ueber sagen wir, ueber das Frankfurter Bahnhofsviertel zeigt.[/quote]
Stimmt. Ist doch die gleiche Sorte Mensch (Mann), welche glaubt, stachelhalsbandbewehrte Molosser oder Masturbinos, äh, ich meinte Mastinos, spazieren führen zu müssen. Ich sehe hier keinen Unterschied.
Aus dem richtigen Leben …
… gibt es hier was zu sehen:
http://www.mwelu.org/
mehr darüber unter
http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_video/0,,OID4570852_VID4569926_TYPrealhigh_LOCint,00.html
Ein fördernswertes Projekt des mutigen jungen Fotografen, finde ich. Wie wär’s damit, Canon? Die können bestimmt noch ein paar Kameras gebrauchen, auch wenn es nicht die neuesten sind.
(Sandler)
P.S.: Vielleicht kann ja der Herr Haas im Forum mal mehr darüber berichten, wenn er vor Ort ist.
Mathare in Nairobi
Danke fuer den Hinweis, die Seite ist mir bisher entgangen. In Mathare bin ich eher selten, obwohl ich da im Prinzip fast jeden Tag vorbeifahre.
Das ist so eine Gegend wo man alleine als Mzungu besser nicht hingeht, auch nicht zu Zeiten der Unruhen nicht. Mittlerweile scheint es dort aber wieder ein bisschen ruhiger geworden zu sein. So auf normalen Kriminalitaetsniveau.
Dumm ist auch, dass ich hier eine ganz andere Arbeit habe, als Photographierend durch Nairobi zu ziehen. Morgens ins Buero, abends wieder heim. Und am Wochenende gehe ich doch lieber der Tierphotographie nach, als mich in Slums zu stuerzen.
Gruesse
Fabian Haas
http://www.fabianhaas.de, http://www.earwigs-online.de
Nairobi, Kenia